Richard Wagner: Parsifal

  • Zitat

    Original von Alviano
    [...] da wäre ich an einer kleinen Beschreibung Deiner Eindrücke interessiert.


    Wird gemacht. Mit dem Regie-Stil John Dews bin ich nicht vertraut (vielleicht hat ein "konventionell-langweiliger Stil" gegenüber einem allzu verwegen-abartigen sogar auch Vorzüge...?) ; auch liegt mein letzter Besuch in Darmstadt schon Jahre zurück: Ich erinnere mich noch einigermaßen gut an eine ordentliche Aufführung von Schrekers "Spielwerk" und sehr undeutlich an eine weniger beglückende des "Doktor Faust" (Busoni) und gehe jetzt ganz unbefangen in den Darmstädter "Parsifal". Erfreulich schon mal die moderaten Preise (8-39 EUR).


    Was den Katholizismus angeht, da bin ich ebenfalls skeptisch. Der "Parsifal" ist für mich weniger vom Libretto her als vielmehr in musikalischer Hinsicht bewunderungswürdig; da teile ich den Standpunkt Claude Debussys.


    Demnächst gern mehr.

  • Zitat

    Original von Alviano
    da wäre ich an einer kleinen Beschreibung Deiner Eindrücke interessiert. Mir liegt dieser oftmals konventionell-langweilige Stil von John Dew überhaupt nicht, sodass ich mir die Aufführung nicht anschauen mag. Mich würde aber diese Frage des "Katholizismus" interessieren - der gehört, meiner Auffassung nach, in keine "Parsifal"-Aufführung... Auch ein Satz zur Sänger/innenbesetzung wäre schön...


    Auch ich habe vor, dort hinzugehen. Werde also auch berichten!


    Gruß,


    Matthias

  • War gestern dabei. Mein Eindruck: Inszenierung von der Intention her völlig daneben: Intellektuellenfeindliches Musiktheater. Wagners "Kunstreligion" beim Wort genommen, leider ohne kritische Distanz!


    Musikalisch dagegen: Beeindruckend, vor allem das Orchester! Sängerisch ordentlich.


    Eine genauere Besprechung folgt in den nächsten Tagen; ich denke, vor allem zur Regie ist einiges anzumerken.

  • Hallo Gurnemanz,


    ich bin gespannt auf deinen Bericht. Vor allem, wie du die Leistung der noch nicht so bekannten Sängerriege einstufst.
    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Zitat

    Original von Siegfried
    [...] die Leistung der noch nicht so bekannten Sängerriege [...]


    Die Namen waren mir in der Tat bislang nicht bekannt. Hier meine persönlichen Eindrücke, was die musikalischen Aspekte angeht (zur Inszenierung, die ein recht problematisches Werkverständnis zeigt, demnächst mehr):


    Parsifal in Darmstadt 2.3.08


    Musikalische Leitung | Constantin Trinks
    Inszenierung | John Dew
    Bühne | Heinz Balthes
    Kostüme | José-Manuel Vázquez
    Choreinstudierung | André Weiss


    Kai Stiefermann a. G. (Amfortas), Thomas Mehnert (Titurel), Dimitry Ivashchenko (Gurnemanz), Norbert Schmittberg (Parsifal), Andreas Daum (Klingsor), Katrin Gerstenberger (Kundry), Sven Ehrke (Erster Gralsritter), Thomas Mehnert (Zweiter Gralsritter), Aki Hashimoto (Erster Knappe), Stefanie Schaefer (Zweiter Knappe), Markus Durst (Dritter Knappe), Jeffrey Treganza (Vierter Knappe), Aki Hashimoto, Allison Oakes, Stefanie Schaefer, Margaret Rose Koenn, Anja Vincken, Niina Keitel (Blumenmädchen), Elisabeth Hornung (Stimme aus der Höhe)


    Titurel: gut.
    Amfortas: etwas zurückhaltend, anfangs blaß, schöne Stimme, litt eher diskret.
    Gurnemanz: etwas Probleme in der Tiefe, wenig plastisch, aber solide und konstant.
    Parsifal: hell, strahlend, wenn auch eindimensional.
    Klingsor: überzeugend, klar.
    Kundry: im 1. Akt zu brav, zeigte wenig Wildheit und Schroffheit; blühte im 2. Akt auf, große Stimme, klasse!
    Erster Knappe/Erstes Blumenmädchen: Eine auffallend schöne Einzelstimme!
    Klingsors Zaubermädchen: lebendig, klangvoll, gute Abstimmung.
    Chor: im 1. Akt leichte Abstimmungsschwierigkeiten (Gralsszene), aber mit Leuchtkraft, im 3. Akt kraftvoll, mächtig, ausdrucksstark.
    Das Ensemble insgesamt: Homogen, gut aufeinander eingestimmt, kein Ausfall, das hatte ich auf diesem hohen Niveau hier nicht unbedingt erwartet, erfreulich.
    Orchester (das ist mir gerade bei Wagner besonders wichtig!): im 1. Akt noch recht nüchtern, fast kühl, klar, gut konturierte Farben, im 2. Akt beherzter, leidenschaftlicher, im 3. Akt weitere Steigerung, beeindruckend - nur gelegentliche Intonationstrübungen der hohen Streicher und Holzbläser, kleinere Fehler, insgesamt aber sicher (auch das Blech!) - gelegentlich laut (tolle Akustik!), deckte manchmal die Sänger zu.
    Dirigent: klares Dirigat, souverän, aus einem Guß, ließ das Werk in großen Bögen sich natürlich entfalten - da ich zuletzt Kegel und Kubelik auf CD im Vergleich gehört hatte: eher Richtung Kubelik, auch im Tempo, das mir zum Schluß hin geringfügig schneller als gewohnt erschien.


    Fazit: ein musikalisch rundum befriedigendes und lohnenswertes Erlebnis!


    PS: Kann es sein, daß das Darmstädter Opernhaus in den letzten Jahren renoviert worden ist? Ich meine mich zu erinnern, daß bei meinem letzten Besuch (Jahre her) die Akustik nicht so berauschend gewesen war. Gerade in dieser Hinsicht - ich saß im Rang (es gibt nur einen) - war ich hochzufrieden!

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  • Ein paar Bemerkungen zur Inszenierung:


    Der Regisseur John Dew erläutert im Programmheft ausführlich und in aller Breite, wohinaus es ihn treibt: 1964 erfaßte ihn als jungen Menschen, dem es vergönnt war, den "Parsifal" in Bayreuth zu erleben, mitten im 2. Akt, als der Protagonist sich seiner großen Aufgabe bewußt zu werden beginnt, "ein Gefühl des Unvollkommenen, eine Gewissheit, dass mein Leben sich anders entwickeln musste als bis dahin".


    Die Darmstädter Inszenierung läßt keinen Zweifel, was damit gemeint ist: Religiöse Erweckung in der sehr christlichen Gralswelt im scharfen Kontrast zur atheistischen Klingsor-Welt. Die Bühne des 1. Akts zeigt einen Gurnemanz in schwarzer Priesterkleidung mit seinen Ministranten, die vor und hinter einer Mauer aus Großbuchstaben agieren, aus denen die Namen der vier Kirchenlehrer Augustinus, Hieronymus, Gregorius und Ambrosius sichtbar sind.



    Unfreiwillige Komik entstand für mich beim Auftritt Parsifals, der mit dem riesigen Schwan-Kadaver konfrontiert wurde und äußerlich nur wenig überzeugend den unwissenden Knaben gab.


    Im 2. Akt dann eine ähnliche Mauer mit Voltaire, Nietzsche, Marx und Spinoza, dahinter ein überdimensioniertes aufgeschlagenes Buch mit zwei Seiten aus Nietzsches "Fröhliche Wissenschaften" (Abschnitt "Der tolle Mensch"), aus denen Klingsor im Gelehrtenrock Kundry und die Blumenmädchen zaubert: So hübsch dieser Einfall eigentlich ist: erotische Phantasien als Kopfgeburten des Verstandes oder ähnlich - peinlich erscheint das mir angesichts der völligen Ironiefreiheit der christlichen Gegenwelt. Christentum = gut; Atheismus = böse.



    Ein weiteres Detail: Das vornüber geneigte Kreuz (in Anspielung an ein Dali-Bild) zunächst mit Christus, dann mit der Schlange, mit weitaufgerissenen Maul. Auch hier: Eindeutige Symbolik.


    Der 3. Akt setzt recht wortgetreu die Anweisungen Wagners um, mit grüner Aue und projizierter heiliger Quelle - die Schlußszene wie im 1. Akt im dunklen Kirchenraum. Und wer am Ende die eindeutige Botschaft immer noch nicht verstanden hätte, dem wär's spätestens im Schluß deutlich, wenn das Wagner-Zitat zu lesen ist: "Da wo die Religion künstlich wird, ist es der Kunst vorbehalten, den Kern der Religion zu retten."



    Wer den "Parsifal" so versteht, der darf sich hier bestätigt fühlen. Auch wenn der Regisseur sich von der "Bühnenweihspiel"-Attitüde des Beifallsverbots distanziert und hoffte, das Publikum möge der Tradition hier nicht folgen und den Darstellern wie sonst auch applaudieren. Dem Wunsch wurde entsprochen, wobei die musikalische Leistung dies auch verdiente, wie ich bereits beschrieben hatte.


    Fazit: Zuviel 1:1-Umsetzung, viel zu nah und vor allem völlig distanzlos an Wagners Ideologie der "Kunstreligion". Religion in der Musik? Die suche und finde ich angemessener bei Messiaen oder Bach (z. B. in einer wirklich ansprechenden Aufführung der Matthäus-Passion letzten Samstag) - oder bei Dieterich Buxtehude, an dessen "Membra Jesu nostri" in Heidelberg ich gestern selbst mitwirken durfte.


    ---


    PS:

    Zitat

    Original von pfuetz
    Auch ich habe vor, dort hinzugehen. Werde also auch berichten!


    Hallo Matthias, bin gespannt auf Deinen Bericht, vor allem ob Du zu gleichen oder anderen Ergebnissen kommst!

  • Zitat

    Original von Gurnemanz
    ---


    PS:



    Hallo Matthias, bin gespannt auf Deinen Bericht, vor allem ob Du zu gleichen oder anderen Ergebnissen kommst!


    Wegen des massiven Ausverkaufs der Karten (ich habe wohl zu spät registriert, wann der Vorverkauf begonnen hatte), haben wir nun Karten für den 6. April, Rang, Seite links, Reihe 11, Plätze 135 + 136 (a 8,- EUR). Für den Preis kann es, egal, wie es ist, nur gut sein. Und der Vergleich mit Baden-Baden (Nagano + Lehnhoff, August 2004) reizt mich auch schon... ;-)


    Matthias

  • Zitat

    Original von pfuetz
    Wegen des massiven Ausverkaufs der Karten (ich habe wohl zu spät registriert, wann der Vorverkauf begonnen hatte), haben wir nun Karten für den 6. April, Rang, Seite links, Reihe 11, Plätze 135 + 136 (a 8,- EUR). Für den Preis kann es, egal, wie es ist, nur gut sein.


    Daß man in Darmstadt auch auf den preisgünstigen Plätzen gut bedient ist - optisch wie akustisch -, habe ich selbst mit Freude erlebt. Also dann: Schon jetzt viel Spaß!

  • Hallo Gurnemanz,


    Deine Anmerkungen bestätigen den Eindruck, den ich ob der Presseberichte von der Darmstädter Produktion gewonnen habe und ich halte diesen Ansatz des Regisseurs für verfehlt. Mir ist unerklärlich, wieso John Dew immer mehr zum Märchenonkel mutiert, der irgendwelche Jugenderinnerungen in schwache Inszenierungen zu giessen versucht, beim Orff ("Antigonae/Oedipus") durfte man dem Programmheft entnehmen, wie sehr ihn als Jugendlicher die Leitner-Aufnahme begeistert hat und wie toll es ist, dass er das jetzt in Darmstadt inszenieren kann... Der Mann hat mal Inszenierungen gemacht, die wirklich aufregend waren...


    Also, ich werde mir das nicht anschauen, auch wenn ich den GMD Blunier wirklich gut finde und es bedaure, dass er nach Bonn wechseln wird.

  • Es war für mich an der Zeit, mich einen Karfreitag und einen Karsamstag zurückzuziehen und zum ersten Mal in meinem Leben Richard Wagners Bühnenweihfestspiel „Parsifal“ in zwei Aufnahmen auf CD zu hören. Seit den 80ern habe ich einige Vorstellungen in der Wiener Staatsoper besucht, noch die Inszenierung von August Everding, meist dirigiert von Horst Stein, über den Claus Helmut Drese in seinem Buch „Im Palast der Gefühle“ schreibt, er habe das Werk ohne Probe im Repertoire dirigiert und drei Dirigentenkollegen hätten mit Drese zusammen in der Direktionsloge gestaunt über das einmalige Niveau der Vorstellung – aber nun, nach einigen Jahren „Parsifal“-Pause, war ich neugierig auf Herbert von Karajans 1981 erstveröffentlichte Aufnahme (4 CDs DGG 413 347-2) und, weil ich unbedingt auch eine aus der Wiener Staatsoper hören wollte, auf die im Juni 2005 mitgeschnittene Liveaufnahme unter der Leitung von Christian Thielemann (4 CDs DGG 00289 477 6006).


    Zweimal begab ich mich also in diese Gralswelt. Eine Aufnahme, bei der man im Textbuch mitliest, ermöglicht ja die ganz eigene Inszenierung, beflügelt die Phantasie, entwirft im Kopf des Hörers konventionelle bis utopische Bühnenbilder (und vor allem Bühnenbildwechsel!).



    Eine Ewigkeit tut sich auf mit dem Vorspiel, wie es Herbert von Karajan dirigiert, eine irisierend feingliedrig schwebende Ewigkeit, ein transparentes Klangbild, in unendliche Ruhe des Geschehens eingebettet, von ferner Größe – im „Phantasien“ des Michael Ende muss die Musik (auch) so klingen (denke ich), es ist eine andere Welt als unsere, es ist die Welt für ein Weihfestspiel. Karajan nimmt sich Zeit, das Vorspiel dauert fast 15 Minuten, man ist in dieser Gralswelt angekommen, und wir denken mit Gurnemanz und Kundry darüber nach, wie man den Schmerz des Amfortas etwas zu lindern vermag. Zusammen mit Gurnemanz und Parsifal marschieren wir in den Saal der Gralsburg, und dieser Szenenwechsel wirkt nach den Erzählungen davor so eindringlich, so überwältigend, dass sich jede Frage, ob „Parsifal“ denn nicht zu lang sei, erübrigt: Nur aus der Gesamtdimension des ganzen Werks kann so große Instrumentalmusik wirklich erblühen. Ein „Hitmix“ nur mit den Vorspielen und Szenenwechseln würde die wahre Größe des Werks nicht einfangen können. Parsifal ist noch zu reiner Tor, um die erhoffte Lösung zu schaffen. Im zweiten Akt mutiert die Musik zu großer, dramatischer Oper, auch (und wie!) bei Karajan. Das ist packendes Musikdrama, wie Klingsor Kundry nötigt, ihm zu Diensten zu sein, wie die Blumenmädchen Parsifal umschwärmen, wie Parsifal durch Kundrys Kuss hellsichtig wird und seine Bestimmung erkennt, wie Klingsors Speer über Parsifals Kopf stehen bleibt und Klingsors Zaubergarten versinkt. Und dann der totale Stillstand der Welt im dritten Akt, musikalisch eingefangen mit den langen Erzählungen des Gurnemanz (allein von der Gedächtnisleistung zu bewundern ist jeder, der diese Partie auf eine Bühne zu bringen vermag!), bis zum Karfreitagszauber, schließlich das musikalische Wunder dieser zweiten Wanderung in die Gralsburg, das die ganze Psychologie der Hoffnungslosigkeit der Welt um Amfortas mit unglaublicher Eindringlichkeit einfängt, bis endlich Parsifal als Erlöser auftritt und für ein eigentlich recht rasches gutes Ende sorgt – Wagners „Parsifal“ braucht schon mehr als viereinhalb Stunden (mit bewussten Pausen zwischen den Akten), es ist genau die richtige Zeit für dieses Werk. Karajan erreicht eine faszinierende Orchester-Transparenz, auf der sich das Sängerensemble luxuriös gebettet entfalten kann. Ich bin kein Sängervergleicher, rein stimmlich erschienen mir alle Mitwirkenden rollendeckend: José van Dam als Amfortas, Victor von Halem als Titurel, Kurt Moll als Gurnemanz, Peter Hofmann als Parsifal, Siegmund Nimsgern als Klingsor und Dunja Vejzovic als Kundry, dazu der Chor der Deutschen Oper Berlin. Nach dem Anhören dieser Aufnahme ist man erfüllt vom transparenten Klangluxus und von weihevoller Stimmung. Ich habe den Eindruck, eine Art Ideal gehört zu haben, das Ideal einer anderen Welt, der Gralswelt des „Parsifal“.



    Die Überraschung stellte sich am nächsten Tag ein, als es darum ging, noch einmal die Geschichte komplett zu hören. Nein, es wurde keineswegs eine „Wiederholung“, es wurde ein völlig neues, ein ganz anderes Eintauchen in die Gralswelt. Mit Christian Thielemann, mit Falk Struckmann (Amfortas), mit Ain Anger (Titurel), mit Franz-Josef Selig (Gurnemanz), mit Placido Domingo (Parsifal), mit Wolfgang Bankl (Klingsor), mit Waltraud Meier (Kundry) und mit Chor und Orchester der Wiener Staatsoper ist man vom ersten Ton an mittendrin im Geschehen, nicht in einer fernen Welt, sondern ganz hier, ganz im Jetzt. Diese Gralswelt ersteht in der Wiener Staatsoper, in angespannter Live-Atmosphäre, wo alle hörbar aus sich herausgehen, wo der Moment entscheidet, wo es um jeden Augenblick geht. Diese Vorstellung vom Juni 2005 ermöglicht akustisch auch per CD ein immens spannendes zweites Durchleben der Geschichte, etwas schneller als bei Karajan (das Vorspiel etwa nur knapp über 11 Minuten), dichter von der Dramatik her, mehr Musikdrama als Weihespiel. Ich möchte beide Aufnahmen nicht mehr missen. So verschieden sie sind, so sehr gehen beide unter die Haut. Und die großen musikalischen Themen, die als Leitmotive auch immer wieder zwischendurch zu hören sind, schwingen weiter im Hörer, schweben vom Augenblick in die Ewigkeit und wieder zurück in den Augenblick des Empfindens großer Musik, der doch auch ein Moment aller Ewigkeit ist.


    Herzlicher Gruß
    Alexander

    Freundlicher Gruß
    Alexander

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  • Lieber Alexander,


    welch schöner und vor allem inspirierender Beitrag zu Deinem Parsifal-Wochenende. Das sind natürlich immer unvergleichliche Musiktage, wenn man sich so intensiv mit nur einem Werk befasst, noch dazu zum ersten Mal und einem so bedeutenden Werk.


    Den Thielemann kenne ich noch nicht, hatte aber schon gehört, dass sein Parsifal gelungen sein soll und werde ihn mir jetzt wohl mal zulegen. Thielemann ist m . E. der führende Mann seiner Generation im Wagner und Bruckner Fach, vielleicht der führende Mann überhaupt unter den Lebenden.


    Sehr zutreffend weist Du (gleich mehrfach) auf den ausgesprochen transparenten Klang bei Karajan hin. Das ist eine Klangeigenschaft, die sich all diejenigen hinter die Ohren schreiben sollten, die immer den einmal in die Welt gesetzten Lager-Unsinn von dem angeblich "breiigen" Karajan-Sound nachreden, vermutlich ohne je einmal genau eine Karajan-Aufnahme angehört zu haben; denn dann würden sie derlei kaum mehr behaupten können. In der Tat zeichnet das typische Karajan Klangbild durch eine große Transparenz bei gleichermaßen vollem, (später) oft geschmeidigem Orchesterspiel aus. In der Verbindung von beidem ist Karajan unerreicht, worauf auch Christoph von Dohnanyi erst kürzlich wieder hinwies.


    Loge


  • Wir waren gestern (Sonntag, 6.4.2008. 16:00 - 22:00) da, ich habe etwas andere Eindrücke, meine Eindrücke von und Anmerkungen zur Inszenierung später.


    Hier nur die Abweichungen zu Gurnemanz Vorstellung:


    Musikalische Leitung: Stefan Blunier
    Amfortas: Tito You
    Titurel: Magnus Baldvinsson
    Kundry: Yamina Maamar
    Zweiter Gralsritter: Hans-Joachim Porcher (agiert nur, wegen Disposition, es sang vom Bühnenrand: Thomas Mehnert, warum er, wenn er die Rolle auch schon gespielt hat, nicht gleich ganz gespielt hat, verstehe ich nicht!)


    Der verständlichste Sänger bei uns war Parsifal, dicht gefolgt von Gurnemanz. Kundry war so gut wie überhaupt nicht zu verstehen, Yamina Maamar verzieht die Vokale alle hin zu einem "o". Amfortas singt die s-Laute zu zischend, und das t "platzt" aus ihm raus. Titurel aus der Tiefe des Raumes gut.


    Zu Klingsors Zaubermmädchen ist zu ergänzen, daß sie in dieser Aufführung nicht mehr ganz so gut abgestimmt waren.


    Der Chor war in vielen Fällen uneinheitlich, was die Aussprache betrifft (immer wieder sehr kritisch sind die s- und t-Laute. Etwas mehr "Übung", und Blick zum Dirigenten (auf der Bühne ist es da eh so dunkel, da kann man ein Auge nach vorne riskieren!) würden das verbessern. Stefan Blunier gab da genaue Signale (was man vom Rang aus von allen Plätzen gut sehen kann!) Ich fand die große Chor-Szene im ersten Aufzug besser als die im dritten. Dennoch: Von der Sangesqualität wirklich gut, nur das "Zusammen" könnte noch besser werden (nehmt euch ein Beispiel am Darmstädter Konzertchor, die machen das superb!)!


    Zum Orchester: Das Blech hatte vermehrt "Anspielprobleme", das "furzte" manches Mal los... Und manchmal kam das Orchester Stefan Bluniers Wünschen nach Tempowechseln nicht ganz nach, da kam "Uneinheitlichkeit" durch. Auch hier: Mal einen Blick nach vorne riskieren... Ansonsten stimme ich Gurnemanz hier zu, insgesamt gut (meine erinnerung an den Frankfurter Parsifal von vor 2 Jahren ist da schlechter). Die "nicht echten" Röhrenglocken aus der Tiefe des Raumes gut, klangen fast wie echt (will sagen: ich habe hier schon schlimmere Synthesizer gehört! Ich habe mich sogar gefragt (aber nur im ersten Aufzug!), ob es evtl. doch echte Röhrenglocken sind...)


    Dirigent: Anfangs viel langsamer als Solti mit den Wienern 1972, es hatte machmal etwas Klerikales und Pastorales... In Summe paßte es aber zu dem Geschehen auf der Bühne.


    Gurnemanz: Ja, das Staatstheater wurde renoviert (aber nur das Große Haus), primär aber die Bühnentechnik.


    Musikalisch nicht schlecht, aber mit den Leistungen von Amfortas und Kundry war ich überhaupt nicht zufrieden...


    Matthias

  • Hallo Matthias,


    vielen Dank für Deinen Bericht, interessant, und die Presse bespricht ja i. d. R. nur die Premieren: Daß solche Serien auch ihre Geschichte haben, wird dort nicht sichtbar. Ob Du nun das Orchester kritischer beurteilst als ich oder ob die Musiker gestern nicht so konzentriert bei der Sache waren wie vor einem Monat - das vermag ich nicht zu entscheiden.


    Zitat

    Original von pfuetz
    Die "nicht echten" Röhrenglocken aus der Tiefe des Raumes gut, klangen fast wie echt (will sagen: ich habe hier schon schlimmere Synthesizer gehört! Ich habe mich sogar gefragt (aber nur im ersten Aufzug!), ob es evtl. doch echte Röhrenglocken sind...)


    Jetzt da Du es erwähnst: Diese Stelle ist mir noch in etwas unangenehmer Erinnerung: Es klang mir zu sehr nach "Sonntagmorgen auf dem Dorfe", das Kirchenläuten viel zu "echt", doch das paßt vermutlich gut zu den (verfehlten?) Intentionen der Regie. Das Glockenläuten kenne ich von Plattenaufnahmen archaischer, unheimlicher und gerade dadurch eindrucksvoller.


    Zitat

    Gurnemanz: Ja, das Staatstheater wurde renoviert (aber nur das Große Haus), primär aber die Bühnentechnik.


    Ja, die Akustik in Darmstadt überzeugt!


    Nun bin ich gespannt darauf, wie Du die Inszenierung gesehen hast.


  • Und hiermit wird es sehr viel schwieriger... ;-)


    Also: Das Programmheft gibt ein paar Hinweise, das Ganze erscheint mir aber doch etwas unausgegoren.


    Fange ich mal mit den positiven Dingen an, die "einfach nur Schön" waren: Dazu zählt ganz gewiß die Verwandlungsszene im ersten Aufzug, das ist optisch Klasse gelungen (Farben, Bewegung, Dramaturgie) das hat "schönste Staubi-Qualität" im wirklich positiven Sinne des Staubi-Gedankens. Dennoch nicht "verkitscht oder "Kostümhaft", wirklich etwas zum "Geniessen"


    Was mir als Idee ebenfalls gut gefallen hat, ist die Inszenierung des Gurnemanz-Erzählens am Anfang der Oper, dort, wo er erzählt, was mit Titurel, Amfortas und Klingsor geschah.


    John Dew schreibt dazu im Programmheft (2,- EUR, verglichen mit dem Umfang und dem Inhalt von Stuttgart's 4,- EUR Heft ist dieses hier dann doch zu teuer!) :


    "Gurnemanz geleitet uns in das Spiel. Er erzählt uns die Vorgeschichte, aus der hervorgeht, dass Amfortas durch ein sexuelles Vergehen gesündigt hat und den von ihm verwahrten Speer verlor. Wie verständlich ist dieser Gurnemanz, der kein Heiliger ist, sondern ein Mensch, der nach dem sucht, was wir, mangels besserer Begriffe, inneres Glück nennen. Deswegen versetzte ich den Ausgangspunkt meiner Inszenierung in die Schulklasse meiner Kindheit, wo ich eben diese Art der Liebe gemischt mit Ungeduld von einfachen, aber ordentlichen Ordensmännern erfahren habe."


    Hier sehe ich dann aber auch wie Alviano die "Märchenonkel"-Version durchschimmern, und ich frage mich, warum er die an sich gute Idee durch einen solchen Text "verschlimmbessern muß"...


    Also: Idee und das Bild auf der Tafel (das drei-einige Auge in der Mitte, darunter Klingsor, links davon Titurel und davon links Amfortas mit Speer. Rechts die Burgen und Blumenmädchen. Gurnemanz erzählt anhand der Bildergeschichte den Hergang (sag, Du kanntest Titurel, wie mag das sein?...))


    Was dann aber uneinheitlich wird, sind Brüche. An vielen Stellen.


    Doch erst nochmals zurück zum "Leitgedanken", den John Dew auch auf dem Schlußvorhang zeigen läßt: Richard Wagners Satz: "Wo die Religion künstlich wird, muß die Kunst die Religion erretten." (Gurnemanz hat ihn wortgetreu zitiert, ich hier nur inhaltlich). Dieser Aufgabe fühlt sich Dew verpflichtet. Im Programmheft geht er dann aber noch im Detail auf die Zwiespältigkeit dieser Aufgabe ein, indem er erwähnt, daß Wagner ja mit dem Parsifal und dem Festspielhaus in Bayreuth fast eine Art "Gegenreligion" geschaffen hat, und sagt, daß er keine andere Oper kenne, in der zwei der christlichen Sakramente (Taufe (Anfang dritter Aufzug) und Abendmahl (erster und dritter Aufzug)) auf die Bühne gebracht werden.


    Aus diesem "Unentschlossensein" (soll ich nun den Jux mir machen, oder soll ich "wortgetreu bleiben" ? ) kommen die Brüche:


    1.) Die Wortreihen am Anfang von erstem und zweitem Aufzug (wir fragen uns: Warum nicht auch im dritten?)
    2.) Was sollen uns die "Einleitungen" (Namenmauern) im ersten und zweiten Aufzug, wenn es im dritten keine gibt, und wenn dann nicht konsequent weiter daran gearbeitet wird, sondern es dann "naturalistisch" wird? (1. Aufzug: Schwan-Mord, danach versinken de Namen und die Verwandlung geht los. 2. Aufzug: Parsifal kommt, das Buch und die Namen sind weg, der "Kampf" um den Speer findet auf leerer Bühne statt (mit einem Blitz wird der Speer von Klingsor hinten auf der Bühne zu Parsifal vorne auf der Bühne "geschleudert" )).
    3.) Die Verwandlungsszene im dritten Aufzug: Warum hier nun den Vorhang (hinter dem dann die Verwandlung stattfindet)? Dew sagt: Weil es Wagner auch nicht geschafft hat, es in Bayreuth auf der Bühne durchführen zu lassen (merke: heute sind wir technisch weiter, und Wagner wollte es ja ursprünglich (er hat sogar die Verwandlungsmusik mehrfach spielen lassen, wie Dew selbst schreibt, um den Bühnentechnikern mehr Zeit zu geben!): Warum es also nicht endlich tun (der "Meister" würde sich doch eher freuen)).


    Aus diesen "Unklarheiten" und "Unentschlossenheiten" entstehen Brüche, die zwar zum Nachdenken anregen können, leider aber nicht weit genug gehen, weil sich der Regisseur nicht entscheiden konnte. Will ich den "verlogenen Karfreitagszauber" konterkarieren, will ich ihn kritisch betrachten oder will ich "nur Wagner" umsetzen (wobei wir ja gar nicht genau wissen, was er wollte, die "Werktreue" wird ja zum Glück im Programmheft deutlich als undeutlich gekennzeichnet (Wagner als Autor, und Wagner als Regisseur, das paßte schon damals nicht zusammen))?


    Insoweit kann ich Gurnemanz zustimmen: Zu stark an der christlichen Mystik orientiert (Was ja aber auch Inhalt des Werkes, jedenfalls zu weiten Teilen, ist!). Zustimmen kann ich Gurnemanz aber nicht darin, daß es zu viel sei: Denn dann wäre es ja durch die Überhöhung ggfls. schon wieder Kritik. Durch die Brüche, die ich oben zum Teil erwähnt habe, ist Dew aber leider auch darin gescheitert.


    Andererseits sind die Lichtregie und die Gralsszenen (wenn man die hängenden Kreuze ausser acht läßt, im Rang sie die "zum Glück" nicht allzu deutlich zu sehen) wirklich bewegend in Szene gesetzt, da kann einem schon das Schauern kommen...


    Kurz: es gibt viel, was "Spaß" macht, es gibt viel, was unklar bleibt. Für 8,- EUR kann ich aber keine 6 Stunden im Kino oder in der Keinpe sitzen (schade, daß wir nun für's Parken beim Theaterbesuch zahlen müssen, das war früher in Darmstadt ein Privileg, daß das Parkhaus zur Theaterzeit kostenlos war! Aber 2,50 EUR sind dennoch nicht zuviel). Insoweit ist es auf jeden Fall sein Geld wert, und die Zeit war auf keinen Fall vergeudet.


    Vielleicht kommen ja noch mehr Meinungen?


    Matthias

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  • Danke, Matthias, für die detaillierte und fundierte Kritik; ich finde, daß Du das Unklare, Unentschlossene der Inszenierung überzeugend dargestellt hast - insgesamt war's schon ziemlich unausgegoren. Was ich "zu viel" fand, war die penetrante Wiederholung der Kernaussage (die für mich trotz allem überdeutlich geworden war), bis hin zum Schluß, wo der Wagner-Satz "Da wo die Religion künstlich wird, ist es der Kunst vorbehalten, den Kern der Religion zu retten" bei mir nur noch Kopfschütteln bewirkte. Die Ausführung dieser Idee war, wie Du einleuchtend dargestellt hast, wenig schlüssig und insgesamt inkonsequent.


    Da Darmstadt für mich nicht aus der Welt liegt, bin ich gespannt auf weitere interessante und bedenkenswerte Aufführungen - oder macht dort alles John Dew?


    Hat Alviano nicht erwähnt, daß Hans Neuenfels 2009 den "Parsifal" in Basel inszenieren wird? Das allerdings wäre doch einen neuen Versuch wert...

  • Zitat

    Original von Gurnemanz
    Danke, Matthias, für die detaillierte und fundierte Kritik; ich finde, daß Du das Unklare, Unentschlossene der Inszenierung überzeugend dargestellt hast - insgesamt war's schon ziemlich unausgegoren. Was ich "zu viel" fand, war die penetrante Wiederholung der Kernaussage (die für mich trotz allem überdeutlich geworden war), bis hin zum Schluß, wo der Wagner-Satz "Da wo die Religion künstlich wird, ist es der Kunst vorbehalten, den Kern der Religion zu retten" bei mir nur noch Kopfschütteln bewirkte. Die Ausführung dieser Idee war, wie Du einleuchtend dargestellt hast, wenig schlüssig und insgesamt inkonsequent.


    Da Darmstadt für mich nicht aus der Welt liegt, bin ich gespannt auf weitere interessante und bedenkenswerte Aufführungen - oder macht dort alles John Dew?


    Hat Alviano nicht erwähnt, daß Hans Neuenfels 2009 den "Parsifal" in Basel inszenieren wird? Das allerdings wäre doch einen neuen Versuch wert...


    Zur Zeit macht wohl so gut wie alles in Darmstadt John Dew selbst.


    Ja, Alviano sagte das, Alviano, hast Du schon Termine?


    Gespannt!


    Matthias

  • Ich höre mir gerade eben zur Vorbereitung auf meinen diesjährigen Bayreuth-Besuch den Thielemann'schen "Parsifal" mit Domingo/Meier an - genauer gesagt, einen Radiomitschnitt vom 30.6., also NICHT die DG-Veröffentlichung.
    Nun stellte ich beim ersten Akt fest, dass nach Gurnemanz' Frage an Parsifal "Und bangt es dich nicht vor Tat ?" die Gralsritter mit "Strafe dem Frevler !" nicht zu hören sind, so dass Gurnemanz direkt an "Unerhörtes Werk..." anknüpft.
    Kann es sein, dass der Chor just an dieser Stelle ungünstig positioniert ist, so dass die Mikrofone diese Stelle nicht einfangen konnten ? Ich habe die Inszenierung zwar bereits gesehen, sie ist mir aber nicht mehr sonderlich präsent. Kann es wirklich sein, dass der Chor hier kollektiv geschlampert hat...?

  • Diese Hinweise wurden ausgelöst durch eine Frage in Im Untergrund - Tiefere Bedeutungsschichten im Werk Wagners und ihre Interpretation nach einer guten PARSIFAL-DVD.

    Da sie besser hierher passt, habe ich sie verschoben

    JR II


    Liebe Fairy,


    ich gebe Dir mal eine erste Antwort, obwohl ich alles andere als ein Parsifal-Kenner oder gar Liebhaber bin.


    Die für mich interessanteste Filmversion, nämlich die von Syberberg, gibt es derzeit leider nicht auf DVD, aber die VHS-Version wird regelmäßig hoch gehandelt. Wenn sie Dir in Frankreich begegnen sollte, kannst Du m. E. zuschlagen, denn Du wirst sie sicher wieder los, wenn sie Dir nicht gefällt.


    In dem Richard Wagner: Parsifal - Thread wird diese Aufnahme besonders gelobt, die mir auch nach dem Papierwert die erstrebenswerteste zu sein scheint:



    Ich habe mal die Amazon-Seite verlinkt, weil es da auch interessante Kommentare gibt.


    Vielleicht hilft's.


    :hello: Jacques Rideamus


  • Das hatte ich live gesehen, ja, ich denke, es ist immer noch eine sehr gute Inszenierung!


    Matthias

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  • Zitat

    Original von GiselherHH


    P.S.: @ Frère auf Zack: Man kann den Syberberg-"Parsifal" (wie übrigens alle anderen Filme und Dokumentationen) bei Syberberg direkt bestellen; siehe "www.syberberg.de/Syberberg4_2008/080408-DVD-Werk-alle.html".


    Da ich auch noch lange nicht so weit bin, mich mit dem PARSIFAL anzufreunden, sind mir die 40 Euronen, die Syvberberg dafür haben will, zu heftig. Wer NTSC abspielen kann, und das sollten die meisten sein, kriegt sie bei den amerikanischen Amazonen für $ 31,00 plus Versand, kann also über 10 Euro sparen.



    Den "Soundtrack" des Films mit Wolfgang Schöne (Amfortas), Robert Lloyd (Gurnemanz) und Aage Haugland (Klingsor) und dem PO von Monte Carlo unter Armin Jordan gab es mal auf Erato, aber den braucht natürlich nur, wer den Film nicht hat.


    Ich habe den Film 1982 bei der Frankfurter Premiere in der Alten Oper gesehen und samt "Soundtrack" in sehr guter Erinnerung, aber ich habe weder genügend Vergleiche noch Erinnerung um daraus eine ungeschützte Empfehlung zu machen.


    :hello: Jacques Rideamus


    Die Diskussion um diese Aufnahme und Parsifal-DVDs allgemein werde ich in Kürze in den Parsifal-Thread verschieben, wo sie besser hingehört.


  • Hallo,


    doch, den Syberberg Film gibt es auf DVD, ich habe ihn mir bestellt, und auch heute bekommen, mal sehen, wann ich die Zeit finde, etwas dazu zu schreiben (nachdem ich ihn gesehen haben werde).


    http://www.syberberg.de/Syberb…080408-DVD-Werk-alle.html


    Gruß,


    Matthias

  • So,


    gestern abend vor dem Schlafengehen (und nach Stunden von CDs Rippen für den iPod, alles ganz gemischt: The Beautiful South (alles) (alles von Queen wartet noch neben dem PC... ;-) ), Guldas Mozart Tapes (alle 5 CDs), Hampsons Heine Lieder Einspielungen mit Sawallisch, Rattles Haydn 88-92 aus dem letzten Jahr, Elgars Enigma etc. mit Maisky und Sinopoli, Wagners Meistersinger mit Kubelik, Wagner's Tristan mit Furtwängler, Tristan und Meistersinger von Mickisch, Mahlers Lieder eines fahrenden Gesellen mit Hampson, und noch mal ein paar Ausschnitte aus Soltis Parsifal (die waren beim ersten Rippen nicht ganz heile rübergekommen, da spinnt komischerweise das Laufwerk, habe dann also ein anderes Laufwerk im PC genutzt) gönnte ich mir noch den ersten Aufzug von Syberbergs Parsifal.


    Mein erster Eindruck war: Zu viel Kamerabewegung.
    Mein zweiter Eindruck: Sehr interessant, insbesondere wegen der Vermischung von Puppenspiel, Film- und Bildeinspielungen auf Rückwänden der "imaginären" Bühne, aber auch auf Kostümen und Objekten auf der Bühne.
    Der dritte Eindruck, nachdem ich dann die Kapitelüberschriften auf der DVD gelesen hatte (die sind etwas "verspielt" zu erreichen), ist, daß Syberberg versucht, die Premiere (Uraufführung) des Parsofal in Bayreuth nachzubilden, zumindest teilweise.


    Und beim "Scannen" der DVDs vor Wochen habe ich gesehen, daß noch ein wohl hochinteressanter Beitrag von Jürgen Kritz (HR) anläßlich der Filmfestspiele in Cannes 1982 mit dabei ist, in dem Jürgen Kritz mit Syberberg lange spricht. Das ist als "Goodie" auf der 3. DVD drauf, bin mal gespannt, wann ich dazu komme... Schade, daß Jürgen Kritz die beste Kinosendung des gesamten deutschen Fernsehens nicht mehr machen kann. Für mich war der hessische Rundfunk am Dienstag (und früher am Mittwoch) Abend um 21:45 immer ein ganz fester Fernsehtermin!


    Nun also: Da Syberberg versucht, Teile der Uraufführung zu re-aktivieren, kommen "klassische" Bühnenbilder (mit Wald, Gebirge, Flüssen, Seen, etc.) vor, aber trickreich verschmolzen mit Puppen (Wagner hämmert auf den Ambos (Ring), vor einem überdimensionalen Ohr stehend, komponiert, dirigiert (Meistersinger) ), und der "Gralsraum, -tempel" liegt im Inneren eines noch überdimensionaleren auf dem Rücken liegenden Wagnerkopf, der "geöffnet" wird, und in den dann die Gralsritter einziehen.


    Titurel fleht aus der "Tropfsteinhöhle" um Erbarmen (Enthüllet den Gral!), und Amfortas weigert sich, in den "Kopf" einzuziehen, kann sich dann aber nicht wehren... ;-)


    Ja, die Wunde wird auf einem silbernen Tablett mit schwarzem Samt belegt von "Gralsjüngern" vor Amfortas hergetragen, und kommt so mehrfach ins Bild.


    Leider ist auf der DVD kein Dolby Stereo (oder besser: kein digitaler Ton), so daß die Erato CDs sicherlich schon sinnvoll sein können. Ich hatte den Eindruck von Mono auf der DVD, kann mich aber getäuscht haben. Es ist aber sehr textverständlich gesungen worden, aber leider sind die "Röhrenglocken" ganz schlechten Synthesizer-Klängen gewichen.


    Also: Sehr spannend und vielschichtig gemacht, hat was z.T. von Scherenschnitt-Kino aus den Anfängen der Stummfilmzeit (weil es manchmal den Eindruck der "Nachkoloration" in Blau, Rot, Grün erweckt), und setzt sich sicherlich auf vielen Ebenen mit der Aufführungspraxis aber eben auch mit dem Werk und seinem Schaffer und der Rezeption all dieser Dinge auseinander. (Beim Einzug in den Gralstempel kommen wir an einer Flaggenwand vorbei, an der neben dem Hakenkreuz auch alle Flaggen der mittelalterlichen Kleinstaaterei Deutschlands aufgehängt sind (wir gehen zeitlich rückwärst, angefangen bei dem 1000-jährigen Reich, und enden irgendwann im Mittelalter ( "hier wird die Zeit zum Raum" ) ).


    Ansonsten bin ich auf Aufzug 2 und 3 gespannt, mal sehen, wann ich das schaffe.


    Liebe Grüße,


    Matthias

  • Und ich habe mich mittlerweile weitestgehend durch die Kupfer-Inszenierung gequält-anders kann ich es leider nicht ausdrücken!


    Das einzig Erfreuliche ist Waltraut Meier und die Ouvertüre.
    Ansosnten bin ich inzwischen immerhin soweit dass ich Teile der Musik ganz wunderbar finde, aber nur solange niemand singt.
    Es soll rein instrumentale Versionen des Ganzen geben-die sind wohl am ehesten kompatibel für mich.
    Aber weil ich so liebenswürdig bedacht wurde, werde ich mir die restlichen beiden Inszeneirungen(Lehnhoff und Wagner) zumindest in Teile auch noch antun und vielleicht damit etwas mehr Erfolg haben... man soll ja niemals nie sagen, wenn man in Tamino Mitglied ist.


    Fairy Queen

  • Stammt das hier aus der Kupfer Inszenierung?


    http://de.youtube.com/watch?v=AwkQ_UZ0VXs


    Und ist es diese Aufnahme?


    http://www.amazon.de/Wagner-Ri…vd&qid=1215368805&sr=1-17


    Und das wäre dann die Version auf CD?


    http://www.warnerclassicsandja…/release.php?release=3340


    Kenne ich leider (?) nicht... Und scheint es auch nicht mehr käuflich zu geben (DVD), nur gebrauchte VHS Cassetten...


    Nimm dann doch lieber den Lehnhoff (wenn Dich der Kupfer so quält)... Da singt auch Frau Meier...


    Aber, evtl. liegt's ja doch an Wagner und seinen Texten, daß Du damit nicht warm werden kannst...


    Bin gespannt auf Deine weiteren Berichte!


    Matthias

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  • Zitat

    Original von ThomasBernhard
    Hallo


    Kennt jemand die Parsifal-Aufnahme von Reginald Goodall und würde etwas dazu sagen? Ich habe leider keine einzige Aufnahme von Goodall, aber er gilt ja als großer Wagnerexperte. Ich denke a) wegen des mid-preises und b) wegen der Mayer sollte die Aufnahme doch wahrscheinlich empfehlenswert sein ?!



    Der bis dato relativ unbeantworteten Frage schließe ich mich an.


    Mit 286 Min. (!) über eine Std. länger als Kegel (221 Min.), fast eine halbe Std. länger als Karajan (257 Min.) und Solti (260 Min.) und selbst knapp 20 Min. länger als Knappertsbusch 1951 (267 Min.), würde mich diese Aufnahme schon deswegen interessieren.


    Diese 84er Aufnahme ist doch deutsch, oder? Es gibt scheinbar noch einen 71er-Mitschnitt auf englisch von Goodall.


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    Original von Joseph II.


    Der bis dato relativ unbeantworteten Frage...


    Nun ja, zumindest ich habe meine Meinung damals kundgetan. Aber deren Wert scheint ja nur ein ziemlich relativer zu sein... :D


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Hallo Giselher,


    damit wollte ich Deinen schon lange zurück liegenden Beitrag nicht herunterspielen; ich erlaube mir, ihn nochmal an der Stelle zu zitieren: ;)


    Zitat

    Original von GiselherHH
    Ich habe sie mir vor ein paar Jahren bei 2001 gekauft, hauptsächlich wegen der hervorragenden Kundry der damals (1984) noch jungen Waltraud Meier. Die Aufnahme ist nicht erste Wahl, dafür ist das Orchester der Welsh National Opera doch zu sehr mit der bloßen Realisierung der von Goodall geforderten weiten Bögen beschäftigt und die Solisten (McIntyre, Ellsworth, Joll) bemühen sich mit eher durchschnittlichen Stimmen mal gut, öfter weniger gut, um die deutsche Sprache. Ich hätte z.B. lieber den wunderbaren walisischen Baß Gwynne Howell (der unter Goodall einen sehr guten König Marke gesungen hat (Decca)) als Gurnemanz gehört.


    Ansonsten hat sich, soviel ich fand, nur noch Edwin dazu geäußert:


    Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Für mich ist das die "alte" (und damit meine ich weder "falsche" noch "schlechte") Wagner-Auffassung. Und da zähle ich auch Goodall dazu. Wenn er am Schluss immer langsamer wird, dann noch einmal verzögert und den armen, aber recht tüchtigen Warren Elsworth bei "öffnet den SchRRRRRRRRein" in ärgste Verlegenheit bringt, ehe die Harfen zu dröhnen anfangen, als wär's ein Doppelkonzert für zwei Harfen und Orchester, dann ist das fast schon eine Wagner-Karikatur. (Ich gebe aber zu, dass ich von Goodalls "Ring" in englischer Sprache sehr angetan bin - überhaupt hat man als Britten-Fan vor Goodall in die Knie zu sinken, war immerhin der Uraufführungs-Dirigent von "Peter Grimes" und, neben Ansermet, der zweite der "Lucretia"-Uraufführungsserie.)


    Ich will dem noch eine Rezension von Amazon gegenüberstellen (vollständig hier abrufbar):



    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Nun habe ich mir besagte Aufnahme von Sir Reginald Goodall (EMI, 1984) selbst zugelegt und habe sie mir auch gleich ganz angehört.



    Was ich bereits kurz im TMOO-Thread ausführte, will ich hier nochmal etwas ausführlicher darlegen:


    Der damals bereits 83jährige Goodall legt uns hier die längste und monumentalste auf CD greifbare Aufnahme vor: Sagenhafte 286 Min. dauert das "Bühnenweihfestspiel" - und Sir Reginald kommt diesem Ideal wohl so nahe wie seit Knappertsbusch (bei dem er übrigens eine zeitlang "in Lehre" ging) kein anderer. Ein radikaler Kontrast zu den flotten Einspielungen Herbert Kegels und Pierre Boulez' (ohne diese im gleichen Atemzug herunterwürdigen zu wollen). Goodall ist ein klarer Anhänger - und vielleicht der insgeheime Vollender - der "altwagnerischen Rezeption", die man indes viel häufiger mit dem Namen Hans Knappertsbusch in Verbindung bringt. Keine mir bekannten Aufnahme (und ich kenne mittlerweile einige: Knappertsbusch 1951, Solti 1972, Kegel 1975, Karajan 1980, Kubelik 1980, Levine 1993) ist derart atmosphärisch und geheimnisvoll-mysteriös - ich greife hier die Bezeichnung des oben zitierten britischen Rezensenten auf: "arthurianisch". Man fühlt sich bei Goodall wirklich ins (fiktive) Frühmittelalter hineinversetzt.


    Zu den Sängerleistungen sei gesagt, daß alle rollendeckend singen.
    Der Gurnemanz Donald McIntyres hat Referenzcharakter, fast noch besser die damals erst 28jährige Waltraud Meier als Kundry - sängerisch gesehen das Highlight dieser an Highlights reichen Aufnahme.
    Sehr gut - viel besser als Hofmann bei Karajan und m. E. auch besser als Kollo bei Solti - auch der mir bis heute völlig unbekannte Tenor Warren Ellsworth. Mit welcher Sinnlichkeit er das "Enthüllet den Gral, öffnet den Schrein!" herüberbringt! Schade, daß Ellsworth nie die Bekanntheit des ungleich farbloseren Hofmann erlangte.
    Sehr gut auch der Klingsor von Nicholas Folwell und der Titurel (David Gwynne).
    Der Amfortas, gesungen von Phillip Joll, mag bei soviel Sängerpracht ein wenig verblassen, ist für sich genommen aber auch noch nicht zu beanstanden.


    Klangtechnisch kann man sich auch nicht beschweren: Allererste Sahne, was uns die EMI da für die Ewigkeit konserviert hat. Die Aufnahme ist freilich schon in digitalem Stereo.


    Vielleicht bietet sich ein Vergleich mit der "alterweisen" Einspielung Karl Böhms der Neunten von Beethoven (DG, 1980) an: Während die Fachwelt verzweifelt nach der perfekten Aufnahme sucht, liegt diese längst vor, weitestgehend unbeachtet. Eine wunderschöne Erinnerung an den Dirigenten Sir Reginald Goodall und ein würdiger diskographischer Abschluß eines Lebens, das Richard Wagner gewidmet war.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Von wohl keinem Dirigent liegen heute so viele Aufnahmen des "Bühnenweihfestspiels" vor wie von Knappertsbusch:


    1951–1952 und 1954–1964 durchgängig Dirigate in Bayreuth.


    Am bekanntesten sind vermutlich die Mitschnitte von '51 (erste Nachkriegs-Aufführung) und '62 (weil Stereo).


    Schauen wir uns mal die Sängerbesetzungen im Einzelnen an:


    Parsifal: Windgassen ('51, '52, '54, '63), Vinay ('55, '56, '57), Beirer ('58, '59, '60), Thomas ('61, '62), Vickers ('64)
    Gurnemanz: Weber ('51, '52, '55), Greindl ('54, '56, '57, '60), Hines ('58, '59), Hotter ('61, '62, '63, '64)
    Amfortas: London ('51, '52, '57, '61, '62, '63), Hotter ('54), Fischer-Dieskau ('55, '56), Waechter ('58, '59), Stewart ('60, '64)
    Kundry: Mödl ('51, '52, '54, '55, '56, '57, '59), Crespin ('58, '60), Dalis ('61, '62, '63), Eriscson ('64)
    Klingsor: Uhde ('51, '52), Neidlinger ('54, '55, '60, '61, '62, '63, '64), Blankenheim ('56, '57, '58, '59)
    Titurel: van Mill ('51, '57), Böhme ('52), Adam ('54), Uhde ('55), Hotter ('56), Greindl ('58, '59), Ward ('60), Weber ('61, '63), Talvela ('62), Hagenau ('64)


    Der geneigte Hörer hat hier eine fast schon einzigartige Möglichkeit, sich die für ihn persönlich optimale Aufnahme anhand der von ihm bevorzugten Sänger sozusagen selbst zusammenzustellen. :D


    Ich kenne bis dato '51 und '56 komplett, '52 auszugsweise – und finde den '56er insgesamt am besten (mir sagen die dortigen Sänger einfach persönlich am meisten zu), Knappertsbusch ist freilich überall genial.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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