Die verkannte Kunstform - DAS MUSICAL

  • Hallo allerseits :hello:


    Wenn es eine breit klaffende Lücke im Themenspektrum von Tamino gibt, dann ist es das Musical. Immer wieder wird es zwar hier kurz angesprochen und meist verächtlch abgetan - am ausführlichsten in diesem Thread: Operette und Musical - - - ist das noch klassische Musik ??? - aber leider mit immer denselben Vorurteilen, die auf erschreckend viel Unkenntnis beruhen. Gerade der eben genannte Thread strotzt vor Uninformiertheit und Desinformation, was deren Verbreiter aber nicht hindert, ein eindeutiges Urteil zu fällen, das - wen wundert's da noch? - negativ ausfällt.


    Wer aber auf der Basis einer solchen Information Urteile fällt, verhält sich ähnlich wie derjenige, der eine komplette Verurteilung der Oper als anspruchsvolle Musik auf die Basis eines einmaligen Erlebnisses von, sagen wir, THE PHANTOM OF THE OPERA und BLACK RIDER stützt, weil er nicht nur von Monteverdi nie etwas gehlört hat, sondern nicht einmal von Verdi. Ich hoffe, man wird mir auf der Basis meiner bisherigen Beiträge hier abnehmen, dass ich mch ein wenig mit klassischer Musik, Oper und Operette auskenne und diese auch sehr zu schätzen weiß. Ich spreche also nicht als jemand, dem klassische Musik zu hoch ist, sondern als ein Mensch, der sich für informiert und urteilsfähig genug hält, zu den meisten der hier angesprochenen Themen etwas Relevantes beitragen zu können.


    Es scheint mir einfach höchste Zeit, eine Lanze für diese - zumindest hier - völlig verkannte Gattung des Musiktheaters zu brechen. Da ein Großteil der gegenwärtig erkennbaren Meinungen ersichtlich auf Unkenntnis beruht, fange ich mit ein paar grundlegenden Thesen und Informationen an.


    1. Das Musical ist keine fünfzig Jahre jünger als die Operette und ereichte seine erste Blüte, als der Niedergang der Operette begann. Man kann es also ohne Weiteres als deren legitimen Erben bezeichnen.


    2. Das Musical hat mindestens so viele große Komponisten, Werke und Glanznummern hervor gebracht wie die Operette, und das sage ich als jemand, der die Operette ziemllich gut kennt und schätzt.


    3. Das Musical ist heute die lebendigste Form des Musiktheaters.


    4. Zu allen Zeiten gab es erfolgreiche Werke, für die die Nachwelt bestenfalls ein mildes Lächeln übrig hat, weil sie außer der einen oder anderen eingängigen Melodie nichts Besonderes beinhalten. Die Mehrzahl der neueren Musicals, auf die sich das Negativurteil vieler Taminos stützt, gehört in diese Gattung.


    5. Das Musical steht nicht zuletzt deshalb bei uns in Misskredit, weil die meisten deutschen Theater und ihre Ensembles den besonderen Anforderungen der Gattung nicht gewachsen sind, während die Spezialtheater sich auf ein Repertoire stützen, das mit Musicals wenig, aber alles mit Show zu tun hat.


    Ich werde diese Thesen im weiteren Verlauf des Threads noch eingehend begründen, fange aber hier zunächst einmal mit der Nr. 1 an. Zugleich eröffne ich einen zweiten Thread zur Informationssammlung, in dem Ihr Eure eigenen Lieblinge und liebsten Hassobjekte der Gattung Musical mitteilen könnt, nämlich diesen:


    http:Cats-enjammer - Welche Musicals kennt und mögt Ihr (nicht)


    Jetzt also zu Nr. 1: wie alt ist das Musical eigentlich und wie entstand es?


    Das Musical, eine Kurzform des ursprünglichen Begriffs „Musical Comedy“, d. h. musikalische Komödie, entstand um die letzte Jahrhundertwende als Protest gegen die Dominanz der europäischen Operette auf den renommierten Theaterbühnen Amerikas. Diese waren nämlich den Schlagerfabrikanten der sogenannten Tin Pan Alley, von der aus die Musikverleger New Yorks die Stars der Unterhaltungswelt belieferten, verschlossen geblieben. Angeführt von dem geschäftstüchtigen George M. Cohan, forderten sie deshalb spezifisch amerikanische Themen und Kompositionen. Das Resultat waren zahlreiche patriotische Revuen in eigens entlang dem New Yorker Broadway dafür geschaffenen Häusern. In dezidiertem Gegensatz zu den weiterhin beliebten Operetten, ersetzten sie oft die Handlung durch Conférenciers und Nummerngirls, präsentierten aber um so mehr aktuelle Schlager.


    Nur allmählich erkannten die Produzenten dieser Revuen den Wert guter Autoren, die sie in Ermangelung erfahrener Librettisten aus England importierten. Da diese ihr Metier im Umfeld der Operetten von Gilbert und Sullivan gelernt hatten, wurden ihre Stücke den zeitgenössischen Operetten immer ähnlicher, bis sich ihre "Musicals" fast nur noch in ihrer amerikanischen Thematik von diesen unterschieden. Während musiktechnisch ausgebildete Komponisten früher Musicals wie etwa Jerome Kern im wesentlichen der Operette treu blieben, entwickelten einstige Schlagerkomponisten wie George Gershwin, Irving Berlin, Cole Porter und Harold Arlen eine eigene Musiksprache, die auf populäre Entertainer zugeschnitten wurde, welche die zunehmend ambitionierten Texte und Tanzelemente des Musicals über die Rampe bringen konnten.


    So kennzeichnet es den Unterschied zwischen Operette und Musical, dass Letzteres am besten von sängerisch begabten Schauspielern und Tänzern dargeboten werden kann, während die Operette ausgebildete Stimmen verlangt, die auch in komplexeren musikalischen Ensembles bestehen können. Nicht zuletzt deshalb misslingen viele Aufführungen von Musicals mit Opernsängern, da diese den spezifischen Spielcharakter des Musicals oft mit einer unidiomatischen, primär der Produktion glanzvoller Töne verpflichteten Interpretation verfälschen und in der Regel nur in Musicals bestehen können, die eigentlich Operetten sind, wie etwa MY FAIR LADY, CANDIDE oder THE PHANTOM OF THE OPERA.


    In diesen und nicht wenig anderen sogenannten Musicals, die nur deshalb so genannt werden, weil sie aus Amerika kommen oder in Musicaltheatern aufgeführt werden, hat sich die Operette als Spielart des Musicals erhalten und ist keineswegs so tot, wie man gerne unterstellt.


    Zur Unterscheidung zwischen Operette und Muscal, womöglich sogar zu der zwischen neuem Musical und der Oper wird es aber einen eigenen Thread geben müssen, der vielleicht der in diesem Zusammenhang interessanteste wird.


    Interessiert es Euch, wie es weitergehen könnte?


    Dann schreibt doch bitte etwas dazu, was Ihr von diesem Thread und Thema haltet.


    :hello: Rideamus

  • Lieber Rideamus,


    Nicht nur Schimpf wurde im Forum bisher auf das Musical abgeladen, Du findest ab und zu auch ein Bekenntnis oder einige liebevolle Worte zu dieser Gattung.


    Wie schwer die übrigens manchmal gegen die Operette abzugrenzen ist, beweist schon Deine Kategorisierung von "My Fair Lady" etc. Wert und Rang des Musicals sind aber aus meiner Sicht überhaupt nicht abhängig von einer klaren Gattungsstruktur, sondern einzig und allein von der künstlerischen Qualität.


    Zweifellos sind wir mitten drin in einer Glanzzeit des Musicals, und das wird auch dadurch nicht anders, daß viele Bühnen- wie Du ganz richtig sagst - damit völlig überfordert sind und es daher gar nicht ins Repertoire nehmen. Hier springt der Film ein (so wie seinerzeit auch bei der Operette) und bringt hochrangige Realisierungen unter die breite Masse ("Kiss me Kate" mit Kathryn Grayson und Howard Keel; "My Fair Lady" mit Audrey Hepburn, Rex Harrison, Stanley Holloway; "Mary Poppins" mit Julie Andrews und Dick Van Dyke, um nur drei der bekanntesten und besten Beispiele zu erwähnen).


    Die Beliebtheit der Gattung hängt also nicht zwingend mit der unmittelbaren Verfügbarkeit entsprechender Künstlerpersönlichkeiten vor Ort zusammen. Was das Musical mit der Operette jedenfalls gemeinsam hat, ist die enge Verbindung zum Tanz und zum Schauspiel. Ich stelle den Tanz bewußt an die erste Stelle, denn der entsprechende Bewegungsrhythmus ist in den meisten Werken für die Mitwirkenden eine Conditio sine qua non.


    Zur Popularität des Musicals trägt sicher die enge Verwandschaft vieler Melodien mit der Schlagerproduktion bei. Hier sind die Grenzen sicher auch fließend. "Memory" aus "Cats" ist sicher zu einem Schlager geworden, ebenso wie das "Don't Cry For Me, Argentina", d.h. es ist - wurscht jetzt, ob gut, oder schlecht - Teil des Alltags geworden. Man summt es beim Aufstehen oder anderen Gelegenheiten, man hält sich die Ohren zu, weil es aus allen Lautsprechern tönt, manche verfluchen es, weil die Dauerberieselung eine größere Qual bereitet als Ravels "Bolero". Das war seinerzeit mit manchen Opernmelodien oder Operettenliedern nichts anders (beschränkt sich bei diesen Gattungen aber nunmehr auf ein beschränktes Publikum). Nun, hat nicht irgendwer gesagt: "Popularität ist eine Schweinerei"? (Schlag nach bei Thomas Mann!) Ich teile diese Meinung nicht (Thomas Mann offenbar auch nicht), für mich ist das Musical ein legitimer Diskussionsanlaß im Forum, und ich freue mich sehr, daß Du diesen Thread gestartet hast.


    LG


    Waldi

  • Lieber Rideamus,


    es ist schön, dass Du diesen Thread eröffnet hast. Auch ich gehöre zu denjenigen, die sich viel zu wenig mit dieser Musikgattung beschäftigt haben und freue mich, wenn ich hier Genaueres darüber erfahre.


    Live habe ich bisher nur "My Fair Lady" und "Cabaret" gesehen. Wobei ich bei "My Fair Lady" nicht der Ansicht bin, dass hier Eliza (es wäre zwar von Vorteil) unbedingt eine glanzvolle Stimme haben "muss". Hierbei kommt es m.E. viel mehr auf die schauspielerischen Leistungen an.


    Gerne erfahre ich auch, wie man hier über die "West Side Story" denkt, die
    überall als Musical bezeichnet wird. Candide hast Du ja selbst nicht als Musical bezeichnet.


    Zitat


    Original von Rideamus
    Das Musical steht nicht zuletzt deshalb bei uns in Misskredit, weil die meisten deutschen Theater und ihre Ensembles den besonderen Anforderungen der Gattung nicht gewachsen sind, während die Spezialtheater sich auf ein Repertoire stützen, das mit Musicals wenig, aber alles mit Show zu tun hat.


    Volle Zustimmung meinerseits. Man beachte aber auch die zunehmenden Insolvenzen dieser "Theater".


    LG :hello:


    Emotione

  • Zitat

    Original von Walter Krause
    Lieber Rideamus,


    Nicht nur Schimpf wurde im Forum bisher auf das Musical abgeladen, Du findest ab und zu auch ein Bekenntnis oder einige liebevolle Worte zu dieser Gattung.


    Wie schwer die übrigens manchmal gegen die Operette abzugrenzen ist, beweist schon Deine Kategorisierung von "My Fair Lady" etc. Wert und Rang des Musicals sind aber aus meiner Sicht überhaupt nicht abhängig von einer klaren Gattungsstruktur, sondern einzig und allein von der künstlerischen Qualität.


    Lieber Waldi,


    zunächst einmal herzlichen Dank für Deinen Beifall. Natürlich ist mir bewusst, dass es hier auch positive Stimmen zu einzelnen Musicals gegeben hat, vor allem zu denen von Lenard Bernstein, bei denen sich die Qualität kaum ernsthaft leugnen lässt (wobei auch hier auffällt, dass sich das Wissen darum fast durchweg auf die WEST SIDE STORY und neuerdings auf die Operette CANDIDE beschränkt, die immerhin fast 50 Jahre brauchte, bis sie weltweit bekannt und anerkannt wurde. Als ich Mitte der 70er Jahre das Glück hatte, die Neuinszenierung von Harold Prince am Broadway zu sehen, gab es zuhause noch niemanden, dem das irgendetwas sagte. Da war man noch vollauf damit beschäftigt, zu diskutieren, ob MY FAIR LADY nicht doch eine Operette sei, weil sie so gut ist und gar nicht in unsere Vorstellung vom Musical passte (Tatsächlich ist es ja auch eine Operette, die sich, wie alles, was vom Broadway kam, Musical nannte, weil der Begriff der Operette unkommerziell war). Musicals fingen aber beileibe nicht erst mit MY FAIR LADY an und hörten auch nicht mit CABARET auf, richtig gut zu sein. (NB: wer kennt noch wenigstens ein weiteres Musical der Komponisten dieser beiden Welterfolge? Und wenn nicht, warum nicht?)


    Wie auch immer: Zustimmung gab es hier natürlich auch, und nicht zuletzt in dem Thread, auf den ich bereits verwiesen habe. Ich bitte dennoch um Verständnis für die etwas polemische Zuspitzung, die sich weniger gegen die Einzelnen richtete, die sehr dezidiert etwas verurteilten, von dem sie ersichtlich keine Ahnung hatten, sondern gegen das verbreitete Unwissen, das wir uns hier glauben leisten zu können, als handele es sich bei dem in Frage kommenden Repertoire um Produkte irgendeiner rappenden Eintagsfliege, bei der in der Tat allenfalls die Texte noch ein mildes Interesse zu wecken vermögen, weil der Rest sich in einförmigen Rhythmen erschöpft. Wo nur ist da unsere Neugier auf unbekannte Musikkunst, die wir hier so gerne für uns in Anspruch nehmen?


    Wie kann jemand, der Gershwin als Komponist von PORGY AND BESS ernst nimmt und zumindest wissen sollte, dass Gershwin vor allem Musicals komponierte, ernsthaft diese Gattung verurteilen ohne seine Beiträge dazu überhaupt zu kennen? Leider ist aber jeder Jazzfan, der ihre Evergreens unweigerlich in den unterschiedlichsten Bearbeitungen kennt, zwangsläufig besser über die Qualität eines Gershwin, Berlin, Kern, Arlen etc. etc. informiert als der vermeintliche Kenner der Klassik, der diesen Sektor einfach ausblendet und dann noch vom hohen Ross postuliert, er täte das, weil das keine Kunst sei. Ging Bernstein slummen, wann immer er sich dieser Gattung widmete? Muss man eine Symphonie geschrieben haben um als Theaterkomponist ernst genommen zu werden? Und wenn ja, warum kennt hier so gut wie niemand wenigstens die phänomenalen Musicals von Kurt Weill?


    Du hast Recht: die "künstlerische Qualität", wie immer man sie definieren will, ist das wesentliche Kriterium. Wie aber will man sie beurteilen, wenn man nicht einmal ihre Rahmenbedingungen kennt? Jeder würde fassungslos protestieren, wollte man behaupten, dass Bach schlecht ist, weil er nicht über das musikalische Vokabular eines Berlioz oder Strauss verfügte. Dennoch spricht man dem Musical jede künstlerische Relevanz ab, solange es nicht das Vokabular eines Bernstein rauf und runter buchstabiert. Und weil es so lustig ist, weigert man sich gleich noch, die Musicals kennen zu lernen, die sogar überdieses Vokabular verfügen. Wenn's hoch kommt, hat man gerade mal etwas von Sondheims SWEENEY TODD gehört, weil das schon mal an renommierten Opernhäusern gespielt wird.


    Manchmal geht mir die eurozentrische Arroganz unserer Musikwahrnehmung, die ja schon an der spanischen Grenze halt macht, ziemlich auf den Keks, und das nicht nur, weil sich (vermutlich mangels hinreichender Sachkenntnis) niemand an mein harmloses Intendantenspiel (Noch ein Intendant gesucht) traut, nur weil da auch Musicals und Zarzuelas vorkommen. Aber genug gewettert.


    Zitat

    Zweifellos sind wir mitten drin in einer Glanzzeit des Musicals, und das wird auch dadurch nicht anders, daß viele Bühnen- wie Du ganz richtig sagst - damit völlig überfordert sind und es daher gar nicht ins Repertoire nehmen.


    Es wäre ungerecht, wenn wir das nur unseren Bühnen und der veralteten Ausbildung ihres Personals anlasteten. Die Sänger können nichts dafür, dass ihnen das Musical nicht so vertraut ist wie den amerkanischen Gesangsstudenten, denn sie haben so gut wie keine kompetenten Lehrer und Aufführungen, die sie damit vertraut machen könnten. Vor allem aber haben sie kein Publikum, das sich für Musicals außerhalb der mit viel Geld propagierten Großereignisse interessiert, weil auch das Medienumfeld zu wenig Ahnung hat um zu vermitteln, wie interessant das sein kann. Wo da das Huhn und wo das Ei ist, vermag ich inzwischen kaum noch zu sagen. Immerhin: es gibt engagierte Fürsprecher und Praktiker des Musicals ans unseren Bühnen, und ich hoffe, dass der parallele Cats-enjammer - Thread einiges davon zutage fördern wird, was uns an Musicals auch in Deutschland erschlossen wurde.


    Ich bin mir leider nicht so sicher, was die Glanzzeit des Musicals betrifft. Ich fürchte fast, wie haben sie schon seit einiger Zeit hinter uns. Wie Emotione völlig richtig vermerkt (danke auch für Deinen Beitrag, liebe E.), machen die großen Spezialtheater heute fast mehr Schlagzeilen mit ihren Pleiten als mit ihren Aufführungen, und auch kompositorisch findet zwischen den wenigen Großspektakeln á la BEAUTY AND THE BEAST und kleinen Stücken wie PINKELSTADT oder NONNSENSE eigentlich nichts mehr statt, was an die große Zeit des Musicals bis in die 70er/80er Jahre erinnert, in der pro Jahr zwei oder drei mindestens hochinteressante Werke uraufgefüht wurden. Heute erinnert der Spielplan des Broadway schon fast an die Museumskataloge unserer Opernhäuser (auch Spielpläne genannt).


    Deshalb ist die Entwicklung der letzten zwei Dekaden mit großem Interesse zu beobachten, die dem Musical einen Weg zur großen Oper hin zu weisen scheint, und auf die ich die dritte meiner zu Beginn verlautbarten Thesen stütze. Auch das sollte aber schon wieder ein separater Thread sein, denn diese bei uns völlig ignorierte Entwicklung ist m. E. die spannendste, die das Musiktheater derzeit erlebt, da sie noch in einer sehr unbestimmbaren Frühphase steckt. Nur steht leider zu befürchten, dass unter den Taminos noch kaum jemand diesen Trend bemerkt hat, so dass leider kein besonders intensiver Austausch von Kommentaren zu erwarten ist.


    Zu der heruasragenden Bedeutung der KOMBINATION von Gesang, Tanz und Sprache, auf die Du völlig zu Recht hinweist, will ich in Kürze einen eigenen Text einstellen, deshalb vorerst noch nichts weiter dazu.


    Zitat

    Zur Popularität des Musicals trägt sicher die enge Verwandschaft vieler Melodien mit der Schlagerproduktion bei. Hier sind die Grenzen sicher auch fließend. "Memory" aus "Cats" ist sicher zu einem Schlager geworden, ebenso wie das "Don't Cry For Me, Argentina", d.h. es ist - wurscht jetzt, ob gut, oder schlecht - Teil des Alltags geworden. Man summt es beim Aufstehen oder anderen Gelegenheiten, man hält sich die Ohren zu, weil es aus allen Lautsprechern tönt, manche verfluchen es, weil die Dauerberieselung eine größere Qual bereitet als Ravels "Bolero". Das war seinerzeit mit manchen Opernmelodien oder Operettenliedern nichts anders (beschränkt sich bei diesen Gattungen aber nunmehr auf ein beschränktes Publikum).


    Da bin ich völlig mit einverstanden, wobei ich lieber nicht hinterfragen möchte, in welchem Sinne Du das "beschränkte" Publikum verstanden wissen willst. :D


    Man sollte da aber auch nicht unhistorisch argumentieren. Der gerade im FREISCHÜTZ-Thread zitierte Beschwerdebrief Heinrich Heines über die Allgegenwart des Jungfernkranzes in den Gassen Berlins gibt ein sehr plastisches Bild davon ab, dass sich seit damals (und lange vorher) wenig geändert hat außer der Medienverstärkung.


    Das soll für heute mal genug sein. Du merkst: ich kann mich bei diesem Thema richtig ereifern. und sollte deshalb besser :stumm:



    :hello: Rideamus

  • Hier nun die gestern versprochenen Anmerkungen zum Zusammenhang von Musical und Tanz, die natürlich alles andere als erschöpfend sind, aber vielleicht einen Eindruck davon geben, warum Musical und Tanz so untrennbar verbunden sind. Sie sind ein gekürzter Ausschnitt aus meinem Manuskript eines Operetten- und Musical-Lexkons, dessen Copyright bei mir liegt.


    Da das Musical aus dem Vaudeville und der Revue mit ihren zahlreichen leicht bekleideten Tänzerinnen entwachsen ist, war bei seinen Stars stets nicht nur Stimme und Persönlichkeit, sondern auch tänzerische Begabung gefragt. Zwar war das leichtgeschürzte Ballett auch ein beliebtes Element von Oper und Operette. Dort aber blieb der Tanz eigenen Corps de ballet überlassen, das meist nur als Einlage auftrat. Beim Musical dagegen wurde mindestens vom Chor die Beherrschung von Gesang und Tanz selbstverständlich verlangt. Viele Musicals benötigen aber auch wenigstens einige Hauptdarsteller/Innen mit solch vielseitiger Begabung. Diese brachten zunächst nur wenige mit, denn Singen und Tanzen stellen sehr konträre physische Anforderungen.


    So entwickelte sich die Vereinigung von Sprache, Tanz und Gesang zunächst vor allem im Filmmusical, wo man komplexe und physisch anstrengende Nummern in verschiedene Einstellungen aufteilen und für den Gesang ein Playback einsetzen konnte. Einmal von den „singenden, tanzenden und sprechenden“ Musicals der Filmindustrie verwöhnt, verlangte das Publikum Gleiches auch im Theater. Als Erster bediente Richard Rodgers diesen Wunsch umfassend in den integrierten Tanznummern seiner Musicals ON YOUR TOES (1936) und OKLAHOMA (1943), nach dessen Erfolg ein Choreograph zum Pflichtpersonal eines neuen Musicals gehörte.


    Erst Leonard Bernstein und Jerome Robbins gelang jedoch in ihren Musicals ON THE TOWN (1944) und WEST SIDE STORY (1957) die Integration aller Elemente als gleichberechtigte Träger eines einzigen Geschehens. Seither gehört ein solides Tanztraining, ohne das ein Einsatz in Erfolgsmusicals wie HAIR, CATS oder A CHORUS LINE undenkbar wäre, zur Ausbildung aller Musicaldarsteller. Deshalb sind normale Ensembletheater in der Regel mit einer adäquaten Darbietung von Musicals überfordert. Das führte dazu, dass das Musical im Wesentlichen auf die spezialisierten Bühnen von New York und London beschränkt blieb. Neben einigen wenigen kleinen und technisch anspruchsloseren Stücken werden deshalb nur noch die besonders erfolgreichen neuen Musicals international aufgeführt, denn sie allein vermögen die spezialisierten Theater zu füllen und mit langen Laufzeiten das ausgiebige Training eigens für ihre Rollen engagierter Darsteller rentabel zu machen.


    :hello: Rideamus

  • Hallo Rideamus,


    danke für diesen Thread! :jubel:


    Ich weiß auch nicht, warum das Musical gerade hier im "alten Europa" :wacky: oft so scheel angesehen wird und irgendwie als nicht ganz vollwertiges Mitglied der musiktheatralischen Familie (die, angefangen bei der Opera buffa, über Singspiel, Opéra comique und Operette eigentlich konsequent diesen Weg beschritten hat) angesehen wird.


    Vielleicht, weil das Musical die bislang erfolgreichste Musik-Gattung ist, die in Amerika kreiert wurde und ihren Weg zur Abwechslung einmal in entgegengesetzter Richtung über den großen Teich gefunden hat? (Rock'n Roll, Popmusik und Jazz jetzt mal außen vor gelassen...)


    Nach dem Motto: "Was aus Amerika kommt, kann ja nichts Richtiges sein"?


    Ich weiß den Grund nicht, aber ich stimme Dir zu, dass manch einer, der leichtfertig die Gattung Musical als Ganzes ablehnt, oft wirklich nur an die heute sichtbarsten "Musical-Auswüchse" denkt: Diese weitverbreiteten Event-Musicals à la "We will rock you", "Phantom der Oper", "Elisabeth", "Starlight Express" oder "Grease".


    Wer kennt schon die klassischen Musicals der 1930er bis in die 1960er Jahre (um mal einen groben Zeitraum zu umreißen) wie "Show Boat", "Knickerbocker Holiday", "Carousel", "South Pacific", "The Man of La Mancha" oder "Camelot"?


    Die Liste ließe sich fortsetzen - und ich würde mir sehr wünschen, diese und andere Werke hierzulande häufiger auf der Bühne erleben zu können!
    Das würde die pauschale Vorverurteilung des Musicals "an sich" mancher Kritiker vielleicht ein bisschen revidieren.
    Ich bin sicher, wenn die Amerikaner seinerzeit die Bezeichnung "Operetta" statt "Musical" verwendet hätten, als diese Gattung ihren Siegeszug antrat, hätte es nicht so viele misstrauische Reaktionen aus unseren Breiten gegeben - im Endeffekt ist es doch nur eine Frage der Bezeichnung, die hier künstliche Barrieren schafft: "Was? Ein Musical? Oh nein, bitte nicht! Ich gehe lieber in die Operette...." :D

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Zitat

    Original von Rideamus


    Jetzt also zu Nr. 1: wie alt ist das Musical eigentlich und wie entstand es?


    Das Musical, eine Kurzform des ursprünglichen Begriffs „Musical Comedy“, d. h. musikalische Komödie, entstand um die letzte Jahrhundertwende


    Dass das Musical soooo modern ist, hätte ich nicht gedacht; ich hätte ihm glatt 100 Jahre mehr zugebilligt. :D :stumm:


    SCNR :untertauch:

  • Hallo MarcCologne


    danke für diesen unterstützenden Beitrag :jubel: , dem ich uneingeschränkt zustimmen möchte.


    Mit KNICKERBOCKER HOLIDAY hast Du Dir ja eine besondere Rarität ausgesucht, die nicht einmal die meisten Anhänger von Kurt Weill vom Hören her kennen (oder nur den berühmten "September" - Song), weil es kaum eine Aufnahme davon gibt. Vor nicht all zu langer Zeit habe ich mal bei ebay die alte Aufnahme unter Maurice Abravanel mit Walter Huston (dem Vater des Regisseurs John Huston) gefunden und ersteigert und hüte sie seither wie einen Schatz, obwohl mehr als die Hälfte der cd mit Dialogen gefüllt ist.


    Apropos Kurt Weill: die Musical-Skeptiker sollten sich unbedingt einmal mit LADY IN THE DARK vertraut machen, sei es in den Aufnahmen von "My Ship Comes In" und "One Life to Live" mit Anne Sofie van Otter! und dem NDR SO unter John Eliot Gardiner



    oder Teresa Stratas, ggf. auch Ute Lemper unter John Mauceri anhören. Am besten wäre allerdings die Originalaufnahme mit Gertrud Lawrence, auf der Danny Kaye in seiner unnachahmlich zungenbrecherischen Art den Hitsong "Tschaikowsky" singt, der ihn weltberühmt gemacht hat, und in dem er die Namen fast aller bekannten russichen Komponisten herunterrattert. Nur ein Ersatz dafür, aber ein sehr passabler und viel besser klingender, ist diese Aufnahme:



    Ceterum censeo: Nichts gegen weitere Entdeckungen von Barockkomponisten, aber in diesem Feld ist mindestens bei uns noch viel nachzuholen - zum fraglosen Gewinn des Hörers.


    :hello: Rideamus


    PS: ironischerweise wurden in Amerika und danach weltweit viele Operetten, zu denen ich auch die von Dir genannten "Camelot" und "Man of La Mancha" zählen würde, als Musicals aufgeführt, weil der Begriff Operetta als altmodisch und unkommerziell galt. Aber ein Thread zur Unterscheidung von Operetten und Musicals ist schon in Vorbereitung, und diese Diskussion möchte ich dafür aufheben.

  • Zitat

    Original von Hildebrandt


    Dass das Musical soooo modern ist, hätte ich nicht gedacht; ich hätte ihm glatt 100 Jahre mehr zugebilligt. :D:stumm:


    SCNR :untertauch:


    Tja, da hätte ich wohl doch schreiben sollen "im letzten Jahrtausend". Sorry, den Text hatte ich aus einem älteren Manuskript entlehnt, aber leider unvollständig aktualisiert. Gemeint ist natürlich die Wende zum 20. Jahrhundert.


    :O Erröteamus

  • Zitat

    Rideamus schrieb:
    Aber ein Thread zur Unterscheidung von Operetten und Musicals ist schon in Vorbereitung, und diese Diskussion möchte ich dafür aufheben.


    Auf den Thread bin ich schon sehr gespannt, denn ich habe Dich jetzt mehrfach Werke wie z. B. Candide als Operette bezeichnend gelesen und musste jedesmal stutzen - ich vermute, Du hast eine wohl durchdachte und begründete Theorie, warum Du selbiges (und andere Musicals) eben nicht als solches, sondern eben als Operette bezeichnen würdest.


    Da ich - wie schon erwähnt - diese Bezeichnungen sowieso eher als hinderlich empfinde und ich auch keine großen Unterschiede zwischen Operette und Musical zu erkennen vermag (gerade in den 1920er Jahren, als das Musical in seiner uns heute vertrauten Form entstand, waren die Formen beider Gattungen sehr verwischt und durchlässig), harre ich gespannt weiterer Details... :hello:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

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  • Zitat

    Original von Rideamus


    Da bin ich völlig mit einverstanden, wobei ich lieber nicht hinterfragen möchte, in welchem Sinne Du das "beschränkte" Publikum verstanden wissen willst. :D


    Du merkst: ich kann mich bei diesem Thema richtig ereifern. und sollte deshalb besser :stumm:


    Lieber Rideamus,


    Die doppelte Beschränkung ist mir peinlich. :untertauch: Sie passierte, weil man nicht mehrere Sachen gleichzeitig tun soll, und ich diesen weisen Satz wieder einmal ignoriert habe. Bitte mich gebührend fußzutreten!


    Untersteh' Dich, Dir selbst den Mund zu verbieten! Du hast es in kürzester Zeit geschafft, eine tragende Säule des Forums zu werden. Smilie :stumm: solltest Du daher als für dich tabu betrachten.


    Ad Glanzzeit des Musicals: In Wien ist es vielleicht ein bißchen anders als sonstwo, hier machen etwa die Kunze-Levay Schöpfungen immer wieder Furore. Mein Bier sind diese Werke eigentlich nicht, ich betrachte sie eher als Musical-Gebrauchskunst, aber es ist nicht zu leugnen, daß sie vor allem auch bei jungen Leuten sehr gut aufgenommen werden. Sicher, Wien hat seit Marcel Prawy und "Kiss me Kate" eine lange Musicaltradition, aber die allein kann den Erfolg sicher nicht garantieren. Vielleicht liegt's also bloß an mir, und "Sisi" (offiziell "Elisabeth") etc. ist gar nicht sooo schlecht.


    LG


    Waldi

  • Zitat

    Original von MarcCologne


    Auf den Thread bin ich schon sehr gespannt, denn ich habe Dich jetzt mehrfach Werke wie z. B. Candide als Operette bezeichnend gelesen und musste jedesmal stutzen - ich vermute, Du hast eine wohl durchdachte und begründete Theorie, warum Du selbiges (und andere Musicals) eben nicht als solches, sondern eben als Operette bezeichnen würdest.


    Nun, ich HOFFE, dass ich eine schlüssige Hypothese habe, aber die will erst einmal wenigstens halbwges überzeugend formuliert sein. Das wird also noch etws dauern.


    Zu CANDIDE kann ich Dir aber schon vorab sagen, dass ich mich da auf sehr sicherem Grund befinde, denn Bernstein selbst bezeichnete das Werk mehrfach als Operette. Ich meine sogar, dass das auch für die autorisierte Fassung galt, die er in London aufführte, kann das aber derzeit nicht nachschlagen. Diese "Selbstbezichtigung" hat mir sogar den Anstoß zu der Überlegung gegeben, warum Bernstein, der das Musical ja keineswegs verachtete, diese Bezeichnung gewählt haben könnte, und daraus meine Theorie zur Unterscheidung der Gattungen entwickelt. Ich folge da nämlich ganz allgemein einem Hinweis, den er in THE JOY OF MUSIC zum zeitbezogenen Inhalt des Musicals gegeben hat.


    Aber dazu, wie gesagt, später mehr.


    @ Waldi
    Um Marcel Prawy und seinen Erfolg als europäischer Musicalpionier habe ich Euch Wiener schon lange beneidet. Ist aber nicht das Einzige. :D


    :hello: Rideamus (der Kryptowahlwiener)

  • Zitat

    Original von Walter Krause
    Zur Popularität des Musicals trägt sicher die enge Verwandschaft vieler Melodien mit der Schlagerproduktion bei. Hier sind die Grenzen sicher auch fließend. "Memory" aus "Cats" ist sicher zu einem Schlager geworden, ebenso wie das "Don't Cry For Me, Argentina", d.h. es ist - wurscht jetzt, ob gut, oder schlecht - Teil des Alltags geworden.


    Hallo,


    gerade als ich diesen Abschnitt von dir gelesen habe, da ist mir als weiteres Beispiel das Lied von Bonnie Tylor "Total eclipse of the Heart" eingefallen.


    Mir selbst ging es so, als ich mir die Gesamtaufnahme von "Tanz der Vampire" das erste Mal anhörte, daß ich das Lied "Sei bereit" bereits kannte. Nur woher!!!!! Später erst war mir alles klar, der Song von Bonnie Tyler der wieder einmal im Radio lief brachte den Groschen zum rutschen....



    Viele Grüsse
    Chero

  • Zitat

    Original von Rideamus


    Wie kann jemand, der Gershwin als Komponist von PORGY AND BESS ernst nimmt und zumindest wissen sollte, dass Gershwin vor allem Musicals komponierte, ernsthaft diese Gattung verurteilen ohne seine Beiträge dazu überhaupt zu kennen? Leider ist aber jeder Jazzfan, der ihre Evergreens unweigerlich in den unterschiedlichsten Bearbeitungen kennt, zwangsläufig besser über die Qualität eines Gershwin, Berlin, Kern, Arlen etc. etc. informiert als der vermeintliche Kenner der Klassik, der diesen Sektor einfach ausblendet und dann noch vom hohen Ross postuliert, er täte das, weil das keine Kunst sei.
    :hello: Rideamus


    Als Jazzfan fühle ich mich dadurch natürlich direkt angesprochen.
    Die von dir genannten Komponisten und Lieder finden sich alle im sogenannten Great American Songbook wieder, daß die Blütezeit des amerikanischen Liedschaffens abbildet. Lt. Wikipedia sind dies die 30er bis 60er Jahre des vorherigen Jahrhunderts. In diese Zeit fallen auch viele der genannten Musicals, deren populärste Songs gleich Einzug in das Songbook hielten.
    Namhafte Vertreter des Jazz-Gesangs, und ich will hier ganz bewußt nur Ella Fitzgerald als herausragendes Beispiel nennen, haben dieses Songbook plattenweise abgearbeitet. Aber auch für die Instrumentalisten bedeutete das Songbook ein immense Inspirationsquelle, die bis heute munter sprudelt.
    Deshalb kommen jedem am Jazz Interessierten zwangsläufig viele Melodien des Songbooks zu Gehör. Nur glaube ich, daß vielen Jazzfans gar nicht bewußt ist, daß es sich zum Beispiel beim Stück "night and day" von Cole Porter um einen song des Musicals gay divorce handelt.
    Diese Liste könnte beliebig ergänzt werden.


    Natürlich wäre es schön, wenn sich der Klassik-Musikfreund auch von der Musik des Songbooks inspirieren ließe, aber offen gesagt, sehe ich da wenig Berührungspunkte, abgesehen vielleicht davon, daß zB Gershwin in beiden Lagern vertreten ist.

  • Zitat

    Original von Achim


    Deshalb kommen jedem am Jazz Interessierten zwangsläufig viele Melodien des Songbooks zu Gehör. Nur glaube ich, daß vielen Jazzfans gar nicht bewußt ist, daß es sich zum Beispiel beim Stück "night and day" von Cole Porter um einen song des Musicals gay divorce handelt.
    Diese Liste könnte beliebig ergänzt werden.


    Natürlich wäre es schön, wenn sich der Klassik-Musikfreund auch von der Musik des Songbooks inspirieren ließe, aber offen gesagt, sehe ich da wenig Berührungspunkte, abgesehen vielleicht davon, daß zB Gershwin in beiden Lagern vertreten ist.


    ZUm Glück sehen wir jetzt schon (siehe den Cats-enjammer - Thread), dass es wohl doch mehr Berührungspunkte gibt, als ich anfangs selbst befürchtet hatte. Natürlich liegen Welten zwischen Schönberg dem Zwölftöner und Schoenberg dem Miserablen, aber man muss ja nicht unbedingt Äpfel mit Birnen vergleichen können um beides zu mögen.


    Um es mit der ROSENKAVALIER-Gräfin zu sagen: "Jedes Ding hat seine Zeit".


    Ich danke Dir für die Verstärkung der Jazzfraktion im Musical-Thread, denn als solcher weist Du auf etwas ganz wichtiges hin, das alle Gattungen des Musiktheaters gemeinsam haben: im Gedächtnis bleiben und immer wieder zitiert werden MELODIEN und gelegentlich auch Texte, wobei ich die Behauptung aufstellen möchte, dass das Musical nicht zu schlagen ist, was den intelligenten Witz seiner Texte angeht. Das sage ich bewusst auch als ein unübertrefflicher Fan von Offenbach, Strauß und, ganz ohne falsche Bescheidenheit in dessen Namen, als der hiesige Stellvertreter von ...


    Rideamus


    (der damit nicht behaupten will, dass es nicht vergleichbar hochrangige Texte in der Oper und der Operette gibt, auch von ihm, nur nicht in dieser Dichte)

  • Ursprünglich wollte ich diesen Definitionsversuch in einen eigenen Thread verbringen, aber da es hier um grundsäzliche Fragen der Definition und Ehrenrettung des Musicals geht, passt das ganz gut hier hinein, denke ich. Sollte sich daraus eine ausufernde Diskussion ergeben, kann man ja immer noch einen eigenen daraus machen.


    Vorab: ich nannte den Betreff bewusst nicht "wie unterscheidet MAN..." Erstens gibt es da wohl kaum einen Konsensus außer dem Sprachgebrauch (genau genommen, kenne ich noch nicht einmal einen schriftlichen Versuch, das zu tun, aber das liegt wohl nur an meiner musiktheoretischen Unbelesenheit oder dem Altersheimer, was länger zurückliegende Lektüre betrifft), und zweitens hilft mir der Sprachgebrauch nicht wirklich weiter, denn der macht das einfach am Ursprungsland (USA) fest und geht davon aus, dass alles was nach den 70ern an musikalischem Unterhaltungstheater entstand, Musicals sein könnten bzw. müssten. Das ist für Deutschland aus anderen Gründen falsch als in Frankreich oder Italien, aber in allen drei Ländern blieb die Operette länger lebendig. Irgendwann nannten die Komponisten ihre Operetten dann einfach Musicals, weil das aktueller klang und kommerzieller schien. Das macht sie aber noch nicht zu solchen. So gilt sogar Rick Besoyans bezaubernde LITTLE MARY SUNSHINE als Musical, obwohl sie dezidiert an die Operette anknüpft und deren Klischees liebevoll auf den Arm nimmt.


    Ein bisschen formeller sollten die Kriterien also schon sein. Ich maße mir nicht an, hier ein perfektes Definitionsgebäuder hinzustellen, zumal dies mein erster Versuch ist, aber nachdem ich mich schon eine Weile damit beschäftigt habe, scheinen mir ein paar Thesen ziemlich haltbar zu sein. Dennoch bin ich der Erste, der einräumen würde, dass es eine Grauzone gibt, die sich durch das ganze 20. Jahrhundert erstreckt, und innerhalb derer bestimmte Zuordnungen Instinktsache und oft willkürlich werden. Ich folge in meinen Thesen übrigens ein ganzes Stück denen von Leonard Bernstein in dem Musicalkapitel seines Buches FREUDE AN DER MUSIK, das ich unter dem genannten Aspekt fortzuschreiben versuche.


    Vielleicht ist es am besten, sich noch einmal meinem Eingangsbeitrag zur Entstehung des Musicals anzusehen und dann ein paar Fragen an das jeweilige Werk zu stellen:


    1. Wann, wo und zu welchem Zweck entstand das Werk?
    Wie oben gesagt, entstand das Musical in New York als Protestbewegung gegen die Dominanz der Operette auch unter den in Amerika wirkenden Komponisten und hob sich von dieser vor allem durch amerikanische Themen ab. Zudem war es ein Produkt amerikanischer Schlagerkomponisten, die vor allem für das Vaudeville und die Straßensänger komponierten und erst Anfang des 20. Jahrhunderts eigene Theater bekam, in denen vorwiegend Revuen, als durch lose Handlungssketche "verbundene" Schlager gespielt wurden, die erst später, wie etwa bei den berühmten Ziegfeld-Revuen, wenigstens unter einem Motto standen. Das war aber so allgemein gehalten (etwa "Glorifying the American Girl";), dass man kaum von einer relevanten Handlung sprechen konnte. Diese vom Varieté oder Vaudeville abstammende Form der Themenrevue sollte sich noch bis in die Gegenwart halten (zum Beispiel jede Weihnachten in der Radio City Music Hall, im Pariser Lido oder Crazy Horse, oder im Berliner Wintergarten oder Friedrichstadtpalast), interessiert hier aber weniger, denn es fehlt ihm eine Grundvoraussetzung des echten Musiktheaters, nämlich die durchgehende Handlung, aus der heraus mindestens die Mehrzahl der einzelnen Musikstücke geboren wird. Das aber ist etwas ganz anderes als der thematische Domino, der die divergierenden Musikstücke umhüllt, die früher eigens dafür geschrieben wurden, heute aber fast nur noch aus anderen Quellen entliehen werden. Die Musik solcher Revuen steht zwar der des Musicals ziemlich nahe (vor allem im Musikfilm), die Revue soll uns aber hier nicht interessieren.


    Bernstein setzt die Geburt des Musicals einige Revuen früher an, weil die mit der Stadt New York ein gemeinsames Thema hatten. Für mich beginnt die eigentliche Geschichte des Musicals jedoch erst mit George M. Cohans LITTLE JOHNNY JONES (1904) und FORTY-FIVE MINUTES FROM BROADWAY (1906), denn sie hatten als erste so etwas wie eine eigenständige und vor allem durchgängige Handlung. Natürlich waren sie auf ihren Schöpfer zugeschnitten, der ein begnadeter Entertainer und wohl auch Tänzer, aber ein eher limiterter Sänger war. Sein Erfolg wirkte stilbildend, denn das Musical entwickelte sich aus diesen Vorbildern heraus, denen es lange Zeit treu blieb. Ausgebildete Sänger und "exotische", also nichtamerikanische Themen blieben der Operette vorbehalten. Deshalb blieb das amerikanische Musiktheater der Operette treu.


    Amerikanische Komponisten wie Victor Herbert (BABES IN TOYLAND), Rudolf Friml ROSE-MARIE und Sigmund Romberg (THE STUDENT PRINCE), bezeichnenderweise alle mit europäischen Wurzeln, schrieben amerikaniche Operetten, auch wenn sie sich gelegentlich zu amerikanischen Themen verirrten und ihre Werke später im Übereifer von Einigen, die dem Musical gerne eine ehrwürdigere Tradition verschaffen wollten, als Musicals bezeichnet wurden. Zu dieser Gruppe würde ich übrigens auch Jerome Kern zählen, der vielen zwar noch über Cohan als der erste Großmeister des Musicals gilt, jedoch von seiner Ausbildung her, wie auch in seinen Partituren, dem Stil und den gesanglichen Ansprüchen der Operette verhaftet blieb, selbst in dem bahnbrechenden Werk, das allgemein als das erste Spitzenwerk des Musicals gilt: SHOW BOAT. Zwar behandelt es eine uramerikanische Thematik, aber die musikalichen Mittel bleiben die der Operette und benötigen in den Hauptrollen auch Sänger, die ihen Anforderungen gerecht werden. Selbst das klassische Musicalstück "Ole Man River" wurde zunächst von dem Opernsänger Paul Robeson gesungen und erst durch Showgrößen wie Sammy Davis in den Bereich des Musicals geholt. Es unterscheidet sich in seiner musikalischen Faktur deutlich von den zeitgenössischen Werken eines Irving Berlin, Gershwin oder Porter.


    Natürlich bilde ich mir nicht ein, die etablierte Gechichtsschreibung kippen zu können, und ich will das Musical auch nicht einiger seiner anerkanntesten Stücke berauben, die niemand mit der Operette oder gar der Oper verbindet. So bleibt WEST SIDE STORY auch für mich ein Musical, obwohl man das Werk m. E. auch als die erfolgreichste (und beste) amerikanische Oper neben PORGY AND BESS (die manche ja auch am liebsten dem Musical zuordnen möchten), bezeichnen kann. Es scheint mir aber bedeutungsvoll, diese Unterscheidungen als wesentlich im Auge zu behalten, wenn man im Gegensatz zum Tenor der Vermarktung von Unterschieden der Gattungen spricht.


    Zusammenfassend: Musicals gab es frühestens zur Jahrhundertwende um 1900 und mindestens an die dreißig Jahre lang nur in Amerika, obwohl gegen Ende dieser Periode Einflüsse des Musicals auf die Operette hörbar wurden, etwa in den Werken Paul Abrahams und anderer bis zur Nazizeit in Berlin wirkenden Komponisten wie Eduard Künneke, Norbert Schulze und Peter Kreuder. Manche Musicals wurden zwar mit großem Erfolg nach England exportiert (Fred und Adele Astaire waren da sehr beliebt), aber die englischen Komponisten blieben der Tradition von Gilber&Sullivan treu und schrieben Operetten. Dies gilt m. E. bis in die Jahre des Zweiten Weltkriegs hinein. Noel Coward und Ivor Novello schrieben Operetten, keine Musicals, denn sie wurden eher von der Entwicklung dere französischen Operette als der des amerikanischen Musicals beeinflusst. Kontinentaleuropa blieb ohnehin fest in der Hand der Operette.


    Fortsetzung folgt


    :hello: Rideamus

  • Hallo Ridemaus,


    nachdem ich gerade Deine Ausführungen gelesen habe, muß ich hier einmal ganz deutlich sagen, was mich stört.....
    Mir fehlt der Rest der story !!!!
    Bitte Fortsetzung folgen lassen !

  • Hallo Rideamus,


    Achims und Pauls Wunsch nach Fortsetzung möchte ich mich anschließen, denn noch bin ich nicht ganz dahinter gekommen (obwohl Deine Ausführungen bis hierhin sowohl äußerst informativ wie nachvollziehbar sind), warum Du z. B. Candide und andere von Dir schon erwähnten Titel eher zur Operettengattung zählen würdest.
    Der Schlüssel hierfür scheint demnach nach dem Zweiten Weltkrieg zu liegen, bis zu dem Du jetzt ja erst vorgestoßen bist.


    Daher harren wir mit Neugier und Spannung auf den 2. Teil! :hello:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Zitat

    Original von MarcCologne
    Noch bin ich nicht ganz dahinter gekommen (obwohl Deine Ausführungen bis hierhin sowohl äußerst informativ wie nachvollziehbar sind), warum Du z. B. Candide und andere von Dir schon erwähnten Titel eher zur Operettengattung zählen würdest.
    Der Schlüssel hierfür scheint demnach nach dem Zweiten Weltkrieg zu liegen...


    Hallo Marc,


    nicht wirklich. Ein wichtiger Teil des Schlüssels ist schon vorhanden. Also weiter im Text mit der nächsten Frage:


    2. Wann und wo spielt das Werk?


    Wie hoffentlich noch erinnerlich ist, entstand das Musical als Gegenbewegung zu der Operette mit ihren ruritanischen, also erfundenen und ironisch stilisierten europäischen Fürstenhäusern und allgemein einer Traumwelt jenseits der Realität (die zeitnahe Operette war ja selbst in Frankreich immer eine Ausnahme). Nicht, dass die Themen und das Personal amerikanischen Ursprungs im Musical realitätsnäher abgehandelt worden wären, aber sie waren weitaus gegenwartsnäher. Dies blieben sie im Wesentlichen auch in der weiteren Entwicklung des Musicals, wobei sich die Geschichten des Musicals zunehmend häufiger unter der Jeunesse Dorée abspielten. Es war einfach die Welt, in der sich die Komponisten der Musicals am besten zurecht fanden, und in der ihre Melodien heimisch waren. Die konnten sich gerne mal im Ausland oder, wie ANYTHING GOES, auf hoher See aufhalten, wie besonders bei dem weltgewandten Cole Porter (z. B. 50 MILLION FRENCHMEN). Es sollte aber bis Ende der 30er Jahre dauern, bis sich das Musical mit - nahe an der Operette segelnden - Werken wie Richard Rodgers' THE BOYS FROM SYRACUSE und Porters DUBARRY WAS A LADY in den Bereich der historischen Satire traute, der bis dato der Operette vorbehalten war, und das mit einer dezidiert amerikanischen, fast jazzigen Musiksprache. Die (fast?) singuläre Ausnahme war Rodgers' A CONNECTICUT YANKEE von 1927, und dieser Stoff war schon in dem Original von Mark Twain eine kaum verhüllte Zeitsatire auf das Amerika seiner Gegenwart. Rodgers und Porter betraten also ein Terrain, das seit Offenbachs Operetten schon sehr gut bestellt war. Wahrscheinlich gibt es mehr Ausnahmen als hier konzediert, aber ich beschränke mich hier bewusst auf die Komponisten und Werke, welche die Zeit uberdauert haben. Es geschah wohl nicht von ungefähr, dass das den übrigen Ausnahmen nicht gelang.


    Etwas anders sieht die Sache bei europäischen Musicals aus, die im Film, der den amerikanischen Musikfilm kopierte, schon in den 30er Jahren aufkamen, und im sehr stark von der amerikanischen Präsenz beeinflussten europäischen Theater in den 50er und 60er Jahren langsam überhand nahmen. Diese waren zwangsläufig unbefangener in ihrer Themenwahl. Dennoch lässt sich vor allem in den deutschen Filmmusicals (DIE DREI VON DER TANKSTELLE, VIKTOR UND VIKTORIA, GLÜCKSKINDER), die sich hörbar von Filmoperetten wie ICH UND DIE KAISERIN, AMPHYTRION und natürlich DER KONGRESS TANZT abhoben, ein Trend zu gegenwartsnahen Themen und am zeitgenössischen Schlager orientierten Musiknummern erkennen, der in Werken wie etwa Lothar Olias' für den Schlagersänger Frddy geschriebenem Musical HEIMWEH NACH ST. PAULI auch in Deutschland einen Kulminationspunkt fand, der nichts mehr mit der Operette zu tun hatte.


    Wenn man diese jahrzehntelange Tradition fortschreibt, lässt sich das Axiom ableiten, dass ein historisches oder besonders exotisches Setting in einem Musical ein Fremdkörper ist. Das muss nicht zwangsläufig die Zugehörigkeit eines Werkes zum Musical ausschließen, wie die genannten Beispiele belegen. Es bedarf also noch mindestens eines weiteren Kriteriums für die Zuordnung des Werkes, und das ist, wie eben angedeutet, das musikalische Vokabluar, dessen es sich bedient.


    Damit kommen wir zur dritten Frage.


    3. Wie sind das musikalische Vokabular und die Syntax des Werkes beschaffen?


    Hier können die Gegner des Musicals fraglos den meisten Honig für ihre Argumente saugen, obwohl dies keinen Anlass zur Arroganz geben sollte. Eher im Gegenteil.


    Erinnern wir uns: die frühen Musicals wurden sämtlich von Songschreibern verfasst, die zum großen Teil keine formale Musikausbildung hatten. Selbst Cole Porter, der (mit Hilfe seiner Mutter) schon im Alter von zehn Jahren eine Operette schrieb, aber auch Irving Berlin und George Gershwin, die sich in jungen Jahren als "Songplugger" also Straßenverkäufer von Schlagernoten, durchschlagen mussten, entwickelten ihr musikalische Vokabular erst mit der Zeit und weitgehend als Autodidakten in der Praxis. Irving Berlin schrieb zeitlebens in einer bestimmten Tonart, die er ggf. später transponieren ließ, und ein erfolgreicher Musicalschreiber wie Richard Adler (THE PAJAMA GAME, DAMN YANKEES) suchte seine Erfolgsmelodien zeitlebens auf eihnem Xylophon zusammen, das er stets mit sich führte und virtuos beherrschte. So wurde es auch die Regel, die vom hektischen Produktionsdruck der frühen Musicals noch zusätzlich befördert, wenn nicht gar erzwungen wurde, dass die Instrumentierung fast aller Musicals von technisch versierten Fachleuten besorgt wurde - ein Luxus, den selbst ein Bernstein noch gerne akzeptierte, obwohl er diese Orchestrierungen natürlich bis ins letzte Detail überwachte.


    Erinnern wir uns weiter: da die ausgebildeten Sänger sämtlich bei der Oper und Operette beschäftigt waren, schrieben die ersten Musicalautoren primär für sich selbst und befreundete Kollegen, die nur selten professionelle Sänger, aber höchst charismatische, singende und tanzende Schauspieler mit begrenztem Stimmumfang waren. Daher war es erforderlich, die Bandbreite der Anforderungen auf eher schmale Stimmen auszurichten und dieses Defizit geschickt durch zündende melodische Einfälle, rhythmische Varianten, eine besondere Betonung und Integration des tänzerischen Elements (dazu habe ich in meinen Ausführungen zum Musical und Tanz weiter oben einiges gesagt) und textliche Attraktivirät zu kompensieren.


    So entwickelte sich in der Tat eine neue Kunstform, die mit der Operette nur noch verwandt, aber nicht mehr gleichzusetzen war. Es ist aber kein Zufall, dass gerade die musikalisch ausgebildeten Komponisten wie Jerome Kern und Richard Rodgers immer wieder stark zur Operette drängten und deren Einfluss nie ganz verleugnen konnten. Zum Glück waren sie einfallsreich und geschickt genug, beide Gattungen zu verschmelzen, was eine Zuordnung nicht gerade einfacher macht, aber gerade bei den Werken, die auch hohe Ansprüche an die musikalische Realisierung stellten (und - zufällig? - meist auch historische bzw. exotische Themen hatten), ist der Operettenverdacht mehr als begründet. Dies gilt etwa für so bekannte "Musicals" wie SHOW BOAT, KISS ME KATE, BRIGADOON, MY FAIR LADY (beide von Frederick Loewe, einem Komponisten mit deutschen Wurzeln), THE MAN OF LA MANCHA, THE KING AND I und sowieso für THE SOUND OF MUSIC, die allesamt wohl als Operetten lanciert worden wären, wenn diese Gattung zum Zeitpunkt der Entstehung dieser Werke nicht völlig aus der Mode, wenn nicht gar in Verruf gekommen wäre. Aus diesem Grund wäre auch CANDIDE selbst dann eine Operette, wenn Bernstein dieses Werk später nicht selbst, und nur halb im Scherz, als solche bezeichnet hätte.


    Daher meine These, dass die Operette keineswegs ausgestorben ist, sondern in der Camouflage des Musicals überwintert (hat) und von Zeit zu Zeit durchaus interessante Werke hervor brachte, vielleicht auch noch bringt, auch wenn das Musical neuerdings zunehmend zur Oper drängt, ohne deren Anforderungen - bislang zumindest - wirklich gerecht werden zu können.


    Damit zur letzten und etwas anders gearteten Frage:


    4. Sind Rockmusicals wirklich Musicals?


    Auch hier gilt es, die Genese und den musikalischen Anspruch (weniger die sehr freie Themenwahl, die schon früh an die der Oper gemahnt) zu berücksichtigen. Sie bestätigen den Anspruch dieser Zugehörigkeit, obwohl sie sich in ihren Ambitionen und Stilmitteln erheblich von den bis dahin gängigen Musicals unterscheiden.


    Der Übergang war zwar ebenfalls fließend, aber man kann die Geburt des Rockmusicals dennoch ziemlich genau auf das Jahr 1967 und den Welterfolg von HAIR datieren. Mit diesem Werk drang nicht nur das Lebensgefühl, sondern auch die Musik der jungen Generation, die mit den bis dahin gängigen Musicals wenig zu tun hatte, mit Macht auf die Theaterbühne, wobei sie sich bezeichnenderweise nicht lange mit dem Musical beschied. Schon Steven Schwartz, der sehr bald dominierende Komponist dieser Generation, der Komponistensohn Andrew Lloyd Webber und nicht zuletzt die Popgruppe The Who bezeichneten ihre Zwitter GODSPELL, JESUS CHRIST SUPERSTAR und TOMMY nicht etwa als Musicals, sondern, trotz übergroßem Anspruch nicht ganz grundlos, als Rock Operas. Wenn auch Schwartz selbst mit PIPPIN, THE MAGIC SHOW und zuletzt WICKED den Traditionen des Musicals verhaftet blieb, so war der Trend zu durchkomponierten Werken um große Themen, die sich deutlich von den leichten Sujets der gewöhnlichen Musicals absetzten, allgemein unübersehbar.


    Claude Michel Schoenberg, der mit LA REVOLUTION FRANCAISE die erste französische Rockoper schrieb, setzte diesen Weg zur Verschmelzung fast aller Musikgattungen (primär auf der Textebene) mit LES MISERABLES und vor allem SAIGON, mit seinen Einflüssen von BUTTERFLY, SOUTH PACIFIC, TOMMY und EVITA konsequent und mit großem Erfolg fort, und der verrohte und verrockte BOHÈME-Abklatsch RENT von Jonathan Larson schloss sich diesem Trend nahtlos an. Leider stehen die Ambitionen und sie musikalischen Mittel dieser Werke, die nicht immer, aber zu oft gesangliche Qualität durch Mikrophone und Musik durch eintönigen Lärm ersetzen, in keinem gesunden Verhältnis zueinander. Immerhin: einen viel versprechenden Ausblick in die Zukunft boten dann ausgerechnet die beiden ABBAS Benny Andersson und Björn Ulvaeus, allerdings nicht mit dem zusammengestoppelten Pastiche MAMMA MIA, sondern mit dem unterschätzten CHESS und vor allem ihrem schwedischen "Musical" KRISTINA FRAN DUVEMALA, die einer hochachtbaren Oper näher kommen, als irgend ein anderes Werk dieses Subgenres.


    Auf dieser Welle schwimmen spätestens seit Birger Heymanns LINIE 1 und Sylvester Levays ELISABETH auch die deutschen Erfolgsmusicals, auch wenn sie nicht über das Niveau der bereits genannten Werke hinaus kommen. Sie sind es vor allem, die anscheinend das gegenwärtige Bild des Musicals - nicht nur, aber besonders bei den meisten Taminos - prägen, obwohl es sich, wenn überhaupt um eine Sonderform der Gattung handelt, die nur noch wenig mit den intelligenten Stücken eines Stephen Sondheim (PASSION), Maury Yeston (NINE, PHANTOM - das viel Bessere -, TITANIC), Mark Hollman (URINETOWN-PINKELSTADT) oder Marvin Hamlisch (THE GOODBYE GIRL), Stephen Flaherty (RAGTIME) nur noch wenig zu tun hat, obwohl sich natürlich auch diese der hinzu gewonnenen Feinheiten in härterer Rhythmisierung und Orchestrierung bedienten.


    Auf einem ganz anderen, aber nicht weniger interessanten Blatt stehen die für den Disney-Konzern geschriebenen Kindermusicals von Alan Menken (THE LITTLE MERMAID, BEAUTY AND THE BEAST etc.), die sich vor allem der bei Kindern und Jugendlichen beliebten Popmusik bedienen um ganz traditionelle Geschichten zu erzählen, die schließlich auch die Musicalbühne eroberten, wo sie aber dem genannten "Rockmusical" näher stehen als dem "traditionellen". Auch wenn sie derzeit zu den populärsten Werken der Gattung zählen, wie auch die Umfrage in dem Parallelthread Cats-enjammer gezeigt hat, sei hier aber nicht weiter darauf eingegangen.


    Schlussfolgerungen


    Dieser Schweinsgalopp durch die Geschichte des Musicals, den ich zudem ziemlich improvisiert habe, kann natürlich nicht alle Fragen und Eventualitäten einer Diskussion darüber abdecken, die ich damit ja auch erst in Gang bringen möchte. Dennoch hoffe ich, bestimmte Trends und Gründe identifiziert zu haben, die mich zu meinen Urteilen und Zuordnungen veranlassen. Verkürzt gesagt:


    Wenn mindestens zwei der Antworten auf die drei ersten Fragen die Möglichkeit einer Operette zulassen, handelt es sich wahrscheinlich um eine solche, vor allem dann, wenn die musikalischen Anforderungen an die Ausführenden hohe sind. Die Ambitionen der Geschichten und Bücher sind dagegen weniger aussagekräftig. Ein ambitioniertes Buch kann sowohl einer Operette (SOUTH PACIFIC; THE MAN OF LA MANCHA) als einem Musical (WEST SIDE STORY, PAL JOEY, FIDDLER ON THE ROOF/ANATEVKA) zugrunde liegen. Gershwins vielleicht bestes Musical, OF THEE I SING, eine beißende Satire auf den amerikanischen Politikbetrieb wurde sogar mit dem Pulitzer Preis ausgezeichnet. Auch dessen Fortsetzung LET 'EM EAT CAKE steht dahinter kaum zurück, und beide wurden von Michael Tilson Thomas nicht weniger vorbildlich eingespielt wie Bernsteins ON THE TOWN und WONDERFUL TOWN von Simon Rattle. Ebenso vorbildlich sind die Einspielungen der restaurierten Klassiker Gershwins (GILR CRAZY u.a.), Jerome Kerns (SHOW BOAT), Cole Porters (KISS ME KATE, ANYTHING GOES) oder Richard Rodgers' durch John McGlinn, John Mauceri und andere. Sie alle lassen die Frage gar nicht est aufkommen, ob wir hier Operetten oder Musicals hören, denn wir hören einfach sehr gute Musik in maßstäblichen Interpretationen.


    Es gibt sie also durchaus und in weit größerer Zahl als allgemein vermutet, die auch musikalisch anspruchsvollen und in hohem Maße lohnenden Musicals. Viele von ihnen wurden bereits genannt. Zu ihren herausragenden Komponisten gehören natürlich vor allem die "Klassiker" Kern (in seinen früheren Musicals), Gershwin, der frühe Rodgers, Kurt Weill, Harold Arlen (THE WIZARD OF OZ), sowie die Spezialisten Frank Loesser (GUYS AND DOLLS), Fred Kander (CABARAET, CHICAGO, THE KISS OF THE SPIDER WOMAN), Jule Styne (GYPSY, FUNNY GIRL), Stephen Sondheim (COMPANY; FOLLIES; A LITTLE NIGHT MUSIC, SWEENEY TODD, INTO THE WOODS); der spätere Cy Coleman (ON THE TWENTIERH CENTURY, SWEET CHARITY, CITY OF ANGELS), Maury Yeston und natürlich der omnipräsente Leonard Bernstein, der schon fast eine Kategorie für sich selbst ist. Trotz dieser stattlichen Reihe ist die Liste der in Frage Kommenden bei weitem nicht erschöpft.


    Nun hoffe ich auf eine rege Diskussion, und das gerne mit viel Widerspruch. Meine Plädoyers sind jedenfalls vorerst abgeschlossen.


    :hello: Rideamus

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  • Zitat

    Original von musicophil


    :angry: :angry: :angry:
    Come on


    Lieber Rideamus,


    danke für diesen großartigen thread, der viel zur Ehrenrettung des "klassischen" Musicals tut, und von mir sicher noch sorgfältiger gelesen wird, als mir das wenige Stunden nach Reiseende bei einer raschen Sichtung möglich ist :untertauch:


    [ZITAT]Untersteh' Dich, Dir selbst den Mund zu verbieten! Du hast es in kürzester Zeit geschafft, eine tragende Säule des Forums zu werden. Smilie :stumm: solltest Du daher als für dich tabu betrachten. [/ZITAT]


    Uneingeschränkte Zustimmung an Waldi!


    In der Hoffnung auf weitere Beiträge von Dir (nicht nur) zu diesem thread, die bestimmt nicht so lang auf sich warten lassen werden, wie mein Versuch zum Intendantenspiel, der zumindest in Arbeit ist :D


    :hello:


    Elisabeth

  • Zitat


    Original von Rideamus
    Dieser Schweinsgalopp durch die Geschichte des Musicals, den ich zudem ziemlich improvisiert habe, kann natürlich nicht alle Fragen und Eventualitäten einer Diskussion darüber abdecken, die ich damit ja auch erst in Gang bringen möchte.


    Lieber Rideamus,
    endlich hast Du Deine Plädoyers vervollständigt. Diese kann man natürlich jetzt nicht im "Schweinsgalopp" lesen. Ich habe sie mir deshalb ausgedruckt, um mir in Ruhe einmal darüber Gedanken zu machen.


    Dein Tipp mit Amazon.com war für mich hilfreich, da ich ja nur die Verfilmungen von Musicals kenne (mit Ausnahme von "My Fair Lady" und "Cabaret"). Ist meine Vermutung richtig, dass die Verfilmungen von On the Town (New York, New York), West Side Story und Kiss me Kate dem Original sehr nahe kommen?


    Ist das Musical "Face the Music" von Irwing Berlin identisch mit einem Film "Follow the Fleet mit Fred Asaire und Ginger Rogers", da in diesem Film der Song "Let's face the music and dance" vorkommt?


    LG :hello:


    Emotione

  • Zitat

    Original von Emotione
    Dein Tipp mit Amazon.com war für mich hilfreich, da ich ja nur die Verfilmungen von Musicals kenne (mit Ausnahme von "My Fair Lady" und "Cabaret";). Ist meine Vermutung richtig, dass die Verfilmungen von On the Town (New York, New York), West Side Story und Kiss me Kate dem Original sehr nahe kommen?


    Ist das Musical "Face the Music" von Irwing Berlin identisch mit einem Film "Follow the Fleet mit Fred Asaire und Ginger Rogers", da in diesem Film der Song "Let's face the music and dance" vorkommt?


    Liebe Emotione,


    ich danke Dir und den anderen für die schnellen und netten Komplimente.


    Gerade, was das Musical angeht, kann und sollte man Amazon.de vergessen, solange man nicht nach deutschsprachigen Aufnahmen sucht. Ich bin und bleibe aber gerne behilflich, wenn es um die besten Aufnahmen bestimmter US-Musicals geht, denn mit meiner Sammlung von weit über 500 originalen Musical-Aufnahmen traue ich mir einen gewissen Überblick zu, auch wenn Theophilus schon eine DVD-Lücke aufgedeckt hat. :yes:


    Zu Deinen Fragen:


    Die Filmfassung von ON THE TOWN hat mit dem Musical nur noch sehr begrenzt zu tun. Mehr als die Hälfte der Musik wurde hinaus geworfen und zum Teil durch Nummern des MGM Hauskomponisten Roger Edens ersetzt, die zum Teil sehr hübsch sind, aber definitiv kein Bernstein. Trotzdem wurde dank der Regie von Stanley Donen eines der besten Filmmusicals daraus. Die Bühnenshow ist da aber nur noch in groben Zügen zu erkennen.


    WEST SIDE STORY ist dagegen sehr originalgetreu UND filmisch umgesetzt. Die beiden wesentlichen Umstellungen ("Officer Krupke" und "Cool") sind m. E. sogar echte Verbesserungen gegenüber der Bühnenversion.


    KISS ME KATE habe ich nie auf der Bühne gesehen, und die Gesamtaufnahme von John MCGlinn legt den Verdacht nahe, dass auf der Bühne noch einiges mehr geschieht. Trotzdem würde ich die Verfilmung als für Hollywoodverhältnisse sehr getreu bezeichnen.


    FACE THE MUSIC welche der mindestens sieben Fassungen meinst Du? Im Prinzip aber sind alle nur Pastiches oder Potpourris aus Melodien von Irving Berlin (und anderen). Das einzig wahre und un übertreffliche Original ist tatsächlich FOLLOW THE FLEET, denn Berlin hat nur sehr wenig für die Bühne geschrieben, bis mit ANNIE GET YOUR GUN der Knoten platzte.


    :hello: Rideamus

  • Zitat

    Original von Rideamus


    KISS ME KATE habe ich nie auf der Bühne gesehen, und die Gesamtaufnahme von John MCGlinn legt den Verdacht nahe, dass auf der Bühne noch einiges mehr geschieht. Trotzdem würde ich die Verfilmung als für Hollywoodverhältnisse sehr getreu bezeichnen.


    Hallo zusammen,


    nachdem ich KSS ME KATE sogar als mein erstes Musical auf der Bühne gesehen habe, hat mich die Hollywoodverfilmung persönlich eher frustriert...


    Wirklich gut ist aber die Gesamtaufnahme unter John McGlinn, die hoffentlich mal wieder veröffentlicht wird!


    :hello:


    Elisabeth

  • Zitat


    Original von Rideamus
    FACE THE MUSIC welche der mindestens sieben Fassungen meinst Du? Im Prinzip aber sind alle nur Pastiches oder Potpourris aus Melodien von Irving Berlin (und anderen). Das einzig wahre und un übertreffliche Original ist tatsächlich FOLLOW THE FLEET, denn Berlin hat nur sehr wenig für die Bühne geschrieben, bis mit ANNIE GET YOUR GUN der Knoten platzte.


    Hallo Rideamus,


    danke. Dann meine ich FOLLOW THE FLEET. In der Liste, die ich habe ist es eben nur als Filmmusical aufgeführt, während als Face the Music als Bühnenschow bezeichnet wird.


    LG :hello:


    Emotione


  • Dann meinst Du womöglich die Revue von 1932. Die ist in der Tat echter Berlin, aber eben kein Musical, und heute wissen nur noch die Historiker davon. Tatsächlich kam nicht einmal "Let's Face the Music and Dance" darin vor, denn die Nummer wurde eigens für den Film geschrieben. Statt dessen diese, die heute fast alle vergessen sind (dafür gibt das Pogramm einen kleinen Einblick, wie damals Ravuen zusammengesetzt waren):


    Act 1
    Lunching at the Automat........................................Ensemble
    Let's Have Another Cup of Coffee............................Pat Mason, Jr. and Kit Baker
    Torch Song.............................................................(A Lady of the Evening)
    You Must be Born With It.......................................Pickles and Joe
    (On) A Roof in Manhattan.......................................Pat Mason, Jr. and Kit Baker
    My Beautiful Rhinestone Girl.....................................Rodney St. Clair
    Soft Lights and Sweet Music....................................Pat Mason, Jr. and Kit Baker


    Act 2
    I Say It's Spinach...................................................Pat Mason, Jr. and Kit Baker
    Drinking Song........................................................Rodney St. Clair and Boys
    Dear Old Crinoline Days............................................Kit Baker
    I Don't Want To Be Married.....................................Mme. Elise and Joe
    Manhattan Madness................................................Pat Mason, Jr.


    :hello: Rideamus


    PS: eine Bitte an alle, die in diesem Thread mitschreiben (möchten): wäre es möglich, diesen Thread für Diskussionen des Musicals als Gattung zu reservieren und einzelne Werke in diesem anderen zu besprechen: Cats-enjammer - Welche Musicals kennt und mögt Ihr (nicht) ?


    Dann lassen sich nämlich Zusammenhänge leichter überblicken, und es geht ja nicht darum, auch diesen mit Clicks etc. aufzupäppeln. Zu meiner großen Freude haben das nämlich schon jetzt beide nicht mehr nötig.

  • Zitat

    Original von Rideamus


    PS: eine Bitte an alle, die in diesem Thread mitschreiben (möchten): wäre es möglich, diesen Thread für Diskussionen des Musicals als Gattung zu reservieren und einzelne Werke in diesem anderen zu besprechen: Cats-enjammer - Welche Musicals kennt und mögt Ihr (nicht) ?


    Dann lassen sich nämlich Zusammenhänge leichter überblicken, und es geht ja nicht darum, auch diesen mit Clicks etc. aufzupäppeln. Zu meiner großen Freude haben das nämlich schon jetzt beide nicht mehr nötig.


    :untertauch:


    Sorry,


    da habe ich mich zu schnell zum Antworten (im "falschen" thread) verleiten lassen - das passiert im Eifer des Interesses.


    Ich gelobe Besserung =) :yes:


    LG, Elisabeth

  • Zitat

    Original von Rideamus
    ..
    KISS ME KATE habe ich nie auf der Bühne gesehen, und die Gesamtaufnahme von John MCGlinn legt den Verdacht nahe, dass auf der Bühne noch einiges mehr geschieht. Trotzdem würde ich die Verfilmung als für Hollywoodverhältnisse sehr getreu bezeichnen.
    ...


    Von Kiss Me, Kate gibt es eine Aufzeichnung einer Londoner Aufführung, die sensationell gut war.


    Auch die Verfilmung mit Kathryn Grayson, Howard Keele und dem Wirbelwind Ann Miller gefällt mir gut, sie reicht aber nicht an die oben erwähnte Bühnenversion heran. Immerhin gibt es in diesem Film mit "Brush up Your Shakespeare" eine meiner All-Time-Favourites an Film-Szenen - einfach genial! Wenn einem an diesem Film einzelne Szenen gelegentlich etwas gekünstelt vorkommen, so liegt das daran, dass dies ein 3D-Film ist (man hat dafür im Kino damals eine Rot-Grün-Brille bekommen). Gewisse Momente bekommen erst dadurch einen natürlichen Sinn und verlieren merklich auf der Glotze.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo,
    ich habe hier einen Buch-Tip für alle, die sich über Musicals umfassend informieren wollen:



    Zugegeben, das Buch ist nich mehr ganz neu, aber im amazon-Marketplace zu bekommen (ab 4,-- Euro), die neuesten Musicals fehlen noch, aber es ist durchaus lesenswert. Dr. Stefan Pflicht ist ein excellenter Kenner der Musical-Szene und stellt auch Werke vor, die in diesem - doch ziemlich einseitig dominierten - Thread nicht erwähnt werden!


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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