Alle Neune!!! - Beethovens Sinfonien in der Klaviertranskription von Franz Liszt

  • Beethovens Sinfonien in der Klaviertranskription von Franz Liszt


    Gestreift wurden diese Werke bereits in diesem Thread aus der Gründerzeit unseres Forums


    Klaviertranskriptionen von Sinfonien


    Aber ein "Schlüsselerlebnis" der letzten Tage hat meine CD Sammlung auf diesem Gebiet erweitert - und wird es weiter tun - die Sache ist noch nicht abgeschlossen. Und so habe ich mich entschlossen, diesen Werken mehr Aufmerksamkeit zu schenken, bzw einen eigenen Thread zu eröffnen.


    Vorausschicken möchte ich, daß ich schon um 1981/82 einige Aufnahmen besaß, welche Cyprien Katsaris auch dem damals neuentwickelten Flügel Mark-Allen Nr 1 für Teldec einspielte.
    Ich besaß damals die Sinfonien Nr 5, 6 und 9.


    6 und 9 wurden später auch auf CD nachbeschafft - dann geriet die Sache ein wenig in Vergessenheit - obwohl ich es mir heute selbst nicht erklären kann, warum - ich liebe Soloklavier über alles.



    Vor wenigen Tagen erwarb ich - beinahe zufällig - die Aufnahme der 7. und 8. mit dem Pianisten Konstantin Scherbakow.


    Schon nach wenigen Tönen hatte ich den Eindruck eines sehr eigenwilligen Spieles - und ich wollte die Aufnahme mit KATSARIS als Referenz heranziehen. Bei dieser Gelegenheit stellte ich fest, daß ich lediglich die 6. und 9. auf CD besaß - ein Vergleich gar nicht möglich war.


    Diese diskographische Lücke sollte binnen 24 Stunden geschlossen werden - ich besitze jetzt ALLE Sinfonien mit Scherbakow...


    Und nun gings ans Vergleichen.
    Die alte Aufnahme - ich hatte sie über 10 Jahre nicht gehört, wenn nicht länger - sie war mir noch gut im Ohr mit ihrem singenden dunklen Klavierklang des Mark-Allen Flügels, dessen Erbauer mit dem stolten Vorsatz angetreten war die Vorzüge von einigen Weltklasseflügeln in einem Produkt zu vereinen...
    Ein kurzer Test - er dauerte länger als geplant, weil ich mich von der Aufnahme nicht loseisen konnte, ergab, daß meine Erinnerung mich nicht getrogen hatte - Füllig Majestätisch und sehr singend kam die Transkription der Pastorale aus den Lautsprechern.


    Und nun der Vergleich - wie würde Scherbakow das interpretieren. War seine Eigenwilligkeit vielleicht nur eingebildet ?
    Aber Nein !! Schon nach den ersten Tönen war klar, daß es sich bei den beiden Kandiaten um Unterschiede wie Tag und Nacht handelte:


    Während Katsaris seinen Flügel förmlich aufblühen ließ, und ihm (beinahe) ein (romantisches) Orchester entlockte, beginnt die Sechste unter Scherbakow völlig anders - Nervös flackernd, analytisch klar - aber (meiner Meinung nach) nicht immer werkgetreu - ich kann beispielsweise in seiner Einleitung kein "Erwachen heiterer Empfindungen bei der Ankunft auf dem Lande" hören.
    Scherbakow setzt Akzente - ob immer die richtigen, das sei dahingestellt, er rückt das Tempo, zwingt dem Werk seinen persönlichen Stempel auf. Ich glaube nicht, daß hier sehr viel von Beethoven übrig geblieben ist - dennoch ist die Aufnahme beeindruckend - und vielleicht sogar mehr als das.


    Gelernt habe ich, daß der Unterschied zwischen den Interpretatine 2er Pianisten sogar gravierender sein kann als von 2 Dirigenten/Orchestern dargeboten.


    Ende der Geschichte: Der Kaufvirus hat mich gepackt: Bei meiner nächsten Samelbestellung (ich hab mir geschworen: frühetens in 2 Moinaten - eine ist grade an mich unterwegs :stumm: ) werden die Aufnahmen von Katsaris - es gibt sie recht preisgünstig komplett nachgeschafft - Auch sie haben ihren Reiz.



    .


    .



    Ich bin übrigens nicht der Meinung, daß das Werk durch die Transkription an Farben verliert - nein - es ändert lediglich seinen Charakter - bei KATSARIS weniger als bei SCHERBAKOW, was aber nicht heissen soll, daß Katsaris das Werk brav herunterbuchstabiere - auch ihm hat man immer einern allzu virtuosen Ansatz nachgesat - wie ich meine zu Unrecht.


    Ferner gibt es noch eine Aufnahme der 5. unter Glenn Gould (ich glaube die hatte ich auch mal auf Vinyl) die schon auf meiner Wunschliste steht. So wurde mein Vorsatz zunichte, nie wieder ein Aufnahme mit Glenn Gould zu erwerben....


    Ein kurzer Hinweis noch auf die Gesamtaufnahme mit Idil Biret, als sie noch nicht für Naxos tätig war....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich besitze die Aufnahmen mit Katsaris komplett und bin mit ihnen absolut zufrieden. Er schafft es meiner Meinung nach den Geist der Symphonien mit dem Klavier einzufangen und wiederzugeben.
    Der Klang ist perfekt, ich meine auch gelesen zu haben, dass sich Katsaris einen eigenen Flügel ließ auf dem die Tasten schmäler sind um so die Läufe besser spielen zu können.


    Als Alternativen habe ich nur die Neunte von Scherbakov (hier ziehe ich Katsaris vor) und die Fünfte mit Gould. Hier handelt es sich um eine echte (gould'sche) Interpretation des Werk. Er schafft es wirklich dem Werk neue Sichtweisen abzuringen.


    Mich würde eine Aufnahme der Neunten für 2 Klaviere interessieren. Ich weiß, dass es so eine geben muss (hab sie ja schließlich mal gehört), habe aber keine Ahnung wo ich suchen muss. KAnn mir da jemand helfen?



    LG
    Georg

    Früher rasierte man sich wenn man Beethoven hören wollte. Heute hört man Beethoven wenn man sich rasiert. (Peter Bamm)

  • Wunderbar, Danke.

    Früher rasierte man sich wenn man Beethoven hören wollte. Heute hört man Beethoven wenn man sich rasiert. (Peter Bamm)

  • Von Liszts vorzüglichen Transkriptionen der Beethoven-Symphonien kenne ich vor allem die sehr gelungene Einspielung von Cyprien Katsaris - bei dem inzwischen >verstorbenen< Label Teldec! Habe aktuell nicht nachgeforscht, ob die irgendwo noch zu bekommen ist! Eine der Symphonien habe ich vor etlichen Jahren von ihm im Konzert gehört - da schrieb doch so ein blasierter Kritiker: Diese Liszt-Transkriptionen gehörten nicht in den Konzertsaal - und bekam von einem angesehenen, pensionierten Kritkerkollegen in derselben Zeitung (Leserbrief) berechtigt Prügel dafür!


    Beste Grüße
    Holger

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  • Vor zwei Jahren brachte Teldec/Warner die Aufnahme zu Budget-Preis heraus:


    Früher rasierte man sich wenn man Beethoven hören wollte. Heute hört man Beethoven wenn man sich rasiert. (Peter Bamm)


  • Hallo Raphael,


    wie wird in der IX. hier Schillers Ode behandelt?
    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Hallo Siegfried,


    Na ohne Chor! ^^
    Liszt soll sich ja auch an choralen, polyphonem sologesang versucht haben, aber ist doch gescheitert! ;)


    Es ist alles mittranskribiert....die "Stücke" sind wirklich hammerartig zu spielen, wenn ich mal hinhöre bzw auf die Noten schaue!


    LG
    Raphael

  • Zitat

    Original von Siegfried
    wie wird in der IX. hier Schillers Ode behandelt?


    So, daß auch Observatoren sie hören können.


    :beatnik:

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Ich wurde ein Opfer dieses Threads und besitze inzwische SOWOHL die Gesamtaufnahme mit Schwerbakow ALS AUCH jene mit Katsaris.


    Auch ich ziehe Katsaris gegenüber Scherbakow vor, was keine absolute Wertung darstellen soll - notabene, da ich bisher nur einige Sinfonien im Vergleich hören konnte - und das jeweis ein- bis zweimal. Und das genügt lediglich für einen flüchtigen Eindruck.


    Dieser subjektive Eindruck besagt jedoch, daß Katsaris seinen Mark Allen Flügel besonders gut zum Blühen bringt und zeitweise wirklich dem Orchesterklang so gut wie möglich nahekommt, während Scherbakow eher bemüht zu sein scheint, die Strukturen des Werkes freizulegen und zu betonen. Es geht hier IMO nicht um einen Unterschied der QUALITÄT in der Umsetzung, sondern um einen der AUFFASSUNG.


    Auch Goulds Aufnahme der Fünften Beethoven besitze ich inzwischen. Interessanterweise empfand ich sie bei einmaligem Hören nicht als Vergewaltigung des Werkes, sondern eher hervorragend (mit schwarzem Bass zu Beginn und an Schlüsselstellen )


    Ich bin gespannt ob sich die Gelegenheit ergibt Meinungen anderer Taminos hier zu sehen - idealerweise zu EINZELNEN Sinfonien....


    Auf jeden Fall sollten diese Transkriptionen im Konzersaal gespielt werden , aber auch immer wieder neu aufgenommen werden...


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred!


    Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Ich bin gespannt ob sich die Gelegenheit ergibt Meinungen anderer Taminos hier zu sehen - idealerweise zu EINZELNEN Sinfonien....


    Einiges dazu wurde ja auch schon in diesem thred geschrieben: Klaviertranskriptionen von Sinfonien , z.B. von mir.


    Ich kenne von Scherbakow nur Sy. 2+5, finde aber zumindest die 5. gelungener als bei Katsaris.
    Die 3. und 8. kann ich in der Klavierfassung nicht ertragen - warum weiß ich nicht.
    Besonders gerne höre ich neben der 2. und 5. noch die 9. in der Klavierfassung. Die 9. mit Katsaris ist IMO eine pianistische Sternstunde.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Zitat

    Original von Ulli


    So, daß auch Observatoren sie hören können.


    :beatnik:


    genau! und ich höre sie auch gerne so. dennoch gefällt mir auch beim katsaris der 2. satz am besten.


    :hello:

  • Ich stimme Alfred im Großen und Ganzen im Interpretationsvergleich von Scherbakov und Katsaris zu.


    Wer die Nebenstimmen hervorgehoben haben und so vielleicht besser erfahren möchte, wie die Symphonien "gemacht" sind, wird die Scherbakov-Aufnahme bevorzugen - und sich damit der besonderen, mehr auf den Fluß und die Melodie ausgerichteten Magie der Aufnahmen von Katsaris begeben. Letzterer gerät dafür aber gelegentlich ins Schwimmen(6. Symphonie, 1. Satz 5`58


    Man kann wirklich beide haben :yes:


    Oder keine - und hoffen, daß sich ein wirklich ganz sicherer Rhythmiker wie Hamelin daran macht.


    Liebe Grüße
    Andreas


    P.S.: Scherbakov-Transkriptionen sind allemal interessant, wenn auch nicht vollkommen befriedigend, z.B. diese mit den von mir geliebten Antiche Danze ed Arie per Liuto von Respighi

  • Die Gould-Aufnahme der Pastorale ist meiner Meinung nach ein Geniestreich. Alleine der auf über 20 Minuten gedehnte 2.Satz, die Szene am Bach, ist nicht nur solitär sondern auch durchaus zulässig in dieser Interpretation. Eines meiner Kult-Stücke!!!

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  • Ich bitte gleich am Anfang um Verzeihung - aber als ich Katsaris (leider nur im Rundfunk) Beethovens 6. Symphonie spielen hörte, fiel mir immer wieder dieses Gedicht ein - bestimmt lag das nur an der Sendung... Seid mir nicht böse. :O


    Ein gutes Tier
    Ist das Klavier,
    Still, friedlich und bescheiden,
    Und muß dabei
    Doch vielerlei
    Erdulden und erleiden.


    Der Virtuos
    Stürzt darauf los
    Mit hochgesträubter Mähne.
    Er öffnet ihm
    Voll Ungestüm
    Den Leib, gleich der Hyäne.


    Und rasend wild,
    Das Herz erfüllt
    Von mörderlicher Freude,
    Durchwühlt er dann,
    Soweit er kann,
    Des Opfers Eingeweide.


    Wie es da schrie,
    Das arme Vieh,
    Und unter Angstgewimmer
    Bald hoch, bald tief
    Um Hilfe rief
    Vergess' ich nie und nimmer


    (Wilhelm Busch)
    :untertauch: :untertauch:

  • Eine Frage an die Piano-Kundigen des Tamino-Forums:


    Was hat Franz Liszt bei der Bearbeitung der Sinfonien Ludwig van Beethovens verändert?
    Was hat er hinzugefügt?
    Was hat er weggelassen?


    Wie ging Liszt als Bearbeiter vor?


    Der Booklet-Text von Wolfgang Dömling, der in der Katsaris-Aufnahme enthalten ist, gibt Auskunft. Liszt ging über einen Klavierauszug hinaus.Er nannte seine Ergebnisse < "Klavier-Partitur" (partition de piano), das heisst eine Nachschöpfung der Orchesterpartitur für das Klavier.>


    Zitat "Der Grundsatz der Texttreue - Dienst am "heiligen Text" - gilt allerdings in Liszts Symphonie-Transkriptionen nur insoweit, als eine Übertragbarkeit möglich und sinnvoll ist. Dort, wo durch die Fülle des Orchestersatzes eine notengetreue Umsetzung hoffnungslos überfordert wäre, gibt Liszt - anders als die professionellen Klavierauszughersteller - keine Auswahl, er fasst dann vielmehr zusammen, gestaltet die Vorlage um, entscheidet sich notfalls auch rigoros, etwas Neues zu formen - es kommt ihm vor allem darauf an, das symphonische Gesamterlebnis nachzugestalten. Die Möglichkeiten, höchstvirtuoses Können zu entfalten und Neuerungen in der pianistischen Satztechnik zu erproben, nimmt er mit offensichtlichem Vergnügen wahr." Zitatende


    Ein Pianist fand in diesem Thread noch keine Erwähnung: Leslie Howard hat im Rahmen seiner Gesamtaufnahme aller Liszt'schen Klavierwerke auch die "Klavier-Partituren" der neun Sinfonien Beethovens (Folge 22) eingespielt.

    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Ich muss zugeben, dass ich lediglich 1 Aufnahme kenne und die nur aus dem Radio. Es war eine Bearabeitung der 3. und ich war schwer beeindruckt. (Es war übrigens ein niederländischer Klassiksender). Ich habe erfahren, dass Liszt wohl alle 9 für Klavier bearbeitet hat. Gibt es noch andere Bearbeitungen? Gibt es gute (wohlfeile) Aufnahmen? WElche sind empfehlenswert? (Am liebsten wäre mir eine GA). Und gibt es schon einen Thread für dieses Thema (bestimmt, ich habe ihn nur wieder mal nicht gefunden....) Was wurde aus dem Chor bei der 9.?
    Ein spannendes Thema, finde ich, der ich mich ja fast gar nicht mit Pianosolostücken beschäftigt habe. Aber wie gesagt, die Radiosendung hat mir da ein neues Ohr eröffnet. Ich hoffe auf viele Tipps.


    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

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  • Die bekannteste Gesamteinspielung ist m. E. die mit Cyprien Katsaris.


    Die Beiträge wurden an den schon bestehenden thread angehängt. Ich bitte darum, doch ein bißchen darauf zu achten, ob es schon einen thread gibt. In diesem Fall war das letzte Posting des bestehenden Threads kaum zwei Tage alt, man musste also nicht in den Tiefen des Forums suchen....

    mfG
    Michael

  • Da sich Beethoven stets geweigert hatte Klavierauszüge seiner Sinfonien anzufertigen mussten andere es tun - denn mit derartigen Bearbeitungen war viel Geld zu verdienen. Franz Liszts war wohl das berühmteste Beispiel - aber er löste geradezu eine Welle von Klavierbearbeitungen aus, die meisten sind heute vergessen.


    Da das Thema relativ überschaubar ist - und eigentlich schon abgeschlossen - erweitere ich es gern - indem ich die Frage nach weiteren Klavierfassungen anderer Komponisten beantworte:
    Richard Wagner bearbeitete Beethovens Sinfonie Nr 9, wobei die Singstimmen NICHT durch das Klavier ersetzt werden. Ich habe einen Link auf die einzige verfügbare Aufnahme dieser Klaviertranskription gesetzt....

    Hier eine Transkription der siebten für Klavierduo von Hugo Ulrich (1827-1872), erscheinen am Label PRAHA


    Franz Xaver Scharwenka (1850-1924) hat auch Transkriptionen von Beethovens Sinfonien angefertigt, laut "Klassika" waren es alle neun - mich macht nur ein wenig Skeptisch, daß sie alle gemeinsam eine Werkverzeichnisnummer haben sollen: Scharwv 165
    Eine Aufnahme hiervon konnte ich nicht finden.


    Noch eine Bemerkung am Schluß: Die Scherbakow-Aufnahme ist gut - aber an jene mit Katsaris kommt sie nicht heran - Diese gilt - meiner Meinung nach zu Recht - als Referenz
    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Ich liebe ja die Beethoven-Symphonien sehr. Irgendwann hörte ich zufällig im Radio einen Satz der 3. in der Klavierfassung. Ich wusste gar nicht, dass so etwas existiert. Ich dachte, dass in früheren Zeiten die Klavierauszüge dafür da waren, dass die Leute auch mal eine Symphonie hören konnten, obwohl kein Orchester da war. Spielte man es halt selber zu Hause. Oder lud sich einen Virtuosen ein.
    Aber das Stück im Radio faszinierte mich so, dass ich mir jetzt die obige Box gekauft habe und mit wachsender Begeisterung höre. Dabei frage ich mich aber, wo liegt der Reiz? Denn erstmal wurde ja einfach nur eine Menge weggelassen.
    Eine Antwort war, dass sich mein Zugang zu dieser hochkomplizierten Musik genau dadurch erleichterte. Dadurch, dass ich das Gerüst präsentiert bekam, konnte ich die Konstruktion etwas besser verstehen.
    Eine andere: Der Pianist hat eine ganz eigene Möglichkeit, seine eigene Emotion in die Musik zu legen, ohne sich auf 70 andere verlassen zu müssen.
    Noch eine: es entsteht eine Klarheit, die einen eigenen Reiz hat, weil man ja auch die komplizierte Urversion kennt.
    Und: Immer wieder die einfache Freude des Wiedererkennens. So wie einen Freund aus dem Stadion plötzlich im Foyer des Theaters wiederzusehen.


    Doch trotz vieler Antworten bleibt es mir ein Rätsel, was da wirklich passiert. Was sagt Ihr zu dieser Musik?


    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Lieber Klaus,


    die CD-Box habe ich auch - ich finde diese Liszt-Transkriptionen ganz großartig! Vor sehr langer Zeit hörte ich Cyprien Katsaris im Konzert in der Tonhalle Düsseldorf - da spietle er neben Beethoven op. 26 und späten Liszt-Stücken (u.a. Nuages gris) auch die Liszt-Transkription der 3. oder 6. Symphonie, ich weiß es nicht mehr so genau. Es war damals unglaublich heiß im Saal (so ähnlich wie in diesem Sommer :) ) und Katsaris machte deshalb seine Späße. Darauf erschien eine Kritik in der "Rheinischen Post", die an Beckmessertum und Spießigkeit nicht zu überbieten war. Katsaris hätte sich als seriöser Inteprret mit diesem Konzert verabschiedet - dieses Ungetüm der Liszt-Transkription gehöre schlicht nicht in einen Konzertsaal! Darauf meldete sich später einer der alt gedienten, pensionierten Kritiker der RP per Leserbrief: Man müsse diesen Liszt-Beethoven ja nicht mögen, aber könne doch nicht bestreiten, daß das kompositorisch sehr gut gemacht sei!


    Ich finde auch, diese Transkriptionen sind meisterhaft und kein Beethoven-Liebhaber sollte wie sich vorenthalten. Katsaris spielt auf einem eigens für ihn angefertigten Flügel (Marc Allen) und hat auch eigene Korrekturen an der Liszt-Fassung angebracht. Zum Glück gibt es diese Aufnahmen des längst verblichenen Teldec-Labels nach wie vor in dieser Box! :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

  • Da freue ich mich auf jeden FAll schon mal, dass auch andere diese Musik mögen. Sie ist faszinierend und gerade mit diesem Interpreten, der ja wirklich in die Tasten haut, dass es dröhnt und donnert. Herrlich.
    Aber die Frage für mich bleibt doch: Warum höre ich mir das zu Hause an, wo ich doch auch genau so gut die Orchesterfassung anhören könnte??


    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

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  • Glenn Gould hat leider nur Sinfonien die 5 & 6 Sinfonie auf dem Steinway eingespielt.
    Warum man sich die Klavierfassungen anhört, obwohl man sich die Orchesterfassungen anhören könnte?


    Lieber Klaus,


    die Klavierfassungen sind eine zusätzliche Möglichkeit,von der man getrost Gebrauch machen kann. Franz Liszt wollte damit die Sinfonien Beethovens ins Wohnzimmer bringen. Als das Grammophon noch nicht erfunden war, stand in vielen gutbürgerlichen Häusern ein Klavier, auf dem man die Sinfonien spielen konnte. Heute legt man die CD in den CD-Spieler.
    Ich höre die Klaviertranskriptionen gerne, weil ich den Klang des Klaviers schätze und Glenn Gould natürlich auch.

    mfG
    Michael

  • Aber die Frage für mich bleibt doch: Warum höre ich mir das zu Hause an, wo ich doch auch genau so gut die Orchesterfassung anhören könnte??


    Die Antwort würde ich so ähnlich geben wie Du: Einmal mag ich den Klavierklang und die Linien lassen sich in der Klaviertranskription besonders gut verfolgen. Es gibt einem Einblick in die thematische Struktur.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Aber die Frage für mich bleibt doch: Warum höre ich mir das zu Hause an, wo ich doch auch genau so gut die Orchesterfassung anhören könnte??


    Hallo Klaus,


    eine typische Frage von Dir;
    die Antwort ist ganz einfach: Frage einen Bergsteiger, warum er einen Berg besteigt !
    :!: Weil er da ist !


    Die Liszt/Beethoven Fassungen sind also schon deshalb interessant, weil sie da sind ! Bedenke, dass Liszt aus dem komplexen Orchestersatz das Mögliche für 2 Hände auf dem Klavier zusammengefasst hat ! Das ist schon ein beachtlich interessant zu hörendes Ergebnis, was da zu stande gekommen ist.



    *** Ich persönlich habe nur einige Liszt/Beethoven-Fassungen mit Scherbakow (NAXOS) und bin damit recht zufrieden.
    Bei Katsris habe ich vom Klavierklang her die Erfahrung gemacht, dass er gerne "weich klingende Flügel" verwendet, was mir rein geschmacklich weniger entgegenkommt. Ob das hier bei Liszt/Beethoven auch der Fall ist, kann ich nicht beurteilen ! Ist es so ??


    Zitat

    von Schneewittchen: Ich höre die Klaviertranskriptionen gerne,weil ich den Klang des Klaviers schätze und Glenn Gould natürlich auch.


    Bei dem Steinway-Flügel kann ich mir das lebhaft vorstellen.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Bei Katsris habe ich vom Klavierklang her die Erfahrung gemacht, dass er gerne "weich klingende Flügel" verwendet, was mir rein geschmacklich weniger entgegenkommt. Ob das hier bei Liszt/Beethoven auch der Fall ist, kann ich nicht beurteilen ! Ist es so ??


    Nein. lieber Wolfgang. Das wäre bei der orchestralen Klangfülle auch kontraproduktiv. Heute habe ich die 7. gehört von ihm - das ist ein sehr klarer und sauberer Klang. Auch die Liszt- CD mit den Mephisto-Walzern spielt er nicht auf einem "weich klingenden Flügel".


    Schöne Grüße
    Holger

  • Yury Martynov spielt einen neuen Zyklus der Beethoven/Liszt Sinfonien ein.
    Bisher sind die Sinfonien Nr. 1 & 7 und 2 & 6 bei Zig Zag Territoires auf CD erschienen.
    Martynov spielt auf einem historischen Erard-Hammerflügel von 1837.

    mfG
    Michael

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