Lieber Wolfgang,
eigentlich wollte ich an dieser Stelle meinen Kurzbericht (mehr geht ohne Aufschreiben nicht) über die Fünfte von Celi mit dem Radio-Sinfonie-Orchester Stuttgart vom 26. November 1981 posten, aber als ich deinen Beitrag sah, dachte ich mir, dass ich darauf erst antworten müsste.
Zuerst möchte ich auf deine Antwort auf Josephs Posting eingehen, die mir aus dem Herzen spricht:
ZitatLieber Joseph; deine Aussage halte ich für falsch. ....
Ich bin auch der Meinung, dass Karajan hier eine exorbitante Aufnahme (1976) zu Wege gebracht hat. Sollte jedoch auch mal die Aufnahme mit den Wiener Philharmonikern aus dem Jahre 1969 zu normalen Preisen habhaft sein, werde ich sicher zuschlagen.
Erstaunlich finde ich, dass du die Wand-Aufnahme aus 1974 erst letztes Jahr zum ersten Mal gehört hast, da die Fünfte komischerweise meine erste Wand-Aufnahme überhaupt war. Da jedoch die Gesamtaufnahme mit dem Kölner Rundfunk-Sinfonieorchester kurz darauf in meinen Bestand kam, habe ich mich (leider) nicht oft genug mit der Fünften beschäftigt.
ZitatTeleton: Aber trotzdem - erst, seitdem ich die Wand-Aufnahme / Kölner RSO (RCA) letztes Jahr gehört habe, ist die Sinfonie noch einmal in meiner Gunst gestiegen. Das liegt aber bei Wand einduetig daran, dass er das Werk insgesamt noch straffer gestaltet und auch das Adagio bei ihm nicht so fürchterlich breit ist.
Das ist der Punkt, lieber Wolfgang. Die Satzbezeichnung lautet nun einmal "Adagio: Sehr langsam", und das ist nun einmal bei Wand nicht sehr langsam. Obowohl Günter Wan mein Lieblingsdirigent ist und bleibt, bin ich der Meinung, dass da noch etwas Anderes sein muss. Es ist vollkommen unerklärlich, warum Wand mit dem gleichen Orchester das Adagio 9 Minuten schneller spielt als zwei Jahre später Celi. Adagio ist Adagio, oder? Und "Sehr langsam" erst Recht. Natürlich weiß ich aus vielen Ausführungen, dass du ein Freund des schwungvollen, mitreißenden Musizierens bist. Mir geht das ähnlich, aber dennoch unterscheidet uns Eines. Ich bin noch mehr ein Freund der (adäquat gespielten) langsamen Sätze, und Schuld daran sind fünf Leute: Mozart, Beethoven, Schubert, Bruckner und Mahler. Was will man machen? Wenn ich an das Morendo in der Neunten Mahler denke oder an as Horn am Schluss der Neunten Bruckner, dann läuft mir schon allein davon ein Schauer über den Rücken.
Das Adagio ist ja in meinen Augen keine Ruhepause zwischen dem schnellen Kopfsatz und dem noch schnelleren Scherzo, sonder ein nicht minder anstrengendes Innehalten, in dem die musikalischen Gedanken vertieft werden, bevor sie im Scherzo auf mehr spielerische Weise auf eine andere Ebene gebracht werden, um schließlich im Finale noch einmal zusammengebracht und zu einem Gipfelpunkt gebracht zu werden.
Dass Günter Wand auch sehr wohl im adäquaten Tempo zu gestalten wusste, beweisen zum Beispiel seine Spielzeiten in der Aufnahme aus dem Lübecker Dom 1987 beim Abschlusskonzert des Schleswig-Holstein-Musikfestivals, als er die Achte aufführte. Ich stelle sie hier mal vergleichend gegenüber den Spielzeiten von Celi in Stuttgart im November 1976:
Wand: 16:50-15:37-28:29-25:15,
Celi: 16:16-13:52-27:08-26:04;
Liebe Grüße
Willi