RE: RIGOLETTO in Dresden mit Lucic, Damrau und Florez

  • Hallo Bernd,
    danke für diese Links! Durchschlagskräftig? Dann muss Herr Kesting aber auf der Bühne gesessen sein......
    Ich gehe mit der Süddeutschen konform, bloß dass mich das "weggerutschte Des" nicht so stört. Derlei verzeihe ich gerne, wenn die Gesangslinie stimmt, und mit der wurde ich diesmal eben nicht so glücklich wie sonst, wenn mein Liebling auf der Bühne steht. :(
    Die Inszenierung gefiel mir wie gesagt sehr gut, bis auf einige Details.
    lg Severina :hello:

  • Zitat

    Original von severina
    Hallo Bernd,
    danke für diese Links! Durchschlagskräftig? Dann muss Herr Kesting aber auf der Bühne gesessen sein......



    Hallo Severina,


    ich bin mir immer noch nicht ganz sicher, ob die Ton-/Übertragungstechnik Flórez nicht benachteiligt hat - obwohl es doch eigentlich eher der Regelfall ist, dass kleine Stimmen bei Übertragungen/Tonträgern aufgebläht werden. Ich traue gerade bei solchen Parametern wie "Durchschlagskraft der Stimme" nur dem Liveeindruck (und bin auch dadurch benachteiligt, dass ich Flórez noch nie auf der Bühne erlebt habe und die Stimme in dieser Hinsicht gar nicht einordnen kann). Die SZ bemängelt ja immerhin einiges an Flórez, aber doch weniger eine "kleine" Stimme, sondern eher, dass er die lauteren Töne mit (zu)viel Druck gesungen habe.


    Wobei der dritte zitierte Rezensent (Axel Göritz) dann doch wieder schreibt: Und die im Belcanto strahlende Stimme von Florez ist doch eher noch klein, der Schritt zu Verdi hin noch zu früh. Hier muss die Stimme noch mehr Farbe, Beweglichkeit und Ausdruck erhalten, das Aussingen von noch so klaren und intonationsreinen Spitzentönen reicht für einen Verdi-Tenor auf hohem Niveau nicht aus.


    Naja, drei Rezensenten, drei Meinungen - das Phänomen kennen wir ja zu Genüge auch hier im Forum :D. Ich mag eine helle, leichte Stimme wie die von Flórez für den Herzog sehr gern und fand z.B. Domingo in der Rolle nie überzeugend. De gustibus...



    Zitat

    Die Inszenierung gefiel mir wie gesagt sehr gut, bis auf einige Details.
    lg Severina :hello:


    Für meinen persönlichen Geschmack war das, was ich gesehen habe, ein bisschen zu konventionell - aber die musikalischen Leistungen habe ich ungetrübt genossen, das gleicht vieles aus.



    Viele Grüße


    Bernd

  • Hallo Bernd,
    die Inszenierung ist sicher konventionell, aber nicht plüschig, und das ist für mich das Wichtigste. Natürlch wünschte ich mir auch eine kühnere Deutung, wenn du meine obige Diskussion mit Waldi verfolgt hast, kannst du dir auch denken, in welche Richtung. Ich fürchte aber, dann redet Waldi nicht mehr mit mir ;) , wenn ich sein schönes Rigoletto-Bild so nachhaltig beschädige.
    Mich ärgert eigentlich von Anbeginn, dass dieses Werk, in dem meiner Meinung nach so viel steckt, immer so belanglos inszeniert wird. Am ehesten entsprach bisher Grischa Asgaroffs Deutung (1985 Zürich) meiner Sicht, sein Duca war genauso, wie ich ihn sehe: Ein skrupelloser Despot, der notfalls über Leichen geht.
    Flórez habe ich schon sehr oft live erlebt, und meiner Meinung nach ist seine Stimme tasächlich nicht sehr groß, aber tragfähig. Innerhalb seines Faches hatte ich auch noch nie den Eindruck, dass er sich plagen muss, ganz im Gegenteil, seinen Höhenflügen schienen absolut keine Grenzen gesetzt. Am Samstag klang das in meinen Ohren ziemlich anders, wobei du natürlich völlig richtig anmerkst, dass man sich nur an Ort und Stelle ein richtiges Bild machen kann. Was mich besonders stutzig machte, war eben der Umstand, dass Damrau und Lucic im hinteren Teil der Bühne wohl leiser, aber immer noch problemlos zu hören waren, während Flórez Stimme in dieser Position beinahe kläglich dünn klang. Und gerade das kenne ich von Wien überhaupt nicht, und die WSO zählt ja wahrlich nicht zu den kleinen Häusern.
    lg Severina :hello:

  • Der Gerechtigkeit halber muss ich hier doch nochmal die Bewertung von Flórez durch Kesting in der FAZ-Rezension zur Gänze zitieren:


    Flórez gehört nicht zu den resonanten Orgelpfeifen, doch ist sein silbriger, konzentrierter Ton eminent durchschlagskräftig; auch im Piano tragfähig und klangschön. Bemerkenswert seine Fähigkeit, selbst rasche Achtel-Passagen prägnant zu artikulieren und Verzierungen kalligraphisch zu ziselieren. Brillant die hohe Lage: die aufs hohe B führende Zielphrase im Duett mit Gilda ("E il sol dell'anima"), das eingelegte hohe Des am Ende des "Addio"-Duetts (das Herr Königsdorf in der SZ als "weggerutscht" beschrieben hat - das müsste sich doch klären lassen?) oder das ebenfalls als Puntatura (was ist das denn? Immer dieses Fachchinesisch :D) gebotene hohe D nach der Cabaletta "Possente amor".


    Folgt ein für Kesting typischer Seitenhieb: der weitaus stärkere Beifall für (die von ihm auch sehr gelobte) Diana Damrau sei darauf zurückzuführen, dass das Publikum mit Stimmen vom Typ des Tenore di grazia womöglich nicht mehr vertraut sei.



    Viele Grüße


    Bernd

  • Ich muss zugeben, dass mir wohl entgangen ist, dass Gilda Spuren von Gewalt an sich trug, was ich wahrscheinlich auf eine rüde Behandlung durch die Entführer zurückgeführt hätte.


    Was den Umgang des Duca mit ihr zumindest in der Zeit, in der er sich für sie interessiert hat, betrifft, gehe ich auch nicht davon aus, dass er Gewalt angewendet hat. Wie schon erwähnt, ist er m. E, ein fieser Charakter mit Stil und ein attraktiver und Cavaliere, der sich einen kultivierten Anstrich gibt, denn sonst hätte sich das Mädel nicht so nachhaltig verknallt. Trotzdem klebt einem solchen Typen was "Versautes" an und das fehlt Florez, (was durchaus sehr für ihn spricht). Er kam nach meinem Dafürhalten als recht leichtsinniges Windei ohne größeren Tiefgang daher, aber nicht richtig skrupellos - bösartig; als einer, der genau weiß, was er auslöst und dem das egal ist.


    Zur Stimme, auch im Zusammenhang mit den eigenartigen akustischen Verhältnissen, möchte ich anmerken, dass es nich auf die Phonstärken ankommt.(Gerade D. Damrau hat hinreissende Piani gesungen). Sie und Z. Lucic als ziemlich gereifte Sänger sind in der Lage, sehr viele Resonanzen zu aktivieren, die die Stimmen auch im hinteren Teil der Bühne so tragfähig machten.


    Florez konnte das in dieser Form (noch) nicht, weil er das wohl auch noch nicht hat. Das wundert mich bei einem jungen Rossini - Tenor nicht. Verdi hat sich ja verdient darum gemacht, sehr viele Stimmtypen in sein Schaffen einzubeziehen und auch der Duca ist sicher kein Spinto oder gar Heldentenor, aber ein wenig gewichtiger ist die Stimme, die es für diese Rolle braucht, schon. Florez musste in dieser Situation zum Teil anwenden, was gar nicht guttut: Druck ausüben, was ganz gefährlich auf die Spitzentöne geht und was es z. B. nötig machte, "allzu vorzeitig" das hohe des wieder zu verlassen. Die Stimme hat sich festgesungen, was unweigerlich in Partien passiert, die noch nicht ausgefüllt werden können ("über Fach").


    Schade, nachdem ich sonst wirklich begeistert bin von seinem Können in seinem Fach, aber er sollte sich diese Rolle besser für ein paar Jährchen später überlegen. Hoffentlich bemerkt er dies und lässt sich nicht wieder in solche Rollen jagen, denn es wäre vorprogrammiert, dass dies endet wie bei Villazon.


    LG
    :hello:
    Ulrica

  • Hallo Bernd,
    gerade das hohe D am Ende von Possente amor schien mir ziemlich missglückt, nicht richtig ausgesungen, sondern sehr aprupt abgestochen. Auf mich wirkte das so, als habe er da gerade noch die Notbremse gezogen, bevor der Ton nicht mehr kontrollierbar war und in Richtung "Katze-auf-den-Schwanz-Steigen" abdriftete. Und ich wiederhole mich jetzt: Genau das bin ich von Flórez eben überhaupt nicht gewöhnt.
    Was den Beifall betrifft, so reagierte das Publikum nach jeder Duca-Arie eher verhalten, zwar mir heftigem Beifall, aber ohne Bravorufe, wie sie die Damrau und Lucic evozierten. Also dürften wohl alle das Gefühl gehabt haben, dass dieser Duca zweifellos sehr gut, aber keine Sensation war. (Wobei ich gerne gestehe, dass ich mir von Flórez genau das immer erwarte und bisher auch noch nie enttäuscht worden bin :] ) Ich denke also, dass Kestings erhobener Zeigefinger, die Leute verstehen halt nix von Stimmen, ein klein wenig schulmeisterlich-arrogant ist. So ganz blöd ist das Publikum auch wiederum nicht, und im speziellen Fall hat es sehr genau differenziert.
    lg Severina :hello:

  • Hallo Severina,


    Zitat

    Original von severina
    Hallo Bernd,
    gerade das hohe D am Ende von Possente amor schien mir ziemlich missglückt, nicht richtig ausgesungen, sondern sehr aprupt abgestochen.


    das hab ich gar nicht mitgekriegt, da hatte ich gerade mal wieder zum Fußballspiel umgeschaltet... :untertauch:


    Werde mir aber eine dankenswerterweise in Aussicht gestellte Aufzeichnung nochmal genau anhören und ansehen.



    Zitat

    So ganz blöd ist das Publikum auch wiederum nicht, und im speziellen Fall hat es sehr genau differenziert.
    lg Severina :hello:


    Sehe ich auch so - bei Flórez fehlte (wohl nicht nur) mir vor allem auch die darstellerische Intensität von Damrau, deren Bravourarie im ersten Akt ich als den Höhepunkt der Aufführung empfunden habe (bzw. als Höhepunkt der von mir gesehenen Teile der Aufführung :stumm:).



    Viele Grüße


    Bernd

  • Hallo Bernd,
    darstellerisch war Flórez seinen Partnern klar unterlegen, aber das ist er eigentlich immer. Er ist nun einmal kein Naturtalent als Schauspieler, bemüht sich zwar redlich, aber genau das merkt man leider auch. Aber das weiß ich und stelle ich auch von vornherein in Rechnung, weil ich bisher vokal immer voll und ganz entschädigt wurde :]
    Ulrica hat mein vages Bauchgefühl ja auch bestätigt und als Fachfrau in auch für mich nachvollziehbare Sätze gekleidet.
    Ihrer im letzten Satz geäußerten Hoffnung kann ich mich nur anschließen. Vielleicht bin ich ja auch deshalb so beunruhigt, weil ich schon einmal vor vielen Jahren miterleben musste, dass der Duca für einen von mir sehr geliebten Sänger der Anfang vom Ende war. Und wenn Flórez in Interviews betont, er mache nur, was seine Stimme verlange, wird mir ganz unheimlich, denn exakt diese Sätze habe ich vor 23 Jahren auch schon gehört....... (Und sie haben sich als Irrtum herausgestellt ;( )
    lg Severina :hello:

  • Zitat

    Original von severina


    Eine Frage habt ihr mir ja immer noch nicht beantwortet: Wenn der Duca wirklich und wahrhaftig in Gilda verliebt ist, warum tut er ihr das alles an, wo er doch wissen muss, dass es für sie nur in einer Katastrophe enden kann?


    Liebe Severina,


    wir alle möchten doch immer wieder glauben, dass Menschen sich stringent und konsequent verhalten. Wenn sie es aber (wie im Leben meistens) nicht tun, wird ihnen im Nachhinein gerne ein schäbiges Motiv oder Verhalten unterschoben. Hast Du nicht selbst das Beispiel eines Menschen gebracht, der in vollem Wissen um seinen Irrtum nicht von einer verderblichen Liebe lassen kann? Nicht alle Menschen haben die Voraussicht - oder auch nur Vorsicht - abzusehen, was aus etwas werden kann. Viele wollen es nicht einmal wissen. Und wo die Liebe hinfällt, hat der Verstand sogar fast immer sein Vorrecht für die Steuerung verloren.


    Es stimmt, dass Verdi (ähnlich wie sein Namenscousin Monteverdi in der POPPEA) auch schlimmen Charakteren liebevolle Musik gibt. Er wusste wohl, dass jeder Mensch im Prinzip zu beidem fähig ist, auch dazu, sich über einen noch so krassen Widerspruch hinweg zu lügen. Man muss da nicht einmal den Familiensinn vieler Nazischergen heran zerren um das glaubhaft zu llustrieren.


    Zum konkreten Fall, wie er sich mir darstellt: Als der Duca sich als Student ausgab, hatte er in der Tat nichts anderes vor, als die leckere Unschuld zu verführen. Warum sollte er sich Gedanken machen, was das später für sie bedeuten würde? Er legt sogar einen gewissen sportlichen Ehrgeiz an den Tag, denn als Herzog hätte er ja auch ganz andere Mittel, die Geliebte seines Hofnarren (auch er weiß ja nicht, dass Gilda dessen Tochter ist und muss dasselbe glauben wie seine Hofschranzen) ins Bett zu bekommen.


    Ich traue ihm durchaus zu, und das passt sehr gut auf die Anlage des Herzogs als vielleicht blasierter, vor allem aber gelangweilter Jüngling, wie ich sie bei Lehnhoff und Florez erkenne, dass er gar nicht mehr recht weiß, was er wirklich will und deshalb von der Unschuld Gildas, als sie ihm bewusst wird, gerührt, vielleicht sogar wirklich in sie verliebt ist. In dem Zustand traut man sich vieles zu, sogar die Überwindung gesellschaftlicher Schranken. Ob das auch auf den Duca zutrifft, halte ich für möglich, ist aber nicht der springende Punkt. Wichtig ist, dass er nicht plant, jedenfalls nicht über die nächsten Schritte einer Eroberung hinaus. Dass er alles mitnimmt, was daneben sonst noch auf dem Weg liegt, auch eine Maddalena, die Sparafucile und Rigoletto wohl auf ihn angesetzt haben, liegt in seiner Natur - vielleicht auch als Mann, vor allem aber als absoluter Herrscher.


    Der Vergleich mit dem Verführer Don Giovanni trifft durchaus ins Herz seines Wesens. Ich glaube nämlich, dass beide vor allem die Eroberung lieben, und wie bei einer Jagd sind sie fasziniert, vielleicht sogar besessen von der zu erlegenden Beute. Subjektiv sind sie verliebt, lieben sie womöglich wirklich. Erst in der Serie und mit dem Abstand des Außen oder hinterher wird schnell klar, dass diese Liebe reine Selbstliebe ist, die sich in der Beute spiegelt und in der Menge der Erlegten bestätigt fühlt. Den Jäger interessiert das Gefühl seiner Beute allenfalls insoweit, als sie ihm bei der Erreichung seines Zieles hilfreich oder hinderlich sein können. Aber bis dahin nimmt er sie ernst. Unbedingt.


    Anders als seine Höflinge verführt der Herzog nicht um zu schaden, auch wenn das ein "dummer Nebeneffekt" ist, sondern um sich zu bestätigen. Der Jäger empfindet sich nicht als böse. Warum sollte das der Herzog tun, und warum sollte er dann so erscheinen? Natürlich ist er achtlos, auch rücksichtslos weil gedankenlos, nicht aber weil übelwollend. Er nimmt das halt in Kauf, weil er vor allem sich selbst wohl will. Schlmm genug, aber doch etwas anderes als ein Schuft durch und durch. Subjektiv jedenfalls, und das strahlt er auch aus. Genau das macht ihn übrigens auch zu einem so erfolgreichen Jäger, der es gar nicht nötig hat, zu vergewaltigen. Die Frauen fliegen ihm doch auch so zu. Es gibt kein wirkungsvolleres Aphrodisiakum als die Kombination einer Ausstrahlung von Macht und Selbstsicherheit. Beides hat der Duca im Überfluss. Dazu braucht er nicht einmal auszusehen wie Florez, obwohl das natürlich hilft, auch einem Pavarotti glaubte man seinen diesbezüglichen Erfolg. Die alte (übrigens meist von Frauen gestellte) Frage nach dem "was hat er/sie, was ich nicht habe?" findet oft eine Antwort in dieser Ausstrahlung von Selbstsicherheit und Überlegenheit.


    Wegen all dem finde ich den Gedanken, dass Gilda sich von dem Herzog hat trösten lassen, auch physisch, über all das, was ihr zuvor an Brutalität geschehen ist, sich dessen aber schämt, wenn sie ihrem Vater gegenüber tritt, gar nicht so abwegig. Das sich das unschuldige Gänschen, das nicht einmal den Namen geschweige denn den Beruf ihres Vaters kennt, die Hoffnung macht, dass nur sie ihrem Liebsten etwas gilt, und zwar vorher wie nachher, ist nicht verwunderlich. Das Gegenteil wäre es. Als sie diese Illusion aufgeben muss, zerbricht sie lieber - erst psychisch dann auch konsequent physisch. Genau das finde ich in Lehnhoffs großartigem Einfall, dass Gilda plötzlich an Maddalenas Stelle ist und sich von ihm geliebt sieht.


    Brutal gesagt: das arme Mädel ist spätestens da reif für die Anstalt, und deswegen muss ihr Tod kein physischer sein. Kein Wunder bei dem Vater und seinen Erziehungsmethoden.


    Um den aber, und um die Folgen seines Handelns, geht es viel wesentlicher, denn eigentlich steht wirklich der im Zentrum der Oper und auch der Dresdner Inszenierung, trotz der überragenden Leistung Damraus, die das etwas in den Hintergrund drängte. Deswegen überlege ich in der Tat, ob man diese Diskussion nicht in den RIGOLETTO-Thread verschieben sollte. Ich muss mir nur den Thread noch einmal durchlesen um zu sehen, ob und wie man das sinnvoll zusammenfügen kann ohne diesem hier die Luft abzuschneiden.


    EDIT: eben sehe ich, dass Fairy gleichzeitig in eine ähnliche Richtung gedacht hat, und deswegen unterschreibe ich gerne, was sie über den Duca sagt. Bei Gilda hingegen... siehe oben.


    :hello: Jacques Rideamus

  • Da die Diskussion sich auf sehr interessante Weise zunehmend den Figuren des RIGOLETTO selbst widmet, habe ich die wesentlichen Passagen hierzu in den RIGOLETTO-Thread kopiert und bitte darum, die allgemeine Diskussion um den RIGOLETTO und seine Hauptpersonen dort weiter zu führen:
    La donna e mobile - Verdis "Rigoletto"

    Um nicht in die Integrität dieses Threads und seiner Texte einzugreifen, lasse ich die bisherigen Beiträge hier vollständig stehen, bitte aber, sich hier fortan auf Anmerkungen zur Dresdner Aufführung und ihre Konzeption oder Besetzung zu konzentrieren.


    JR II

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  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    Cara Severinetta, dann fahre bitte auch im Konsens mit mir!!!!!
    Schwarz-weisser Hut ist voll ok und mich lässt der typ auch kein bisschen kalt!!!! Wir Frauen denken doc himmer, solche Mänenr retten zu müssen....... und sei es nur vor spitzen Federn.....
    Was den Rigoletto angeht: ja, auch da bin ich mit Dir konform. Gilda wird missbraucht. sie ist nichts als Ersatz und Surrogat. Fûr die tote Ehefrau, für die böse Welt, für das verpfuschte Leben. Mir tut dieser Rigoletto dennoch abgrundtief leid (der Duca nciht!!!!! :no: :D) - das ist Verdis Kunst!


    Guten Morgen, Ihr lieben Taminos,


    gestern kam also so ein wunderbarer Brief mit der Rigoletto-DVD bei mir an (tausend Dank!!!!) und da ich erst so kurz vor Mitternacht wenigstens noch einen kleinen Blick auf den verführerischen Duca werfen wollte, war's sofort um mich geschehen und früher Morgen, als der letzte Applaus verebbte.


    Es war ja auch wirklich eine grandiose Vorstellung und packend vom ersten Augenblick an. Selbst Regiegegner konnten da wohl nicht viel
    meckern und sogar die Teufelsmasken, die mich bei dem kurzen Ausschnitt im 2. Akt noch erschreckt hatten, passten perfekt in diese Inszenierung. Was für ein Unterschied zu dem Horrortripp auf dem Planet der Affen in der BSO, wo ja auch Diana Damrau die Gilda sein durfte, aber weit unter ihren schauspielerischen Möglichkeiten blieb, da ja alles so unsinnig, denn wie kann sich ein unschuldiges junges Mädchen in einen hässlichen Affen verlieben und dann "freiwillig" mit ihm in ein kleines Zelt krabbeln? Da konnte keiner der Protagonisten wirklich überzeugen, aber gestern war es so ganz anders und ich jetzt endlich auch ein Fan dieser Oper, obwohl man es ja wirklich mit schlimmen Charakteren zu tun hat.


    Durch die unglaublich interessante Debatte hier, konnte ich gestern natürlich ganz anders hinter die "Kulissen" schaun. Es stimmt natürlich, dass Rigoletto und Duca schreckliche Egoisten sind und und und..., aber ich leider ;-) trotzdem, wie Severina und Fairy, den schwarz/weißen Hut aufgesetzt habe und mit beiden irgendwie mitfühlen konnte.


    Mit Florez als Duca glaube ich natürlich auch sofort, dass er sich tatsächlich in Gilda verliebt hat (und sie in ihn), was ja kein Wunder wäre, wenn man gesehen hat, mit welchen vollbusigen "Damen" er sich ansonsten verlustierte. Triebe und Gefühle sind da wohl zwei verschiedene Dinge. Stimmlich kam er manchmal wirklich nicht sehr gut über die Rampe, aber ich konnte ihm schauspielerisch die Rolle eigentlich schon abnehmen, denn auch als "Verführer" mußte er in diesem Fall ja kaum aktiv werden und schlief dann brav allein im Kämmerlein der Prostituierten, was eigentlich auch darauf hinwies, dass es ihm mit der Liebe zu Gilda doch ernster war und das andere Gehabe einfach zu seiner Machorolle gehörte. Irgendwie unlogisch war dieser Teil auf jeden Fall für mich, aber ansonsten wäre man halt nicht zu diesem dramatischen Ende gekommen. Ich glaube aber nach wie vor nicht, dass der Duca für den desolaten Zustand der Gilda im zweiten Akt verantwortlich gemacht werden konnte, sondern doch die Entführer (in die Richtung ging doch auch der Text), denn wie gut sie harmonierten sah man ja, als sie sich zum ersten Mal trafen und selbst Gilda würde wohl nicht für einen Mann sterben, der sie vorher gegen ihren Willen, mit Gewalt und Schlägen genommen hätte.


    Wie ich ja auch schon nach meinem kurzen Einblick in diese Inszenierung schrieb, war Diana Damrau für mich und wohl auch viele andere, einfach die Sensation dieses Abends (liebe sie ja sowieso schon viele Jahre, denn sie sang ja oft an der BSO) und da konnten die männlichen Parts einfach nicht ganz mithalten, obwohl auch soooo gut. (Mit Gavanelli als Rigoletto habe ich allerdings wirklich keinerlei Probleme, ihm die miesesten und teuflischsten Charaktereigenschaften zuzuschreiben, bei Lucic herrscht aber Mitgefühl vor).


    Lustig fand ich nur, dass Florez den Macho beim Schlussapplaus endlich so richtig verinnerlicht hatte und DD nur recht widerwillig die Hand gab, als sie es gerne wollte. Er war, trotz strahlendem Lächeln, wohl doch etwas irritiert und gefrustet, dass er nicht, wie sonst, die Nummer eins in der Gunst des Publikums gewesen ist. Nach meinem Gefühl sogar nur Nummer vier hinter dem Dirigenten.


    Werde diese Aufnahme sicherlich noch oft ansehen und immer noch weitere Fassetten entdecken.


    Liebe Grüße
    Ingrid

  • Sagitt fragt:


    Ich lese, es gibt einen Mitschnitt ? Ich habe erst in letzter Minute mitgekriegt, dass dieses " Ereignis" auf Arte läuft und deswegen war es zu spät, einen Mitschnitt zu fertigen.


    Für Hilfe bin ich unter PN sehr empfänglich.


    Einen schönen Tag wünscht


    Hans

  • Auch ich habe die Übertragung aus Dresden gesehen und seither öfters in die Aufnahme hineingeschaut. Für mich war es eine sehr gelungene „Rigoletto“ Aufführung.


    Die Regie finde ich eine gute Alternative zu den klassischen Inszenierungen. Sie unterstreicht gut die Handlung, ohne besonders provokant zu sein. Was ich nicht verstanden habe, ist warum im letzten Akt der Duca plötzlich die Gilda im Arm hält und sie kurz darauf angewidert wegstößt oder wieso sie, tödlich verletzt, auf einmal putzmunter herumläuft, bevor sie dann tot umfällt. Auch Gildas Kleid wirft Fragen bei mir auf. Im zweiten Akt ist es, nach dem unfreiwilligen tete-a-tete mit dem Duca, an einer vielsagenden Stelle mit Blut befleckt, damit da kein Zweifel aufkommt, was im stillen Kämmerlein passiert ist. Im letzten Akt ist das Kleid wieder ganz makellos weiß und sogar die Blutspuren von der Erdolchung fehlen. Ein Versehen vom Regisseur? Oder will er uns damit sagen, dass Gilda eigentlich aus Liebe stirbt?
    In italienischen und französischen Opernforen ist die Regie sehr schlecht bewertet, Worte wie „orribile“ oder „brutto“ kommen häufig vor.


    Florez war besser als ich es erwartet hatte, nachdem ich in einem Konzert seine „La donna e mobile“ nicht besonders ansprechend fand. Er hat in Dresden schön gesungen und phrasiert, ohne aber eine persönliche Note zur Rolle zu bringen. Aber das ist allgemein nicht seine Stärke, wie auch das Schauspielen es nicht ist, Ich glaube, dass der Duca eine Grenzrolle für ihn ist, die er nicht zu oft singen sollte. Man hat deutlich gemerkt, dass er oft seine ganze Kraft einsetzen musste, um mit dem Orchester und den Singpartnern mitzuhalten. Daher vielleicht auch die 1-2 unsicheren hohen Töne. Was passieren kann, wenn man die Stimme zu arg strapaziert, sollte er inzwischen am Beispiel Villazon gelernt haben.


    Diana Damrau war eine großartige Gilda, sowohl schauspielerisch als vor allem interpretatorisch. Obwohl ihre Stimme manchmal zu „reif“ für die Rolle klingt, mit einem leichten Vibrato in allen Registern, schafft sie es, eine wunderbar glaubhafte junge Frau darzustellen, wie sie sich mit ihrem strengen Vater auseinandersetzt oder wie sie zum ersten Mal verliebt von Ihrem Angebeteten schwärmt, um dann durch eine traumatische Erfahrung plötzlich reif zu werden und dann wie eine Erwachsene für die Liebe zu leiden und zu sterben. Ich habe die Arie „Gualtier Malde“ vorher noch nie so gesungen gehört, wo jedes Wort eine ganz bestimmte Bedeutung bekommt. Damrau erinnert mich hier an Nathalie Dessay, die ähnlich detailliert und feinfühlig die Partie der Manon in Barcelona gestaltet hat.


    Seht beeindruckt war ich auch von Lucic, den ich vorher noch nie gehört hatte, Stimmlich fand ich ihn großartig und interpretatorisch war das endlich wieder einmal ein Rigoletto, der nicht nur die ganze Zeit brüllte. Schauspielerisch hat er mich auch überzeugt, obwohl er zu sehr mit den Händen „dirigiert“ hat. Da hätte der Regisseur eingreifen müssen.


    Toll fand ich auch Georg Zappenfeld in der Rolle des Sparafucile, mit einer ganz dunklen und beeindruckenden Bassstimme, ähnlich wie bei Furlanetto oder Laszlo Polgar.


    Fiordiligi

  • Zitat

    original Fiordiligi
    wieso sie, tödlich verletzt, auf einmal putzmunter herumläuft, bevor sie dann tot umfällt. Auch Gildas Kleid wirft Fragen bei mir auf. Im zweiten Akt ist es, nach dem unfreiwilligen tete-a-tete mit dem Duca, an einer vielsagenden Stelle mit Blut befleckt, damit da kein Zweifel aufkommt, was im stillen Kämmerlein passiert ist. Im letzten Akt ist das Kleid wieder ganz makellos weiß und sogar die Blutspuren von der Erdolchung fehlen.


    Meiner Meinung nach soll das weiße Kleid und die "auferstandene" Gilda ihre engelsgleiche Unschuld darstellen. Die Sterbeszene finde ich wie weiter oben schon mal erwähnt, genial. Sie ist eigentlich nur noch physisch auf der Erde, Ihr Geist und ihre Seele haben bereits eine höhere Sphäre erreicht.



    Zitat

    warum im letzten Akt der Duca plötzlich die Gilda im Arm hält und sie kurz darauf angewidert wegstößt


    Möglicherweise sollte so der Konflikt Gildas deutlich gemacht werden. Auf einer Seite diesen Mann so tief zu lieben und auf der anderen Seite die Schmach. Sie hat sich in die Rolle Maddalenas "geträumt", aber wurde aus diesem schönen Traum gestoßen.



    LG


    Maggie

  • Zitat

    Original von Fiordiligi
    Was ich nicht verstanden habe, ist warum im letzten Akt der Duca plötzlich die Gilda im Arm hält und sie kurz darauf angewidert wegstößt oder wieso sie, tödlich verletzt, auf einmal putzmunter herumläuft, bevor sie dann tot umfällt. Auch Gildas Kleid wirft Fragen bei mir auf. Im zweiten Akt ist es, nach dem unfreiwilligen tete-a-tete mit dem Duca, an einer vielsagenden Stelle mit Blut befleckt, damit da kein Zweifel aufkommt, was im stillen Kämmerlein passiert ist. Im letzten Akt ist das Kleid wieder ganz makellos weiß und sogar die Blutspuren von der Erdolchung fehlen. Ein Versehen vom Regisseur?


    Liebe Fiodiligi,


    das war sicher kein Vershen des Regisseurs. Sieh mal in meine obige Beschreibung vor allem des Dritten Aktes. Da findest Du meine Interpretation, dass die Rollenvertauschung am Schluss die subjektive Sicht von Gildas in den Wahnsinn abdriftender Fantasie darstellt, die sich an Stelle Maddalenas von dem Herzog geliebt und wegen dieser dann auch wieder davon gestoßen sieht. Auch bleibe ich bei meiner Auffassung, dass der Schluss eine Art "Himmelfahrt" inszeniert, bei der realistische Blutspuren nur das bewusst Irreale zerstören würden.


    Auf einer anderen und ganz realistischen Ebene traue ich Gilda und dem Einkommen ihres Vaters zu, dass sie nicht wochenlang ein blutbeflecktes Nachthemd tragen muss, sondern mehrere besitzt und auch benutzt. Warum sie das in einer Gewitternacht an einem Fluss tut, hat allerdings mehr mit der Himmelfahrt der Unschuld zu tun. Das hat Maggie m. E. sehr richtig gesehen.


    :hello: Jacques Rideamus

  • Sagitt meint:


    Das konnte ich mir denken. In diesem Forum wird eine solche Inscenierung weidlich diskutiert, mit einer Palette, die zu lesen Anstrengung und Freude bedeutet.


    Wir dürfen nicht vergessen:


    a) es ist Oper. Glaubwürdigkeit ist nicht die stärkste Eigenschaft dieses Genres
    b) es herrschte Zensur. Verdi durfte nicht das vertonen, was ihm vorschwebte


    Gilda steht in der Diskussion sehr stark im Vordergrund. Ich möchte die These wagen, dass der Aussenseiter Verdi viel mehr reizte. Ein Buckliger auf der Bühne, und das als Hauptfigur. Einer, der von der adligen Gesellschaft gequält wird. In pari siamo lässt er darüber keinen Zweifel und dann der Hass und die Trauer in cortigiani.
    Hätte Ponelle nicht ein wenig übertrieben, fände ich die Darstellung von Wixell noch eindrucksvoller ( gespielt, nicht gesungen).


    Ich sehe die Zigeunerin im Trovatore, die Dirne,Traviata, und den buckligen Narr als die Trias der Aussenseiter, die Verdi reizte.

  • Vielen Dank an Jacques Rideamus und Maggie für die möglichen Antworten zu meinen Fragen. Sie klingen sehr plausibel. So etwas ähnliches habe ich mir auch gedacht, aber erst nachdem ich die Schlußszene mehrmals gesehen habe. Na ja, Regietheater heisst auch, seine Fantasie spielen zu lassen. Ich wünschte mir, ähnlich wie bei Willy Decker's Inszenierungen, dass man sofort erkennen kann, was gemeint ist, damit der unmittelbare Effekt nicht verloren geht.


    Gruß
    Fiordiligi

  • Lieber Sagitt!


    Ich habe diese Aufführung auf VHS aufgenommen, kann sie aber von meinem TV Techniker, auf DVD, überspielen lassen.


    Kannst Du es mir an meine Mail Adresse schreiben, weil da schaue ich seltener rein. Oder da auf PN, bitte.


    Liebe Grüße Peter, aus Wien. :angel:

  • Zitat

    gerade das hohe D am Ende von Possente amor schien mir ziemlich missglückt, nicht richtig ausgesungen, sondern sehr aprupt abgestochen. Auf mich wirkte das so, als habe er da gerade noch die Notbremse gezogen, bevor der Ton nicht mehr kontrollierbar war und in Richtung "Katze-auf-den-Schwanz-Steigen" abdriftete. Und ich wiederhole mich jetzt: Genau das bin ich von Flórez eben überhaupt nicht gewöhnt. Was den Beifall betrifft, so reagierte das Publikum nach jeder Duca-Arie eher verhalten, zwar mir heftigem Beifall, aber ohne Bravorufe, wie sie die Damrau und Lucic evozierten. Also dürften wohl alle das Gefühl gehabt haben, dass dieser Duca zweifellos sehr gut, aber keine Sensation war.


    Hallo,
    Ich hatte Gestern das Glück die Aufführung live in dresden zu sehen- und das war nun Gstern ganz anders. Florez hat vollauf überzeugt mit seiner wunderschönen, fast schon instrumental geführten Stimme und einer gewohnt unglaublichen Mühelosigkeit, gerade was die hohen Töne betrifft. er hat zurecht Gstern viel zwischenapplaus mit Bravi, verienzelt auch da capo-Rufe und Schlussapplaus (standing ovations für alle) bekommen. Ich nehme an arte hat die Premiere mitgeschnitten und entweder er war da nicht gut drauf oder eben noch etwas unsicher, weil es dann tatsächlich sein erster öffentlicher Duca war. Das er kein toller schauspieler ist, fiel bei der doch eher oberflächlichen Rolle des Duca für mich nicht ins Gewicht.Wie schon von vielen anderen hier geschrieben, war diana Damrau tatsächlich atemberaubend (selten so ein stilles Opernpublikum erlebt) und Lucic imposant, aber auch differenziert, rührend und auch schauspielerisch unglaublich stark. erstaunlicher weise konnte da aber auch der profunde Bass und mir bisher unbekannte Sparafucile, Georg Zeppenfeld mithalten. dazu die spannende und schlüssige Inszenierung ein präziser udn gut begleitender Fabio Luisi mit einem tollen Orchester und Chor. Auch die integrierten Ballettszenen fand ich sehr spannend, sogar die Akustik war gut, was will man mehr ?


    Viele Grüsse :hello:
    Syrinx

  • Hallo Syrinx,
    danke für deinen live-Bericht, der mich natürlich sehr gefreut hat, denn natürlich wünsche ich mir, dass Flórez auch als Duca reüssiert. Meine Aufzeichnung habe ich jetzt schon etliche Male angehört, ohne dass sich an meiner Einschätzung etwas geändert hätte. Umso schöner, dass er am PR-Tag offensichtlich weit von seiner üblichenForm entfernt gewesen ist und sich nun wieder gefunden hat. Übrigens: Großer Neid!!!!!!
    lg Severina :hello:

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  • Leider kann ich mich nicht den Lobpreisungen anschließen. Flores, den ich sehr schätze, ist für die Rolle des Herzogs eine Nummer zu leichtgewichtig. Er wirkte auf mich auch nicht wie ein Weiberheld, eher wie ein netter Internatsschüler. Ein Portion Erotik in der Stimme kann bei dieser Partie auch nicht schaden. Der Rigoletto wirkte auf mich nicht wie ein Hofnarr, sondern wie der Bodyguard des Herzogs und so sang er auch. Unter diesen Umständen muß man der Gilda von Diana Damrau wohl die Krone reichen. An der Inszenierung konnte ich nichts positives feststellen, außer einem großen Blutfleck auf Gildas schlichtem Nachtgewand. Da wußte doch jeder gleich, was hinter der Schlafzimmertür geschehen war.


    (Dieses ist meine persönliche subjektive Meinung, die niemand zu teilen braucht.)


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Hallo, Freunde der Oper
    Den Thread "Gestern in der Oper" ändere ich mal aus aktuellem Anlaß kurz um in "Übermorgen in der Oper" und möchte Euch mitteilen, heute vormittag habe ich Karten für "Rigoletto" in der Dresdner Semperoper geordert. Nachdem ein geplanter Besuch im Herbst des vergangenen Jahres terminlich nicht geklappt hat, wird es nun endlich, noch dazu am Freitag, den 13.!!! Ich fahre mit einem Freund, mit dem ich seit Jugendzeiten befreundet bin. Er wohnt etwa 45 Km von mir entfernt und da wir uns dadurch bedingt nicht allzu häufig sehen, haben wir uns ganz sicher viel zu erzählen und wir werden es uns richtig gemütlich machen. Wir haben ja auf der Fahrt und dann in Dresden genügend Zeit für uns.
    Rigoletto gehört zu meinen favorisierten Lieblingsopern. Ich bin gespannt und freue mich darauf. Vor allem freue ich mich auf die Musik und laß`mich von den Sängern überraschen, zumal ich keinen von ihnen kenne. Wenn ich mir allerdings über Google die Bilder der Inszenierung ansehe (eingeben: Rigoletto Semperoper Dresden), ahne ich Schlimmes und werde Euch davon berichten. Das wird und soll aber unsere gute Stimmung ganz sicher nicht trüben. Damit mein Bericht dann nicht zu lang wird, habt ihr hier schon mal die voraussichtliche Besetzung. Vielleicht kennt der eine oder andere von euch einen der Gesangssolisten.


    Besetzung am 13.04.2012


    Duca di Mantova: Michael Fabiano
    Rigoletto: Markus Marquardt
    Gilda: Elena Gorshunova
    Sparafucile: Tilmann Rönnebeck
    Maddalena: Gala El Hadidi
    Giovanna: Andrea Ihle
    Monterone: Matthias Henneberg
    Marullo: Ilhun Jung
    Borsa Matteo: Aaron Pegram
    Il Conte Ceprano: Sangmin Lee
    La Contessa Ceprano: Birgit Fandrey
    Paggio: Vanessa Goikoetxea
    Gerichtsdiener: Friedrich Darge


    Herren des Staatsopernchores
    Sächsische Staatskapelle Dresden
    Musikalische Leitung: Alexander Joel
    Inszenierung: Nikolaus Lehnhoff
    Bühnenbild: Raimund Bauer
    Kostüme: Bettina Walter


    Herzliche Grüße
    CHRISSY


    PS.: Ich bitte um Entschuldigung, daß ich hier in den Otello- Thread geraten bin. Habe verpaßt, dies als neues Thema zu erstellen. Tut mir leid, nicht böse sein. Vielleicht kann ein Moderator helfen? Vielen Dank im Voraus und wenn ja, gleich mein PS mit löschen.


    Verschoben ja, gelöscht nö ;)


    Norbert als Moderator

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Viel Vergnügen beim Rigoletto chrissy. Alexeander Joel ist ein sehr guter Dirigent, konnte ihn früher häufiger an der Rheinoper erleben ( er ist übringens der Bruder von Billy Joel ). Herrn Marquardt habe ich als Johanaan in Salome gehört und war begeistert. Herrn Fabiano kenne ich nur aus der Lucrecia Borgia aus SF mit Frau Flemming, hat eine sehr schöne aber nicht übermäßig laute Stimme. Und möge Freitag der 13. kein schlechtes Omen für die Aufführung sein.


    Nachtrag an die Moderatoren: Bitte meinen Beitrag auch in das richtige Thema kopieren.

  • "Rigoletto" in der Dresdner Semperoper


    Hallo, lieber Chrissy,


    ich will Die nicht die Vorfreude verderben, aber mir hat Rigoletto in Dresden überhaupt nicht gefallen. Und dabei war ich sogar in der 2. Premiere. Dirigiert hatte Luisi, für meine Begriffe zu laut und zu wenig die Sänger unterstützend. Wir hatten Juan Diego Flores als Herzog. Sein Stimmchen ist sehr schön, aber teilweise ging er unter im Gebrüll des Orchesters, vor allem in der Cabaletta und Stretta des 3. Aktes. Er muß auch einen schlechten Tag gehabt haben, denn er, der sonst die schönsten hohen C´s bringt (siehe Regimentstochter), er patzte in dieser Arie, und zwar gewaltig. Im Quartett und im Duett des 2. Aktes kam seine Stimme gut über das Orchester. Ich glaube, der Herzog ist nicht seine Rolle. Bei uns sang Damrau die Gilda, besser geht es nicht. Und Zelko Lucic war Rigoletto, er war großartig.


    Deine Sänger sollten insgesamt besonders im Sopran und beim Rigoletto selbst nicht an das Premierenniveau herankommen. Den Tenor habe ich live noch nie gehört, und das macht einen großen Unterschied. Denn auf CD läßt Flores nichts anbrennen.


    Grauenvoll war das Bühnenbild, die Kostüme. Im 2. Akt steht nur ein Bett auf einer schiefen Ebene, man hat Angst, daß die Sänger runterfallen. Und wenn sich der Herzog auf der leeren Bühne vor Rigoletto versteckt, das ist schon Slapstick. Einziger Lichtblick war im 4. Akt die Lichtregie beim Gewitter, das war sehenswert.


    Ich wünsche Dir trotzdem viel Freude, ich glaube aber nicht daran, daß sich dieser Rigoletto in Deine Erfahrungen aus der Staatsoper Berlin einreihen wird.


    Ich bin gespannt auf Deinen Bericht im Tamino.


    Herzliche Grüße von La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Dieser Rigoletto hat seit seiner Premiere einen eigenen Thread hier im Forum:


    RE: RIGOLETTO in Dresden mit Lucic, Damrau und Florez


    Habe die Premiere auf DVD. Das Kostüm des Rigoletto erinnert teilweise an Kermit, den Frosch aus der Muppetshow... ansonsten eine Inszenierung, die man besser vergessen sollte...

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • ansonsten eine Inszenierung, die man besser vergessen sollte...


    Hallo, Harald


    Genau das ahne ich, wenn ich die Bilder bei Google sehe. Sicherheitshalber haben wir auch nur Karten für sogenannte "Hörplätze", d. h. mit eingeschränkter Sicht für je 16 €. Da werden wir sichtmäßig bestimmt nichts verpassen, vielleicht sogar froh darüber sein. Es gab sonst nur noch Karten im teuersten Bereich um knapp 100 €. Das muß bei der zu erwartenden Inszenierung ganz sicher nicht sein.



    Dieser Rigoletto hat seit seiner Premiere einen eigenen Thread hier im Forum:

    ... und das habe ich übersehen und mich dafür entschuldigt. Kann halt mal passieren und vorkommen.


    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Lieber Chrissy,
    hast du die Übertragung seinerzeit nicht gesehen?


    Bei youtube gibt es einige Ausschnitte. Damit du siehst was dich erwartet:





    Die Sänger, die du angeführt hast, kenne ich nicht. Damrau und Lucic waren damals sehr gut. Florez eine absolute Fehlbesetzung.
    Und was die Inszenierung betrifft, ..... Nun, Augen zu und durch. :D


    Gregor

  • Gestern war ich nun gemeinsam mit einem Freund zum Rigoletto in der Dresdner Semperoper. Ich war im Vorfeld bestens gelaunt und gestimmt, habe mich in Schale geworfen, was auch zu einer gehobenen Stimmung beiträgt und ich nehme es mal vorweg, auch ins Nachhinein hat sich an der guten Laune nichts geändert. Ich wußte ungefähr was auf mich zukommt und dadurch waren die Erwartungen entsprechend angepaßt. Durch die Bilder im Netz, wie auch durch die freundlichen Warnungen und Hinweise unserer geschätzten Tamino- Mitglieder wußte ich also Bescheid. Wir hatten Hörplätze in der 2. Reihe seitlich im 3. Rang für "16 Scudi". Zum Sehen mußte man mal ab und zu aufstehen, aber das war nicht weiter schlimm, denn es gab ja nicht viel zu sehen.
    Ich fange mal so an:
    Ein von außen und innen sehr schönes und interessantes Haus, eine herrliche Verdi- Oper mit wunderschöner Musik und interessanten Charakteren und Handlung, eine hervorragende, über jede Kritik erhabene Staatskapelle, ein Bühnenbild, was diesen Namen nicht verdient, adäquat logischerweise kann auch von einer Inszenierung keine Rede sein (wo nichts, oder kaum etwas ist, kann man außer ein paar völlig sinnloser und sinnentstellender Gags, auch nichts inszenieren), ein sehr guter Chor und ein Sängerensemble, das bestenfalls als gut und für dieses Haus normalen Erwartungen entsprechend bezeichnet werden kann. Aber keiner, wirklich keiner von den drei Hauptakteuren, der einen von den Sitzen reißt.
    Wem diese Attribute genügen, der ist und wird in der Semperoper bestens bedient.
    Wunderbar das Vorspiel. Dirigent und Orchester ließen klanglich fein akzentuiert und sauber gespielt, das düstere, dramatische, schicksalhafte und unheilvolle Geschehen erahnen.
    Dann öffnet sich der Vorhang und gibt den Blick frei auf ein paar dunkelgraue Wände und zwei Treppen mit mehreren Stufen auf denen sich die Pärchen suhlen. Außer dem Herzog sind alle Höflinge mit Vogelkopfmasken verkleidet. Der Herzog im hellen normalen Straßenanzug, die anderen im dunklen Anzug. Also wenn sie damit auf der Straße liefen, würden sie nicht auffallen. Rigoletto mit einem giftgrünen viel zu großen und damit schlampig wirkenden Anzug. Auf dem Kopf eine Narrenmaske.
    Das zweit Bild, Rigolettos/Gildas Haus. Haus ?!?!- weit gefehlt, nicht mal andeutungsweise. Der Vorhang öffnet sich und auf der Bühne ist nichts außer hellen mit Sternen(?) dekorierten Wänden. Ach nein, stimmt nicht, es ist ja doch noch etwas da. In der Mitte des großen Raumes steht einsam und allein ein Bett, auf dem Gilda liegt. Rigoletto betritt durch ein Seitentür den Raum. Während beide von ihren Sorgen und Leiden singen, muß dem Vater wohl etwas warm werden, denn er entledigt sich seines Jacketts. Nun steht er da mit zu großer Hose, einem schlabbrigen Unterhemd und darüber überdimensionale Hosenträger. Jeder versoffene und heruntergekommene Penner sieht nicht schlechter aus. Und um das Bild vollständig zu machen, unglaublich (!!!), holt er während Gildas Gesang tatsächlich einen Flachmann aus der Hose und genehmigt sich einen! Ich sage Euch, wenn ich das nicht selbst gesehen hätte, ich weiß nicht, wenn mir das erzählt worden wäre, ob ich das jedem geglaubt hätte. Die Seitentür ist ja offen geblieben und so sieht man als Schattenbild, wie sich der Herzog anschleicht. Rigoletto geht ab und Gilda, wahrscheinlich erschöpft vom Dialog mit dem Vater legt sich erstmal wieder hin und träumt singend von dem jungen schönen Mann, dem sie in der Kirche begegnet ist.... Dieser schnellt plötzlich am Kopfende des Bettes hervor mit einem sehr lauten "T`amo, T`amo ripetilo...", daß man sich fast erschrecken könnte, würde man den musikalischen Ablauf nicht kennen. Beim später folgenden Abschied nehmen müssen, ob der Tenor auch den hohen Ton beim "adio" gehabt hat, kann ich mit Sicherheit nicht sagen. Orchester und eine übermäßig laute überangestrengte Gilda haben ihn übertroffen.
    Das große Schlafzimmer ist etwa 2m über dem Bühnenboden ein klein wenig im Hintergrund. Somit können die Höflinge am Bühnenrand sich anschleichend 2 Leitern anstellen und die inzwischen vor Erschöpfung eingeschlafene Gilda aus ihrem Bett stehlen. Nicht ohne vorher ein paar Freudentänzchen um ihr Bett zu machen.
    Das nächste Bild mit den Arien "El la mi fu rapita und Parmi veder le lagrime" ist genau wie zum Anfang, nur das noch ein paar lange Tische als Tafel hingestellt wurden. Als danach die Höflinge, wieder mit Masken, dem Herzog von der erfolgreichen Entführung Gildas berichten, will sich mir der Sinn nicht erschließen, warum dabei 5 oder 6 ständig akrobatische Übungen vollführen müssen, Rumspringen, Purzelbäume schlagen. In ihren schwarzen Kostümen und den Turnübungen erinnerten sie irgendwie an Spiderman.
    Im nächsten Bild wurden die Tische entfernt und durch zwei kleine rechteckige Wände ersetzt, mit einem kleinen Tisch und ein paar Stühlen. Das war dann die Schenke von Sparafucile und dessen Schwester. Die später erstochene und eingewickelte Gilda wurde dann daneben hin geschliffen, keine angedeutete Flußlandschaft, nicht mal ein Baum, nein, einfach nichts. Nachdem sie wieder ausgewickelt war, schien sie sich, zwar zu Tode getroffen, doch wieder etwas kurzzeitig zu erholen, denn sie stand richtig auf, um dann stehend zu verenden.
    Zu den Sängern:
    Der Rigoletto taute erst etwa beim "La ra, La ra, La ra und Si, vendetta" auf. Beides machte er sehr gut. Generell fehlte ihm aber das markige, polternde in der Stimme. Mir erschien er zu brav und kultiviert.
    Der Tenor, der den Herzog gab, hat zwar einen ital. klingenden Namen, aber ihm fehlte jegliche "Italianita", jeglicher Schmelz und auch damit die gesangliche Leidenschaft des Verführers, die hier unbedingt rüberkommen muß. Sein Timbre war meist von einem sehr hörbaren Tremolo begleitet, vor allem bei den hohen Tönen. Er traf sie alle, hielt sie auch aus, aber sie klangen meist angestrengt und dadurch oftmals unangebracht laut. Bei seiner Gesangsausbildung, wo es auch um "Piano" und Gefühl, Geschmeidigkeit, Ausdruck und einfach Belcanto ging, muß er gefehlt haben.
    Dasselbe trifft in etwa auch auf die Sopranistin zu. Ihre Koloraturen meisterte sie normal. Aber auch bei ihr habe ich die für diese Partie notwendige Leidenschaft vermißt.
    Ich will aber allen zugute halten, in solch einer leidenschaftslosen Inszenierung kann wohl auch keine Leidenschaft inspirierend aufkommen.
    Ergänzen möchte ich noch, erstaunlicherweise wurde die meist ausgelassene "Cabaletta" vom Tenor gesungen, allerdings ohne den hohen Schlußton.
    Trotzdem war ich nicht enttäuscht oder gar verärgert, weil, ich habe nichts anderes erwartet und die herrliche Musik von Verdi live zu genießen, das entschädigt.


    ich glaube aber nicht daran, daß sich dieser Rigoletto in Deine Erfahrungen aus der Staatsoper Berlin einreihen wird.

    Lieber La Roche. Das hast Du völlig richtig vermutet. Rigoletto, den ich früher in der Berliner Staatsoper oft erleben durfte im Vergleich zu dem gestrigen, da liegen Welten dazwischen!!! Sei es die damals in allem stimmige Inszenierung, Ausstattung und Kostümierung. Und wenn ich an die damalige Traumbesetzung denke... Ruggiero Orofino, ein wirklich echter, blendend aussehender ital. Belcanto- Tenor mit Schmelz und Gefühl in der Stimme, Isabella Nawe, was war das für eine herrliche unvergleichliche Gilda mit ihrem hellen, glockenreinen Koloratursopran und als Rigoletto fällt mir sofort der bulgarische Bariton Stoyan Popov ein, eine gewaltige, markige, ausdrucksstarke Stimme. Gut, daß solche Erinnerungen im Gedächtnis manifestiert sind.


    Allen meinen Dank für Euer Interesse und Eure Aufmerksamkeit und herzliche Grüße
    CHRISSY


    Sollten Fragen sein, gerne...

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Zu meinem obigen Beitrag möchte ich noch etwas ergänzen:
    Im Okt. 2004 war ich im Rigoletto in meinem kleinen heimatlichen Opernhaus (ich habe noch die Eintrittskarte). Was ich aus der Erinnerung noch ganz sicher weiß, Inszenierung, Ausstattung und Kostümierung waren weit besser und dem Werk gerechter und entsprechender, als gestern. Und die Sänger waren wohl auch nicht viel schlechter.


    Und ich wiederhole es gerne nochmal, qualitativ in allem, im Vergleich der damaligen Berliner Staatsoper und der Semperoper liegen Welten!!!
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Vielen Dank, lieber Chrissy, für deinen interessanten Bericht!


    Daß es dir/euch trotz allem gefallen hat, ist natürlich das Wichtigste!


    Aber es ist schon schade, daß selbst ein (ehemaliges) Spitzenhaus wie die Semperoper heute sängerisch nur mehr Durchschnitt und inszenatorisch Unsinn zustande bringt.


    Beste Grüße aus Wien
    Joseph
    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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