Hallo,
Ich kanns nicht als musikalischen Terminus Technicus ausdrücken, wür aber meinen "a piacere" könnte man etwa mit "wies gefällt" übersetzen...
LG
aus Wien
Alfred
Hallo,
Ich kanns nicht als musikalischen Terminus Technicus ausdrücken, wür aber meinen "a piacere" könnte man etwa mit "wies gefällt" übersetzen...
LG
aus Wien
Alfred
Salut,
colla parte bedeutet: mit der Hauptstimme.
Diese Formel findet sich oft in klassischen Solokonzerten als Anweisung, dass z.B. die Solovioline mit der Ersten Geige im tutti spielen soll. Man findet diese Anweisung jedoch auch in Chorwerken [hier spielt meist die erste Violine colla parte mit dem Sopran].
a piacere bedeutet: nach Belieben, ist also identisch mit ad libitum oder á plaisir.
Dies soll [meist dem Solisten] eine freie Tempo- und Vortragswahl einräumen. Man findet diese "Anweisung" häufig in Übergängen [also kurzen Zwischenkadenzen].
Cordialement,
Ulli
Salut,
ich überlege gerade, ob es nicht doch entgegen meiner Behauptung einen kleinen Unterschied zwischen ad libitum und a piacere gibt:
Während z.B. die Holz- und Blechbläser in Mozarts Klarvierkonzerttrilogie KV 413, 414 und 415 ad libitum sind, d.h. sie können entweder gespielt werden oder eben nicht [und diese Entscheidung ist auf jeweils alle drei Sätze eines Werks zu beziehen und nicht notenweise zu treffen], so ist das Klavier [oder natürlich auch die Geige im Violinkonzert] stets obligato.
Das a piacere schreibt Mozart z.B. in seiner Klaviersonate c-moll, 3. Satz vor für eine bestimmte Taktfolge vor. Danach schreibt er wieder a tempo.
In der wörtlichen Übersetzung sind jedoch beide Begriffe gleichlautend.
Cordialement,
Ulli
Danke für die Antworten,
ich glaube, ich habe es soweit erst mal verstanden.
Gruß, Peter.
Hallo allerseits,
meine nächste Frage betrifft den Unterschied zwischen dem Komponieren und dem Orchestrieren eines klassischen Werkes, oder genauer gesagt, ob es diesen Unterschied schon immer gegeben hat, oder ob er sich erst später entwickelt hat.
Orchestrierung als selbständige Tätigkeit war mir das erste Mal bei Mussorgskys Bildern einer Ausstellung begegnet - aber da machte das noch einen gewissen (für mich) logischen Sinn: Mussorgsky hatte das Stück als Instrumentalstück für Klavier konzipiert, und Ravel hatte sich dann, salopp formuliert, gedacht "Na, da könnte man doch was Orchestrales draus machen." Ich erinnere mich auch, bei Gelegenheit gelesen zu haben, dass ein Komponist Schwierigkeiten mit der Orchestrierung hatte (Schumann) oder dass sein Werk von einem befreundeten Komponisten beendet und fertig orchestriert wurde (Borodin).
Aber so richtig als SEPARATE, dem eigentlichen Akt des Komponierens nachgeordnete Tätigkeit wahrgenommen habe ich das Orchestrieren erst als ich kürzlich eine Biographie Leonard Bernsteins las, in der beschrieben wurde das Bernstein das Orchestrieren einiger seiner bekanntesten Werke wie zum Beispiel der West Side Story routinemäßig anderen überließ. Dazu wurde dann noch angemerkt, Orchestrieren sei ja kein wirklich künstlerischer Akt, sondern eine bloße handwerkliche Tätigkeit.
Mich enttäuscht diese Vorstellung irgendwie. Als Hörer ist für mich das Wechselspiel der verschiedenen Teile des Orchesters, die Verwebung verschiedener Fäden zu einem Gesamtbild, ein nicht herauszulösender Teil dessen, was die Schönheit einer Symphonie ausmacht - und ich hatte mir irgenwie immer vorgestellt, dass es dieses kompliziert gewebte Bild ist, dass ein Komponist vor sich sieht, wenn er anfängt eine Komposition niederzuschreiben. Dass er auch lediglich mit ein, zwei Melodien anfängt, und die dann erst in einem zweiten Schritt wie hin- und herfliegende Pingpongbälle zwischen den verschiedenen Sektionen des Orchesters aufteilt (oder letzteres gar standardmäßig anderen überläßt), das ist ein bisschen so als hätte Leonardo seine Mona Lisa als Malen nach Zahlen Vorlage angefertigt, und dann von einem anderen ausmalen lassen (wobei - wenn ich genauer darüber nachdenke, sind ja viele größere Öl- und Wandgemälde genau so in der "Werkstatt" eines Meisters entstanden ).
Jedenfalls würde mich interessieren, ob das Komponieren klassischer Orchesterwerke wirklich schon immer ein derartig zweistufiges Verfahren war - erst der künstlerische Akt des Komponierens einer Art "Melodielinie" (oder was?) und der Rest wird dann sozusagen irgendwie darumherum dekoriert? Oder hat sich das erst seit einer bestimmten Phase der klassischen Musik so entwickelt? Gehen / gingen alle Komponisten so vor? Und woraus genau besteht dann in so einem Falle die "erste Stufe" des Komponierens?
Wie immer gerne mehr wissen würdend
katlow
Salut,
ich glaube, dies ist der schönste Thread für mich, seit ich dabei bin…
Ich kann mich mit meiner Antwort nur auf die Zeit resp. die Personen Mozart und Schubert beschränken, da ich mich nur hier wirklich auskenne. Die Zeiten davor und danach überlasse ich den anderen hier präsenten Fachkräften. Dennoch möchte ich gleich einen Aspekt aufwerfen und zur Diskussion stellen: Meiner Meinung nach sind die Instrumentationen, auf welche Du hier ansprachst, eigentlich mehr als „Umkompositionen“ zu betrachten: Zwar bleibt das harmonische und melodische Klangbild erhalten, aber die Farbe des Werkes ändert sich doch sehr, wenn ein Klavierstück für Orchester „umkomponiert“ wird. Vielleicht wäre der Ausdruck Orchestrierung angemessener? Dies soll keine Abwertung sein, ich finde, es sind fast schon wieder eigene Werke, die eine Besonderheit darstellen und entsprechend zu würdigen sind.
Alles Originale…. !!! ???
So, oder so ähnlich entschlüpfte es Antonio Salieri im Film „Amadeus“, als Constanze für ihren Mann bei Salieri vorsprach, um sich für Mozart um eine Stellung zu bewerben. Die Szene entspricht – wie vieles in diesem Film – nur halb der Wahrheit.
Die Kompositionsweise bei Mozart ist sehr interessant und würde den Rahmen dieses Threads hier eindeutig sprengen, doch einige wichtige Arbeitsweisen sollten im Zusammenhang mit Deiner Frage dargelegt werden. Dass Mozart ein „Kopfkomponist“ war, wird häufig als Märchen betrachtet. Als sicher kann jedoch gelten, dass Mozart viele seiner Kompositionen zunächst im Kopf erdacht [und die thematische Entwicklung weitergesponnen], dann auf dem "Clavier probiret" hat und sodann notierte er die wichtigste Partie [i. d. R. die Singstimme/n, Soloinstrumente oder die melodieführenden Instrumente] nebst dem Bass. Die „Instrumentierung“ [ich muss es hier in Anführungszeichen setzen, da sich die Bedeutung des Wortes vom 18. Jahrhundert bis heute geändert hat] führte er oft zu einem späteren Zeitpunkt aus, da die entsprechenden Werke, bei denen diese Arbeitsweise nachgewiesen werden kann, meist unter großem Zeitdruck entstanden, wie z.B. Opern, Klavierkonzerte und dergleichen. Die Bedeutung der „Instrumentierung“ bei Mozart war in jedem Falle das Ausfüllen der Fehlenden Stimmen, die ihm im Kopf bereits klar waren, wozu er jedoch wenig Zeit hatte. Ein gutes Beispiel ist das Particell des ersten Satzes des Konzertes für Bassetthorn und Orchester G-Dur KV 621b. Hier zeigt sich eben diese Arbeitsweise: Mozart hat hier von Beginn an lediglich die [melodieführende] erste Violine und den Bass notiert. Zwischendurch werden einzelne komplexere „Instrumentationen“ angedeutet, ab Einsatz des Bassetthornes gilt natürlich dies Soloinstrument als das wichtigste, die „Begleitung“ – außer natürlich dem fundamentalen Bass – tritt zurück. Wie das Ganze „fertig“ aussieht, zeigt uns dann das Klarinettenkonzert A-Dur KV 622, welches eine 1 : 1 – „Kopie“ dieses Entwurfes ist. Komplexere Phrasen, insbesondere kontrapunktische Themenkomplexe, hat Mozart auf separaten Blättern zumeist skizziert, bevor er sie in die Partitur übernommen hat. Diese Skizzen sind uns heute zum Glück erhalten geblieben, daraus lässt sich viel erfahren.
Mozart beschreibt am 7. und 8. Oktober 1791, also kurz vor seinem Tode, dankenswerter Weise sein „Komponieren“ in einer Art, wie ich sie schöner nicht kenne:
[…]Nun meinen lebenslauf; - gleich nach Deiner Abseegelung Spielte ich mit Hr: von Mozart |: der die Oper beim Schickaneder geschrieben hat 2 Parthien Billard. – dann verkauffte ich um 14 duckaten meinen kleper. – dann liess ich mir durch Joseph den Primus rufen und schwarzen koffé hollen, wobey ich eine herrliche Pfeiffe toback schmauchte; dann Instrumentirte ich fast das ganze Rondó vom Stadler. […]
Gemeint ist hier der 3. Satz [Rondo – Allegro] des Klarinettenkonzertes A-Dur KV 622.
Die Ouvertüre zur Zauberflöte beispielsweise ist – streng genommen – nicht ganz von Mozart. Wir alle kennen die drei markanten Anfangsakkorde, welche von Streichern, 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Clarinetten, 2 Fagotten, 2 Hörnern, 2 Trompeten und Pauken gespielt wird. In der Originalpartitur sind [enttäuschender Weise] nur die Streicher notiert. Alles Übrige ist leer – dies hat nun nichts mit Platzmangel zu tun [dieses Problem ist bei Mozart ein anderes: Mozart schrieb beispielsweise Bläserstimmen in Opernensembles auf separate Blätter, weil die Anzahl der 12 Systeme nicht ausreichte]. Hier war es wieder eindeutig die ZEIT, die Mozart veranlasste, schnell zu arbeiten und das „unwesentliche“ wegzulassen. Die Ouvertüre wurde bekanntlich am 28. September 1791 in sein Verzeichnüß aller meiner Werke eingetragen, die Uraufführung war bereits am 30. September, also zwei Tage später. Die „Ausfüllarbeiten“ übernahmen in solchen Fällen die Kopisten, eine Arbeit, die Mozart leicht abgeben konnte, da das „Setzen“ der übrigen Stimmen eindeutig vorbestimmt war und durch den Komponisten beaufsichtigt wurde.
Um es noch mal subsumierend darzustellen: Zu Anfang steht der musikalische Gedanke, die Idee [oder auch Ideen], Mozart entwickelte größtenteils im Kopf ein ganzes Werk, notierte sodann die wichtigsten Stimmen auf und komplettierte das Ganze in einer ruhigen Minute [nicht immer selbst], wobei es sich bei dieser Arbeit um eine Flächenfüllung handelte, deren Füllung allgemein bekannt war [was es uns heute erleichtert, so weit fortgeschrittene Fragmente, zielsicher zu ergänzen].
Bei Franz Schubert sieht das wieder etwas anders aus, wenn man auch sein Spätwerk betrachtet. Als Beispiel soll uns das Sinfonie-Fragment D 936 A dienen. Die Bezeichnung „Fragment“ ist hier eigentlich fehl am Platze, denn es handelt sich bei D 936 A quasi um eine Klavierfassung der geplanten Sinfonie [also im Prinzip die Umkehrung des Klavierauszuges]. Schubert hat hier [wie auch in den andern beiden bekannten Sinfonie-„Fragmenten“ D 615 und 708 A] auf zwei Systemen das gesamte Werk, soweit er es bereits „komponiert“ hatte, notiert. Darin finden sich ziemlich exakte dynamische Anweisungen und „Instrumentationsandeutungen“. So schreibt Schubert an ihm wichtigen Stellen beispielsweise „Cl.“ für Clarinette, „Ob“ für Oboe, oder „Tutti“. Zwischendurch finden sich zahlreiche Streichungen und Neukompositionen bestimmter Phrasen. Schubert hat alle vier Sätze [mehr oder weniger vollständig] der geplanten Sinfonie in dieser Weise vorbereitet, er bastelte sich also zunächst eine Klavierfassung mit markanten Hinweisen auf die „geplante“ Instrumentation, erst danach setzte er dies zumindest bei Orchesterwerken durch eine Art „Reinschrift“ um. Der eigentliche Kompositionsprozess ist demnach mit dem Mozarts verglichen, wesentlich mehr Arbeit gewesen. Schubert scheute offenbar das Partiturschreiben zumindest dann, wenn er wusste, es könnte sich noch etwas ändern. Durch die „Klavierauszuglösung“ konnte er schneller Streichen und Neuschreiben, das Ganze Platz, Papier und Tinte sparend und sehr viel übersichtlicher.
Ich selbst habe mir eine Mischung aus beiden Arbeitsweisen angeeignet: Stets schleppe ich mein Notizbuch mit mir herum, um jeden musikalischen Gedanken sofort darin festzuhalten, egal wo ich mich gerade befinde. Teils notiere ich auf zwei Systemen, also „klavieristisch“ gedacht, bei komplexeren bereits fest stehenden Instrumentationen skizziere ich dann mehrzeilig, also bereits für die einzelnen Instrumente.
Diese ganzen Prozesse sind natürlich sehr interessant, vieles lässt dadurch auch Rückschlüsse auf die dahinter stehenden Menschen zu, weswegen die Arbeitsweisen eben voneinander abweichen. Letzten Endes ist es jedoch egal, wie ein Werk komponiert wurde, das Ergebnis zählt, oder?
Cordialement,
Ulli
du hast recht. du bist hier wirklich bestens platziert.
Hallo Ulli,
ich hatte ja insgeheim schon gehofft, dass gerade du als selbst Komponierender zu dieser Frage etwas beitragen könntest.
Vielen Dank für die ausführliche Antwort, sie geht genau in die Richtung, die mich interessiert. Im Grund genommen würde ich gerne der Antwort auf die Frage ein wenig näher kommen, wie es die klassischen Komponisten geschafft haben, ihre Meisterwerke zu kreieren.
Vielleicht liegt es daran, dass mir selbst die musiktheoretische Vorbildung fehlt, aber der Prozeß des Komponierens eines komplexen musikalischen Werkes ist für mich ein ziemliches Mysterium. Ich meine, dass einem eine Melodie einfällt, das könnte ich mir noch vorstellen, aber eine Symphonie? Das ist ein bisschen für mich so ein bisschen wie höhere Mathematik. Während ich mir ohne Weiteres vorstellen kann, wie ein Schriftsteller einen Roman verfaßt, oder ein Maler ein Bild kreiert, finde ich es bei (klassischer) Musik schon schwierig mir auch nur vorzustellen, wie dem Komponisten ein bestimmtes Werk "eingefallen" ist.
Was nicht heißen soll, dass ich nicht mein möglichstes tue, um mehr davon zu verstehen. Also, über weitere Beiträge dazu, wie bestimmte Komponisten beim Komponieren vorgegangen sind, würde ich mich freuen!
Also vielleicht nicht nur auf das konkrete Thema Orchestrierung bezogen, sondern auch grundsätzlicher. Ich weiß, die Formulierung klingt jetzt vielleicht ein wenig merkwürdig: Wenn einem Komponisten Musik "einfiel", hörte er sie dann sozusagen im Kopf ein Symphonieorchester, das diese Musik spielte, oder sah er sie im Geiste als geschriebenene Noten vor sich? Sind Musik und Notenschrift, wenn man komponiert, in dem Maße miteinander identisch, dass hören, und als Notenbild vor sich sehen quasi dasselbe ist, oder haben Komponisten manchmal auch Schwierigkeiten, das, was sie sich vorstellen, in die für andere verständliche Notensprache zu übersetzen? Puh, ich hoffe, das ist einigermaßen verständlich herübergekommen!
Grüße,
katlow
Salut,
es freut mich, wenn ich Dir ein weing Licht ins Dunkel bringen konnte. Deine Fragen sind aber mindestens genauso schwierig zu beantworten, wie sie auszuformulieren. Du hast es teils selbst schon ganz gut getroffen mit Deinen Vermutungen! Wenn man von der "klassischen Musik" [also die tonale] redet, kann man prinzipiell schon sagen, dass es nichts anderes ist, wie ein Maler sein Bild malt oder ein Schriftsteller seinen Roman. Der Autor hat eine gewisse Vorstellung von dem, was er aufs Papier bringen will und schreibt bzw. malt dies auf [wozu natürlich gewisse Fähigkeiten gehören, sonst wäre jeder Schriftsteller, Maler oder Komponist]. Es gibt allerdings einen gravierenden Unterschied:
Der Maler malt ein Bild - der Liebhaber schaut es sich entzückt oder nachdenklich oder wie auch immer an. Ziel erreicht.
Der Schriftsteller schreibt einen Roman - der Leser liest ihn vertieft, mitleidend, freudig. Ziel erreicht.
Der Komponist komponiert - und nun geht's los: Der Kopist kopiert, die Instrumentalisten spielen [hoffentlich viele Proben vorher!], es besteht die Möglichkeit der Interpretation in einer Weise, die ein Maler oder Schriftsteller nicht erreichen kann. Der Hörer hört das, was der Spieler spielt und weiß vielleicht nicht, ob es so korrekt ist oder vom Komponisten so gemeint war, natürlich doch in der Grundtendenz [schließlich haben die Komponisten zu Lebenzeiten ihre eigenen Werke gespielt].
Ich kann Dir nun nicht schreiben, was Mozart oder andere dachten, während sie komponierten, aber wie ich bereits weiter oben erwähnte, kann man anhand der Skizzen herauslesen, was in ihnen vorging. Nehmen wir den Anfang der Jupiter-Sinfonie, die ersten 15-20 Takte. Solche Phrasen kann man sich durchaus "ausdenken", das heißt "aus heiterem Himmel im inneren Ohr hören" und dann Note für Note aufschreiben. Viele "gefällige Musik" ist auf diese Weise entstanden. Dieses "Können" hat man natürlich nicht von Heute auf Morgen, sondern es steht die Erfahrung dahinter, das heißt Arbeit mit dem Orchester, hören anderer Werke, Mitlesen in der Partitur. So war es zu Mozarts Zeiten üblich, dass man Werke abschrieb, um daraus zu lernen [was heute leider vielfach fehlt]. Komplexere stellen, wie kontrapunktische Phrasen im letzten Satz der Jupiter, hat Mozart auch skizziert, d.h. er hat einiges ausprobiert, auf dem Clavier, dann aufgeschrieben, dann rein mathematisch erdacht und gespielt, verworfen... so lange, bis es ihm gefiel. Ich will und kann ihm natürlich sein Können nicht absprechen, aber es ist auch für mich unvorstellbar, dass jemand - hieße er auch Mozart - polyphone höchst komplexe musikalische Gedanken hatte. Aber warum auch wieder nicht...?
Ich kann jetzt nur beschreiben, wie ich es mache: Teilweise ist das Schreiben der Noten und das Komponieren ein einziger Vorgang, z.B. bezogen auf ide ersten 15-20 Takte der Jupiter-Sinfonie. Dann kommen vielleicht ersteinmal ein paar Ideen, wie "jetzt müssen wir langsam nach D-Dur modulieren" oder "ein Fugato wäre jetzt nicht schlecht". Dann stellt sich gleich die Frage, mit welchem Thema und wie?
Am besten kannst Du z.B. Kompositionsvorgänge anhand von Variationen "erfahren", hier wird sehr deutlich was man mit einem Thema oder einem Themenkomplex alles anfangen kann [schneller, langsamer, Dur/moll, Stimmentausch, fugieren, Wechsel des Metrums, Verzierungen aller Art]. Genau diese Überlegungen sind beim Komponieren immer präsent. Vielleicht [dies müsste eigentlich in Anführungszeichen stehen] kommt auch die Gemütsverfassung des Autors zum Tragen, die also die Schwere oder Leichtigkeit eines Stückes bestimmt. Aber es kann auch der einfache Wille sein.
Nimm Dir beispielsweise die Ouvertüre zur Entfürung aus dem Serail. Sie hat 230 Takte und dauert ~ 4 Minuten. Ist Dir dabei langweilig? ICh vermute jetzt einfach: Nein. Obwohl:
[...]Von der ouvertüre haben sie nichts als 14 Täckt. - die ist ganz kurz - wechselt immer zwischen forte und piano ab; wobey beym forte allzeit die türkische Musick einfällt. - modolirt so durch die töne fort - und ich glaube man wird dabey nicht schlafen können, und sollte man eine ganze Nacht durch nichts geschlafen haben [...]
Ja, so einfach ist das!
Oder:
[...]Nun die aria von Bellmont in ADur. O wie ängstlich, o wie feurig, wissen sie wie es ausgedrückt ist [?] - auch ist das klopfende liebevolle Herz schon angezeigt - die 2 violinen in oktaven - dies ist die favorit aria von allen die sie gehört haben - auch von mir.[...]
Ich kenne auch einen zeitgenössischen Komponisten, der kein Klavier oder Orchester benötigt, der alles rein mathematisch erdenkt und konstruiert und sich den Teufel schert, ob etwas spielbar ist, oder nicht [denn er hat einen PC mit entsprechender Software, der auch der Violine - fies ausgedrückt - ein Contra-C entlockt...].
So, sind wir nun wieder ein Stück weiter gekommen...?
Viele Grüße,
Ulli
Salut,
mir fällt übrigens gerade noch ein interessanter Aspekt zum Thema „Komponieren“ ein: Wenn ich Zeit habe, total entspannt bin und eigentlich große Lust hätte, ein größeres Werk zu schreiben, dann fällt mir nichts ein. Ruft aber jemand an, der dringend ein Werk in zwei bis drei Tagen benötigt und ich stehe gerade unter Dauerstress, dann klappt es wie geschmiert… Möglicherweise ist dies auch das „Geheimnis“ des Mozartischen Komponierens [nicht dass ich mich mit ihm vergleichen würde, es wäre mehr als anmaßend!]: Mozart hat sehr viel und fast immer unter Zeitdruck komponiert! Es ist eventuell so, dass „man“ dann weniger darüber nachdenkt, was man eigentlich tut: Man tut es einfach. Wenn ich über eine gerade entstehendes Werk zu viel nachdenke, kommen plötzlich Zweifel auf, wie „das ist zu banal“, „das kannst Du hier nicht bringen“, „das ist zu schwer“, „der Satz ist zu kurz“… und, und, und.
Trotzdem haben natürlich Entspannungsphasen - wie z. B. Waldspaziergänge und dgl. - eine inspirative Wirkung. Interessant ist, dass es musikalische Themen gibt, die man sondiert - die also nach eigener Auffasung nur zu bestimmten Werkgenres passen. Ebenso gibt es "Allround-Themen", die einfach überall verwendet werden können. Das Anfgangsthema der Jupiter-Sinfonie z. B. würde in einem Streichquartett oder als Klaviersonate lächerlich klingen. Andersherum würde die Klaviersonate a-moll in einer Sinfonie-Version keinen Eindruck machen... das ist, glaube ich die Krux, die im Sinne der "heutigen" Instrumentierung von Klavierwerken die Schwierigkeiten bereiten. Aber: Es gibt geniale Lösungen...
Es ist sehr interessant, über das Komponieren zu sinnieren und dafür eine Definition zu finden, was aber glaube ich in diesem Sinne nicht möglich ist. Bei mir fing es eben so an wie bei Dir gerade: Ich fragte mich immer wieder: Wie kann ein Mensch so wunderbare Dinge erfinden..?
Cordialement,
Ulli
Jetzt hab ich auch mal eine Frage: Was ist ein Faun? Über diese Wesen, die wohl in der griechischen Mythologie vorkommen, schrieb Claude Debussy sein L´après-midi d´un faune. Weiß jemand was genaueres?
Thomas
Lieblingsbeschäftigung dieser possierlichen Tierchen ist es, ahnungslosen Nymphen einen panischen Schrecken einzujagen. Die Spezies der Faune gilt als ausgerottet, früher besiedelten sie das archaische Griechenland.
Zweite Lieblingsbeschäftigung dieser Hammelbeinigen Wesen ist das Spiel auf der Panflöte.
Hei, das ging ja flott! Besten Dank an dich, ThomasBernhard. :lips:
Thomas
Edit: auch ein Dankeschön an dich, yarpel!
Lieber Thomas,
der Faunus ist einerseits als altitalischer (also vorrömischer) Gott bekannt, der, vereinfacht gesagt, für alle Belange der Landwirtschaft als zuständig angesehen wurde, einschließlich des Verhältnisses von Menschen und Tieren.
Die Römer haben ihn in ihr Pantheon aufgenommen.
Seine Gestalt wurde als die eines Mischwesens vorgestellt, halb Mensch, halb Ziegenbock. Entsprechend der griechischen Satyrn waren die Vorstellungen vom Faun(us) mit ziemlich ausgiebigen Vorstellungen der Lüsternheit konnotiert. Dazu gehört auch, daß er oft Flöte spielend dargestellt wurde und nicht nur dadurch eine Ähnlichkeit mit Pan hat.
Die ausführliche Darstellung der Lüsternheit des Faun im Ballett durch V. Nijinsky bei der Uraufführung führte denn auch zu einem Skandal. Obwohl Leute auch damals ganz hingerissen waren.
Gruß
yarpel
Mal wieder hallo allerseits!
Diesmal eine Frage zu Rimsky-Korsakovs Suite nach "Tausendundeine Nacht": Scheherazade, op. 35.
Weiß hier vielleicht jemand ob sich die die einzelnen Sätze der Suite auf genau bestimmte Geschichten aus der Sammlung von Geschichten aus 1001 Nacht beziehen? Denn immerhin gibt es (inclusive Rahmengeschichte) gleich sechs Geschichte aus dem Zyklus der Kalenderprinzen (und eben auch drei Prinzen), noch mehr aus dem Sindbad-Zyklus, und bei dem 3. und 4. Satz der Suite habe ich schon Schwierigkeiten, auch nur den "zuzuordnenden" Geschichtenzyklus zu finden.
Oder ist Rimsky-Korsakovs Werk ohnehin eher freier, als Verwendung von Motiven aus der Sammlung ohne allzu konkreten Bezug zu spezifischen Erzählungen angelegt?
Wenn es einen eindeutig zuzuordnenden Bezug geben sollte, wäre ich, wie immer von Neugier geplagt, jedenfalls dankbar, wenn mir jemand den konkreten Titel der Geschichte verraten könnte, bzw. um welche Nacht oder Nächte es sich handelt!
Meine Einspielung ist übrigens die mit Herman Krebbers als Solo-Violinist, und dem Royal Concertgebouw Orchestra unter Kyrill Kondrashin:
- meines Erachtens wunderschön!
Gruß
katlow
Hallo
heute hab ich auch mal eine extrem dumme und überflüssige Frage:
Ich fahre demnächst nach Köln und möchte dort den berühmten Saturn heimsuchen, ihr wisst, der mit den zwei Etagen Klassikabteilung...
Da es in Köln ja vielleicht auch mehrer Saturnfilialen gibt: Kann mir jemand die ungefähre Adresse sagen?
Gruß und DANKE! Markus
KORREKTUR/ERWEITERUNG
war wirklich eine unnötige Frage. Ich habs schon selber rausgefunden:
Am Hansaring
50670 Köln
Gruß, Markus
Hallo Thomas,
ich wusste ja gar nicht, dass "unser" Saturn der "berühmte" ist
Bin gespannt, wie er Dir gefällt - die Auswahl ist wirklich riesig!
Wenn Du mit öffentlichen Verkehrsmitteln in Köln unterwegs sein solltest: Die S- und U-Bahn-Haltestelle "Hansaring" liegt direkt vor dem Geschäft!
Viel Spaß in Kölle!
ZitatAlles anzeigenOriginal von MarcCologne
Hallo Thomas,
ich wusste ja gar nicht, dass "unser" Saturn der "berühmte" ist
Bin gespannt, wie er Dir gefällt - die Auswahl ist wirklich riesig!
Wenn Du mit öffentlichen Verkehrsmitteln in Köln unterwegs sein solltest: Die S- und U-Bahn-Haltestelle "Hansaring" liegt direkt vor dem Geschäft!
Viel Spaß in Kölle!
Die Abteilungen, die Du suchst sind in dem Hochhaus!
Der Saturn ist dort ja über zwei Gebäude verteilt! Also, genau am Ring
Viel Spaß!
Hallo,
ich habe Anfang der Woche meiner Klavierlehrerin erstmalig "Golliwogg's Cakewalk" aus Debussys "Children's corner" vorgespielt. Im Mittelteil beim Umblättern musste ich auf einem Akkord gezwungenermaßen stehenbleiben. Sie meinte dann etwas von wegen "Tristan-Akkord".
Und da setzt meine Frage an. Ich habe zwar schon viel von diesem ominösen Akkord gehört, aber ich habe keine Ahnung, wie der aussieht bzw. wie er sich anhört. Vielleicht kann jemand ein Notenbeispiel bringen und mir erklären, was denn das Besondere an dem Akkord ist?
Dann kann ich auch nachprüfen, ob das beim Golliwogg wirklich einer ist.
Liebe Grüße, Peter.
Hallo Peter,
ich versuche mich einmal zu erinnern. In meiner letzten Musikstunde vor der Abiprüfung hat mir mein Lehrer nämlich auch diesen Akkord gezeigt.
Das besondere an ihm ist, dass die Töne wohl so übereinander gelagert sind, dass der Akkord nicht wirklich bestimmbar ist. Losgehen tut dies schon dort, wo denn überhaupt der Anfang ist. Die einen sehen diesen 'Start' früher, die anderen später.
Ich hab eben mal mein Lehrbuch aufgeschlagen, da steht zwar leider nichts zu diesem Akkord drin, aber es ist ein Notenbeispiel dabei (eigentlich haben sie einen Auszug der Szene genommen, scheinbar wollten die sich gar nicht mit dem Akkord beschäftigen). Es ist im 1.Aufzug die 5.Szene gleich zu Beginn. (Das die Oper Tristan und Isolde gemeint ist, brauch ich ja nicht sagen...)
Vielleicht findest du im Internet ein Notenbeispiel, eh ich dir das aufgezählt habe, isst es dunkel.
Oder du schaust dir das mal morgen an, wenn du hier bist!?
Lieben Gruß, Maik
ich glaube (jede zeile einzeln anschlagen):
a
f
e
f-h-es-as
as geht nach a
f-h geht nach e-gis, es-a geht nach d-b
b geht nach h
(das war jetzt irgendwas zwischen trockenschwimmen und programmieren, ich habe nämlich kein klavier und kein notenbeispiel)
über das besondere an der sache habe ich vor ein paar tagen im thread "Epochenunterteilung in der klassischen Musik" geschrieben.
in der hoffnung geholfen zu haben ...
Danke, Maik und Kurzstückmeister,
ich werde mir das mal auf dem Klavier vorspielen.
Liebe Grüße, Peter.
Hallo Peter,
ich versuch es dir jetzt mal noch mit den Notenwerten und Tönen zu sagen:
(das ganze steht im 6/8 Takt; Auftakt)
Achtel a (tief, auf alle Fälle das unter c ;))
punktierte Viertel mit Viertel (legato) auf f
Achtel e
Weiter, zunächst die Bassstimme:
punktierte Halbe f-h
punktierte Viertel mit Achtel (legato) e-gis
Die dazugehörige 2.Stimme:
punktierte Halbe dis
punktierte Viertel mit Achtel (legato) d
Die 1.Stimme:
punktierte Viertel mit Viertel (legato) gis
Achtel a
Achtel ais
Viertel mit Achtel (legato) h
Ich versuch es mal wie Kurzstückmeister zu schreiben:
a -> Auftakt
f -> mit e ein Takt
e
f-h-dis-gis (mit gis zum a) -> ein Takt
e-gis-d-ais (mit ais zum h) -> ein Takt; Ende mit zwei Achtelpausen
Vielleicht hilft es jetzt???
Liebe Grüße, Maik
ich versuche einen link zu meinem beitrag im anderen thread einzufügen, weiß aber nicht, ob das so geht:
Beitrag Hoch-Spätromatik von Kurzstueckmeister (in Epochenunterteilung der klassischen Musik)
oje, fast ...
meiner ist eins drüber, aber irgendwie geht das doch eleganter, oder?
Habe den Link 'verbessert'
Lg Maik, Moderator
Super, vielen Dank.
Dann weiß ich jetzt Bescheid!
Gruß, Peter.
Hallo,
eine tolle erste Anlaufstelle für Klassik-Einsteiger ist diese Seite: http://josefhoelzl.com/glossar/
Da werden viele Begriffe erklärt.
Im Alltag nutze ich nach wie vor oft den zuverlässigen und gut verständlich geschriebenen DTV-Atlas zur Musik. Das ist eine - gar nicht teure - Anschaffung fürs Leben!
Freundliche Grüße
Heinz Gelking
Hallo, qwer!
HIP = historic informed performance
Soll heißen, da werden Barockwerke mit barocken Instrumenten aufgeführt bzw. Werke der Klassik mit Instrumenten dieser Zeit. Zudem wird der originale Notentext so genau wie möglich beachtet.
Manche Ensembles stimmen ihre Instrumente sogar nach der alten barocken Stimmung usw.
Viele Grüße,
Pius.
Edit: Ich seh grad, mein Bach-Violinkonzert-Beitrag war Auslöser Deiner Frage. Bevor Du fragst, was "HOP" ist, siehe hier.
Hallo Pius,
vielen Dank!
Liebe Grüße,
qwer