Hallo Giselher
ZitatOriginal von GiselherHH
... und z.B. in den Fechtszenen gut choreographiert. Da habe ich in deutschen Repertoirevorstellungen schon wesentlich schlechter ausgefochtene Duelle gesehen. ...
Im Prinzip natürlich nicht falsch, in Wirklichkeit aber DIE Untertreibung des Tages. Die Fechtszenen waren nicht gut choreographiert, sondern in Entwurf UND Ausführung einfach sensationell und jeden Superlativ wert, der einem dazu einfallen kann. Hat irgendjemand auch nur ähnlich gute Fechtszenen jemals live auf der Opernbühne gesehen?
Falk Struckmann hat gut gesungen, aber mehrmals hat man (für mich) unschöne Wechsel in der Stimmfarbe gehört und einige Phrasen gerieten doch etwas unflexibel. Entweder ist er da noch ein wenig auf dem Weg in die (ungewohnte?) Rolle, oder seine überwiegende Beschäftigung mit wesentlich schwereren Rollen hat bereits bleibende Folgen hinterlassen. Es zeigt aber das insgesamt nahezu außerordentliche Niveau der Sängerbesetzung, wenn Struckmann mit dieser Leistung fast etwas negativ auffiel. Auf der anderen Seite hat man einen absolut großartigen Frère Laurent von Mikhail Petrenko gehört. Von diesem Mann möchte ich ganz spontan einen Pater Guardian hören!
Dirigent und Orchester? Ich will da keine Lobeshymnen verströmen lassen, aber auch das waren für mich Pluspunkte der Aufführung. Ich hörte eine wunderbare Synthese von Bühne und Graben ohne negative Aspekte und einigen wirklich schönen Momenten. Diese Leistung sollte man in ihrer ohrenfälligen Selbstverständlichkeit nicht zu gering achten. Das Dirigat im Vorspiel war dir zu "knallig"? Wie hätte er deiner Meinung nach die Vergewaltigungsszene auf der Bühne begleiten sollen? Schön fein lyrisch? Also bitte...
Noch ein paar Worte zu Bartlett Sher. Allein die Figur der Julia war höchst detailliert ausgearbeitet, fast zu filigran für eine Opernaufführung und ganz klar die Videoaufzeichnung berücksichtigend, die allein diese Feinarbeit für alle sichtbar macht. Das erste Duett Julia-Romeo z.B. war vom Bewegungsablauf auf der Bühne regelrecht choreographiert und die Interaktion der beiden Sänger vorbildlich.
Dies rein den schauspielerischen Leistungen der Sänger gutzuschreiben ist geradezu ein Affront der blitzsauberen Regieleistung gegenüber. Diese ist im Gegenteil sehr fein ausgearbeitet, stellt sich aber immer in den Dienst des Stücks und spielt sich (fast) nie in den Vordergrund. Und für Leute, die nicht genau genug hinschauen, ist das dann einfallslos. Die Welt ist schon ungerecht...