Wolfgang Amadeus Mozart: Eine kleine Nachtmusik - Ohrwurm oder Nervensäge ?

  • Und nochmals zur "Kleinen Nachtmusik". Natürlich ist mir bekannt, daß Mozart das Werk für Streichquartett und Kontrabaß geschrieben hat, doch nachdem ich es in der Original-Besetzung gehört hatte, und zwar mit dieser LP:

    Mozart, Vienna Konzerthaus Quartet, Josef Hermann, Hans Berger, Othmar  Berger – Divertimento No.17 In D Major K.334, Eine Kleine Nachtmusik K.525  (1996, CD) - Discogs

    bin ich reumütig zu den Aufnahmen mit Orchester zurückgekehrt. Das ist allerdings ein reines Geschmacksurteil. Das "Wiener Konzerthaus-Quartett" und Josef Hermann (Bass) machen musikalisch ihre Sache gut.

    Kennengelernt habe ich das Werk übrigens mit dieser Mono-Einspielung:

    Mozart - Berliner Philharmoniker, Karl Böhm – Eine Kleine Nachtmusik /  Serenata Notturna (Vinyl) - Discogs

    Karl Böhm und die Berliner Philharmoniker (Aufnahme: 22.12.1956, Jesus-Christus-Kirche, Berlin, MONO),


    und war jahrelang zufrieden damit. Später kamen etliche andere hinzu, auch Aufnahmen mit Kammerorchester (z.B. Marriner/ASMF), aber meine Vorliebe gilt seit vielen Jahren dieser Aufnahme:

    Eine Kleine Nachtmusik/die Moldau (Vinyl) [Vinyl LP]

    Ferenc Fricsay dirigiert die Berliner Philharmoniker (Aufnahme: 30.4.1958, Jesus-Christus-Kirche, Berlin, STEREO).

    Ich habe auch "nur" 2 Aufnahmen von Böhm und Ferenc Fricsay; letztere klingt wirklich an einigen Stellen anders als gewohnt

    schrieb dieser am 5.4.2005 im Beitrag #9. Mir geht es ähnlich, Fricsays Aufnahme klingt ungewohnt, einfach anders, aber ungemein spannend. Woran das genau liegt, habe ich (als Laie) allerdings nie herausgefunden. Doch auf meiner Rangliste behauptet sie unangefochten seit Jahren den ersten Platz. Böhms spätere Aufnahme mit den Wiener Philharmonikern, die Joseph II. genannt hat, besitze ich übrigens auch.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Nichts gegen gute unterhaltende Musik. Nur, zwischen dieser und Unterhaltungsmusik besteht ein wesentlicher Unterschied. Bei "unterhaltender Musik" werde ich unterhalten, bei Unterhaltungsmusik möchte ich mich unterhalten und nicht stillschweigend in einer Sitzreihe posiert und schon bei einem Hüsterchen schräg angeguckt zu werden. Da möchte ich meinem Nachbar auch ein Witzchen erzählen dürfen, und der darf auch laut lachen.

    Compris?

    Hallo,


    ich halte mich normalerweise aus ‚Auseinandersetzungen‘ heraus, aber ich empfand schon beim letzten Wort dieses Passus eine latente Aggressivität. Und diese brach dann gegenüber Holger Kaletha aus.

    Warum, weiß ich nicht.


    LG und gute Nacht


    Siamak Asgari

  • Auf die Gefahr hin, dass man Banause ist, wenn man Die kleine Nachtmusik nicht mag: es gibt bei mir eine Reihe von Stücken, vor allem einige, die in meiner Jugendzeit die ersten waren, von denen weiß ich, dass es gut gemachte Musik ist und Mozart natürlich einer der besten Komponisten, die es je gab. Aber ich mag die "Kleine Nachtmusik" einfach nicht mehr hören. Bei anderen Werken, selbst bei Beethoven, ist das genauso. Seltsamerweise gilt das für die fünfte, nicht aber für die sechste, die Pastorale. Auch die 9., vor allem die ersten 3 Sätze, begeistert mich immer wieder (sogar an den 4. habe ich mich ein wenig gewöhnt:pfeif:). Der Punkt ist doch auch, dass man dann viele weitere Werke von Mozart nach der kleinen Nachtmusik hört und feststellt, dass das Bessere des Guten Feind ist. Vielleicht könnte man in einem Bild sagen, dass die kleine Nachtmusik eine Pforte in Mozarts Welt darstellt, man will dann aber das ganze Schloss sehen.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Es ist das Recht eines jeden Menschen, ein ästhetisches Urteil abzugeben. Nur muss man zur Kenntnis nehmen, dass es keine allgemeingültige Norm für die Ästhetik gibt. Es gibt eben viele, unterschiedliche ästhetische Aspekte/Urteile, die sich vehement widersprechen können. Damit muss man leben.

    Also wenn ein Glenn Gould behauptet, Mozarts Klavierkonzerte seien gehaltlos, da werde musikalisch nur leeres Stroh gedroschen, dann darf er das zu Recht und man darf das nicht als das bezeichnen, was es ist, ein ästhetisches Fehlurteil nämlich, weil ja ästhetische Urteile generell keine Allgemeingültigkeit beanspruchen dürfen, da ihnen der Maßstab der Allgemeinheit und Allgemeingültigkeit fehlt? Die Behauptung, dass, nur weil ein und derselbe ästhetische Gegenstand verschieden beurteilt werden kann, alle Urteile nur subjektiv beliebig sein könnten, ist leider nichts als lediglich ordinäre Denkfaulheit.


    Gegen solche Denkfaulheit hilft aber letztlich die Philosophie. Über Geschmack lässt sich nicht streiten, weil auch das ästhetische Urteil strenge Allgemeinverbindlichkeit beanspruchen darf. Dieser "geisteswissenschaftliche Quatsch" stammt von wem wohl? Antwort: Immanuel Kant!

    Ich habe hier oft genug betont, dass Mozart ein genialer Komponist war. Seine häufig und über viele Takte eingesetzten Albertibässe habe ich als eine kompositorische Schwäche bezeichnet. Das haben schon zu Mozarts Zeiten viele Muwis von sich gegeben, ebenso wie heute. Dass es auch da unterschiedliche Beurteilungen gibt ist mir sehr bekannt. Aber auch damit muss man leben.

    Arnold Schönberg amüsiert sich über An der schönen blauen Donau, weil diese Musik nur aus Wiederholungen und simpelsten Harmoniefolgen besteht. Aber Schönberg liebt dieses Stück und sagt auch, dass dies einer der schönsten Walzer überhaupt ist. Wie erklärt sich also dieses Paradox? Ähnliches gilt von den Alberti-Bässen bei Mozart und Beethoven. Geistreich wird die Betrachtung der Alberti-Bässe erst, wenn man die Frage beantworten kann, wie mit solch einer trivialen musikalischen Grammatik absolut nicht-triviale Musik entstehen kann.


    Schöne Grüße

    Holger

  • Na na, das ist aber schon sehr weit aus dem Fenster gelehnt - das wirde nicht mal in den zuckersüssen alten "Wolferl" Filmen behauptet.

    Dieses Monument steht IMO auf tönernen Füßen - und ich frage mich wer es errichtet hat. An sich hat man ja schon seit über 25 Jahren Motart wieder auf den Boden zurückgeheol - vielleicht ein bisschen zu sehr - meinetwegen.

    Lieber Alfred,


    ich habe auch etwas gegen die Verzuckerung, die Vorstellung eines zahmen "Schmuse-Mozart". Darum geht es mir auch nicht. Denn:


    Erstens: Es wird ja gerne der Verfall des Niveaus insbesondere von Unterhaltungsmusik seit etwa 100 Jahren beklagt. Mozart ist gerade (noch) ein Beispiel dafür, dass auch unterhaltsame Musik und hohes und höchstes musikalisches Niveau sich nicht ausschließen.


    Zweitens: Wenn ich mich frage, was mich an Beethoven, Bach oder Mozart besonders fesselt, dann fällt mir - ohne dass ich da irgendwie gezielt vergleichen müsste - bei Mozart die Humanität seiner Musik ein. Bei Bach oder Beethoven würde ich natürlich niemals bestreiten wollen, dass ihre Musik auch "human" ist, nur fallen mir in erster Linie bei ihnen andere Dinge ein, wenn ich das beschreiben soll, was ich bei ihrer Musik so besonders anziehend finde. Das kann schließlich alles kein Zufall sein.

    D' Accord. Aber zugleich bist Du es der Leuten ohne geisteswissenschaftliche Auisbildung eine beschränkten Horizont unterstellt.

    Das tue ich aber nicht generell, sondern nur bei solchen Leuten, die ganz offen ihr Ressentiment gegen die Geisteswissenschaften und Geisteswissenschaftler aussprechen. Man soll die eigene Schwäche - so gut wie nichts von bestimmten Dingen zu verstehen - nicht zum Verdienst umlügen, indem man das, was man nicht versteht, herablassend und herabwürdigend betrachtet.

    Aber Vorsicht ! Es gibt in diesem Forum zahlreiche Akademiker und Universitätsptofessoren, die das nicht deklariert haben-

    Wenn dann zwei aneinandergeraten ohne, daß der eine weiß wer der andere ist, dann ist das - je nach Betrac htung - lustig oder peinlich. Ist allerdings egal, weil es ja ohnedies nur ich sehe....

    Ein akademischer Titel schützt aber nicht vor ästhetischen Fehlurteilen.

    Das mit der "Wahrnehmung ästetischer Qualitäten" ist so eine Sacg - wenn ich das ungeschminkt über die Komonisten der Gegenwart schreibe - schütz mich vielleicht grade noch der Status des Chfredakteurs des Tamino Klassikforums - denn formal gesehen gabe ich diese Funktion seid dem Zeitpunkt, da das Forum als "Medium" wahrgenommen wird, das über ein Impressum mit Verantwortlichem verfügen MUSS....

    Die Wahrnehmung einer besonderen ästhetischen Qualität kann dazu führen, dass man für eine andere geradezu blind wird. Wenn die Empfindsamkeit den rhetorischen Barockstil nur noch als unnatürlich und manieriert empfand, ist das natürlich ungerecht. Die Empfindsamkeit bemerkt, dass der Barock eine bestimmte Eigenschaft nicht hat, die sie als maßgeblich für ihr ästhetisches Urteil betrachtet. Das hat aber nichts mit subjektiver Beliebigkeit zu tun, sondern mit dem Wandel von ästhetischen Ideen (also den normativen Maßstäben), die hier im Spiel sind.

    selten hast Du mir so aus der Seele gesprochen! Ich bin kein Geisteswissenschaftler, aber diese Musik, so sehr sie auch als Telefonhintergrund, für Werbezwecke und sonstigen Unfug mißbraucht wurde, nutzt sich einfach nicht ab. Wie jedes Kunstwerk sollte man es natürlich nicht in Dauerschleife, sondern dosiert hören. Der Komponist Arthur Honegger hat einmal über Beethovens Fünfte gesagt, nachdem er sie nun über zweihundertmal gehört habe, sei sie für ihn nur noch Geräusch. Das mag zum Zeitpunkt der Aussage seinem persönlichen Empfinden entsprochen sein, doch ich glaube sicher, daß auch Honegger beim Anhören einer spannenden Interpretation des Werks erneut aufgehorcht hätte. Ähnlich geht es mit Mozarts "Nachtmusik". Kein Geringerer als Alfred Einstein attestierte dem Werk "Meisterschaft aller Meisterschaften im allerkleinsten Raum."

    Lieber Nemorino,


    die Bemerkung von Einstein kannte ich gar nicht! Wo schreibt er das denn? Du hast völlig Recht, diesen Abnutzungseffekt kennt Jeder von uns. (Dazu s.u. mehr in meiner Antwort auf Dr. Pingel.) Von der "Kleinen Nachtmusik" habe ich die Aufnahme von Bruno Walter. Ob noch andere in meiner Sammlung sind, müsste ich mal schauen. Ist denn die Friscay-Aufnahme in der DGG-Friscay-Box drin? Karajan gefiel mir beim Reinhören auch sehr gut! :) :hello:

    Auf die Gefahr hin, dass man Banause ist, wenn man Die kleine Nachtmusik nicht mag: es gibt bei mir eine Reihe von Stücken, vor allem einige, die in meiner Jugendzeit die ersten waren, von denen weiß ich, dass es gut gemachte Musik ist und Mozart natürlich einer der besten Komponisten, die es je gab. Aber ich mag die "Kleine Nachtmusik" einfach nicht mehr hören. Bei anderen Werken, selbst bei Beethoven, ist das genauso. Seltsamerweise gilt das für die fünfte, nicht aber für die sechste, die Pastorale. Auch die 9., vor allem die ersten 3 Sätze, begeistern mich immer wieder (sogar an den 4. habe ich mich ein wenig gewöhnt :pfeif: ). Der Punkt ist doch auch, dass man dann viele weitere Werke von Mozart nach der kleinen Nachtmusik hört und feststellt, dass das Bessere des Guten Feind ist. Vielleicht könnte man in einem Bild sagen, dass die kleine Nachtmusik eine Pforte in Mozarts Welt darstellt, man will dann aber das ganze Schloss sehen.

    Lieber Dr. Pingel,


    in meiner Jugend habe ich das Tschaikowsky-Klavierkonzert Nr. 1 unendlich viele Male gehört - natürlich in der Aufnahme Horowitz/Toscanini. Schließlich konnte ich das Stück einfach nicht mehr hören! Ich hatte es mir endgültig leid gehört. Aber: Irgendwann habe ich es dann wiederentdeckt, nicht zuletzt durch Claudio Arrau, der auf jeden oberflächlichen Virtuosen-Glanz verzichtet und zeigt, was für großartige Musik das ist! Wenn die Musik wirklich gut und sehr gut ist, entdeckt man sie irgendwann doch wieder und hört sie vielleicht völlig neu und mit anderen Ohren. Es gibt sicher Musik, die ein "Ohrwurm" in der Jugend war, die man völlig vergisst. Die, welche man für sich wieder neu entdecken kann, sagt einem aber dann doch, dass die Musik für den Abnutzungseffekt nichts kann, sondern das an uns Hörern und unseren Hörgewohnheiten liegt. Wenn ich heute Eine kleine Nachtmusik wieder einmal höre, denke ich: Was ist das doch für schöne Musik! Sicher hat Mozart Musik geschrieben, die wesentlich bedeutender und tiefgründiger ist. Das tut dem aber keinen Abbruch, dass man dieses Stückchen Musik so lieb hat. Jede Musik hat ihre Zeit - man kann schließlich nicht immer Schwergewichtiges hören. Da ist es wie mit dem Essen. Wenn ich ständig nur Leberwurstbrot esse, bekomme ich einen sauren Magen! :D:) ;) :hello:


    Liebe Grüße

    Holger

  • aber ich empfand schon beim letzten Wort dieses Passus eine latente Aggressivität

    Ich empfand die Formulierung durchaus als spitz, aber nicht als aggressiv. Damit habe ich aber wenig Probleme. Ob ich es selbst so formuliert hätte, ist irrelevant. In der Sache hatte unser Bachianer aber recht und ich habe versucht darauf zu entworten.


    Es gibt keine Zwang, sich bei der Nachtmusik unterhalten zu müssen ;), man kann sich auch unterhalten lassen ....:), und das ist für mich das Entscheidende. Selbstverständlich würde ich die Musik nicht mit dem Dissonanzenquartett vergleichen wollen. Es gibt aber auch keinen Anlass dafür.

  • Also wenn ein Glenn Gould behauptet, Mozarts Klavierkonzerte seien gehaltlos, da werde musikalisch nur leeres Stroh gedroschen, dann darf er das zu Recht und man darf das nicht als das bezeichnen, was es ist, ein ästhetisches Fehlurteil nämlich, weil ja ästhetische Urteile generell keine Allgemeingültigkeit beanspruchen dürfen, da ihnen der Maßstab der Allgemeinheit und Allgemeingültigkeit fehlt? Die Behauptung, dass, nur weil ein und derselbe ästhetische Gegenstand verschieden beurteilt werden kann, alle Urteile nur subjektiv beliebig sein könnten, ist leider nichts als lediglich ordinäre Denkfaulheit.

    Zu Glenn Goulds Mozartkritik:

    https://www.faz.net/aktuell/fe…t-veraechter-1213409.html

    In diesem Artikel bringt der Verfasser etliche der Kritikargumente Goulds an Mozarts Klaviermusik. Die Albertibässe werden da auch angeführt. Zu diesen Gould-Argumenten mag man stehen wie man will, nur (subjektiv) unbegründet sind sie nicht. Neu sind sind sie auch nicht. Schon der bekannte MuWi Hans Georg Nägeli kritisiert 1826 Mozarts Musik in:

    https://imslp.org/wiki/Vorlesu…_(N%C3%A4geli,_Hans_Georg)

    Du siehst, hier wird "ein und derselbe ästhetische Gegenstand" musikalisch verschieden beurteilt. Von wegen: Denkfaulheit!!


    Arnold Schönberg amüsiert sich über An der schönen blauen Donau, weil diese Musik nur aus Wiederholungen und simpelsten Harmoniefolgen besteht. Aber Schönberg liebt dieses Stück und sagt auch, dass dies einer der schönsten Walzer überhaupt ist. Wie erklärt sich also dieses Paradox? Ähnliches gilt von den Alberti-Bässen bei Mozart und Beethoven. Geistreich wird die Betrachtung der Alberti-Bässe erst, wenn man die Frage beantworten kann, wie mit solch einer trivialen musikalischen Grammatik absolut nicht-triviale Musik entstehen kann.

    Hier müsste deinerseits der Versuch unternommen werden "absolut nicht-triviale Musik" begründet zu definieren, vor allem, wie mit einer "trivialen musikalischen Grammatik" eine absolut nicht-triviale Musik entstehen kann. Viel Spaß!

  • die Bemerkung von Einstein kannte ich gar nicht! Wo schreibt er das denn?

    Lieber Holger,


    ich habe das Zitat einem alten Schallplattenführer entnommen. Ich vermute stark, daß es in Alfred Einsteins Buch "Mozart, sein Charakter, sein Werk" (EA: 1945) zu finden ist. Es ist nicht in meinem Besitz. Einstein galt und gilt bis heute als fundierter Mozart-Kenner. Er hat aber auch diverse andere Werke über Musik verfaßt, wie z.B. "Schubert" oder "Die Romantik in der Musik". Möglicherweise stammt das Zitat auch aus dem letztgenannten Werk.


    LG Nemorino :hello:

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • vor allem, wie mit einer "trivialen musikalischen Grammatik" eine absolut nicht-triviale Musik entstehen kann.

    Hallo Bachianer,


    diese Frage hast Du zwar an Holger gerichtet, aber ich denke, daß ich darauf, wenn auch nicht mit eigenen Worten, eine durchaus plausible Antwort geben kann. Der verstorbene Musikwissenschaftler Ulrich Schreiber hat sich einmal sehr dediziert zu Beethoven geäußert. Da heißt es z.B.: ".... bestehen Beethovens Melodien zum größten Teil aus simpel triadischen Motiven und können, für sich genommen, sich nicht mit denen eines Mozart oder Schubert messen. In der Behandlung der Harmonik geht Beethoven meist nicht über die einfachsten Muster hinaus. Bachs Harmonik ist erheblich chromatischer und dissonanter, mit anderen Worten moderner. Die rhythmischen Muster Beethovens lassen sich auf einen recht kleinen kanonischen Bereich einschränken, gegenüber der Subtilität eines Brahms wirken sie ziemlich ärmlich. Ähnlich verhält es sich mit Beethovens kontrapunktischen Künsten, die keinen Vergleich mit denen eines Palestrina, Bach oder Reger aushalten.

    Für die unbestreitbare Bedeutung der Musik Beethovens ist paradoxerweise gerade die Summierung dieser - am höchsten Standard gemessenen - Mängel entscheidend. Denn eben aufgrund dieser negativen Summierung wurden wir erstmals in der Geschichte der Musik darauf verwiesen, daß nicht das WAS, sondern das WIE entscheidend ist, nicht das Material als solches, sondern die Art und Weise, wie dieses zur Vermittlung konstruktiver Prozesse genutzt wird."

    Wie schon mehrfach gesagt, bin ich nur ein musikbegeisterter Laie, deshalb könnte ich mich als "höherer Hilfsschüler"^^ nicht so ausdrücken wie Ulrich Schreiber, aber ich finde, daß er zwar wissenschaftlich, aber für jedermann verständlich ausspricht, "wie mit einer 'trivialen musikalischen Grammatik' eine absolut nicht-triviale Musik entstehen kann".

    Man kann sich die Sache natürlich einfach machen und mit diesem Satz zur Marginalie erklären:

    Wer diesen Text liest weiss sofort, dass dieser nur von einem "Geisteswissenschaftler" kommen kann. Keinerlei Beweise, alles basiert auf subjektiven Empfindungen und Einbildungen um danach Urteile zu fällen.

    Also ich weiß nicht, aber so zu urteilen ist für mich nicht nachvollziehbar. Das zeugt nicht von Sachkenntnis, sondern von schlichter Überheblichkeit eines Menschen, der glaubt, irgendwie im Leben zu kurz gekommen zu sein.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Ist denn die Friscay-Aufnahme in der DGG-Friscay-Box drin?

    Lieber Holger,


    Deine Frage hatte ich soeben im "Eifer des Gefechts" übersehen. Wenn Du diese Box meinst:

    Fricsay: Sämtliche DG Aufnahmen, Vol.1 - Orchestral Works


    Ja, da ist sie drin, und zwar auf CD 29, Tracks 9-12. Die Aufnahme mit Bruno Walter habe ich auch, ebenfalls schön und "abgeklärt". Eine der späten Walter-Dokumente, bereits in Stereo produziert und deshalb auch klanglich sehr gut.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

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  • ich habe das Zitat einem alten Schallplattenführer entnommen. Ich vermute stark, daß es in Alfred Einsteins Buch "Mozart, sein Charakter, sein Werk" (EA: 1945) zu finden ist. Es ist nicht in meinem Besitz. Einstein galt und gilt bis heute als fundierter Mozart-Kenner. Er hat aber auch diverse andere Werke über Musik verfaßt, wie z.B. "Schubert" oder "Die Romantik in der Musik". Möglicherweise stammt das Zitat auch aus dem letztgenannten Werk.

    Lieber Nemorino,


    herzlichen Dank! :) Alfred war ja der Vetter von Albert Einstein. Das werde ich mir mal vormerken. Im Moment beschäftige ich mich mit Beethoven. das wird wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen! :hello:


    Liebe Grüße

    Holger

  • Dass "ein und derselbe ästhetische Gegenstand" verschieden ästhetisch beurteilt wird, ist erst einmal keine besondere Erkenntnis, sondern eine Trivialität. Die Denkfaulheit besteht darin, dass man nicht nach den - sehr wohl nachvollziehbaren - normativ-ästhetischen Gründen dafür fragt, sondern alles sehr bequem auf die angeblich subjektive Beliebigkeit von ästhetischen Urteilen schiebt, die man dann nicht weiter erklären muss, weil sie Alles und Nichts erklärt. Goulds Fehlurteile beruhen darauf, dass er den Bachschen Fugengeist zur Norm erhob und alles an dieser einen Elle misst. Deswegen meinte er ja auch, vom WTK brauche man eigentlich nur die Fugen zu spielen, die Präludien dagegen seien so unbedeutend, dass man sie auch ruhig weglassen könne! In der zweiten Hälfte des 18. Jhd. gibt es eben durch Komponisten wie Mozart und Beethoven einen Umbruch, was die ästhetischen Maßstäbe angeht. Daraus entstehen dann auch teilweise von Unverständnis geprägte Urteile bei Schriftstellern wie Nägeli, Sulzer u.a. Es ist immer die Frage, von welchem Standpunkt aus diese ästhetische Kritik vorgenommen wird. Wenn man sich wirklich ernsthaft mit dem Thema beschäftigt, sollte man sich damit auseinandersetzen, warum ausgerechnet führende Komponisten der Zeit wie Mozart und Beethoven auf Alberti-Bässe in ihren Kompositionen zurückgreifen. Wenn man sich nur über den Primitivismus der Alberti-Bässe aufregt, ist das lediglich eine von Unverständnis geprägte Tautologie. Die Musikwissenschaft - Beispiel Ulrich Schreiber, oben zitiert von Nemorino - und auch Andere haben auf die "Primitivismen" bei Beethoven hingewiesen, die eben gewollt sind. Da zu unterstellen, ein Beethoven hätte nicht anders gekonnt, ist einfach lächerlich. Und zuletzt: Das Beispiel der Alberti-Bässe zeigt eben auch, dass man ein Musikstück in seiner ästhetischen Qualität nicht ausschließlich anhand der verwendeten musikalischen Grammatik bewerten kann. Wenn man das - wie Du - tut, ist das ein Reduktionismus.


    Schöne Grüße

    Holger

  • "Dass "ein und derselbe ästhetische Gegenstand" verschieden ästhetisch beurteilt wird, ist erst einmal keine besondere Erkenntnis, sondern eine Trivialität. Die Denkfaulheit besteht darin, dass man nicht nach den - sehr wohl nachvollziehbaren - normativ-ästhetischen Gründen dafür fragt..."


    Tja, nun stellt sich sofort die Frage wie die "sehr wohl nachvollziehbaren - normativ-ästhetischen Gründe" definiert werden (können?). Nachvollziehbar ist, dass Gould, Nägeli, Sulzer, uvam. auf dem nachvollziehbaren Boden der Bach´schen Fugenkunst standen und diese als "normativ-ästhetisch" empfanden. Andere haben das nicht so gesehen, womit nur gezeigt wird, dass es keine generellen "normativ-ästhetischen Gründe" geben kann.

    Wenn man sich wirklich ernsthaft mit dem Thema beschäftigt, sollte man sich damit auseinandersetzen, warum ausgerechnet führende Komponisten der Zeit wie Mozart und Beethoven auf Alberti-Bässe in ihren Kompositionen zurückgreifen.

    Auch da gäbe es vielerlei Erklärungen, wie z.B.

    - erspart mühselige Notenschreibarbeit

    - erspart mühselige Nachdenkarbeit, wie eine harmonische Basslinie üppiger, lebhafter gestaltet werden könnte

    - der Durchschnittsspieler/hörer will das garnicht haben, zu kompliziert, verkauft sich schlechter.

  • Alfred war ja der Vetter von Albert Einstein.

    Lieber Holger,


    das war auch bis heute mein Wissensstand. Zu meiner größten Überraschung fand ich aber bei wikipedia diesen Satz:


    Albert Einstein setzte sich später bei den Einreiseämtern für Alfred Einsteins USA-Emigration ein, und die beiden sahen sich gelegentlich in Princeton. Die weithin kolportierte Behauptung einer Vetternschaft Alfreds und Albert Einsteins lässt sich jedoch nicht nachweisen, wenngleich eine entfernte Verwandtschaft naheliegt.


    Was stimmt nun wirklich? Wiki ist ja bekanntlich nicht allwissend, aber wie ist es zu dieser Eintragung gekommen?

    ich habe diese ältere Box: Da ist der Mozart leider nicht drin! Schade!

    Diese Box habe ich auch, da ist überhaupt kein Mozart drin. Aber allein die CD 9 mit der Übertragung der LP "Erzähltes Leben" ist die Anschaffung wert. Fricsay erzählt so anschaulich und lebendig seinen Werdegang, man sieht ihn förmlich vor sich.

    Falls Du aber Interesse an der "kleinen Nachtmusik" unter Fricsay hast, so empfehle ich Dir dieses 2 CD-Album:

    Sinfonien 29,35,39-41/Kleine Nachtmusik/Adagio/+

    da ist sie mit dabei. Sie enthält außerdem die Sinfonien Nr. 29, 35 & 41 "Jupiter" (mit dem RIAS Orchester, Mono) sowie Nr. 39 & 40 (mit den Wiener Symphonikern, Stereo) und zusätzlich noch die "Maurerische Trauermusik" und "Adagio und Fuge c-moll, KV 546" (mit dem RSO Berlin, Stereo). Sie kostet z.Zt. "gebraucht, sehr gut" schlappe € 6,24 + Versandspesen, wo kannst Du Dir leicht denken.

    Wenn Du aber nur an der "Kleinen Nachtmusik" unter Fricsay interessiert bist, gibt es noch folgendes Angebot:

    Mozart Eine kleine Nachtmusik-Haffner Serenade Berliner Philharmoniker-Bavarian Radio Symphony Orchestra Fricsay-Kubelik (1995-05-03)

    für € 0,69 + Versandkosten, zusammen mit der Haffner-Serenade unter Kubelik (Original DGG-Aufnahmen).

    Wie schon weiter oben gesagt, klingt das Werk unter Fricsay ungewohnt, aber gerade deshalb besonders spannend. Ich weiß nur nicht, wie er das macht.


    LG Nemorino :hello:

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Hallo,


    ich höre gerade die Savall Aufnahme, die klingt ja auch schon unkonventionell, aber für 69cent plus Versand habe ich mich die Fricsay Aufnahme bestellt. Ich hatte mich hier laienhaft dazu geäußert :


    Savall-Mozart


    Kalli

  • Die von mir ins Spiel gebrachte Stereo-Einspielung unter Karl Böhm mit den Wiener Philharmonikern (DG) gibt es gebraucht übrigens auch schon für ein paar Cent (+ Versand). Barcode 028942720824 bzw. 028941584328.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • das war auch bis heute mein Wissensstand. Zu meiner größten Überraschung fand ich aber bei wikipedia diesen Satz:


    Albert Einstein setzte sich später bei den Einreiseämtern für Alfred Einsteins USA-Emigration ein, und die beiden sahen sich gelegentlich in Princeton. Die weithin kolportierte Behauptung einer Vetternschaft Alfreds und Albert Einsteins lässt sich jedoch nicht nachweisen, wenngleich eine entfernte Verwandtschaft naheliegt.


    Was stimmt nun wirklich? Wiki ist ja bekanntlich nicht allwissend, aber wie ist es zu dieser Eintragung gekommen?

    Lieber Nemorino,


    das ist interessant! ^^ Vielleicht hat auch Alfred Einstein diesen "Mythos" selber verbreitet?

    diese Box habe ich auch, da ist überhaupt kein Mozart drin. Aber allein die CD 9 mit der Übertragung der LP "Erzähltes Leben" ist die Anschaffung wert. Fricsay erzählt so anschaulich und lebendig seinen Werdegang, man sieht ihn förmlich vor sich.

    Falls Du aber Interesse an der "kleinen Nachtmusik" unter Fricsay hast, so empfehle ich Dir dieses 2 CD-Album:

    Ich glaube, die autobiographische Erzählung ist in der Box, die ich habe und die Du auch hast, ebenfalls drin! Von Friscay habe ich noch eine Audite-CD mit Mozart-Symphonien sowie eine DGG-Aufnahme auch mit drei Symphonien, die Du mir mal hast zukommen lassen. ;) Beim Durch- und Anhören muss ich sagen, vermisse ich bei etlichen Aufnahmen den Charakter einer Serenade. Harnoncourt ist mir viel zu "dramatisch", Böhm etwas zu deutsch bodenständig, Karajan ist schön, aber vielleicht ein bisschen zu geschmäcklerisch. Friscay auch schon ein bisschen zu forsch vielleicht. Wirklich toll fand ich Neville Marriner mit der Academy of St. Martin in the Fields. Ein englisches Orchester mit einem britischen Dirigenten ist vielleicht bei dieser Musik genau das Richtige! :) Hast Du Marriner? Und welche Ausgaben gibt es da? :hello:


    Liebe Grüße

    Holger

  • Tja, nun stellt sich sofort die Frage wie die "sehr wohl nachvollziehbaren - normativ-ästhetischen Gründe" definiert werden (können?). Nachvollziehbar ist, dass Gould, Nägeli, Sulzer, uvam. auf dem nachvollziehbaren Boden der Bach´schen Fugenkunst standen und diese als "normativ-ästhetisch" empfanden. Andere haben das nicht so gesehen, womit nur gezeigt wird, dass es keine generellen "normativ-ästhetischen Gründe" geben kann.

    Nachvollziehbar ist das erst einmal gar nicht. Gould konnte bezeichnend mit der Chromatischen Phantasie von J. S. Bach gar nichts anfangen, er mochte das Stück nicht. Zweifellos hat er wie kaum Jemand Sinn für Bachs Fugenkunst, aber das ist auch im Hinblick auf J.S. Bach ein sehr verengter Blick. Man kann ja nun nicht im Ernst behaupten, die Präludien aus dem WTK seien verzichtbar. Und bei Nägeli hast Du ein bisschen gegoogelt ... Ausgerechnet Nägeli! (Alle bedeutenden Ästhetiker seit Kant gehen davon aus, dass es normativ-verbindliche ästhetische Urteile gibt! So ist das nunmal!) Für ihn sind nämlich ästhetische Urteile nicht subjektiv, sondern objektiv und normativ. Und die ästhetische Norm ist selbstverständlich nicht einfach Bach für Nägeli. Und Sulzer hat schon einmal gar nichts mit Bach´scher Fugenkunst am Hut. Sulzer ist ein radikaler Anhänger der Empfindsamkeit und Verächter von Instrumentalmusik, die er sehr geringschätzend betrachtet.

    Auch da gäbe es vielerlei Erklärungen, wie z.B.

    - erspart mühselige Notenschreibarbeit

    - erspart mühselige Nachdenkarbeit, wie eine harmonische Basslinie üppiger, lebhafter gestaltet werden könnte

    - der Durchschnittsspieler/hörer will das garnicht haben, zu kompliziert, verkauft sich schlechter.

    Dieses Argument kennen wir! Sein Kern ist: Dass Mozart und Beethoven Alberti-Bässe verwenden, ist allein oder zumindest vornehmlich damit begründet, dass sie ihre Noten einem wenig pianistisch begabten und musikalisch ungebildetem bürgerlichem Publikum für ihre Hausmusik verkaufen wollten.


    Damit wird zweierlei bestritten:


    1. dass es für die Verwendung von Alberti-Bässen eine ästhetische Begründung gibt, die über die ordinäre verkaufsstrategische prinzipiell hinausgeht.


    2. Es wird der Werkcharakter von Kompositionen, die Alberti-Bässe enthalten, infrage gestellt.


    Was ist davon zu halten? Meine Antwort: Das alles ist ziemlich abenteuerlich! Die Vorstellung, dass Mozart oder Beethoven in Wahrheit hätten wie Bach komponieren wollten, und solche angeblich trivialen musikalischen Mittel nur notgedrungen wählten, weil sie ihren Lebensunterhalt verdienen mussten, kann man glaube ich nicht ernsthaft in Erwägung ziehen! Dann nehme doch Beethovens Klaviersonate op. 110 und komponiere den ersten Satz neu, damit er durch Dich endlich besser und "richtiger" klingt ohne Alberti-Bässe, die für Dich offenbar nur einen faulen und lächerlichen Kompromiss, ein unmoralisches - und im Grunde kunstfernes muss man sogar sagen - Zugeständnis an die Lebenserhaltungsbedürfnisse des Komponisten darstellen. :D


    Und deshalb muss ich noch einmal mit "geisteswissenschaftlichem Quatsch" kommen! Deine Betrachtung ist ein grundlegender Verstoß gegen eines der wichtigsten Methodenprinzipien der Hermeneutik, das Hans-Georg Gadamer "Vorgriff der Vollkommenheit" genannt hat. Bei der hermeneutischen Rekonstruktion eines Sinnzusammenhangs ist vorab immer von der Sinnhaftigkeit des Ganzen auszugehen und nicht einfach von vornherein eine Sinnlosigkeit zu unterstellen. Die Anwendung dieses hermeneutischen Methodenprinzips ist hier durch den Werkbegriff geboten, der seit dem 16. Jhd. auch in Bezug auf die Musik leitend ist. Ich spare mir jetzt, die lateinischen Begriffe zu zitieren. Das vollendete Werk ist durch den Charakter definiert, dass man keinen Teil von ihm wegnehmen und hinzufügen kann, ohne das Ganze dabei zu zerstören. Du behauptest nun, die Verwendung von Alberti-Bässen in Werken bei Mozart und Beethoven seien nur verkaufsstrategisch begründet. Das hieße, sie sind keine Teile, die notwendig zum Ganzen des Werks gehören. Ihre Wahl ist damit auch nicht durch das Werkganze begründbar, dessen Geschlossenheit wiederum durch eine leitende ästhetische Idee bestimmt ist. Damit unterstellst Du einfach, dass ein Werk von Mozart und Beethoven kein vollständiges und vollkommenes Werk ist, weil es Teile enthält, die keinen konstitutiven Charakter für den Werkaufbau haben, sondern im Grunde beliebig austauschbar sind, weil ihre Wahl nicht durch musikalische, sondern außermusikalische Gründe erfolgte. Das ist auch kein Zufall, weil Du ästhetische Betrachtungen anzustellen ja für "geisteswissenschaftlichen Quatsch" ansiehst. Du verabsolutierst einfach eine bestimmte ästhetische Idee genau wie Glenn Gould, für den es nichts gibt außer Bachs Fugengeist, was musikalische Substanz hat. Dann stellst sich natürlich die Frage erst gar nicht, welche spezielle ästhetische Idee für die Wahl eines musikalischen Mittels wie den Alberti-Bässen verantwortlich ist, wodurch diese Wahl eben mehr als nur verkaufsstrategisch begründet wäre. In einer Barock-Ästhetik bzw. genauer der ästhetischen Idee der Fuge sind freilich Alberti-Bässe nicht ästhetisch begründbar. Nur ist das, was Mozart und Beethoven schreiben und schreiben wollten, nunmal keine Barockmusik! Damit steht und fällt letztlich alles!


    Schöne Grüße

    Holger

  • Gould konnte bezeichnend mit der Chromatischen Phantasie von J. S. Bach gar nichts anfangen, er mochte das Stück nicht. Zweifellos hat er wie kaum Jemand Sinn für Bachs Fugenkunst, aber das ist auch im Hinblick auf J.S. Bach ein sehr verengter Blick.

    Dass Goulds Ansichten über Bach und seine Fugenkunst einen sehr verengten Blick zeigen, wird von mir zu keiner Sekunde bestritten. Ich teile diese Ansichten höchstens teilweise, ansonsten: Ablehnung.


    Und bei Nägeli hast Du ein bisschen gegoogelt, von dem Du ansonsten aber nichts verstehst. Ausgerechnet Nägeli! Für ihn sind nämlich ästhetische Urteile nicht subjektiv, sondern objektiv und normativ.

    Bei Nägeli habe ich es nicht nötig zu googeln. Mir liegt sein Werk "Vorlesungen über Musik", Cotta 1826 im Original vor. Wer hier "nichts versteht" bedürfte jedoch einer Klärung. Du solltest einmal das Kapitel "VI. Geschichte der Instrumentalmusik, Fortsetzung" von Seite 157 bis 169 durchlesen. Da geht es um Mozart (und die "Vollkommenheit" seiner Instrumentalwerke): bei aller Anerkennung seines Genies (incl. "Geniefehler") wird sein Kompositionsstyl gnadenlos verrissen, gipfelnd in dem Schlusssatz "Er war zu eilfertig, wo nicht zu leichtfertig, und componierte, wie er war"! Gut, man mag einige seiner Kritiken als zeitbedingte "Korintenkackerei" bezeichnen, das normative Gesamturteil bleibt.

    Nun kommen wir zum Albertigedudel: du übersiehst sehr planvoll, dass es zu Zeiten Mozarts, Haydns (weniger Beethovens) Komponisten gab, die genau diese Dudelei BEWUSST nicht eingesetzt haben, sich vehement gegen dieses "Geklimper" ausgesprochen haben. An deren Spitze steht CPE Bach, aber auch Müthel, Benda, Häßler, Türk, uvam. Alle haben (bis auf wenige Ausnahmewerke) sich den "Fugenkünsten" nicht hingegeben. Ob das alles genial war sei dahingestellt. Nicht erstaunlich, berühmt (voirnehmlich im Norden) zu ihren Lebenszeiten, sind sie bis heute in der Versenkung verschwunden. Warum? Nicht genial? Oder zu "kompliziert" für den "Klassikmassengeschmack"? Oder leiden wir alle unter einer seit langem bestehenden "Heroenverehrung"?

    Damit gewinnt das Verkaufsargument wieder an Bedeutung.

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Oder leiden wir alle unter einer seit langem bestehenden "Heroenverehrung"?

    :yes:

    Leider empfinden dann viele Klassikliebhaber sofort alle Mozart-Zeitgenossen außer vielleicht Gluck und Haydn als sehr schwach. Ich glaube aber nicht, dass das etwas mit Alberti-Bässen zu tun hat.

  • Dass Goulds Ansichten über Bach und seine Fugenkunst einen sehr verengten Blick zeigen, wird von mir zu keiner Sekunde bestritten. Ich teile diese Ansichten höchstens teilweise, ansonsten: Ablehnung.


    Bei Nägeli habe ich es nicht nötig zu googeln. Mir liegt sein Werk "Vorlesungen über Musik", Cotta 1826 im Original vor. Wer hier "nichts versteht" bedürfte jedoch einer Klärung. Du solltest einmal das Kapitel "VI. Geschichte der Instrumentalmusik, Fortsetzung" von Seite 157 bis 169 durchlesen. Da geht es um Mozart (und die "Vollkommenheit" seiner Instrumentalwerke): bei aller Anerkennung seines Genies (incl. "Geniefehler") wird sein Kompositionsstyl gnadenlos verrissen, gipfelnd in dem Schlusssatz "Er war zu eilfertig, wo nicht zu leichtfertig, und componierte, wie er war"! Gut, man mag einige seiner Kritiken als zeitbedingte "Korintenkackerei" bezeichnen, das normative Gesamturteil bleibt.

    Nun kommen wir zum Albertigedudel: du übersiehst sehr planvoll, dass es zu Zeiten Mozarts, Haydns (weniger Beethovens) Komponisten gab, die genau diese Dudelei BEWUSST nicht eingesetzt haben, sich vehement gegen dieses "Geklimper" ausgesprochen haben. An deren Spitze steht CPE Bach, aber auch Müthel, Benda, Häßler, Türk, uvam. Alle haben (bis auf wenige Ausnahmewerke) sich den "Fugenkünsten" nicht hingegeben. Ob das alles genial war sei dahingestellt. Nicht erstaunlich, berühmt (voirnehmlich im Norden) zu ihren Lebenszeiten, sind sie bis heute in der Versenkung verschwunden. Warum? Nicht genial? Oder zu "kompliziert" für den "Klassikmassengeschmack"? Oder leiden wir alle unter einer seit langem bestehenden "Heroenverehrung"?

    Damit gewinnt das Verkaufsargument wieder an Bedeutung.

    Ich habe leider noch nicht die Zeit gefunden, mir Nägeli genauer anzuschauen. Doch prinzipiell ist Nägelis Meinung erst einmal ein - natürlich normatives - Urteil, dass nur, weil es von Nägeli stammt, nicht richtig sein muss. Berühmte Fehlurteile über Kunst gibt es viele - gerade auch von berühmten Dichtern/Künstlern/Musikern über ihre "Kollegen". Dazu bedürfte es einer genaueren Analyse.


    Und zweitens mag es ja sein, dass es viel "Albertigedudel" zur Haydn- und Mozartzeit gab. Was aber eben nicht ausschließt, dass sich Komponisten vom Rang eines Mozart oder Beethoven eines solchen Kunstmittel bedient haben, ohne dabei "Gedudel" zu erzeugen. Wenn Du also behauptet, nur weil Mozart und Beethoven auch Alberti-Bässe verwenden, sei das ordinäres Gedudel wie in der Zeit üblich, hast Du dafür die Beweislast. Ansonsten ist das eine bloße Unterstellung - genauso wie auch die der angeblichen "Heroenverklärung". Es gibt kein musikalisches Mittel, das "an sich" kunstlos ist. Kunstvoll oder kunstlos ist lediglich die Art seines Gebrauchs. Was soll man sonst z.B. über den Gebrauch von rhetorischen Figuren sagen, die über Jahrhunderte abgegriffen sind. Ist deshalb Mahlers Musik auch abgegriffen, nur weil er auch bisweilen solch eine Figur verwendet?


    Schöne Grüße

    Holger

  • weil es von Nägeli stammt, nicht richtig sein muss. Berühmte Fehlurteile über Kunst gibt es viele - gerade auch von berühmten Dichtern/Künstlern/Musikern über ihre "Kollegen".

    Als philosophisch uninteressierter Laie und Tamino muß ich mich fragen, wer nun recht hat. Dr. Kaletha oder Bachianer?

    Eigentlich ist es mir egal. Aber meine Achtung vor den Geisteswissenschaften fördert es nicht. Aber interessant bleibt es allemal, besonders für einen auf Beweise fixierten Naturwissenschaftler.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Doch prinzipiell ist Nägelis Meinung erst einmal ein - natürlich normatives - Urteil, dass nur, weil es von Nägeli stammt, nicht richtig sein muss. Berühmte Fehlurteile über Kunst gibt es viele

    Richtig. Nur, Fehlurteile über Kunst können auch unsere Urteile betreffen.


    Und zweitens mag es ja sein, dass es viel "Albertigedudel" zur Haydn- und Mozartzeit gab. Was aber eben nicht ausschließt, dass sich Komponisten vom Rang eines Mozart oder Beethoven eines solchen Kunstmittel bedient haben, ohne dabei "Gedudel" zu erzeugen.

    Vorsicht! Ich habe nie behauptet, dass die Klavierwerke Haydns und Mozarts Gedudel sind, sondern dass sie den Albertibass (zu) häufig eingesetzt haben, was ich schlicht als kompositorischen Mangel bezeichne Du solltet dir die Frage stellen, warum es z.B. CPEB nicht getan hat, obwohl sie sich alle drei von der "clavieristischen Fugenkunst" eines z.B. JSB verabschiedet haben. Sie waren alle drei Komponisten der Empfindsamkeit, Sturm und Drang, wollten ihre persönlichen Gefühle musikalisch ausdrücken. Schluss mit den polyphonen Künsteleien, Toccatentiraten, uvam. Da trat nun in Europa ein kompositorischer Geschmacksriss auf:

    - südliche Länder: Betonung des Gesanglich - Liedhaftem, deswegen Vermeidung größerer harmonischer Spannungen, Betonung der Melodie.

    - nördliche Länder: Betonung der momentanen, subjektiven Gefühlswelt, deswegen Beibehaltung der harmonischen Spannungen, Melodien konnten schnell zerrissen werden, harmonisch, schroffe Dynamik, Generalpausen.


    Der Albertibass ist ein typisches Produkt der "südlichen" Praxis. Wie kam es dazu?

    - die Zahl der Laienklavierspieler nahm ab ca. 1720 rasant zu, europaweit. Sie brauchten folglich Spielmaterial, gedruckt, die Komponisten mussten liefern unter Berücksichtigung der spielerischen Fähigkeiten der Laien.

    - Die südliche Bevorzugung des Gesanglichen schuf jedoch ein spielerisches Problem. Früher gab es die Gesangsstimme und den Generalbass mit Ziffern. Der Klavierspieler hatte nichts weiteres zu tun, als die Ziffern harmonisch anzuschlagen (war er etwas geübter, hat er etwas mehr daraus gemacht). Doch nun war aus der Gesangsstimme die rechte Hand des Spielers geworden, was tun mit der Linken? Mit einem Tonanschlag den harmonischen Wechsel angeben? Das war zu wenig, also wurde der dieser Akkord in Einzelnoten aufgelöst, die Harmonie bis zum Wechsel beibehaltend. Über einige wenige Takte ist das eine passable Lösung, nicht jedoch über längere Passagen. Dann wird es leider zum Gedudel.

    Die "Nordkomponisten" hatten dieses Problem nicht, weil das Gesangliche nie überbetont wurde, s.o.

  • Vorsicht! Ich habe nie behauptet, dass die Klavierwerke Haydns und Mozarts Gedudel sind, sondern dass sie den Albertibass (zu) häufig eingesetzt haben, was ich schlicht als kompositorischen Mangel bezeichne

    Wenn Du behauptest, dass die Verwendung des Alberti-Basses an sich einen "Kompositorischen Mangel" darstellt, dann ist das leider eine - nicht wirklich triftig begründete - Generalisierung. Dann musst Du zeigen können formanalytisch, warum der Kopfsatz von Beethovens Klaviersonate op. 110 wegen der dort verwendeten Alberti-Bässe kompositorisch mangelhaft ist. Und da sage ich jetzt: Weil Dir das nicht gelingen wird, ist Deine generalisierende Bemerkung nicht wirklich begründet. Ansonsten finde ich Deine historischen Ausführungen ganz interessant.

    Du solltet dir die Frage stellen, warum es z.B. CPEB nicht getan hat, obwohl sie sich alle drei von der "clavieristischen Fugenkunst" eines z.B. JSB verabschiedet haben.

    Es gibt doch zwei Möglichkeiten, das "Albertigedudel" zu vermeiden: Entweder man verwendet keine Alberti-Bässe oder man findet eine kunstvolle Form der Verwendung, die sich von dem Trivialgebrauch der üblichen Gebrauchsmusik deutlich abhebt. Diese zweite Möglichkeit ziehst Du bezeichnend gar nicht erst in Betracht. Man kann doch Mozart oder Beethoven nicht einfach unterstellen, dass sie, nur weil sie auf die Verwendung von Alberti-Bässen nicht generell verzichten, sie deshalb keinen Anstoß genommen hätten an einer solchen Kompositionspraxis.


    Da geht es um Mozart (und die "Vollkommenheit" seiner Instrumentalwerke): bei aller Anerkennung seines Genies (incl. "Geniefehler") wird sein Kompositionsstyl gnadenlos verrissen, gipfelnd in dem Schlusssatz "Er war zu eilfertig, wo nicht zu leichtfertig, und componierte, wie er war"! Gut, man mag einige seiner Kritiken als zeitbedingte "Korintenkackerei" bezeichnen, das normative Gesamturteil bleibt.

    Ich habe mir das wie gesagt noch nicht genau angeschaut, aber kann dazu gleichwohl schon einmal etwas sagen. Eine Werkanalyse und Formanalyse im modernen Sinne gibt es zur Zeit von Nägeli noch nicht. Die entsteht erst im Laufe des 19. Jhd. Nägeli knüpft hier, wenn er sich über den "Kompositionsstyl" auslässt, an die alte und lange Tradition der musikalischen Rhetorik an. Die Problematik der musikalischen Form ist dort gleichgesetzt mit einer Gattungslehre und der Betrachtung von verschiedenen Stilarten. Anders als die moderne Werk- und Formanalyse ist diese Betrachtung nicht individualisierend, sondern generalisierend. Genau das ist aber der wunde Punkt. Es wird nicht die Verwendung solcher kompositorischer Mittel in Bezug auf ein ganz bestimmtes Werk erörtert, sondern diesbezüglich unbestimmt auf alle möglichen Werke bezogen, eben den Schreibstil des Komponisten als eine typische Allgemeinheit, die sich überall, egal was er komponiert, in derselben Weise zeigen soll. Diese Art der Analyse von Musik ist - das muss man einfach sagen - veraltet und fragwürdig. Die Musiktheorie von heute muss allgemeine Aussagen mit Blick auf eine Analyse des einzelnen, individuellen Werks bewähren und ausweisen können. Sie kann sich nicht mit solchen vagen Typisierungen begnügen. Entsprechend sind solche Aussagen über die Qualität der Kompositionen von Mozart überhaupt alle nicht wirklich triftig begründet nach heutigen Maßstäben.


    Schöne Grüße

    Holger

  • Wenn Du behauptest, dass die Verwendung des Alberti-Basses an sich einen "Kompositorischen Mangel" darstellt, dann ist das leider eine - nicht wirklich triftig begründete - Generalisierung.

    Hallo Holger,

    alle Menschen, auch geniale Komponisten, haben ihre menschlichen Mängel, Schwächen, sei es im Umgang mit der Mitwelt, bei der Arbeit, etcetc. Das ändert nichts an ihren (meist) genialen "Produkten". Das gilt auch für Bach, Mozart Beethoven.

    Der Albertibass ist, über einige Takte eingesetzt, ein durchaus legitimes, harmonisches Bassfundament um z.B. ein gesangliches Thema vorzustellen, aber bitte nicht über zig Takte /mehrere Seiten. Muster-Negativbeispiel: die "Sonata facile", KV 545, 2. Satz: Andante. Dort wird der Spieler/Hörer 105 Takte fast ununterbrochen mit diesen Bässen beschäftigt, aus meiner Sicht eine Zumutung, also eine menschliche, kompositorische Schwäche/Mangel. Man könnte das als Arbeitsunlust/faulheit bezeichnen.

    Kennst du die "Sonaten mit veränderten Reprisen" von CPEB? Dort zeigt CPEB exemplarisch, wie Wiederholungen verändert werden können, ohne ihren Grundcharakter zu schädigen. Er hat das so exemplarisch vorgeführt wissend, dass Spieler von sich aus Wiederholungen spielerisch verändern und dabei auch musikalischer "Mist" rauskommen kann.

    Also Haydn, Mozart, Beethoveninterpreten: ran an die Arbeit....aber gut nachdenken!

    Mozart war, ist und bleibt ein genialer Komponist.

    Grüße

    Bachianer

  • Wirklich toll fand ich Neville Marriner mit der Academy of St. Martin in the Fields. Ein englisches Orchester mit einem britischen Dirigenten ist vielleicht bei dieser Musik genau das Richtige! Hast Du Marriner? Und welche Ausgaben gibt es da?

    Lieber Holger,


    meines Wissens gibt es deren zwei, und die sind beide bei mir vorhanden:

    Nachtmusik/Divertimenti 136-38  MOZART: Eine kleine Nachtmusik KV 525, Les Petits Riens, Overtures, Etc. /  Academy of St. Martin in the Fields, Marriner - Mozart, Wolfgang Amadeus,  Sir Neville Marriner, Academy of St. Martin in


    und zwar in dieser Ausführung. Es gibt die Aufnahmen aber auch in diversen anderen Kopplungen.

    Ich habe mir beide Versionen inzwischen zu Gemüte geführt und muß sagen, beide sind wohlgelungen und bestätigen Deine Annahme, daß Marriner und seine Academy ganz ausgezeichnet musizieren. Ich persönlich würde die EMI-Aufnahme (von 1977) noch um einen Tick vorziehen. Sie ist noch schlanker und transparenter gelungen als die von DECCA, die 1972 aufgenommen wurde.

    Nun muß ich gestehen, daß ich beide CDs seinerzeit nicht wegen der "Kleinen Nachtmusik" gekauft habe (die ich in mindestens 15 Versionen im Schrank habe), sondern wegen der "Zugaben". Vor allem begeistert mich immer wieder die Ballettmusik zu "Les petits riens" (die kleinen Nichtigkeiten:)), da ist ein Stück zauberhafter und bezaubernder als das andere. Und die Academy legt eine tolle Spielfreude an den Tag, an dieser an sich nicht sonderlich bedeutenden Musik kann ich mich nicht satthören. Ich besaß davon schon die ursprüngliche LP-Ausgabe:

    Mozart - Neville Marriner Conducting The Academy Of St.  Martin-in-the-Fields – Les Petits Riens Et Quatre Ouvertures (1972, Vinyl)  - Discogs

    Die oben rechts abgebildete EMI-CD enthält übrigens noch die Ouvertüren zu "Il re pastore", "La finta semplice", "Lucio Silla" und "Der Schauspieldirektor", sowie eine ganz hinreißende "Schlittenfahrt" (KV 605 Nr. 3),

    während die DECCA-CD außer der "Serenata notturna" noch mit den drei Divertimenti KV 136-138 aufwartet, die ich ebenfalls ganz reizend finde und immer wieder gerne höre.

    Vielleicht hat auch Alfred Einstein diesen "Mythos" selber verbreitet?

    Nichts Genaues weiß man nicht. In der englischen Wiki habe ich aber noch folgenden Passus zu dieser Frage gefunden:


    While one source (1980) lists Alfred as a cousin of the scientist Albert Einstein,[2] another claims (1993) that no relationship has been verified.[3] Some websites claim they were both descended from a Moyses Einstein seven generations back, hence they were sixth cousins.[4] In 1991, Alfred's daughter Eva stated that they were not related.[5] On the other hand, she wrote in 2003 that they were fifth cousins on one side, and fifth cousins once removed on the other, according to research by George Arnstein. They were photographed together in 1947 when Albert Einstein received an honorary doctorate from Princeton, but they did not know that they were distantly related.


    Es gibt sogar eine deutsche Übersetzung:(:


    Während eine Quelle (1980) Alfred als Cousin des Wissenschaftlers Albert Einsteinauflistet, behauptet[2] eine andere (1993), dass keine Beziehung verifiziert wurde. [3] Einige Websites behaupten, dass sie beide von einem Moyses Einstein vor sieben Generationen abstammen, daher waren sie Cousins sechsten Grades. [4] 1991 erklärte Alfreds Tochter Eva, dass sie nicht verwandt seien. [5] Auf der anderen Seite schrieb sie 2003, dass sie auf der einen Seite Fünfte und auf der anderen Seite Cousins fünften Grades waren, die einmal entfernt wurden, so die Forschung von George Arnstein. Sie wurden 1947 zusammen fotografiert, als Albert Einstein die Ehrendoktorwürde von Princeton erhielt, aber sie wussten nicht, dass sie entfernt verwandt waren.


    Diese (Computer-) Übersetzung ist zwar grauenhaft. Ich habe sie einfach so übernommen und denke, man versteht, was damit gemeint ist. Doch besser hält man sich ans englische Original.

    Auch damit sind letzte Zweifel nicht ausgeräumt, aber es scheint so, daß die Verwandtschaft mit Albert Einstein nicht so eng war wie ursprünglich angenommen.


    LG nach Münster,

    Nemorino :hello:

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Lieber remorino,


    ich habe gerade nachgeschaut: Sir Neville Marriner hat das Werk mit der Academy of St Martin in the Fields sogar sage und schreibe dreimal eingespielt.


    - St John's, Smith Square, London, 10/1970 (Decca)

    - Abbey Road No. 1 Studio, London, 1 & 10/1976 (EMI)

    - St John's, Smith Square, London, 11/1985 (Philips)


    Letztere sah ursprünglich so aus:



    Da kann man wirklich durcheinander kommen!


    Beste Grüße

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Da kann man wirklich durcheinander kommen!

    Lieber Joseph II.,


    danke für den Hinweis, die PHILIPS-Aufnahme hatte ich in der Tat nicht auf dem Schirm. Doch ich denke, daß man diese dritte Version nicht unbedingt haben muß, es sei denn, man will die Nachtmusik von Marriner partout digital hören. Schon die von mir genannten beiden Aufnahmen unterscheiden sich musikalisch nur minimal.


    Also hat Marriner die "Nachtmusik" insgesamt dreimal aufgenommen. Immerhin nicht ganz so inflationär wie Karajan, der es mindestens auf 5 Einspielungen gebracht hat (siehe meinen Eintrag #88).


    Die von Dir in Beitrag 89 genannte Böhm-Aufnahme mit den Wiener Philharmonikern habe ich auch, in der gezeigten "Galleria"-Ausgabe. Sie ist klanglich natürlich viel opulenter als die alte Mono-Fassung mit den Berliner Philharmonikern, mit der ich das Werk vor vielen Jahren erstmals gehört habe.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

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