Giuseppe Verdi: Don Carlos

  • Mein Gott seid ihr gestrenge!


    Wie schön, dass ihr so präzise wisst, wie Philipp anzulegen ist, und wie Furlanetto daneben liegt - um nicht zu sagen völlig fehlbesetzt ist!



    Schlichte Gemüter wie ich werfen zuerst einen Blick ins Geschichtsbuch, bevor ich zu schimpfen beginne. Philipp II. war zum Zeitpunkt des Todes von Don Carlos 41 Jahre alt. Am Ende der Oper ist Don Carlos aber noch recht lebendig und Furlanetto war damals 37. Philipp war als der "düstere König" bekannt. Er trug immer Schwarz und war ein Mensch von "undurchdringlicher Ruhe und Gelassenheit". Er war ganz sicher kein bedrohlicher Wüterich!


    Auch wenn es klar ist, dass weder Schiller noch Verdi auf besondere historische Treue aus waren, spricht nichts dagegen, sich an äußere Rahmenbedingungen zu orientieren. Und das gelingt dieser Inszenierung für mich ganz vorzüglich. Auch musikalisch weist nichts darauf hin, dass Philipp ein bedrohlicher Charakter ist, sein großer Monolog weist geradezu auf das Gegenteil hin. Gefährlich ist er durch die Macht, die er ausübt, nicht als Charakter per se!


    Man ist natürlich durch entsprechende Beispiele ein wenig konditioniert und erwartet sich von der Szene Philipp-Großinquisitor geradezu ein vokales Duell zweier Baßorgeln. Aber Auseinandersetzungen müssen nicht nur über die Lautstärke geführt werden. Furlanetti ist längst nicht so schlecht wie behauptet, kann aber gewisse Erwartungshaltungen nicht erfüllen. Das ist jedoch auch ein Problem der Erwartenden, aber von einer Fehlbesetzung kann ich auf keinen Fall reden. Und ich opfere gerne die eine oder andere Dimension in der Zeichnung eines Charakters, wenn die restlichen in Ordnung sind.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Lieber Theophilus,


    ich schätze Deine Meinung immer sehr, danke, daß Du Dich dazu äußerst! :hello:


    Das Grundproblem beim Don Carlo(s) - wie auch wohl jeder anderen Oper - ist, daß sie von der historischen Vorlage immer abweicht, meistens sogar grob.


    Natürlich könnte man jetzt hergehen und schließen, daß das Ganze im Jahre 1568 (Todesjahr des Don Carlos) sich abspielt, wo der König in der Tat 41 war. Aber bei Schiller heißt es (soweit mich meine Erinnerung nicht trügt) bereits, daß der König 60 Jahre alt sein soll - und ich denke, daß Verdi sich auch einen (für damalige Verhältnisse zumindest) alten Mann vorstellte - also den König Philipp, wie er etwa zum Zeitpunkt der Niederlage (nebenbei: von "Untergang" zu sprechen, halte ich für verfehlt) der Armada [1588] sich präsentierte.


    Das Bild Philipps II. ist natürlich sehr verzerrt worden durch Schiller und auch Verdi; dennoch passt wohl der späte, total asketische, weltabgewandte Philipp der 1580er/90er besser ins Drama (und wohl auch in die Oper) als der frühe, der ja durchaus den weltlichen Genüssen nicht immer die Absage erteilte. Ich denke, daß sich Schiller das auch überlegte (er war ja nebenberuflich auch Historiker) und dann zu dem Schluß kam, den König um zwanzig Jahre altern zu lassen.


    Es ist wahr: Philipp II. (übrigens einer der wenigen Habsburger mit einem ausgesprochen starkem Profil: im direkten Vergleich muß selbst sein Vater, der Kaiser, zurückstecken, den er interessanterweise stets als unerreichbares Vorbild ansah; v.a. aber unterliegen seine doch recht farblosen Nachfolger in Spanien, Philipp III., Philipp IV. und Karl II., aber auch der österreichische Zweig des Hauses hat keine vergleichbare Persönlichkeit aufzuweisen - allenfalls den Revoluzzer Joseph II. [von den Ahnen natürlich noch Rudolf I. und Maximilian I.]) war mit Sicherheit kein "Wüterich", selbst die Niederlage im Ärmelkanal nahm er gelassen und wahrhaft königlich zur Kenntnis. Er war ein Mensch, der über den Dingen stand, der das Ideal des weltabgewandten Mönchkönigs m.E. von allen neuzeitlichen Monarchen am ehesten erreichte (sein Vater, Kaiser Karl V., trat zwar ins Kloster ein, aber führte davor ein relativ zügelloses, ausschweifendes Leben: noch 1547 ein uneheliches Kind [Don Juan de Austria], fette Speisen trotz der Gicht etc.). Philipp war (zumindest in seinen späteren Jahren) auch der unnahbare König, zu dem selbst höchste Granden kaum Zutritt erhielten. Kurzum: Es ist vielleicht eher das Phänomen Philipp II., dieses Weltenkönigs, der über dieses gigantische (seit 1580 dank der portugiesischen Erbschaft fast doppelt so große), sich über vier Kontinente erstreckende Reich gebot, das uns fesselt; wohl kein Mensch vor und nach ihm hat über derart viele Menschen absolutistisch (dies sei betont!) regiert. Durch diese Superlative erscheint dann der Gegensatz zu seinem (im Drama und der Oper) freiheitsliebenden, aufsässigen Sohn umso vehementer.


    Ich würde auch davon Abstand nehmen, Herrn Furlanetto als grobe Fehlbesetzung einzustufen. Er spiegelt womöglich den historischen Philipp des Jahres 1568 besser wider als die autoritären, als Referenzen gehandelten Sänger Christoff und Ghiaurov, welche - so finde ich - eher den späten, autoritäreren Philipp (blendend) darstellen.


    Es kommt daher wirklich darauf an, mit welcher Erwartungshaltung man an dieses Werk herangeht. Ich persönlich war leicht enttäuscht vom etwas menschlicheren Philipp Furlanettos - was nicht bedeuten soll, daß ich ihn schlecht fand! Mein Philipp II.-Bild ist (wohl auch durch mein sonstiges lebhaftes Interesse an diesem Monarchen) viel zu subjektiv verzerrt; für mich ist er eben in erster Linie der weltentrückte, unnahbare, auch der menschlichen Züge sich allmählich entledigende (er war etwa die letzten achtzehn Jahre seines Lebens Witwer), an der Schwelle zum Greisenalter stehende Señor del Mundo der Jahre nach 1580.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Außerdem kommt es ja wohl auf das Timbre der Stimme an, ob man dem Sänger die glaubhafte Darstellung eines älteren Mannes abnimmt.
    Das übrige besorgt der Maskenbildner. Der Großinquisitor in Don Carlo ist oft der jüngste Sänger im Ensemble und soll 90 Jahre alt sein. Auf jeden Fall ist die Stimme immer das wichtigste Kriterium für die Interpretation einer Opernrolle. Ich finde Furlanetto überzeugend.
    Ein 60jähriger hätte vielleicht schon seine Schwierigkeiten mit dem Filippo.


    (Cesare Siepi war 27 Jahre alt, als er an der "Met" den Filippo sang. Nicola Rossi Lemeni sang mit 26 jahren in Triest mit großem Erfolg den Filippo.)


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Zitat

    Original von Herbert Henn
    Außerdem kommt es ja wohl auf das Timbre der Stimme an, ob man dem Sänger die glaubhafte Darstellung eines älteren Mannes abnimmt.
    Das übrige besorgt der Maskenbildner. Der Großinquisitor in Don Carlo ist oft der jüngste Sänger im Ensemble und soll 90 Jahre alt sein. Auf jeden Fall ist die Stimme immer das wichtigste Kriterium für die Interpretation einer Opernrolle. Ich finde Furlanetto überzeugend.
    Ein 60jähriger hätte vielleicht schon seine Schwierigkeiten mit dem Filippo.


    :hello:Herbert.


    Gut, dass Matti Salminen bei uns nicht mitliest, denn den habe ich vor einem Monat als in jeder Hinsicht überzeugenden Philipp erlebt ;).
    Felipe hat sicher recht mit der Erwartungshaltung. Ich finde, dass Furlanetto JETZT ein ausgezeichneter König ist, damals, in Salzburg, war er mir viel zu jung, auch im Vergleich zu Carreras, der wesentlich älter wirkte als sein "Vater". Auch vom Timbre her war er mir zu hell, zu jugendlich, inzwischen hat er merklich nachgedunkelt und vor allem auch Bühnenpräsenz entwickelt.
    Aber wie gesagt - alles Geschmackssache! :D
    lg Severina :hello:

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  • Zitat

    Original von Herbert Henn
    Liebe Severina,


    was soll denn ein Bass singen, bevor er für die alten Herren reif ist ?


    :hello:Herbert.


    Alles außer Philipp ;) :D :D
    Lieber Herbert,
    bevor wir jetzt in einer Endlosschleife hängen bleiben, können wir uns bitte darauf einigen, das MIR Furlanetto DAMALS zu jung für diese Rolle war, dass ich aus dieser meiner persönlichen Meinung aber selbstverständlich kein "So-ist-es-Statement" ableiten wollte und ich hiermit den Ausdruck "Fehlbesetzung" feierlich zurücknehme.
    Pace? :angel:
    lg Severina :hello: (Die dieses Thema jetzt als abgeschlossen betrachtet!)


    PS: Was die Inszenierung betrifft - völlige Übereinstimmung mit Alviano, aber das habe ich zu Beginn dieses Threads festgehalten.

  • Während Karajan als Dirigent immer umstritten war, ist er als Regisseur eine einzige Katastrophe gewesen - über szenische Arrangements ist er nie hinausgekommen, oft standen die Leute (auch in diesem erwähnten "Don Carlo") verloren auf der grossen Bühne in Salzburg herum - das hat mit lebendigem Theater absolut nichts zu tun.


    Die Frage, inwieweit gerade der "Don Carlo" sich an der Historie orientieren sollte, wurde weiter oben schon erörtert. Die handelnden Figuren des Schauspiels und der Oper entsprechen nicht den historischen Vorbildern.


    Verdi selbst hat sinngemäss über den "Carlo" gesagt, dass der mit Historie absolut nichts zu tun hat, dass bsplsw. eine Figur wie Posa in dem Regime des Schlächters Filippo II. überhaupt keine Chance gehabt hätte.


    Die Frage nach Filippos Alter ist sekundär, die Glaubwürdigkeit der Darstellung wäre da die wichtigere Frage. Die Figur ist alles andere als eindimensional: neben der unglaublichen Brutalität, die in diesem Charakter steckt, gibt es eben auch die grosse Arie, die einen Einblick in die Seele dieses Menschen erlaubt. Das eine mit dem anderen in Verbindung zu bringen, ist einmal Aufgabe der Regie, aber auch eine Herausforderung für den Sängerdarsteller.


    In Hannover macht das Albert Pesendorfer (am Beginn seiner Sängerlaufbahn Chorist an der Wiener Staatsoper) wirklich gut.


    Also: ich kann nur dazu ermuntern, sich die Vorstellung in Hannover anzuschauen (vielleicht hat Zauberton sie auch schon gesehen?) - sie bietet Diskussionsstoff und ist gewiss nicht langweilig.


    Frage an Theophilus: ist bekannt, warum Wolfgang Bozic nach über 25 Jahren Graz verlassen hat? Mir kommt das nach so langer Betriebszugehörigkeit ungewöhnlich vor.

  • Zitat

    Original von Alviano


    Frage an Theophilus: ist bekannt, warum Wolfgang Bozic nach über 25 Jahren Graz verlassen hat? Mir kommt das nach so langer Betriebszugehörigkeit ungewöhnlich vor.


    Soweit reicht leider mein Insiderwissen nicht. Tatsache ist, dass er 25 Jahre lang 1. Kapellmeister an der Grazer Oper war, aber nie den Sprung zum Musikalischen Leiter schaffte. Diese wurden immer von Auswärts geholt (was vielleicht den Schluss zulässt, dass gerade seine lange Tätigkeit in Graz den endgültigen Aufstieg verhinderte; soweit ich gehört habe, war er beim Orchester recht beliebt). In den letzten ca. 5 Jahren war ja die Wiener Volksoper sein Hauptbetätigungsfeld und der GMD in Hannover ist vermutlich ein beruflicher Aufstieg. Außerdem hat er ja nach wie vor eine Professur an der Grazer Musikhochschule.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Ich war am Samstag tatsächlich auch in der Premiere des Don Carlo in Hannover und kann den positiven Eindruck von Alviano im Wesentlichen bestätigen. Mir fehlt der Vergleich mit der offensichtlich kontrovers aufgenommenen Aufführung aus Frankfurt, in Hannover habe ich aber eine musikalisch wie szenisch gute Umsetzung gesehen.


    Die Aufführung punktete mit einer Regie, die nie aufdringlich, aber auch nie abwesend war. Dass Christof Nel sein Handwerk versteht, wird schon in den ersten Minuten klar: Mit dem warmen Rot des Kleides Elisabettas schwindet das letzte bisschen Farbe aus dem Einheitsgrau. Auch die Machtverhältnisse werden schon beim ersten Auftritt der Hauptpersonen klar gerückt: Posa beugt das Knie vor Carlo, Carlo fällt vor Filippo nieder, der kniet wieder vor dem Gewand Karls V.


    Auch die Autodafé-Szene fand ich gelungen. Das Volk drängt sich in einem hinteren Viertel der Bühne, zusammengepfercht und niedergehalten von den Kreuzen der Inquisition. Dass jeder, der irgendwie etwas verhaltensauffällig war, aus der gleichgeschalteten Menge herausgegriffen werden konnte und dann ohne viel Aufsehen in ein unterirdisches Krematorium geführt wurde, war vielleicht effektvoller als ein großes Spektakel mit lodernden Flammen. Hier wurde klar, worauf es im Spanien Philipps vor allem ankommt: Bloß nicht auffallen. Wer einmal aussortiert wurde, fügt sich in sein Schicksal. Allen ist klar: Es gibt keine zweite Chance. Die Inquisition ist bei Nel tatsächlich nichts anderes als die Inquisition. Dem Regisseur rechne ich es hoch an, dass er hier auf vordergründige Aktualisierungen, für die durchaus Raum gewesen wäre, verzichtet hat. Die Bilder sind auch so stark genug.


    Warum es doch relativ viele Buhs für diese Regie gegeben hat, kann ich nicht so ganz nachvollziehen. Eigentlich war das eine Arbeit, die niemandem groß wehgetan haben dürfte: keine Modernismen, kein belehrender Zeigefinger. Noch dazu hat Nel durch kluge Charakterzeichnung tatsächlich glaubwürdige Menschen auf die Bühne gebracht:


    Sehr gut gefallen hat mir der Posa von Brian Davis. Das war eine gut geführte Baritonstimme mit Kern und einigen schön ausgeführten Trillern. Vom vokalen Standpunkt für mich die beste Leistung des Abends. In der Inszenierung ist Posa fast ständig auf der Bühne und treibt sich im Hintergrund herum. Er kennt die Nöte aller anderen Protagonisten, wirkt aber unentschlossen und ohnmächtig. In seinen aktiven Momenten handelt er immer erst nach längerem Abwarten, kurz bevor es zu spät ist: im nächtlichen Garten gegen die von Carlo zurückgewiesene Eboli und bei der Entwaffnung des Prinzen beim Autodafé. Als dann im Kerker der Mörder erscheint, wirft er sich der Kugel entgegen. Das wirkt, als hätte er schon länger auf die Gelegenheit gewartet.


    Albert Pesendorfer hat in Hannover inzwischen schon ziemlich viel aus dem schwereren Bassfach gesungen. Dabei hat er immer solide Leistungen abgeliefert, ist aber meines Erachtens auch selten darüber hinaus gekommen. Als Filippo hat er mich nun positiv überrascht. Da stand ein echter Machtmensch auf der Bühne, der es sich in nur ganz seltenen Momenten - insbesondere wenn es um Posa geht - etwas Sensibilität leistet. Aber spätestens als sich in der letzten Szene der Mönch als Karl V zu erkennen gibt und sich Filippo über die Treppe flüchtet, wird klar, dass dieser König genauso viel Angst hat wie seine Untertanen. Stimmlich war Pesendorfer der Aufgabe voll gewachsen. Er singt die Partie tatsächlich und verzichtet auf pseudo-herrisches Brüllen oder Bellen. Großen Beifall erhält er zur Recht für seine schön gesungene Arie im dritten Akt.


    Machtvoll tönten auch der Inquisitor von Stefan Kocán und der Mönch von Young Myoung Kwon. Hier stimmte das Kräfteverhältnis zum Philipp. Auch Elisabetta und Eboli überzeugten mit großem stimmlichem und darstellerischem Einsatz. Brigitte Hahn und Khatuna Mikaberidze gingen sichtbar und hörbar auf in ihren Rollen. Dass sie rein stimmlich nicht ganz mit den tiefen Männerstimmen mithalten konnten, verzeiht man bei so viel Engagement gerne.


    Robert Chafin als Carlo war da etwas schwächer. Die Höhe klingt heiser und etwas zu sehr nach harter Arbeit. Außerdem hatte ich den Eindruck, dass die Regie mit der Figur des Carlo nicht so richtig viel anfangen konnte. Eine Vater-Sohn-Beziehung zu Philipp scheint nicht zu existieren. Die beiden wirken schon von Anfang an so entfremdet, dass es im Laufe der Handlung kaum mehr Konfliktpotential gibt. Auch im Verhältnis von Carlo zu Elisabetta gibt es wenig Entwicklung. Im Duett im letzten Akt stehen beide fast schon statuarisch auf der Bühne, sehen sich nicht einmal an. Meines Erachtens wäre da etwas mehr möglich gewesen.


    Wolfgang Bozic am Pult beweist einen Sinn für die dramatischen Momente, ohne aber den Fluss der Musik zu gefährden. Wie schon zuletzt beim Peter Grimes hat mir das recht gut gefallen.


    Also insgesamt auch von mir eine Empfehlung für die Hannoveraner Umsetzung von Verdis großer Oper.

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  • Hallo Zauberton,
    ich kann natürlich aus der Ferne und ohne Kenntnis der Inszenierung nicht beurteilen, ob Carlos vom Regisseur wirklich im Stich gelassen worden ist, aber eine Vater-Sohn-Beziehung erkenne ich zwischen Philipp und Carlos eigentlich überhaupt nicht: Philippe misstraut seinem Sohn, sieht in ihm einen Rebellen, den man möglichst von der Macht fern halten muss (Bestätigt wird er darin von der Inquisition, die im Infanten das "Gift der Neuerer", wie's bei Schiller so schön heißt, fürchtet) Umgekehrt ist für Carlos der Vater der Mann, der ihm seine Verlobte gestohlen hat, der Elisabeth sichtlich unglücklich macht, der all das repräsentiert, was ihm verhasst ist - eine Beziehung zwischen den beiden scheint mir nur schwer möglich. Da ist nichts als ein Abgrund.


    Ich glaube, Buhs für das Regieteam gehören schon fast zum Ritual bei einer PR, ich wundere mich auch immer wieder.... X( X( X(
    lg Severina :hello:

  • Hallo Zauberton,


    hab ichs doch geahnt, dass Du auch in der Premiere warst :D.


    Zitat

    Warum es doch relativ viele Buhs für diese Regie gegeben hat, kann ich nicht so ganz nachvollziehen


    Das hat mich auch überrascht. Vielleicht haben diese Leute mehr prunkvolles Interieur und schöne Kostüme erwartet. Allerdings denke ich schon, dass jemand, der die Qualität der Personenführung von Christof Nel nicht erkennt, ein etwas befremdliches Theaterverständnis an den Tag legt.


    Mir hat die Detailfreude in der Regie sehr gefallen - Lerma ist manchmal eine Figur, die gar nicht auffällt, in dieser Inszenierung wird sich vermutlich jeder Zuschauer an diese Rolle erinnern.


    Zitat

    Sehr gut gefallen hat mir der Posa von Brian Davis. Das war eine gut geführte Baritonstimme mit Kern und einigen schön ausgeführten Trillern. Vom vokalen Standpunkt für mich die beste Leistung des Abends


    Die Einschätzung teile ich. Eine ausgeglichene, runde Stimme, klar foksusierte Töne, unangestrengt in der Höhe, leicht metallischer Kern, hat mir auch gut gefallen.


    Zitat

    Dabei hat er (Albert Pesendorfer) immer solide Leistungen abgeliefert, ist aber meines Erachtens auch selten darüber hinaus gekommen.


    Genau so ist es. Seinen Landgrafen fand ich mittelmässig - und war deshalb von seinem Filippo angenehm überrascht. "Ella giammai" ist ihm gut gelungen - und insgesamt würde ich sagen, dass ich an grösseren Häusern diese Partie schon schlechter gehört habe. Darstellerisch fand ich den auch richtig gut.


    Zitat

    Eine Vater-Sohn-Beziehung zu Philipp scheint nicht zu existieren.


    Tut sie tatsächlich nicht, da hat severina recht. Carlo bleibt im ersten Teil in Hannover darstellerisch tatsächlich etwas blass, das wird aber später dann besser. Kerkerszene z. B. oder dann im letzten Akt.


    Ich fand dieses Schlussduett Elisabetta - Carlo auch gelungen. Da gibts nämlich keine Liebe zwischen den beiden, deshalb gibt es da keine Blicke oder entsprechende Berührungen. Elisabetta ist fertig und Carlo hat seinem toten Freund das blutige Hemd ausgezogen und gibt es anscheinend nicht mehr her.


    Mir haben diese dreieinhalb Stunden wirklich Spass gemacht und ich denke, es ist ein schöner Erfolg für die Niedersächsische Staatsoper.

  • Hallo,


    dem Newsletter der Staatsoper Hamburg entnehme ich, daß die allseits gepriesene Inszenierung von Peter Konwitschny wieder aufgenommen wird. Dort kann man u.A. lesen:


    "Die Wiederaufnahme ist hochkarätig besetzt: unter der Musikalischen Leitung von Philippe Auguin singen unter anderen Peter Rose (Philippe II), Jean-Pierre Furlan (Don Carlos), George Petean (Rodrigue), Rachele Stanisci (Elisabeth), Michelle Breedt (Prinzessin Eboli), Tim Mirfin (Mönch) und Harald Stamm (Großinquisitor).


    Vorstellungen: 21. und 27. Februar sowie 2., 9. und 22. März, 17.00 Uhr"


    Gruß,


    Matthias

  • Am 21.02.08 bin ich in der Vorstellung gewesen. Ein wunderbarer Abend war das!


    Teile des Publikums waren nicht gefasst auf das, was sie je nach Sichtweise erleben durften oder mussten. Dabei waren doch extra Zettel ausgelegt worden, deren Inhalt ich den Taminos nicht vorenthalten möchte:


    "Sehr geehrte Damen und Herren,


    zur heutigen Vorstellung wird König Philipp II. persönlich in der Staatsoper erscheinen, um an dem großen Autodafé teilzunehmen, das wir exklusiv für Sie arrangiert haben. Um einen reibungslosen Ablauf dieses Ereignisses zu gewährleisten, ersuchen wir Sie um die Beachtung folgender Hinweise:


    1. Sie können das Geschehen bis zum Eintreffen des Königs bequem in den Foyers auf den Mediascreens verfolgen. Wenn Sie Wert darauf legen, in den vollen Genuss der Musik zu gelangen, steht es Ihnen frei, mit Beginn der Musik im Zuschauerrauhm Platz zu nehmen.


    2. Die Musik wird etwa 5 Minuten nach der dritten Ansage beginnen.


    3. Wir bitten Sie, spätestens nach dem Eintreffen des Königspaars in den Zuschauerraum zu gehen und sich zu setzen.


    4. Bitte suchen Sie nicht nach Ihrem eigenen Platz, sondern setzen Sie sich, wo Sie einen freien Platz finden. Die zuerst Kommenden sind gehalten, in der Reihe bis zur Mitte zu gehen.


    5. Unmittelbar nach dieser Szene tritt eine zweite Pause von 25 Minuten ein. Sie werden also ausreichend Gelegenheit haben, Ihren Platz bi zum Beginn des vierten Aktes wieder einzunehmen.


    6. Der König wird, wenn er die Bühne erreicht hat, eine kurze, aber wichtige Ansprache halten. Bitte bewahren Sie von diesem zeitpunkt bis zum Ende der Festlichkeit dem Ernst des Geschehen angemessene Ruhe im Zuschauerraum


    Wir danken für Ihr Entgegenkommen."


    Womöglich ist der Inhalt des Zettels nur von demjenigen zu verstehen, der weiß, was kommt. Vielleicht hatten auch nur Viele diesen Zettel nicht gelesen. Jedenfalls gab es erstaunlich viele Besucher, die nicht wussten wohin, als der Trubel begann: Zunächst wurden Gefangene durch die Gänge geprügelt, begleitet von der Presse. Das guckten sich alle an. Dann wurde auf der Bühne gesungen, also ging die Mehrheit dorthin. Als nächstes zog im Foyer der König ein, also dorthin? Aber der Chor singt doch, da kann man doch nicht... Viele bekamen den Sinn des Ganzen nicht richtig mit, weil sie auf ihren Plätzen saßen und sich wunderten.


    Ich hatte es besser, hatte ich mich doch wohlweislich an der offenen Eingangstür zum Parkett platziert, hatte also sowohl Blick auf das Foyer als auch auf die Bühne. Wie gut meine Platzwahl war, zeigte mir die Tatsache, dass, wie mir dann auffiel, Jean-Pierre Furlan, der Sänger des Don Carlos, neben mir stand und ebenfalls auf das Eintreffen des Königs wartete.


    Trotz dieser Schwierigkeiten reagierte der Großteil des Publikums ausgesprochen positiv auf das soeben und dann während des Autodafés Gebotene inklusive der auf den Hintergrund der Bühne projizieten Kriegsbilder samt abgeschlagener Köpfe und der vom vierten Rang herabregnenden Bilder ähnlich grausamen Inhalts - die, welche auf der Bühne Don Carlos verteilte, um die Kriegsfolgen in Flandern zu veranschaulichen.


    Nur das Hinsetzen klappte nicht. Sehr viele Zuschauer blieben einfach für die Zeit des Autodafés an den Seiten stehen. Hanseaten mögen sich eben nicht auf fremde Plätze setzen.


    Durch die durcheinander gebrachte Sitzordnung veranlasst folgte eine zweite 25-minütige Pause. Mir war die Pause zu lang, war doch gerade vor dem Autodafé eine halbstündige Pause gewesen, so dass aufeinander folgten: 30 Minuten, recht kurzes Autodafé, 25 Minuten Pause.


    Konwitschny hat sich wohl gewünscht, dass die Besucher über das Gesehene diskutieren, vielleicht sogar streiten. Das klappte nicht bei jedem. So hörte ich einen offensichtlich von dem Gesehenen kalt gelassenen Mann zu seiner Frau gelangweilt sagen: "Und jetzt? Noch ein Sekt?" Traurig, wenn das alles ist, was ihm dazu einfällt.


    Einhellig bejubelt wurde sodann das "Ballett". Ebolis Traum brachte den Sängern sichtlich riesigen Spaß. Das Lachen befreite.


    Sängerisch, das möchte ich kurz erwähnen, wussten vor allem zu gefallen Peter Rose als Philipp II. - obwohl als etwas indisponiert angekündigt; ihn habe ich in letzter Zeit häufiger gehört, immer mit Hochgenuss, großartig vor allem sein Claggart im Billy Budd -, George Petean als Posa - eine herrliche Stimme, die in der Höhe leider etwas verliert - und Michelle Breedt als Eboli - die allerdings für diese Rolle fast schon zu sympathisch rüberkam.


    Etwas betrübt hat mich, dass die Oper bei weitem nicht so gut gefüllt war, wie der Abend es verdient gehabt hätte. Das mag aber auch daran gelegen haben, dass nicht jedermann an einem Donnerstag von 17 bis 22 Uhr in der Oper sitzen mag oder kann.


    Mir bleibt also nur, mich der Einladung von Matthias anzuschließen und zu sagen: Geht hin, es lohnt sich!


    Viele Grüße
    Thomas

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  • Lieber Liebestraum,


    Zitat

    Original von Liebestraum
    Das ist so ein Schwachsinn: Verdi routiert in seinem Grab!


    Dann lies doch noch mal diesen Thread, und sieh Dir das Ganze auf DVD an (ja, es gibt von dieser Konwitschny Inszenierung eine DVD aus der Wiener Staatsoper! Sehr zu empfehlen!), und vergleiche, wie wir das hier mit den unterschiedlichen Inszenierungen getan haben...


    Ich denke, dann kannst auch Du zu einer anderen Aussage kommen...


    Gruß,


    Matthias

  • Zitat

    Original von Liebestraum
    Das ist so ein Schwachsinn: Verdi routiert in seinem Grab!


    Lieber Liebestraum, WAS findest du an dieser Inszenierung schwachsinnig???
    Ich dachte eigentlcih, wir seien inzwischen hier zu einem Konsens gekommen, nämlcih dem, dass man seine Meinungen zumindest im Ansatz begründet...... ?(


    Lieber Thomas, schön, dass du das nun live sehen konntest! Wenngleich mir manches nciht gefallen hat,(siehe Thread, will mich nciht wiederholen) eine serh faszinierende Sicht, die ich leider nur von DVD kenne.


    F.Q.

  • Lieber Thomas!
    Jammerschade, dass es bei uns in Wien diesen Zettel mit der "Gebrauchsanweisung" für das Autodafé nicht gegeben hat, dann wäre das Chaos vermutlich kleiner gewesen. Oder auch nicht, denn wahrscheinlich hätten die meisten ihn ebenso wenig gelesen wie die lieben Hanseaten.
    Ansonsten volle Übereinstimmung - ich liebe diese Inszenierung und freue mich schon auf den Juni, wo sie wieder auf unserem Spielplan steht.
    lg Severina :hello:

  • Hallo!


    Ich suche eine gute Aufnahme der letzten, der Modena-Fassung (fünfaktig und italienisch).


    Ich kann leider nicht immer nachvollziehen, welche hier erwähnte Aufnahme sich auf welche Fassung bezieht.
    Stimmt es, daß mit "Don Carlos" stets eine französische Fassung gemeint ist, mit "Don Carlo" stets eine italienische?
    Bei JPC werden die beiden Begriffe ja durcheinandergeschmissen, das hilt mir zur Orientierung gar nicht. Im TMOO kann ich leider auch die jeweilige Fassung der vorgestellten Aufnahmen nicht erkennen.


    Kann mir also bitte jemand, der sich da auskennt, Aufnahmen der letzten Fassung empfehlen? Haben Giulini oder Solti die letzte Fassung in ihren berühmten Aufnahmen aufgenommen?
    (falls die Frage hier im thread, den ich nicht komplett gelesen habe, schonmal geklärt wurde, reicht auch ein Link auf den Beitrag)


    Toll fände ich es, wenn jemand die sieben verschiedenen Fassungen benennen könnte. Ich weiß bislang von vieren: Französische Urfassungen mit oder ohne den kurz vor der Premiere gestrichenen Szenen (beide 1867), Mailänder Fassung (1884) und Modena-Fassung (1886).


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Zitat

    Original von Pius


    Toll fände ich es, wenn jemand die sieben verschiedenen Fassungen benennen könnte.



    Lieber Pius,



    das ist hier schon geschehen.



    Die durchwegs empfehlenswerten Aufnahmen von Santini (DGG, leider vergriffen), Solti (Decca) und Giulini (EMI) sind alle in der fünfaktigen italienischen Fassung.



    LG, Elisabeth

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  • Hallo Elisabeth!


    Zitat

    Original von Elisabeth
    das ist hier schon geschehen.


    Danke, das hatte ich übersehen.


    Zitat

    Die durchwegs empfehlenswerten Aufnahmen von Santini (DGG, leider vergriffen), Solti (Decca) und Giulini (EMI) sind alle in der fünfaktigen italienischen Fassung.


    Dann werde ich wahrscheinlich Giulini wählen, der auch meine Lieblingsaufnahme des Verdi-Requiems dirigierte.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Zitat

    Original von Pius


    Dann werde ich wahrscheinlich Giulini wählen, der auch meine Lieblingsaufnahme des Verdi-Requiems dirigierte.


    Viele Grüße,
    Pius.


    :yes: Hätte ich nach Kenntnis aller drei von Elisabeth genannten Aufnahmen auch getan, weil sie orchestral die beste ist und auch keine Schwachstelle bei den Sänger/Innen hat. :yes:


    :hello: Jacques Rideamus

  • Zitat

    Original von rita
    Ohne Zweifel kannst Du Gullini nehmen.
    Diese Aufnahme hat keine Schwachstellen.
    Ich bin begeister von ihr.


    L:G: Rita


    Liebe Rita und lieber Jaques Rideamus!


    Wenn Ihr diese Aufnahme meint -


    :jubel:


    dann kann ich nur JA sagen, ich habe diese zwar noch auf 3er LP Gesamtaufnahme.


    Nur ist auf den LP Kasetten das Bild etwas einfallreicher.


    Liebe Grüße Peter aus Wien. :hello:

  • Hi


    Auf den GRC-Ausgaben ist immer das Bild der Original-Ausgabe zu sehen. Und das Bild entspricht genau meiner LP-Kassette, die natürlich 4LPs beherbergt. Wenn du nur drei LPs hast, dann muss es sich um eine spätere Auflage (vermutlich in DMM-Technik) handeln.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Zitat

    Original von Theophilus
    Hi


    Auf den GRC-Ausgaben ist immer das Bild der Original-Ausgabe zu sehen. Und das Bild entspricht genau meiner LP-Kassette, die natürlich 4LPs beherbergt. Wenn du nur drei LPs hast, dann muss es sich um eine spätere Auflage (vermutlich in DMM-Technik) handeln.


    :hello:


    Lieber Theopilus!


    Ich habe die 3er LP "Don Carlos" in fünf Akten,


    EMI EX 153
    29 0712 3 aus dem Jahr 1986, steht so zumindest im Textheft drin.


    Liebe Grüße sendet Dir Peter aus Wien. :hello: :hello:


  • Hallo Peter


    Siehst du, das "Original" erschien in der Angel-Series als EMI 1C 191-02 149/52, und zwar 1971!


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!



  • Lieber Theopilus!


    Da schau ich aber, bei mir ist Placido als Infant Don Carlos, am Plattencover, ganz groß, droben,


    dass die schon ein gewisses Alter hat, wusste ich, aber 1971, das überrascht mich, da war ich 26 Jahre alt, wie die Zeit vergeht.


    Liebe Grüße an Dich, und auch an Unsere Rita, dieser mit Handküssen natürlich, Euer Peter aus Wien. :hello: :hello:

  • Hallo zusammen,


    ich höre gerade (mit einigem zeitlichen Abstand) meine Don Carlo- und Aida-Aufnahmen durch. Heute war Don Carlo mit Sir Georg Solti am Pult dran.


    Vorher hatte ich die Aufnahmen mit Karajan (EMI, 4-aktige Fassung) und Giulini gehört. Solti übertrifft m. E. beide. Er hat das beste Ensemble.


    Allein Bergonzi in der Titelpartie ist die Aufnahme schon wert - ganz große Gesangskunst, tolle Legato-Beherrschung, viele Abschattierungen der Klangfarben. Seine Auftrittsarie im 1. Akt - zum Dahinschmelzen. Domingo in der Giulini-Aufnahme kann da nicht mithalten. -


    Tebaldi ist eine tolle Elisabeth mit gesundem Hormonhaushalt! Endlich mal kein Heimchen in der Rolle der spanischen Königin. -


    Grace Bumbry war wohl die beste Eboli in der zweiten Hälfte des 20. Jhds., trotz Simionato und Verrett. -


    Dietrich Fischer-Dieskau macht die Sache keinesfalls kaputt, wie hier schon suggeriert wurde! Er ist längst nicht so schlecht, wie er gemacht wird. Vieles ist richtig gut, und er verfügt im Studio sehr wohl über das notwendige Stimmvolumen für diese Rolle. Überflüssig zu erwähnen, dass seine Rollengestaltung perfekt durchdacht ist. -


    Das Duett Filippo - Gran Inquisitore ist großartig. Ghiaurov und Talvela bleiben dieser Szene nichts schuldig. -


    Ich mag Ghiaurov, kann mir aber vorstellen, dass sein immer leicht knorriges, eher russisch denn bulgarisch zu lokalisierendes Timbre nicht jedermanns/fraus Sache ist. Aber er bringt die für diese Rolle imperative italienische Schulung mit und übertrifft Ruggero Raimondi in der Guilini-Aufnahme nicht nur an schierer Stimmgewalt, sondern auch in der Differenzierung, in den Klangfarben und in der Zeichnung der komplexen, omnipotent-scheiternden Figur des Filippo. -


    Solti gibt dem Drama, was dem Drama ist, ohne, dass die lyrischen Passagen zu kurz kämen. Die großen Chorszenen sind toll! -


    Ich merke dem Covent-Garden-Chor und -Orchester in dieser Aufnahme nicht an, dass es auf dem Papier nicht in die allererste Liga gehören mag.


    Fazit: Hätte ich die Wahl zwischen Solti und Giulini, so wäre meine Wahl ganz klar Solti. Die Giulini-Aufnahme mag letztlich ausgeglichener sein, ist aber eben auch nivellierter. Solti reißt mit, Giulini ist eher zum Mitdösen auf höchstem Niveau.


    Ich freue mich auf die beiden Santini-Aufnahmen mit Christoff als Filippo, die noch vor mir liegen, wohl wissend, dass Bergonzi in der Titelpartie und Bumbry als Eboli kaum zu übertreffen sind ...

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