Giuseppe Verdi: Don Carlos

  • Liebe Opernfreunde,

    nicht weniger als sieben Fassungen gibt es von dieser Operr, die noch dazu immer wieder vermischt wurden.

    Prinzipiell stützt sich das Libretto auf Schillers Werk "Don Carlos", es wurden jedoch auch andere Quellen herangezogen. Historisch gesehen ist die Oper ein Desaster. Die Figur des Don Carlos wird glorifiziert dargestellt, in Wahreit war eir ein boshafter kleiner Teufel,geistig und körperlich zurückgeblieben ,der Philipps Geduld auf eine harte Probe stellte. Philipp sah, daß mit ihm nicht viel Staat zu machen war, ja daß er eine potentielle Gefahr darstellte, er verbot Carlos zu heiraten und schloß ihn von der Thronfolge aus. Als Carlos seine Flucht betrieb (allerdings nicht aus edlen Motiven), ließ Philipp ihn arretieren, woaruf Don Carlos kurz danach , noch nicht 25 jährig, verstarb. Das Gerücht, Philipp hab ihn ermorden lassen hielt sich harnäckig.

    Auch die Geschichte der "Liebesbeziehung zu seiner Stiefmutter ist, wiewohl nicht historisch belegbar, ein Produkt der Gerüchteküche, und nicht, wie ich ursprünglich vermutete , ein Phantasieprodukt Schillers.

    .



    Die Figur des Marquis de Posa hingegen ist frei erfunden. Alle diese Einwände zählen natürlich kaum, wenn Verdis Musik in die Waagschale geworfen wird. (Sie zählen allerdings, wenn man in Betracht zieht, daß Schiller Professor für Geschichte (in Jena) war.....

    Das Libretto wurde übrigens von Joseph Méry und Camille du Locle verfasst.Méry starb während der Arbeit daran, so setzte du Locle es fort.

    Die Inspiration zu diesem Thema kam Verdi angeblich in Madrid, als er den Escorial sah, zudem wollte er wieder ein Werk Schillers vertonen. Als ihm die Priser Oper einen Kompopsitionsauftrag erteilt, schlägt er "Don Carlos" vor was aktzeptiert wird.

    Die Oper wird am 11. März 1867 in Paris in französischer Sprache uraufgeführt. Der Erfolg ist eher mäßig, wohl auch wegen der Überlänge.(5 Akte) Bereits im gleichen Jahr wird die Oper in London aufgeführt, allerdings unter Weglassung des ersten Aktes. In späteren Jahren überarbeitet Verdi die Oper mit Hilfe des Librettisten seiner "Aida", Antonio Ghislanzoni, mehrfach. Der erste Akt wird nun endgültig gestichen, ebenfalls das Ballett im Gartenakt (ursprünglich eine Reverenz ans Pariser Publikum)

    Uns interessieren aber natürlich die maßstabsetzenden Einspielungen, die großen Darsteller des Philipp, etc etc.

    Mit freundlichen Grüßen aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Diese DVD möchte ich empfehlen, wirklich sehr schön. Felipe II. fand diese Version auch gut.

    Zwei Dinge sind unendlich: Das Universum und die Menschliche Dummheit. Aber beim Universum bin ich mir nicht ganz sicher.
    - Albert Einstein (1879-1955)

  • Zitat

    Original von Philippe Duc d'Orléans

    Diese DVD möchte ich empfehlen, wirklich sehr schön. Felipe II. fand diese Version auch gut.


    Ja, stimmt. Herbert von Karajan gehört meiner Meinung nach zu den ganz Großen. Die Aufnahme ist von 1986, also kurz vor seinem Tod. V.a. der Felipe II.-Darsteller war sehr gut.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Die Anschaffung dieser Oper ist bei mir im späten :D Planungsstadium, will heißen ich habe einiges immer wieder im Laden probegehört, aber beim Kauf kam immer wieder irgendeine andere CD dazwischen.


    Letztendlich mußte ich mich zwischen zwei sehr guten Aufnahmen entscheiden:


    Erstens die von Giulini



    und der von Solti:



    Beide Einspielungen sind hochrangig besetzt und gefallen mir, ich habe mich letztendlich für die von Solti entschieden, da mit Ghiaurov und Talvela zwei meiner absolut favorisierten Sänger mitwirken. :jubel:


    Aber wie gesagt, zum Kauf reichte es noch nicht, da funkt das Forum bisher immer mit einer neuen Kaufanregung dazwischen :stumm:


    Gruß
    Anti

  • @anti:


    Ich habe beide und genieße beide. Du wirst Deine Wahl nicht bereuen. Gibt ja auch keine Toscanini-Einspielung dieser Oper (so weit ich weiß).

    Gruß,
    Gerrit

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  • Ja, das ist eine schwere Wahl, eigentlich ist es gar keine, denn, wie Gerrit schon ausführte sind beide erstklassikg. Soltis Version hab ich noch als LP, die anschaffung als CD war geplant, da platzt die EMI-Giulini-Aufnahme dazwischen, Solt muß warten.
    Aber sicher zwei der bestenEinspielungen am derzeitgen Markt.


    Die Karajan-Aufnahme kenne ich leider nicht.


    Beste Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo,


    für Solti spricht das gewaltige Duell König gegen Großinquisitor, gegen ihn der Marquis Posa. Interessant wäre auch ein sehr guter Mittschnitt aus Salzburg 1958 (Jurinac, Simionato, Fernandi, Bastiannini, Siepi, Karajan).


    Ciao

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Sagitt meint:
    Fischer-Dieskau hielt sich ja immer für einen großen Verdi-Sänger und in der Tat wurde er bereits 1948 als solcher eingesetzt. Der Intendant Tietjen soll behauptet haben, endlich wieder ein Sänger mit italianità.


    Ich hielt Fischer-Dieskau eher nicht für einen Verdi-Sänger, weil dafür die Stimme eigentlich nicht "groß" genug ist und ihre Charakteristik verfälscht wird, wenn er sehr forcieren muss.


    Aber, das gilt m.E. nicht bei dieser Aufnahme des Don Carlos. Ich finde, Dieskau harmoniert sehr gut mit Bergonzi und hält bei dem berühmten Duett gleichberechtigt mit.


    Sehr wichtig ist beim Don Carlos auch das unglaubliche Duett zwischen Großinqusitor und König. Ich finde Ghiaurov als König, Salminnnen als Großinquisitor besonders überzeugend. Es müssen zwei Stimmen sein, die das Machtgleichgewicht zwischen diesen beiden ausdrücken.

  • Um ein Sprichwort abzuwandeln:


    Das Duett ist nicht Alles, aber ohne Duett ist alles Nichts.


    Marquis Posa hat eben neben dem Duett mit Don Carlo noch recht viel zu singen in dieser Oper. Und da fällt Fischer-Dieskau permanent als Fremdkörper im Ensemble auf. Er singt den Marquis sogar sehr gut, aber umgeben von Leuten, die Verdi einfach nur stilgerecht singen, ist sein permanentes interpretieren (gelegentlich am Rande des Manierismus) einfach nicht passend. Dass er gelegentlich sogar ein wenig teutonisch klingt, mag auch mit der guten Erkennbarkeit seiner Stimme zusammenhängen, aber ich hätte mir in dieser Besetzung einen italienischen Posa gewünscht. (Zu sagen, Fischer-Dieskau würde die Aufnahme ruinieren, wäre wiederum übertrieben!)


    Ciao

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Empfehlung von mir:
    Met, 1959/Rysanek,Gari,Thebom, Merrill, Hines Uhde,Arroyo;Dir.:Cleva


    Hermann Uhde singt den "Großinquisitor" nicht, ER IST EINER.
    Der hervorragende Jerome Hines hat gegen ihn einen schweren Stand,
    so dass deutlich wird, wer in Spanien anno 1560 die Macht hatte.


    Hört euch die Aufnahme an !!
    Hier meine weiteren Aufnahmen:


    Rigal-Barbieri-Björling-Merrill-Siepi-Hines/Stiedry (N.Y. 1950)
    Stella-Nicolai-Filipeschi-Gobbi-Christoff-Neri/Santini (Roma 1954)
    Jurinac-Simionato-Fernandi-Bastianini-Siepi-Stefanoni/Karajan (Salzbg. 1958)
    Stella-Cossotto-Labò-Bastianini-Christoff-Vinco/Santini (Milano 1961)
    Tebaldi-Bumbry-Bergonzi-FiDi-Ghiaurov-Talvela/Solti (London 1965)
    Caballé-Verrett-Domingo-Milnes-Raimondi-Foiani/Giulini (London 1970)
    Freni-Baltsa-Carreras-Cappuccilli-Ghiaurov-Raimondi/Karajan (Berlin 1978)
    Freni-Baltsa-Moldoveanu-Bruson-Ghiaurov-Stamm/Molinari-Pradelli (Berlin 1981)


    Gruß Heldenbariton

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

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  • Wenn Don Carlo dann Don Carlos!


    Verdi hat den Don Carlos als 5 aktiges "Monumentalwerk" für die Pariser Oper komponiert (inkl. des damals obligaten Balletts).
    Daher sind für mich all die schönen italienischen Aufnahmen zwar sehr schön aber wenn man sich mit dem Text beschäftigt, muss man zugeben dass Verdi beim Umschreiben für die kürzere italienische Fassung nicht immer dasselbe Feingespür hatte, wie er es tzuvor beim französischen Text gezeigt hat.
    Als Beispiel nenne ich die grosse Arie des Fillipe II: Die Melodik, die Akzente, die Phrasierungen, die Dynamik, die Betonungen, alles gibt in der französischen Fassung einen Sinn.


    In dieser Hinsicht empfehle ich diese Aufnahme:




    Ansonsten muss ich sagen, dass ich eine Zeitlang im Besitz der oben genannten italienischen Aufnahmen von Solti und Giulini gewesen bin, sie aber dann verschenkt habe.
    Als es zu Beginn der 90er Jahre Unmengen an "schwarzen" Live-Aufnahmen (Melodram, MYTO, Fonit Cetra, etc) billig zu kaufen gab, hab ich damals zugeschlagen und meine Sammlung mit unzähligen solchen Aufnahmen aufgestockt.
    Und so gibt es für meinen Geschmack viel intensivere Einspielungen z.B. von den Salzburger Festspielen vom 26.7.1958 mit E. Fernandi, S. Jurinac, C. Siepi, E. Bastianini, G. Simionato unter dem Dirigat von Karajan.
    Aber mit gefallen Live-Mitschnitte sowieso viel besser als diejenigen aus dem Studio. Eine Live-Aufnahme ist wie ein Zeitzeugnis, wie all jene Sänger an diesem einen Abend präsent (oder eben nicht) auf der Bühne waren. Zudem ist es nicht zu überhören, dass die Emotionen der Sänger auf der Bühne um ein mehrfaches intensiver sind als wenn sie sich auf die schöne Phrasierung der Melodien kümmern müssen...



    Gruss
    Christoph

    Über Geschmack kann man - aber muss man nicht streiten!

    Einmal editiert, zuletzt von Christoph_Glaus ()

  • Hallo,


    wie Christoph ziehe ich den "Don Carlos" dem "Don Carlo" vor. Allerdings würde ich eine Aufnahme empfehlen, in der großenteils Muttersprachler singen, die des Französischen auch mächtig sind, auch wenn ihre Stimmen nicht ganz so groß wie die in der Abbado-Aufnahme sind.:



    Verdi: Don Carlos (5 Akte, französisch)


    Joseph Roleau: Philippe II, Roi d'Espagne
    André Turp: Don Carlos, Infant d'Espagne
    Robert Savoie: Rodrigue, Marquis de Posa
    Richard Van Allen: Le Grand Inquisiteur
    Robert Lloyd: Un Moine
    Edith Tremblay: Elisabeth de Valois
    Michèle Vilma: La Princesse Eboli
    Gillian Knight Thibault: Page d'Elisabeth de Valois
    Emile Belcourt: Le Comte de Lerme


    BBC Chorus and Orchestra
    Dirigent: John Matheson


    London, 1976


    Ponto



    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Hochverehrter Herzog ,
    ich finde Eure Wahl wie üblich exquisit . Im Ernst . Mir reicht mein Dasein als Conte del Sole .
    Meine Sänger/Innen wären , wäre ich Dirigent , folgende :
    Carrera ; Cappuccilli ; Caballé ; Verrett ; Ghiaurov ; Hotter
    ich habe höflichkeitshalber die Damen in die MItte genommen . Und die beste "Stimme vomn Himmel" , die ich je gehört habe war mit Lichtjahren Abstand : Gundula Janowitz in Wien !
    Herzliche Grüsse,
    stets der Ihre
    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Hallo Leute!!


    Auch ich werd jetz mal meine Meinung über Don Carlos kundtun.
    Ich mag Verdi großteils, daher beschloss ich mich auch mit Don Carlos zu beschäftigen! Hab beschlossen mir die Inszenierung der Wiener SO im Fernsehen anzusehen. So ein Sch***. Schmarrn wollt ich sagen.
    Diese Inszenierung hat mir wieder das Interesse an dieser Oper genommen. Der jenige der dasInszeniert hat gehört ja aufgehängt.


    Mfg Joschi


    PS: Werd mir aber eine der hier besprochenen Aufnahmen besorgen, dann meld ichmich wieder

  • Lieber Basilio ,
    biitte lass Dich durch eine Aufnahme nicht schocken . es gibt von Don Carlo(s) wirklich sehr überzeugende Aufnahmen .
    Diese Oper lohnt sich nicht nur aus musikalischen Gründen , sondern auch auch wegen der philosophischen Intentione in dem Werk .
    Bitte berichten Sie uns , wenn Sie eine oder zwei Aufnahmen gehört haben .
    Viel Erfolg !
    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

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  • Lieber Joschi ,
    alsoduzen wir uns - gerne .
    Es gibt geradezu fanatische Mitglieder in aanderen Foren , die das Du erst ab der Abrede "Liebe Grüsse" "annehmen" .
    Nochmals : Besten Hörgesnuss !
    Dein
    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Hallo Joschi,


    bitte verurteile den Carlo nicht, nur weil Du diesen absoluten Sch... angesehen hast, deren Ideen, die dahinter stecken, vielleicht gar nicht so schlecht sind, die praktische Seite der Personenführung aber so gut wie nicht vorhanden war - ein typisches Konwitschny-Übel: im Prinzip stehen sie alle ratlos umher, und wenn sie mal was tun sollen, dann benehmen sie sich nach allem anderen nur nicht nach logischen Prinzipien; und dafür wird dieser Regisseur - vor allem in deutschen Gazetten - dann als ach-so-realistischer Ideenverfechter gewürdigt (als Halbdeutscher darf ich diese Kritik wohl anbringen, denk ich mal). Mein Tipp: es findet im Juni ja noch eine Serie der alten, italienischen Inszenierung (ich glaub aus 1987) statt, mit einer recht adretten Besetzung, wie es scheint. Gib Dir einen Ruck, und schau's Dir mal an, wie das ganze aus Sicht der Oper und nicht des Regietheaters konzipiert war/ist. Man muss manchmal das Werk vom Interpreten trennen. Bestes Beispiel für mich war Enescus OEDIPE: trotz einer Wahnsinn-Starbesetzung auf der EMI-Platte (Van Dam, Fassbaender, Lipovsek, was-weiss-ich-wer-noch-alles) ist mir die Oper nicht unter die Haut gegangen. Aber dann kam Gielen ans Pult der Wiener Staatsoper, und seither ist es ein Meisterwerk in meinen Augen und Ohren (arm dran sind nur die Leute, die den Oedipus jetzt unter Boder kennen lernen ... )


    Alles Liebe und noch viel Freude mit dem Infanten in Zukunft !!
    Zeus

  • Eine Rezension in der FAZ (20.08.2005) zu den von der Staatsoper auf "Orfeo" veröffentlichten "Don Carlo(s)"-Aufnahmen wirft für mich die Frage auf, ob historischer Lokalpatriotismus und persönliche Eindrücke mitunter dem Urteilsvermögen im Wege stehen.


    Während in Österreich (insbesondere Wien) der 70er "Carlo" (Stein; Janowitz, Corelli, Wächter, Ghiaurov) ja hymnisch gefeiert wurde, bekommt er von Jürgen Kesting (nicht unbedingt ein Nobody) einen veritablen Verriss; in Auszügen:


    Wächters italianita "eine angestrengte Imitation"


    zu Corelli: "In stilistischer Hinsicht aber ist auch das Singen des Italieners - das unsaubere Angleiten der Töne statt genauer Portamenti, die grell geöffneten Vokale, die in klangarmen Phrasen-Enden versackenden Diminuendi, das rezidivierend zwischen den Zähnen guillotinierte "S" - nur für jene Materialfetischisten erträglich, die sich für singende Silbertrompeten begeistern."


    "Die danach folgende Auseinandersetzung des Königs (Ghiaurov) mit dem von Martti Talvela gesungenen Großinquisitor gerät zu einem Zyklopenkampf, der selbst bei meterdicken Palastwänden nicht überhörbar gewesen wäre. ... Beide reizen die Extreme des Ausdrucks dergestalt aus, dass sie den Gesangston verlassen , blaffend-rauh deklamieren."


    Fazit: "Trotz großer Stimmen ein Dokument zweitklassigen Rampentheaters."


    Wer kennt die Aufnahme oder hat gar die Aufführung miterlebt - und was meint ihr diesen Differenzen in der Bewertung?

  • Mehr als ein Geheimtip, aber leider momentan nicht erhältlich, ist imo eine Aufnahme der Deutschen Grammophon aus dem Jahr 1962.


    Gabriele Santini dirigiert das Orchester der Mailänder Scala.


    Die Besetzung:


    Elisabetta-Antonietta Stella
    Prinzessin Eboli: Fiorenza Cossotto
    Philipp II: Boris Christoff
    Don Carlos: Flaviano Labò
    Rodrigo: Ettore Bastianini
    Großinquisitor: Ivo Vinco


    Fast schon alleine wegen Ettore Bastianini lohnt sich der Kauf. Sein kraftvoll-balsamischer und flexibler Bariton kommt prachtvoll zur Geltung.
    Aber auch die beiden anderen männlichen Hauptpartien stehen ihm in nichts nach. Boris Christoff erreicht als Philipp eine Autorität, an die selbst Ghiaurov nicht ganz heran reicht.
    Flaviano Labòs Tenor hat nicht ganz die Flexibilität und Schönheit eines Domingo, aber zumindest an intensiver Gestaltung kann er mühelos mithalten (Labòs Timbre erinnert mich ein wenig an Richard Tucker).


    Beide weiblichen Hauptrollen leiden ein wenig unter dem sehr direkten Klangbild, das die Stimmen in den Höhen stellenweise ein bißchen schrill erscheinen läßt, aber auch sie setzen den sehr guten Eindruck der Sängerensembles fort: Ohne technische Probleme, dafür aber mit sehr viel Hingabe gesungen.


    Santini als Dirigent erreicht nicht ganz Soltis Temperament oder Giulinis Feinfühligkeit, aber begleitet seine Sänger ebenfalls trefflich.


    Wer zufällig auf diese Aufnahme stößt (oder vielleicht erbarmt sich die DG, sie wieder aufzulegen???), sollte unbedingt kaufen.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


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  • Auch ich möchte der französischen Fassung den Vorzug geben; ist ja recht witzig, wenn der thread mit "Don Carlos" betitelt wird und die ersten Einträge nur "Carlo"-Aufnahmen anführen.
    Zudem plädiere ich dringend in jeder Sprachfassung für die 5-aktige Version, da damit die Dramaturgie der Oper viel schlüssiger wird.


    Meine Empfehlung:


    "Don Carlos" aus der Pariser Oper unter Antonio Pappano
    als CD-Box (EMI) oder DVD (Warner)


    Carlos - Roberto Alagna
    Posa - Thomas Hampson
    Philip - Jose van Dam
    Inquisitor - Eric Halfvarson
    Elisabeth - Karita Mattila
    Eboli - Waltraud Meier


    ganz bewusst ohne typische Verdi-Haudegen (damit nicht ein "Carlo" auf französisch gesungen wird) - damit gelingt dann wunderbar zu zeigen, dass der "Carlos" in der originalfassung wirklich ganz anders klingt. Besonders möchte ich die DVD empfehlen, da alle Beteiligten in einer wunderbaren Regie von Luc Bondy auch ausgezeichnet spielen.


    Noch etwas:
    Ich halte die Konwitschny-Arbeit "Don Carlos" für ganz ausgezeichnet und kann sie jedem empfehlen, der aufgeschlossen ist für Regie, die zum Mitdenken anregt und den Inhalt eines Werks pointiert szenisch umsetzt, ebenso wie die Doppelbödigkeit von Texten (insb Philips Lamento) entlarvt.
    Für Basilios und andere gibt's in der Staatsoper ja auch noch einen "Carlo" in klassischer Rampentheater-Optik - also kein Grund zur Verzweiflung.

  • Es muß in den 60ern gewesen sein,da kam Verdis Don Carlos in deutscher Sprache im Fernsehen,eine Aufzeichnung aus der Deutschen Oper Berlin.
    Ich erinnere mich gut noch an das Ensemble,welches von Wolfgang Sawallisch geleitet wurde:
    James King - Don Carlos
    Pilar Lorengar - Elisabeth
    Josef Greindl - Philipp II
    Patricia Johnson - Eboli
    Dietrich Fischer-Dieskau - Posa
    Martti Talvela - Großinquisitor
    Nachdem ich diese Opernaufführung gehört und gesehen hatte,begann ich mich für Verdi-Opern erst so richtig zu interessieren.Die deutsche Version hat damals auch den Inhalt für mich verständlicher gemacht.Und das ermöglicht mir heute den ungetrübten Genuß in der Originalsprache.

    Freundliche Grüße Siegfried


  • Ich habe die Giulini-Aufnahme und kenne jene von Solti auch, und ich muß sagen, daß ich persönlich diese besser finde:



    Hochkarätige Sänger (u.a. Ghiaurov, Baltsa, Freni, van Dam und Carreras) und ein tolles Dirigat eines genialen Karajan. Auch das Orchester finde ich hier am besten.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    Zur Nacht der letzte Teil des Don Carlo unter Karajan. Eine IMO erstklassige, ausgewogene Besetzung mit einem wunderbaren Carreras vor seinem stimmlichen Verfall und auch sonst sehr gut besetzt (Freni, Ghiaurov, Baltsa, Cappuccilli,


    Ich zitiere mich mal selbst. Und kann Dir, lieber Felipe, nachdem ich vorgestern und gestern die Aufnahme nochmal gehört habe, nur beipflichten.

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Ein Gelingen dieser Oper erscheint mir als sehr fraglich, den "Schinken" halte ich für derart groß in jeder Beziehung (Amerikaner würden wohl sagen: bigger than life), dass ich persönlich nur eine Annäherung für möglich halte.
    Selbst ein von den Namen her idealer Live-Mitschnitt wie der Mitschnitt 1958 Covent-Garden unter Giulini; Vickers (er war zu dieser Zeit wirklich noch ein bemerkenswert guter Tenor, er hat hier auch etwas gebrochenes, was als ein Verweis auf den historischen DC angesehen werden kann)-Brouwensteijn-Christoff-Gobbi-Barbieri-Langdon läuft nicht ganz rund.
    Bei Solti stört mich weniger Fi-Di (obwohl sicher nicht ideal) als die Tebaldi, die mir als leicht über den Zenit hinaus scheint.
    Karajan dirigierte nur die 4-Aktige Fassung, die mir immer als amputiert erscheint, wenigstens der Fontainebleau-Akt sollte dabei sein!
    Abbados Versuch alles aufzunehmen, was Verdi je zu diesem Thema kompniert hat, war sicher gut gemeint, aber in meinen Ohren grottenschlecht gemacht - tut mir leid. An der Aufnahme war alles zu laut und die Sänger versuchten sich eigentlich nur gegenseitig zu übertönen; aber ich will ja auch nicht ausschließen, dass es an mir lag - ich fand absolut keine Einstellung zu dieser Aufnahme - weder technisch, noch sonst in irgend einer Weise...
    Nach noch einigen Versuchen habe ich ich mit einigen Zweifeln den Studio-Giulini gekauft, der mich noch von allen Möglichkeiten am ehesten überzeugt hat.
    Vielleicht traue ich mich doch noch an den Pappano heran (obwohl mich sein Trittico-Dirigat nicht überzeugt hat). Aber Martellos Ausführungen haben mich zumindest neugierig gemacht und GiselherHH's Argumenten zu seinem Hinweis will ich mich auch nicht verschließen.
    Bedenken will ich's, wer weiß was ich tu?
    Liebe Grüße
    Bernd Hemmersbach

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  • Habe heute nochmal in diese Aufnahme reingehört. Sie wurde mir von vielen als die Referenz angepriesen - aber meiner Meinung nach ist sie das nicht. Bei Karajan [1978] ist das Orchester besser und die Sänger meines Erachtens auch. Das ist meine Referenz - nicht wegen Karajan, sondern, weil sie besser ist. :D

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Die Karajan-Aufnahme ist ohne Zweifel sehr sehr gut, bietet aber nur die vieraktige Fassung. Man braucht also fast eine Alternative mit der fünfaktigen Version, und da ist Giulini immer noch eine Empfehlung wert.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von Theophilus
    Die Karajan-Aufnahme ist ohne Zweifel sehr sehr gut, bietet aber nur die vieraktige Fassung. Man braucht also fast eine Alternative mit der fünfaktigen Version, und da ist Giulini immer noch eine Empfehlung wert.


    Stimmt, hab gar nicht dran gedacht, daß die von Karajan nur die vieraktige ist.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich bin unbedingter Fan und Befürworter der Giulini-Aufnahme - die Sänger sind allesamt großartig und bis in kleinste Rollen hinein mit Spitzenkräften besetzt!
    Ausschlaggebend für den Kauf war damals für mich die schon erwähnte Tatsache, dass diese Aufnahme auch den Fontainebleau-Akt enthält.


    Klar - irgendwo mussten die damaligen Bemühungen ja ansetzen, dieses Riesenwerk für eine italienische Aufführung zu kürzen (wenn man es denn nun unbedingt tun musste), aber dass dabei gleich ein ganzer Akt dran glauben musste! Damit ist die ganze Dramaturgie des Werks dermaßen empfindlich gestört - z. B. die melodischen Zitate im letzten Duett Carlos-Elisabeth, die aus dem Fontainebleau-Akt stammen, kann doch in der vieraktigen Version kein Zuhörer als solche erkennen. Und Carlos entgeht in der vieraktigen Version seine einzige Arie!! Das, was man ihm da zu Beginn des "neuen" 1. Akts im Kloster San Juste gnädigerweise noch hinterlassen hat, ist doch kein Ersatz!


    Ich habe den Don Carlo nun bereits mehrfach auf der Bühne erleben können - immer "nur" 4 Akte, immer hat mir was Entscheidendes gefehlt :(


    Neugierig war ich natürlich immer schon auf eine wirklich vollständige Einspielung des heißgeliebten Werks in der frz. Originalsprache (denn auch die 5-aktige ital. Version enthält z. B. nicht die Ballettmusik im 3. Akt), aber die beiden Einspielungen neueren Datums, die mir bisher untergekommen sind, sind mir von permanenten "Kritiker-Warnungen" -und aufgrund ihres Preises- etwas suspekt geblieben.


    Das ist einmal die schon erwähnte DG-Einspielung mit Domingo in der Titelrolle (Abbado dirgiert) und die EMI-(Live?-) Aufnahme mit Alagna als Carlos und Pappano am Pult. Während die DG-Einspielung immer als total unidiomatisch hingestellt wird und die SängerInnen auch musikalisch alle als total überfordert eingestuft werden (und das interessanterweise nicht nur von einem Kritiker, sondern fast einhellig!), ist die Pappano-Einspielung wieder nicht vollständig, weil auch hier das Ballett fehlt.
    Nun habe ich das Glück, mir das Ballett auf einer anderen CD separat anhören zu können und damit in Ruhe auf eine frz. Komplett-Einspielung zu warten, die alle Kriterien erfüllt....


    Und da bin ich jetzt auf eine im Mai 2006 bei "Opera rara" erschienene Aufnahme gestoßen (die lt. jpc-Hinweis aber schon 1972 aufgenommen wurde???) - im Rahmen der "Verdi Originals"-Reihe, die selten gespielte (Ur-) Fassungen vermeintlich bekannter Verdi-Opern präsentiert.



    Laut Eigenwerbung von "Opera rara" (daher bin ich vorsichtig!) ist dies die bislang vollständigste Einspielung des Werkes, quasi die Ur-Ur-Version, die sogar die Striche einbezieht, die Verdi damals vor der Pariser Premiere noch angebracht hatte.
    Das wäre damit genau das, wonach ich jahrelang gesucht hätte!
    Trotzdem die Frage (denn auch diese Aufnahme mit immerhin 4 CDs und umfangreichem Booklet ist verdammt teuer!) an alle Mit-Taminos: Kennt schon jemand diese Aufnahme und kann sie empfehlen? ?(:hello:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Hallo Marc,


    weiter oben im Thread habe ich auf diese Aufnahme hingewiesen, die m.E. die beste aller französischsprachigen Einspielungen ist. Ich besitze folgende Ausgabe (soweit ich weiß, stammt sie aus dem Jahr 1976):



    Die Sänger sind zwar nicht immer allererste Klasse, aber da fast alle Franzosen sind, kann man das Stück ohne Bedenken hinsichtlich der Diktion genießen (was bei der Abbado-Aufnahme durchaus nicht der Fall ist). Die Behauptung von "Opera Rara" hinsichtlich der Vollständigkeit ist nicht übertrieben, sowohl der komplette "Fontainebleau"-Akt als auch das Ballett sind vorhanden sowie noch ein paar andere erweiterte Szenen (Posa - Philipp, revoltierendes Volk nach der Erschießung Posas).


    Mittlerweile gibt es aber auch diesen Mitschnitt der fünfaktigen Pariser Fassung aus der Wiener Staatsoper



    Eine aus Hamburg weitgehend übernommene Produktion (Regie: Peter Konwitschny), die trotz der für den Regisseur vergleichsweise konservativen Machart den Traditionsflügel der Wiener Opernfreunde verärgerte (ich hatte hier in Hamburg allerdings meinen Spaß daran, insbesondere an der Inszenierung des Ballettes). Einen genauen Versionenvergleich habe ich bislang dahingehend nicht unternommen, welche der beiden Aufnahmen "vollständiger" ist. Allerdings wird in Wien m.E. weniger gut und vor allem weit weniger idiomatisch gesungen, so dass die Wahl auf den BBC-Mitschnitt mit Matheson fallen sollte.


    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

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