Hallo liebe Taminos und Taminas,
mein erster "richtiger" Beitrag in diese Forum führt mich gleich zu einem neuen Thema, dass ich ich dieser Form zumindest nicht gefunden habe im Forum.
WIe in meiner Vorstellung beschrieben bin ich ja begeisterter Mozart-Verehrer; zusätzlich ist meine Libelingsgattung momentan auch noch, das Klavierkonzert - vielleicht die Gattung, in der Mozarts größte Meisterwerke zu finden sind.
Was beir mir in diesem Zusammenhang lange ohne größere Beachtung und Studium blieb, sind die Kadenzen in diesen Konzerten. Ich gehe davon aus, dass hier fast jeder weiß, was eine Kadenz in einem Solokonzert ist? Trotzdem hier nochmal kurz auf den Punt gebracht: Eine Kadenz ist eine Passage in einem Solokonzert, die der Solist ganz alleine, also ohne das Orchester bestreitet. Sie war urspünglich dazu gedacht, dass der Solist seine (virtuosen) Fähigkeiten auf dem Instrument demonstreieren kann und gleichzeitig auch seine Improvisationsgabe zur Schau stellen kann. Denn noch kurz über Mozarts Zeit hinaus war es nicht üblich, die Kadenz für einen Satz zu "komponieren" (und aufzuschreiben), sie wurde zumeist im Konzert spontan improvisiert. In der Romantik gingen die Komponisten jedoch dazu über, die Kadenzen als festen Bestandteil eines Konzertes gleich mitzukomponieren und stilistisch einzupassen. Dadurch brauchte der Solist nicht mehr zu improvisieren (was der Komponist auch nicht wünschte, da die Kadenz ja als weitertragender Funktionsteil des Konzerts vorgesehen war und daher nicht mehr so variabel war).
Gerade letzter Punkt führt mich nun zu meinem Thema:
Mozart hat (obwohl er selbst natürlich glänzend improvisieren konnte) letztlich für die meisten seiner Konzerte Kadenzen aufgeschrieben: Lediglich zu 6 der 27 (23) Klavierkonzerte hat er niemals Kadenzen aufgeschrieben, oder diese wurden zumindest nicht überliefert. Ich vermute, dass er aufgrund seiner Schüler und vielleicht für sich selbst zur Erleichterung, Kadenzen aufgeschrieben hat, insbesondere auch bei den Konzerten die er speziellen Menschen gewidmet hat (diese konnten ja eventuell nicht selbst improvisieren). Interessant wird es nun bei den Konzerten, für die keine Mozart-eigenen Kadenzen existieren: Das sind die Konzerte Nr. 20 - 22 (KV 466, KV 467, KV 482) und Nr. 24 - 26 (KV 491, KV 503 und KV 537).
Bei diesen Konzerten müssen die Pianisten also nach wie vor eine fremde Kadenz spielen, oder eine ganz einen schaffen. Nun war die Kadenz ja bei Mozart noch sehr frei, aber trotzdem sollte sie nach Möglichkeit schon stilistisch zum jeweiligen Konzert (und Satz) passen. Wenn man Mozarts Kadenzen eingehender stuiert findet man bestimmte Regelmäßigkeiten, wie er seine Kadenzen gestaltet hat - dadurch gibt es zumindest einige Anhaltspunkte. Immerhin der Rahmen der Kadenz ist ja von Mozart vorgegeben: Zu seiner Zeit und in seinen Werken wird die Kadenz fast ausschließlich eingeleitet durch einen Quartsextakkord auf der Dominante der Tonart. Den Schluss bildet (wenn das Thema des Satzes dies zuläasst) ein Triller, der auf dem Grundton (der Satztonart) endet. Der Raum dazwischen ließe sich rein theoretisch eben auch vollkommen willkürlich füllen. Aber für mich macht die Qualität einer Aufnahme einer der genannten sechs Konzerte unter anderem auch aus, was für eine Kadenz der Pianist entwirft (oder welche Fremkadenz er spielt). Passt sie in das Werk? Ist sie nicht zu übertrieben virtuos? Etc.).
Es gibt einige berühmte Fremdkadenzen, die für die entsprechenden Konzerte sehr oft gespeitl werden:
Für das Konzert Nr. 20 in d-moll, KV 466 hat Ludwig van Beethoven zwei Kadenzen geschrieben: Eine äußerst grandiose (wenn eigentlich auch teils recht unmozartische) Kadenz für den ersten Satz, sowie eine etwas "stilistisch missratene" (auch etwas weniger geniale) für den letzten Satz.
Für das Konzert Nr. 26 in D-Dur hat der Russe Wanda Landowska ebenfalls Kadenzen geschrieben und dabei versucht, sie möglichst an Mozarts Stil zu orientieren, was ihm auch recht ordentlich gelingt. Ich denke diese Kadenzen sind schön, aber nicht herausragend.
Da diese Kadenzen häufig gespielt werden bleiben im Grunde genommen nur die anderen vier Klaverkonzerte, für die bei jeder Aufführung eine Lösung gefunden werden muss.
Hier würde mich sehr interessieren, welche Aufnahmen der Klavierkonzerte ihr Besitzt und wer da bei diesen Konzerten die Kadenzen ersonnen hat und wie ihr sie stilistisch und ästhetisch einschätz?
Für das Konzert Nr. 24 in c-moll, KV 491 z.B. liegt meine bisherige Präferenz bei einer Kadenz von Evgeny Kissin (EMI Classics, Evgeny Kissin mit dem Londoner Symphonieorchester unter Sir Colin Davis: Mozart Konzert Nr. 24 und Schumann Klavierkonzert). Überhaupt betrachte ich diese Kadenz als ein Musterbeispielvon Fremdkadenzen für Mozartkonzerte. Kissin passt sich sher gekonnt Mozarts Kadenz-Stil an, ohne zu übertreiben. Dass die Kadenz trotzdem etwas wuchtig und virtuos ist, ist diesem mächtigen Werk in c-moll auch durchus angemessen.
Ansonsten bin ich gerade erst auf der aktiven Suche nach weiteren Fremdkadenzen, besonders auch, was Gesamteinspielungen der Klavierkonzerte angeht. Ich besitze die spätere der beiden Gesamteinspielungen bon Daniel Barenboim (mit den Berliner Philharmonikern). Bei den vier fraglichen Konzerten hat Barenboim hier selber Kadenzen geschrieben, die ich jedoch z.B: wenieger passend und schön finde also etwa in einer Gesamteinspielung der Klavierkonzerte von Alfred Brendel. Dieser hingegen hat meiner Ansicht nach zumindest sehr kreative Kadenzen geschaffen, die jedenfalls was das aufgreifen und weiterverarveiten der Themen eines Satzes angeht sehr gut sind.
Um nocheinmal auf die übrigen Konzerte zurückzukommen: Meistens respektieren die Pianisten Mozarts Genie und Können und spielen dessen eigene Kadenzen. Trotzdem gab es auch Pianisten, die zu den übrigen Konzerten Kadenzen entworfen hat, als Alternative zu den Mozart-eigenen. Hier würden mich besonders die des Engländers Edwin Fisher interessieren, der meiner Information nach zu ALLEN Klavierkonzerten von Mozart eigene Kadenzen entworfen hat. Aber da gibt es auch ältere Namen wie etwa Mozarts Schüler Johann Nepumuk Hummel, der für die Konzert KV 466 und das letzte KV 595 eigene Kadenzen geschrieben hat.
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Von den Klavierkonzerten einmal abgesehen, hat Mozart soweit ich weiß zu allen anderen seiner Solokonzerte eigene Kadenzen geschrieben, d.h., dass Problem der Stilart taucht dort nicht auf.
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So,
mich würde nun also interessieren, was ihr für Kadenzen der sechs betreffenden Konzerte kennt und was ihr dazu denkt. Ich bitte darum dann konkrete Aufnahmen zu nennen, da ich wiegesagt auf der Suche bin. Oder allgemein zu Mozarts Kadenzen, was euch gefällt und was nicht? Welchen Stellenwert haben die Kadenzen für euch? Beachtet ihr sie überhaupt groß? Etc. Etc, was euch alles so zu diesem Thema einfällt.
Ich persönlich mag in Mozartsklavierkonzerten oft besonders die Stellen um die Kadenz herum: Besonders die Gesaltung und Steigerung zur Kadenz hin, aber auch die Wiederaufnahem durch das Orchester etc.
Viel SPaß beim diskutieren