Der Ring, der nie gelungen - Richard Wagner: Der Ring des Nibelungen

  • Wenn es CD sein soll, würde ich als absoluten Klassiker der Diskographie Solti nehmen und von der Aufnahme ausgehend meinen eigenen Geschmack entwickeln.

    Dieser Empfehlung würde auch ich mich anschließen wollen. Warum? Die Aufnahme hat für mich noch immer auf der ganzen Linie das höchste Niveau. Ohne sie hätte auch ich keinen richtigen Umgang zu Wagners Musik gefunden. Sie ist auch mein Maßstab. Sänger, Orchester, Dirigent - es stimmt einfach alles, wenngleich einzelne Leistungen durchaus auch kritisch zu beleuchten sind. Womit sich spätere Einspielungen nicht mehr rühmen können, ist ein so hochkarätiges Aufnahmeteam im Hintergrund um den damaligen Decca-Produzenten John Culshaw, das eine genaue künstlerische und ästhetische Vorstellung davon hatte, wie man Wagners "Ring" mit der größtmöglichsten Wirkung auf Tonträgern festhalten muss. Die kannten jede Note und wachten über jedem Ton. Der Aufnahme haftet nichts eigentlich historisches an, was sie im Vergleich mit modernen Produktionen der Gegenwart entfernen würde. Historisch ist sie nur insofern, als es nach meiner Überzeugung nie wieder gelang, dieses Werk so allseits gelungen für die Ewigkeit festzuhalten. Sie vermittelt für mich noch eine Vorstellung davon, was Magie ist. Danach sucht man in vielen Aufnahmen der Folgezeit vergeblich. Die Wiener Produktion ist selbst ein Festspiel.


    Der hier auch gepriesene "Ring" aus dem Dresden der DDR mit Janowski hat seine Meriten. Er klingt viel leichter und auch sportlicher als die Solti-Einspielung. Es fehlt mir aber das, was ich als die schon erwähnt Magie oder auch das Geheimnis nennen würde. Insofern ist sie eine unter vielen. Solti aber ist einzig. Die von ihm dirigierte Einspielung ist außerden eine der erfolgreichsten Plattenproduktionen seit es solche gibt. Hier ist sie in technisch aufgebessertem Klang:


    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Danke,


    ja - der Solti Ring......und ich bin ja ein großer Solti Freund. Aber erstmal reinhören in den Janowski Ring......


    Kalli

  • Auf RBB Kultur kann man noch den live Ring von letzter Woche aus der DOB nachhören, mit Nina Stemme als Brunhilde und für mich vielen Entdeckungen, da ich vielleicht Sänger noch nicht gehört habe.

  • Ich denke, dass ich mir in den nächsten Tagen wieder verstärkt einige "Götterdämmerungen" anhören (vor allem Janowski/Dresden und Levine/MET) und ansehen (Levine/Schenk/MET und Sawallisch/Lehnhoff/München) werde.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • als absoluten Klassiker der Diskographie Solti

    Solti/Wiener Philharmoniker

    Sie ist auch mein Maßstab. Sänger, Orchester, Dirigent - es stimmt einfach alles, wenngleich einzelne Leistungen durchaus auch kritisch zu beleuchten sind.

    Nach vielen Jahren der Beschäftigung mit dem "Ring" kehrte ich zuletzt auch vermehrt zum Klassiker unter Sir Georg Solti zurück. Vor etwa fünfzehn Jahren war diese legendäre Decca-Produktion, 1958 begonnen und 1965 vollendet, auf CD noch sehr preisintensiv (ich meine, sie kostete mich damals etwa EUR 130). Mittlerweile gibt es sie für etwa die Hälfte. Der Preisverfall ist schon unglaublich. Beim Werbepartner bekommt man für etwa EUR 30 mittlerweile den (gar nicht üblen) Naxos-"Ring" unter van Zweden und für wenig mehr jenen unter Karajan, ein weiterer Klassiker der Diskographie. Beim Ex-Werbepartner, der nicht mehr genannt werden soll, kann man den Solti-"Ring" allerdings auch bereits für wenig über EUR 50 abstauben. Davon konnte man damals nur träumen. Der Preis ist also, meine ich, nicht mehr so gewichtig als Argument, nicht gleich zum legendärsten Studio-"Ring" zu greifen. Vieles wurde darüber bereits geschrieben. In etlichen Belangen erscheint diese Produktion der Decca noch heute referenzträchtig. Im Detail kann man natürlich trotzdem dies und das bemängeln. Besonders das 1958 eingespielte "Das Rheingold" ist noch eine Reminiszenz auf die goldene Ära, was sich anhand der Besetzung mit Kirsten Flagstad und Set Svanholm erkennen lässt, beide ja eigentlich schon im Herbst ihrer Karriere. Chronologisch folgte sodann 1962 der "Siegfried", den ich nach wie vor für die gelungenste Einzelaufnahme bei Solti halte und der für mein Empfinden auch nie besser eingespielt wurde. Hier stimmt für meine Begriffe einfach alles. Selbst der teils als "zu ältlich" bekrittelte Hans Hotter ist gerade hier als Wanderer ja ungemein stimmig. Auch Soltis doch zuweilen sehr zugespitzter und forscher Dirigierstil scheint bei dieser Oper idealtypisch. Bei der "Götterdämmerung" von 1964 und bei der "Walküre" von 1965 gäbe es da schon dies und das, was mir nicht ganz so gefällt, aber irgendwie ist es doch recht kleinlich, hier zu meckern, sieht man sich an, wie diese Wagner-Opern mittlerweile teilweise gesungen werden. Und dass Solti zuweilen die Gäule etwas arg durchgehen, sei ihm verziehen, auch wenn ich so manche Stelle gerne mehr ausgekostet dargeboten bekommen würde, wo ein wenig "drüber" dirigiert wird.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Ich habe das Glück, diese limitierte Ausgabe zu besitzen. Eine der Säulen meiner bescheidenen Sammlung.


    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • In meiner Sammlung befinden sich 32! Ring Aufnahmen.

    Ich muss sagen, dass der Solti Ring für mich lediglich im Mittelfeld spielt.

    Zuviel Effekthascherei (Blech) und mir fehlt irgendwie, der große Bogen.

    Hört sich für mich zu sehr zusammen geschnipselt an.


    Zum Thema Effekthascherei passt auch gut das Video zum Trauermarsch.

    Da frage ich mich echt, was dieses herum gehampel von Solti da teilweise soll 🤦🏻‍♂️



    Viele Grüße,

    Holger

    "Es ist nicht schwer zu komponieren.
    Aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen"
    Johannes Brahms

  • Da frage ich mich echt, was dieses herum gehampel von Solti da teilweise soll 🤦🏻‍♂️

    Das war Soltis typischer, sehr eigenwilliger Dirigierstil, den man ja auch in zahlreichen anderen Filmmitschnitten ersehen kann. Nicht wenige Orchestermusiker hatten mit seinen "Zuckungen" ihre Probleme, soviel ich hörte. Aber so war er eben. Ich halte das nicht für Effekthascherei, sondern Individualität.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Aha,


    und was sind dann für dich die Topaufnahmen aus der Stereozeit ? Würde mich sehr interessieren.


    Kalli

    Keilberth, Böhm, Karajan, Janowski (Dresden), Barenboim und Thielemann (Bayreuth), Weigle.

    Alle, für mich, viel schlüssiger und deutlich authentischer.

    Der Solti Ring hört sich, mit Verlaub, „künstlich“ an.


    Viele Grüße,

    Holger

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  • Das war Soltis typischer, sehr eigenwilliger Dirigierstil, den man ja auch in zahlreichen anderen Filmmitschnitten ersehen kann. Nicht wenige Orchestermusiker hatten mit seinen "Zuckungen" ihre Probleme, soviel ich hörte. Aber so war er eben. Ich halte das nicht für Effekthascherei, sondern Individualität.

    Naja, die einen sagen so und die anderen so.

    Der Instrumentalist muss beim Dirigat wissen, was der Dirigent möchte.

    Kann man das nicht ableiten, ist es überflüssiges „Gehüpfe“ und eben ein Stückweit Effekthascherei.

    Schau mal wie Richard Strauss dirigiert hat.

    Absolute Ruhe und das Orchester ist nicht stehen geblieben.


    Viele Grüße, Holger

    "Es ist nicht schwer zu komponieren.
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    Johannes Brahms

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    Ich muss sagen, dass der Solti Ring für mich lediglich im Mittelfeld spielt.

    Zuviel Effekthascherei (Blech) und mir fehlt irgendwie, der große Bogen.

    Hört sich für mich zu sehr zusammen geschnipselt an.


    Zum Thema Effekthascherei passt auch gut das Video zum Trauermarsch.

    Da frage ich mich echt, was dieses herum gehampel von Solti da teilweise soll 🤦🏻‍♂️

    Der Trauermarsch ist herausgelöst aus einer umfänglichen Dokumentation der BBC. Dadurch wird auch ein Zerrbild produziert. Die oben abgebildete DVD ist noch im Handel. Sie vermittelt vielmehr einen staken Eindruck von der Hingabe und Ernsthaftigkeit dieser bis dahin einzigartigen Produktion. Solti war Ungar und als solcher mit einem Temprament ausgestattet, das sich andere nicht so gut vorstellen können und wollen. Mit den Jahren nahm das Feuer ab. Viel interessanter an dem Ausschnitt ist für mich etwas anderes. Da sind meist sehr gestandene Herren versammelt, die mit Anzug und Krawatte ihren Dienst am Pult versehen. Nur zwei Frauen sind an Harfen auszumachen. Wie er, Solti, diese Mannen befeuert, grenzt an Wunder. Der Dirigent lässt keinen Zweifel daran, wer Koch und wer Kellner ist. Heute geht es in Orchestern sehr viel demokratischer zu. Der Einzug von immer mehr Frauen hat vieles verändert. Auch insofern ist dieser "Ring" ein wichtiges und packendes historisches Dokument.

    Hört sich für mich zu sehr zusammen geschnipselt an.

    Diesen Eindruck hatte ich nie. :no:


    Wer mehr über den Aufstieg von Solti, seine Förderer und seinen "Ring" erfahren will, dem sei dieses Buch empfohlen:


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    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Ich muss sagen, dass der Solti Ring für mich lediglich im Mittelfeld spielt.

    Zuviel Effekthascherei (Blech) und mir fehlt irgendwie, der große Bogen.

    Hört sich für mich zu sehr zusammen geschnipselt an.


    Der Solti Ring hört sich, mit Verlaub, „künstlich“ an.

    Endlich sagt das mal jemand! Ich höre es genauso. Effekthascherei, etwa am Ende des 1. Aktes der "Götterdämmerung", wenn Siegfrieds Stimme künstlich zur Gunther-Stimme nachgedunkelt wird. Von der Papierform, also der Besetzung her, müsste das eigentlich DER "Ring" sein. Leider ist er es nicht. Hotter ist in "Siegfried" und "Walküre" deutlich über seinen Zenit hinaus - und Frick als Hagen, live in diversen Mitschitten oder auch in anderen Studio-Szenen ein Naturereignis als Hagen, wirkt hier merkwürdig gehemmt und ungefähr.

    Windgassen ist mir für den Siegfried zu lyrisch und die Diktion zu verwaschen, ich habe andere Siegfried-Ideale. Da empfinde ich den Mitschnitt der aktweisen konzertanten RAI-Aufführung unter Furtwängler als weit geschlossener und authentischer als diesen ersten Studio-"Ring", der sich nicht wirklich schloss. Ein nicht geglücktes Labor-Experiment.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Endlich sagt das mal jemand! Ich höre es genauso. Effekthascherei, etwa am Ende des 1. Aktes der "Götterdämmerung", wenn Siegfrieds Stimme künstlich zur Gunther-Stimme nachgedunkelt wird. Von der Papierform, also der Besetzung her, müsste das eigentlich DER "Ring" sein. Leider ist er es nicht. Hotter ist in "Siegfried" und "Walküre" deutlich über seinen Zenit hinaus - und Frick als Hagen, live in diversen Mitschitten oder auch in anderen Studio-Szenen ein Naturereignis als Hagen, wirkt hier merkwürdig gehemmt und ungefähr.

    Windgassen ist mir für den Siegfried zu lyrisch und die Diktion zu verwaschen, ich habe andere Siegfried-Ideale. Da empfinde ich den Mitschnitt der aktweisen konzertanten RAI-Aufführung unter Furtwängler als weit geschlossener und authentischer als diesen ersten Studio-"Ring", der sich nicht wirklich schloss. Ein nicht geglücktes Labor-Experiment.

    Lieber Stimmenliebhaber,


    dem ist nichts mehr hinzuzufügen.


    Viele Grüße, Holger

    "Es ist nicht schwer zu komponieren.
    Aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen"
    Johannes Brahms



  • Eine der Großtaten des Labels Profil/Hänssler ist es, dass es vor bald zehn Jahren die lange schwer greifbare "Ring"-Einspielung unter Hans Swarowsky leicht verfügbar gemacht hat. In diesem Thread wurde schon einiges dazu gesagt. Offenbar spendierte man den Aufnahmen seinerzeit auch ein Remastering. Am Klang gibt es für mein Dafürhalten nichts auszusetzen. Entstanden sind die Einspielungen zwischen 26. Juli und 19. August 1968 in Nürnberg. Ist der genaue Aufnahmeort geläufig? Die Umstände sind seit Jahrzehnten etwas obskur, wurden doch Mitglieder der Tschechischen Philharmonie und das Orchesters des Nationaltheaters Prag zu Rate gezogen. Weltpolitisch befand man sich in der Schlussphase des Prager Frühlings, der am 21. August 1968 durch den Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen endete. Da dies schon davor verständlicherweise für Unruhe sorgte, begaben sich einige tschechoslowakische Musiker zurück in ihr Heimatland; zum Glück sprangen Mitglieder der in Nürnberg ansässigen Orchester (vermutlich des Stadttheaters Nürnberg und der Nürnberger Symphoniker) ein. Bedenkt man dies, so nimmt es geradezu wunder, wie einheitlich überzeugend die Orchesterleistung des so bezeichneten "Großen Symphonieorchesters" ausfällt. Der ganze "Ring" weist zudem eine Kohärenz auf, welche die wenigsten Studioproduktionen haben, sind die Sänger in den wichtigen Partien doch immer dieselben. Ein großes Lob gebührt dem Dirigenten Swarowsky, der einen ganz eigenen Zugang findet, sich stellenweise auch mehr Zeit nimmt als üblich, und doch der Spannungsbogen nicht abreißt.

    Diese "Ring"-Einspielung wurde ursprünglich vom italienischen Label Fratelli Fabbri initiiert und erschien erstmals 1969 auf Platte. 1972 folgte eine Veröffentlichung beim US-Label Westminster. 1995 erfolgte die CD-Premiere bei Weltbild Classics und 2013 die besagte Wiederauflage bei Profil/Hänssler. Es ist somit die zweite stereophone Studioeinspielung der Tetralogie (nach Solti, 1958-1965, und etwas vor Karajan, 1966-1970).


    Die Sängerbesetzung weist einen ausgeprägten Ensemblecharakter auf und setzt weniger auf heute noch geläufige große Namen, dafür mehrheitlich auf sehr gute bis ausgezeichnete Kräfte der sogenannten zweiten Reihe. Rolf Polke verkörpert beide Wotane und den Wanderer und kann mit den berühmten Rollenvertretern mithalten. Er hat die notwendigen stimmlichen Reserven und eine glaubhafte Autorität, singt textverständlich und dringt in die Feinheiten des Librettos vor. Ausnehmend auch Rolf Kühne als Alberich in sämtlichen Auftritten, der weltmännischer als häufig herüberkommt und gleichwohl Gänsehautmomente erzeugt (Szenen mit den Nibelungen etwa). Gerald McKee, hier Siegmund und beide Siegfriede, der ab und zu als gewisser Schwachpunkt genannt wird, ist ein Heldentenor vom alten Schlage, der gleichwohl sein Organ auch zügeln kann; im Vergleich mit heutigen Interpreten besteht er bestens und gibt glaubhaft den Heroen. Mit Herold Kraus hat man einen untypisch ernstzunehmenden Mime, der alles andere als eine Witzfigur ist. Heutzutage würde ein Sänger diesen Kalibers womöglich den Siegfried singen. Der Loge von Fritz Uhl ist vielleicht gar der prominenteste Name in der Besetzung. Hier scheint er voll in seinem Element und ist absolut überzeugend eingesetzt. Otto von Rohr, in der Gesamtaufnahme der Fasolt, Hunding und Hagen, wäre unserer Tage vermutlich ein Weltstar im Bassfach. Bei den Damen ist zuvörderst die Brünnhilde von Naděžda Kniplová anzuführen, die stellenweise an die Nilsson gemahnt. Teils wurde ihre Schärfe kritisch beäugt, doch hat sie dafür eine Durchschlagskraft sondergleichen, welche den meisten späteren Rollenvertreterinnen abgeht. Eine furchteinflößende Walküre der alten Schule. Für meine Begriffe formidabel auch Ditha Sommer, hier eingesetzt als Sieglinde und später als Gutrune. Unter den bekannteren Namen gewiss Ruth Hesse, welche das wenig sympathische (wenn auch teils verständliche) Bild der Fricka überzeugend zeichnet und in der "Götterdämmerung" die Waltraute gibt. Ursula Boese verkörpert eine raumfüllende Erda. Die kleineren Partien sind absolut rollendeckend besetzt und könnten mittlerweile als luxuriös gelten.

    Nach wie vor der große Geheimtipp unter den "Ring"-Aufnahmen. Wer nur Studio und Stereo gelten lässt, kommt hieran schwer vorbei, zumal der Preis nach wie vor günstig ist.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Bei den Damen ist zuvörderst die Brünnhilde von Naděžda Kniplová anzuführen, die stellenweise an die Nilsson gemahnt. Teils wurde ihre Schärfe kritisch beäugt, doch hat sie dafür eine Durchschlagskraft sondergleichen, welche den meisten späteren Rollenvertreterinnen abgeht. Eine furchteinflößende Walküre der alten Schule.

    Außer im Swarowsky-"Ring", auf den sich Josephs Bemerkung bezieht, ist die Kniplová auch in der von Wolfgang Sawallisch geleiteten Rai-Produktion von 1968 anzutreffen. Hatten wir die schon? Sie ist vor Jahren bei Myto erschienen. Hier die komplette Besetzung:


    Richard Wagner

    DER RING DES NIBELUNGEN


    Orchestra della RAI di Roma

    Coro della RAI di Roma

    Dirigent: Wolfgang Sawallisch


    Rom, Livekonzert 1968

    MYTO


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    DAS RHEINGOLD

    Alberich: Zoltán Kélémen

    Donner: Thomas Tipton

    Erda: Oralia Dominguez

    Fafner: Karl Ridderbusch

    Fasolt: Gerd Nienstedt

    Flosshilde: Ilse Gramatzki

    Freia: Leonore Kirschstein

    Fricka: Janis Martin

    Froh: Hermann Winkler

    Loge: Herbert Schachtschneider

    Mime: Erwin Wohlfahrt

    Wellgunde: Ingrit Liljeberg

    Woglinde: Lieselotte Hammes

    Wotan: Theo Adam


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    DIE WALKÜRE

    Brünnhilde: Nadezda Kniplova

    Fricka: Janis Martin

    Gerhilde: Lieselotte Rebmann

    Grimgerde: Cvetka Ahlin

    Helmwige: Daniza Mastilovic

    Hunding: Gerd Nienstedt

    Ortlinde: Elisabeth Schwarzenberg

    Rossweisse: Raili Kostia

    Schwertleite: Aili Puroner

    Sieglinde: Hildegard Hillebrecht

    Siegmund: Eberhard Katz

    Siegrune: Jane Murray Dillard

    Waltraute: Irene Dalis

    Wotan: Theo Adam

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    SIEGFRIED

    Alberich: Zoltán Kélémen

    Brünnhilde: Nadezda Kniplova

    Der Wanderer: Theo Adam

    Erda: Oralia Dominguez

    Fafner: Karl Ridderbusch

    Mime: Erwin Wohlfahrt

    Siegfried: Jean Cox

    Stimme des Waldvogels: Ingrid Paller


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    GÖTTERDÄMMERUNG

    Alberich: Zoltán Kélémen

    Brünnhilde: Nadezda Kniplova

    Floßhilde : Ilse Gramatzki

    Gunther: Thomas Tipton

    Gutrune: Leonore Kirschstein

    Hagen: Gerd Nienstedt

    Norn (1): Ruza Pospinov

    Norn (2): Helga Dernesch

    Norn (3): Elisabeth Schwarzenberg

    Siegfried: Jean Cox

    Wellgunde: Ingrit Liljeberg

    Woglinde: Christa Lehnert

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Auf Naděžda Kniplová im "Ring" möchte ich nochmals zurückkommen. Bei den ersten Osterfestspielen in Salzburg 1967, in deren Mittelpunkt "Die Walküre" stand, holte sie Herbert von Karajan als Brünnhilde in der letzten von drei Vorstellungen. Davon hat sich auch ein - offenkundig privater - Mitschnitt erhalten, der allerdings etwas scharf klingt.


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    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Dieser Tage stieß ich auf die Monographie "Das Drama Richard Wagner's" (1892) von Houston Stewart Chamberlain, seinem postumen Schwiegersohn, wo dieser sich mit den Opern des Schwiegervaters beschäftigt. Es finden sich darin einige, wie ich meine, ungemein kluge Überlegungen zum "Ring", die ich für interessant genug halte, sie hier zumindest kurz zu skizzieren (Copyright-Probleme dürfte es hier keine geben).


    "Wenn man nun den ganzen 'Ring' überblickt, so wird man finden, daß im 'Rheingold' der Sprache beinahe durchweg eine fast vorwiegende Rolle als dramatisches Ausdrucksmittel zuteil wird, in der 'Walküre' dagegen die Musik, sowohl nach der mehr lyrischen wie nach der dramatischen Seite zu, mit größerer Selbständigkeit auftritt, abwechseln aber mit Szenen, in denen die Sprache noch 'das große Wort führt' und in denen, wenn ich mich so ausdrücken darf, ein Ringen zwischen Wort und Ton stattfindet; 'Siegfried' dürfte uns, wenigstens in seinen zwei ersten Akten, unter den sämtlichen Schöpfungen Wagner's als das Werk des absoluten Gleichgewichtes zwischen Wort und Ton erscheinen, - ich glaube auch, daß es deswegen in einen gewissen Sinne als sein klassisches Werk gelten kann; 'Götterdämmerung' ist eine riesige Symphonie, es ist fast durchweg 'absolute Musik', in dem dramatischen Sinne nämlich, welcher diesem Worte nach der Wagnerschen Auffassung zukommt." (S. 116)


    Ich war dann recht erstaunt, dass Chamberlain ein Hauptproblem des heutigen Wagnergesangs bereits damals anspricht, wenn er auf das "Rheingold" besonders eingeht:


    "Am allerdeutlichsten erkennt man die Wahrheit meiner Behauptung im 'Rheingold', denn daß dieses Werk allgemein weniger gefällt, beruht auf dem besagten Verhältnis zwischen Sprache und Musik. Für die herrliche Sprache des 'Rheingold' haben wir wenig Sinn, oder sie wird verständnislos deklamiert, und die Herrlichkeit dieser Musik ist so verknüpft mit dem Worte, so bedingt durch das Wort, daß sie allein ebenso unbegriffen dahingleitet wie ein Beethovensches Quartett. Gerade 'Rheingold' wird auch am schlechtesten aufgeführt, denn der Stil der ganzen Aufführung, namentlich der Musik, könnte erst aus jenem 'lebensgebenden Mittelpunkt des dramatischen Ausdruckes' – aus dem Wortvers des Darstellers – gewonnen werden, und wie sollte ein Opernpersonal das fertig bringen? Nun bedenke man aber, daß im 'Rheingold' die Grundlage zum ganzen Wotans-Drama gelegt wird, daß alles, was zum Schlusse der 'Götterdämmerung' geschieht, aus dem hier Geschehenden hervorgeht, daß der 'Gedanke' Wotan's und die furchtbaren Seelenkämpfe dieses Helden, bis er 'die Welt enden sieht', hier ihren Ursprung haben, und daß die Musik, welche wiederum das über das ganze Werk sich erstreckende Einheitsband bildet, hier die 'plastischen Natur-Motive aufstellt, welche in immer individuellerer Entwicklung zu den Trägern der Leidenschaftstendenzen der weitgegliederten Handlung und der in ihr sich aussprechenden Charaktere sich gestalten werden' (VI, 377). Wie soll das wahre Drama im 'Ring des Nibelungen' verstanden werden, wenn 'Rheingold' entweder gar nicht oder unverständlich aufgeführt wird? Daß es aber gar nicht oder schlecht aufgeführt wird, rührt von dem besagten Umstande her." (S. 117)

    Chamberlain sieht den "Ring" gerade als besagtes "Wotans-Drama"; auch in der "Götterdämmerung" gebe er vier entscheidende "Wotansszenen (die Nornen, Waltraute, Alberich und Schluß)" (S. 125).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Das sind ja ungefähr so tiefsinnige Einsichten und treffende Urteile wie in seinem "Brief an Hitler" ("Daß Deutschland in der Stunde der Not sich einen Hitler gebiert, das bezeugt sein Lebendigsein; desgleichen die Wirkungen, die von ihm ausgehen; denn diese zwei Dinge – die Persönlichkeit und ihre Wirkung – gehören zusammen.")


    Ich stelle mir schaudernd vor, wie man sich solch erhaben raunende Sentenzen im erlesenen Kreis vorliest, mit einem Schauer der Ehrfurcht und zugleich des achselzuckenden Bedauerns, dass man das heute ja nicht mehr so sagen darf...

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Dieser Tage stieß ich auf die Monographie "Das Drama Richard Wagner's" (1892) von Houston Stewart Chamberlain, seinem postumen Schwiegersohn, wo dieser sich mit den Opern des Schwiegervaters beschäftigt. Es finden sich darin einige, wie ich meine, ungemein kluge Überlegungen zum "Ring", die ich für interessant genug halte, sie hier zumindest kurz zu skizzieren (Copyright-Probleme dürfte es hier keine geben).


    "Wenn man nun den ganzen 'Ring' überblickt, so wird man finden, daß im 'Rheingold' der Sprache beinahe durchweg eine fast vorwiegende Rolle als dramatisches Ausdrucksmittel zuteil wird, in der 'Walküre' dagegen die Musik, sowohl nach der mehr lyrischen wie nach der dramatischen Seite zu, mit größerer Selbständigkeit auftritt, abwechseln aber mit Szenen, in denen die Sprache noch 'das große Wort führt' und in denen, wenn ich mich so ausdrücken darf, ein Ringen zwischen Wort und Ton stattfindet; 'Siegfried' dürfte uns, wenigstens in seinen zwei ersten Akten, unter den sämtlichen Schöpfungen Wagner's als das Werk des absoluten Gleichgewichtes zwischen Wort und Ton erscheinen, - ich glaube auch, daß es deswegen in einen gewissen Sinne als sein klassisches Werk gelten kann; 'Götterdämmerung' ist eine riesige Symphonie, es ist fast durchweg 'absolute Musik', in dem dramatischen Sinne nämlich, welcher diesem Worte nach der Wagnerschen Auffassung zukommt." (S. 116)

    Nach meinem Eindruck sind diese klugen Beobachtungen von Chamberlain und das, was Joseph II. noch von ihm zitiert, in die Wagner-Forschung eingegangen. Im Bühnenalltag sind sie verloren gegangen. Nicht, weil Chamberlai als Person so umstritten ist, sondern, weil es heuzutage einen weniger an den Quellen orientierte Zugang zu Wagner gibt. Es gab mal einen Regisseur, dem genügte nach eigenem Bekunden ein Reclamheft für seine "Ring"-Inzsenierung. Wir hatten hier ja schon die Diskussion, in deren Verlauf Wagners Verse mit viel Spott überzogen wurden.

    Chamberlain sieht den "Ring" gerade als besagtes "Wotans-Drama"; auch in der "Götterdämmerung" gebe er vier entscheidende "Wotansszenen (die Nornen, Waltraute, Alberich und Schluß)"

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    Das finde ich sehr interessant und dutch und durtch plausibel. Joachim Herz hatte in Leipzig den "Ring" auch als Drama Wotans inszeniert. Das ging so weit, dass Wotan auch in der "Götterdämmerung" auftauchte und während des Trauermarsches als hinfälliger Greis durch eine von Adlern gekränten Pylonen-Galerie tapste - siehe Szenenfoto. Mit Siegfried war sein Held dahin. Er trauerte um ihn. Herz verstand den Trauermarsch als Musik des Gottes und setzte damit die Partitur, die er lesen konnte, in seiner Sicht auf der Bühne um.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

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  • dass Wotan auch in der "Götterdämmerung" auftauchte

    Wotan gleichsam als stiller Beobachter der Handlung, ein spannender Gedanke. Insofern gar keine Neuerfindung des Regietheaters, sondern bereits anderthalb Jahrzehnte nach Vollendung des "Nibelungenrings" bei Chamberlain angelegt. Die am Schluss im brennenden Walhall versammelten Götter und Helden sieht man librettogetreu dann ganz am Ende tatsächlich noch einmal, ehe sie komplett von den Flammen verschlungen werden.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • ich glaube auch, daß es deswegen in einen gewissen Sinne als sein klassisches Werk gelten kann; 'Götterdämmerung' ist eine riesige Symphonie, es ist fast durchweg 'absolute Musik', in dem dramatischen Sinne nämlich, welcher diesem Worte nach der Wagnerschen Auffassung zukommt."

    Die Deutung von Chamberlain ist natürlich interessant. Besonders diese Stelle, weil ich sie nicht verstehe - sie klingt so gar nicht in Wagners Sinne. ^^ "Absolute Musik" - der Begriff stammt tatsächlich ursprünglich von Wagner und ist kritisch gemeint als Bezeichnung für die reine Instrumentalmusik bzw. die romantische Idee reiner Instrumentalmusik. "Absolut" - die Bedeutung kommt von Wagners Rezeption der Philosophie von Ludwig Feuerbach her. Bei Hegel ist "absolut" (der "absolute Geist") gleichbedeutend mit "konkret". Beim Hegel-Kritiker Feuerbach, der Hegel "vom Kopf auf die Füße" stellen will, bekommt Hegels denkender Geist als Rein-Begriffliches die Bedeutung von "abstrakt" im Sinne von abgezogen von den konkreten Bedingungen der Leiblichkeit. Entsprechend ist "absolute Musik" bei Wagner kritisch gemeint, als eine rein instrumentale Musik, die sozusagen entwurzelt ist, "abstrakt" bleibt, weil nicht mehr gebunden an die Sprache. Dass ausgerechnet die "Götterdämmerung" "absolute Musik" sein soll, klingt daher eher wie Anti-Wagner. Und was ist da der "dramatische Sinn"?


    Schöne Grüße

    Holger

  • Dass dem Wort vor allem im "Rheingold" eine besondere Bedeutung zukommt, würde ich jedenfalls unterstreichen wollen. Es ist diejenige der "Ring"-Opern, wo die Oper dem Sprechtheater am nächsten kommt, weswegen Wortdeutlichkeit hier eine ganz besondere Rolle hat, mehr noch als sie es bei Wagner ohnehin beansprucht. Das könnte auch beispielsweise der Grund sein, wieso der wortgewaltige und sehr textverständliche Dietrich Fischer-Dieskau als "Rheingold"-Wotan durchaus auf seine Art zu überzeugen wusste, dieses Experiment aber nicht für "Walküre" und "Siegfried" versucht wurde (einmal abgesehen von den stimmlichen Anforderungen).

    Wenn "Götterdämmerung" nun ein besonders symphonischer Charakter zugeschrieben wird, dann geht man m. E. darin nicht fehl. Dies zeigt sich schon in den ausgesprochen ausgedehnten rein symphonischen Momenten, zuvörderst Siegfrieds Rheinfahrt und Siegfrieds Trauermarsch, beides auf ihre Art Tondichtungen, die tatsächlich auch aus dem Musikdrama herausgelöst funktionieren und nicht grundlos häufig im Konzertsaal erklingen. Dazu kommt noch ein langes orchestrales Zwischenspiel im ewig langen ersten Aufzug. Und das Vorspiel ist ja hier beinahe ein eigener Akt, der noch davor steht und eine gute halbe Stunde dauert.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Wenn "Götterdämmerung" nun ein besonders symphonischer Charakter zugeschrieben wird, dann geht man m. E. darin nicht fehl. Dies zeigt sich schon in den ausgesprochen ausgedehnten rein symphonischen Momenten, zuvörderst Siegfrieds Rheinfahrt und Siegfrieds Trauermarsch, beides auf ihre Art Tondichtungen, die tatsächlich auch aus dem Musikdrama herausgelöst funktionieren und nicht grundlos häufig im Konzertsaal erklingen. Dazu kommt noch ein langes orchestrales Zwischenspiel im ewig langen ersten Aufzug. Und das Vorspiel ist ja hier beinahe ein eigener Akt, der noch davor steht und eine gute halbe Stunde dauert.

    Das leuchtet mir ein. Allerdings fordert das die Wagner-Deutung geradezu heraus. Wagner hatte ja in Bezug auf Beethovens 9. von der "Erlösung der Musik durch das Wort" gesprochen. Und die bleibt ausgerechnet hier aus.... ;)

  • Noch ein paar weitere interessante Gedanken zum "Ring":


    "Der Stil ward immer polyphoner, symphonisch durchgearbeiteter, je weiter die Trilogie vorschritt. Das 'Rheingold' zeigt noch am meisten Verwandtschaft mit dem mehr homophonen Stile des 'Lohengrin'; die 'Walküre' ist am nächsten mit 'Tristan und Isolde' zu vergleichen; im 'Siegfried' nähert sich der Stil mehr dem der 'Meistersinger'; die 'Götterdämmerung' ragt über alles bis dahin Geleistete hinaus und steht völlig selbständig da. Damit soll aber keineswegs gesagt sein, daß in den vier Abenden der Tetralogie etwa vier ganz verschiedene Stile zu finden sind. Das einheitliche Band, welches sie alle umschlingt, ist zunächst die konsequente Durchführung des rein deklamatorischen Stiles, welcher nur da in abgeschlossene Formen übergeht, wo die Situation es bedingt, wobei die Liedform keineswegs ausgeschlossen ist (Mimes Lied, Siegmunds Liebesgesang, Siegfrieds Schmiedelieder). Ebenso bringt R. Wagner Ensemblesätze da, wo sie hingehören (Terzett der Rheintöchter, Chor der Walküren, Chor der Mannen Gunters, Schlußensemble in der Liebesszene zwischen Siegfried und Brünnhilde, Terzettgesang am Schluß des 2. Akts der 'Götterdämmerung'), sowie selbständige Instrumentalsätze (Walkürenritt, Feuerzauber, Siegfrieds Rheinfahrt und Trauermusik)."


    (Richard Pohl, Gesammelte Schriften über Musik und Musiker, Bd. 1: Richard Wagner. Studien und Kritiken, Leipzig 1883, S. 265)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Nach dem Anhören von „Das Rheingold“ unter Böhm bin ich doch etwas enttäuscht, nach allem, was ich über die Aufnahme gehört habe. Mindestens zwei der drei Rheintöchter wirken doch eher tantenhaft statt quecksilbrig-erotisch, Alberich klingt harmlos statt dämonisch, die Blechbläser tönen bisweilen indisponiert, und trotz HD-Sound (Blu-Ray) klingt es doch etwas topfig.


    Ich werde aber selbstverständlich die komplette Tetralogie hören, bevor ich mir mein endgültiges Urteil bilde.


    Gutes Hören

    Christian Hasiewicz

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Danke für diese ersten Eindrücke. Ich habe lange nicht mehr in diesen "Ring"-Zyklus gehört und war auch nie so absolut ein Anhänger desselben. Für manche der Mitwirkenden kam er etwas spät. Ein direkter Vergleich mit den beiden anderen großen "Ring"-Aufnahmen der 1960er Jahre, Solti (Decca) und Karajan (DG), ist zwar einerseits reizvoll, andererseits aber auch mit etwas Vorsicht zu genießen, handelt es sich bei den beiden genannten doch um wirkliche Studioproduktionen, während Philips im Falle Böhms in den Jahren 1966 und 1967 bei den Bayreuther Festspielen live mitschnitt. Genaue Aufnahmedaten konnte ich auf die Schnelle gar nicht ermitteln, es wurde vermutlich bei mehreren Vorstellungen (und evtl. bei den Proben) aufgenommen. Klanglich kann der Böhm-"Ring" nicht mit den anderen mithalten; besonders bei Solti ist das eine andere Klangwelt. Schnitzer und Patzer passieren live naturgemäß und sind bei einem solchen Mammutwerk wohl auch gar nicht zu vermeiden. Vielleicht sollte man Böhms "Ring" dann auch eher mit jenem Keilberths von 1955 vergleichen, der von Decca seinerzeit ebenfalls unter Live-Bedingungen und bereits in Stereo mitgeschnitten wurde. Interessant erscheint mir in diesem Zusammenhang, dass die LPs der Böhm-Einspielung offenbar erstmals im Jahre 1973 aufgelegt wurden, die Veröffentlichung sich also um etliche Jahre verzögerte. Was waren die Gründe? Haderte Philips gar zunächst?

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    – Luís de Camões

  • Die Geschichte des "Böhm"-Rings ist sogar noch komplexer als ich dachte:


    Ursprünglich wollte die Deutsche Grammophon Gesellschaft (sic) 1966 sowohl den "Tristan" als auch den kompletten "Ring" unter Böhm in Bayreuth einspielen. Birgit Nilsson wünschte sich aufgrund der Kraftanstrengungen, die ihr die Isolde abverlangte, eine Verschiebung zumindest eines Großteils des "Rings". So wurden 1966 einzig das "Rheingold" (wo sie gar nicht mitwirkte) und "Siegfried" mitgeschnitten. Böhm dirigierte nur die jeweils erste Vorstellung, die weiteren übernahm Otmar Suitner. Ursprünglich sollte Böhm den "Ring" in Bayreuth 1967 gar nicht mehr dirigieren, es war einzig Suitner vorgesehen. So begab es sich, dass Böhm 1967 noch einmal einzig für die noch nicht eingespielte "Walküre" und "Götterdämmerung" zurückkehrte und jeweils zwei der drei Vorstellungen übernahm (die dritten abermals Suitner) und die DG wiederum die Böhm-Vorstellungen zur späteren Veröffentlichung mitschnitt.


    Sodann sollte dieser "Ring" unter dem DG-Label erscheinen, wie es der "Tristan" tat, doch legte Karajan sein Veto ein, der parallel einen Studio-"Ring" für die DG in Berlin einspielte. Das Label ließ sich darauf ein und legte den Böhm-"Ring" erst einmal ad acta. Im Jahre 1972 erwarb Philips schließlich die Rechte daran und brachte ihn im Folgejahr doch noch auf den Markt.


    Auf den CD-Ausgaben sind die Aufnahmedaten vage und teils sogar falsch angegeben. Die tatsächlichen Aufnahmedaten ergeben sich mithilfe der Datenbank der Bayreuther Festspiele:


    "Das Rheingold": 26. Juli 1966 (plus evtl. Proben)

    "Die Walküre": 23. Juli 1967, 10. August 1967 (plus evtl. Proben)

    "Siegfried": 29. Juli 1966 (plus evtl. Proben)

    "Götterdämmerung": 27. Juli 1967, 14. August 1967 (plus evtl. Proben)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

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    – Luís de Camões

  • Es ist wohl klar, daß ich für diese Inszenierung auch geschenkte Karten in den Sondermüll entsorgen würde. Mich würde viel mehr interessieren, ob so was auch Anhänger findet und warum?

    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

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