CHABRIER, Emmanuel: LE ROI MALGRÉ LUI

  • Emmanuel CHABRIER


    LE ROI MALGRÉ LUI


    (König wider Willen)


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    OPERA COMIQUE in drei Akten


    Libretto von Emile de Najac & Paul Burani


    Uraufführung am 18. MAI 1887 in Paris


    Die Handlung spielt im Jahr 1574 in Krakau


    Originalsprache: Französisch


    Die Personen


    Henri de Valois, gewählter König von Polen - Bariton
    Comte de Nangis, Henris Freund – Tenor
    Laski, Polnischer Adliger und Eigentümer Minkas – Bass
    Minka, Leibeigene Laskis – Sopran
    Alexina, Herzogin von Fritelli und Nichte Laskis – Sopran
    Duc de Fritelli, Italienischer Adliger, Kanzler des Königs und Gatte Alexinas – Bariton
    Basile, ein Wirt – Tenor
    Liancourt, ein französischer Adliger- Tenor
    D'Elboeuf, ein französischer Adliger – Tenor
    Maugiron, ein französischer Adliger – Bariton
    Comte de Caylus, ein französischer Adliger - Bariton
    Marquis de Villequier, ein französischer Adliger – Bass
    Ein Soldat – Bass
    Sechs Dienerinnen – Sopran und Mezzosopran
    Pagen, Französische und polnische Adelige, Soldaten, Diener, Volk


    Orchester: Streicher, je zwei Flöten (Pikkolo), Oboen, Klarinetten, Fagotte, 4 Hörner, 3 Trompeten (cornets a piston), 3 Posaunen, Pauken und Schlagzeug sowie 2 Harfen.
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    1: Akt
    Ein Schloss in der Umgebung von Krakau, 1574


    Das polnische Volk, dessen König jüngst ohne Nachfolger gestorben war, hat den jüngeren Bruder des französischen Königs und Herzog von Anjou, Henri de Valois, zum König gewählt. Obwohl der nicht die geringste Lust dazu hatte, hatte Henri den Befehl seiner Mutter, Katharina von Medici, befolgt und war nach Polen gereist. Am nächsten Tag soll er endlich gekrönt werden, aber schon jetzt können Henri und sein Gefolge ihre Langeweile und ihr Heimweh nach Frankreich kaum unterdrücken. Angeödet spielen sie Karten Introduction: „Cinq, Trois, J’ai gagne“)


    Henris Freund Nangis kommt von einer Erkundungstour nach Krakau zurück, auf der er außerdem Soldaten für die Leibwache des Königs anwerben sollte. (Rondeau: „Huit jours, mort de ma vie“). Er berichtet, dass die Mehrzahl der Polen auf Henris Seite stünde. Lediglich die Aristokraten unter ihrem Führer Fürst Laski betrieben nach wie vor die Inthronisierung des Erzherzogs von Österreich. Für die Polen hat auch Nangis wenig übrig, wohl aber für ein Mädchen, das er in Krakau traf. Dann präsentiert er die Angeworbenen, die dem künftigen König von Polen die Treue schwören. (Choeur: „Solides, fideles“) Man hält es für sicherer, dass Henri bis zur Krönung inkognito verborgen bleibt.


    Der Herzog von Fritelli, ein gebürtiger Venezianer, den die Franzosen zum Kammerherrn ernannt hatten, will die Vorbereitungen des Krönungszuges besprechen, tatsächlich aber etwas über Henris Pläne zu erfahren, denn er gehört zu den Mitverschwörern Laskis. Voller Opportunismus heuchelt er Sympathie mit dem heimwehkranken Henri und verspottet die Polen (Couplets: „Le Polonais est triste et grave“). Tatsächlich nimmt er aber nur an der Verschwörung teil, weil er mit Laskis Nichte Alexina verheiratet ist. Die aber tanzt dem tumben Toren kräftig auf der Nase herum, ohne dass er es merkt.


    Nangis berichtet von seiner Liebe zu der Leibeigenen Minka, die er nur deshalb nicht mit sich genommen hatte, weil sie ihm berichten soll, sobald die Verschwörer um ihren Besitzer Laski zur Tat schreiten wollen. Angeblich um Neues zu berichten, tatsächlich aber um ihren Geliebten zu sehen, kommt Minka herbei geeilt. Nangis muss einem Wachsoldaten Prügel androhen, der die Leibeigene davon peitschen will (Entree de Minka et scene: „Ah laissez-moi, de grace“). Minka hat nur wenig Zeit, beruhigt den eifersüchtigen Nangis jedoch, dass sie nur ihn liebt. Er müsse sich in Geduld fassen. (Romance: „Helas! A l’esclavage“) Sie verspricht Nangis, ihn abends zu besuchen, muss sich aber auf Geheiß Nangis’, der auch ihr Henris Identität verheimlicht, schnell verstecken, da Henri hinzu kommt.


    In einer melancholischen Romanze gibt Henri seinem Heimweh nach Frankreich Ausdruck (Entree du Roi et Romance: „Beau pays, pays du gai soleil“) und beteuert, dass er alles tun würde um nicht König von Polen werden zu müssen. Nangis erinnert ihn an eine Affäre mit einer Polin in Venedig, in deren Licht er einmal eine bessere Auffassung von den Polen hatte. Henris sentimentale Erinnerungen an diese Affäre werden durch die Ankunft Fritellis unterbrochen. Dieser bekommt nur zu schnell mit, dass die venezianische Geliebte Henris seine eigene Frau Alexina war, mit der er kurz nach dieser Affäre verheiratet wurde um einen Skandal zu vertuschen. Alexina aber weiß nicht, dass der französische Liebhaber, der sie in Venedig ohne ein Wort im Stich ließ, Henri ist, der gegen seinen Willen nach Frankreich abberufen worden war und sie nur deshalb überstürzt verlassen hatte. Sie hatte das damals als Treulosigkeit interpretiert und will sich deshalb nunmehr an allen Franzosen rächen. Um nicht als gehörnter Trottel da zu stehen, erklärt sich Fritelli mit dem tollkühnen Plan seiner Frau einverstanden, Henri bei dem abendlichen Ball Laskis zu entführen, so dass der österreichische Erzherzog an seiner Stelle gekrönt werden kann. (Rondeau a deux voix: Ah! D’amour plus un mot“)


    Minka hat alles mitgehört und stößt auf der Suche nach Nangis mit Henri zusammen, dessen Identität sie nicht kennt. Sie bittet ihn um Hilfe bei der Suche nach Nangis und erzählt ihm von ihrer Liebe zu ihm sowie von der Verschwörung (Duo: Je l’aime de toute mon ame“). Henri ist nachgerade entzückt, als er erfährt, dass Fritelli in die Verschwörung verwickelt ist. Er zitiert ihn herbei und konfrontiert den geständigen Fritelli mit seinem Verrat, bittet den verblüfften Verschwörer dann aber, ihn Laski als Nangis vorzustellen und in die Verschwörung einzubeziehen. Er hat erkannt, dass die Verschwörung, sollte sie glücken, ihn von der unerwünschten Königsbürde befreien würde ohne dass er explizit gegen den Befehl seiner Mutter verstoßen muss. (Finale: A Choeur „La Garde fidele“ und B: Scene: „Et Nangis? Le voici.“)


    Henri lässt den treuen Nangis vorführen und verhaften ohne dass dieser weiß, wie ihm geschieht. Dann befiehlt er Fritelli, ihn seiner Mitverschwörerin als Nangis vorzustellen. Alexina und Henri erkennen einander, aber der eifersüchtige Fritelli hat Henri verschwiegen, dass Alexina seine Ehefrau ist, während sie Henri für Nangis hält. (TERZETTO: Quelle surprise! Ma beaute de Venise!“). Gemeinsam wollen sie ihre Verschwörungswerk fortführen, als sie Minkas Stimme hören, die Nangis wie vereinbart signalisiert, dass sie zu ihrer Verabredung gekommen ist. Während Henri und die beiden anderen die Wachen ablenken, gelingt Nangis die Flucht.


    2. AKT
    Ballsaal im Palast Graf Laskis


    Während die vornehme Gesellschaft die bevorstehende Krönung und sich selbst mit einem ausgelassenen Walzer feiert ((Introduction et choeur dansEe: „Ah! Hurrah! Valse endiablee), stellen Fritelli und seine Frau Laski und dessen Verschwörern einen neuen Bundesgenossen vor. Es ist der angebliche Nangis, in Wahrheit aber Henri selbst, der behauptet, diesen wegen der Demütigung durch Henri auf den Tod zu hassen (SCENE ET COUPLETS: Rien n’est aussi pres de la haine). Dabei erkennt Henri, dass Alexina Fritellis Ehefrau ist. Als er diesem vorwirft, ihm das verschwiegen zu haben, gesteht ihm Fritelli, dass er seine Frau liebe und nicht verlieren möchte. Nur deshalb habe er sich den Verschwörern angeschlossen, obwohl er ansonsten eher die französische Lebensart zu schätzen wisse. Als Henri aufseufzt, dass noch nie ein König so viel Mühe hatte, eine Krone zu gewinnen, wie er sie habe, die seine los zu werden, erkennt ihn auch Fritelli. Um sein Leben fürchtend, beschwört er ihn, die Verschwörung auffliegen zu lassen, aber Henri denkt nicht daran.


    Ihr Dialog wird durch eine Schar Blumenmädchen unterbrochen, die Minka um ihren noblen Liebhaber beneiden (SEXTUOR DES SERVES: Ah! Quelle affaire). Sie erzählt ihnen mit einem Zigeunerlied, wie sie sich kennen gelernt haben (CHANSON TZIGANE: Il est un vieux chant de Boheme). Zum Schluss kommt Nangis hinzu und stimmt unter dem Fenster in das Lied ein. Als Minka zu ihm eilen will, wird sie von Henri und Fritelli abgefangen. Als sie ihr verbieten, die Wache zu rufen, hält Minka Henri für einen Verräter. Dieser nimmt ihr unter Androhung der Todesstrafe für Nangis das Versprechen ab, den Mund zu halten und lässt sie von Fritelli einsperren. Dann schickt er ihn weg, weil er Alexina entdeckt, die zufällig gerade allein ist. Alexina will nichts mehr mit ihm zu tun haben, lenkt aber ein, als Henri ihr schwört, sie damals geliebt zu haben und selbst verzweifelt gewesen zu sein, als er habe abreisen müssen. Alexina, die ihm das nur zu gerne glaubt, erinnert sich mit ihm an die schönen Stunden in Venedig (DUO-BARCAROLE: Oui, je vous hais).


    Dann kommen die Verschwörer hinzu. Henri schwört, ihnen zu folgen und dafür zu sorgen, dass der gewählte König noch vor der Krönung außer Landes geschafft wird. Als Alexina ihn informiert, dass Fritelli Henri ausliefern würde, protestiert dieser aus Angst vor Henri. Warum den Kopf für eine Verschwörung riskieren, wenn sich doch nichts änderte? (ENSEMBLE DE CONJURATION: Messierus! C’est un ami respirant la vengeance) Henri aber will nichts davon wissen. Er versichert den Verschwörern, er selbst werde ihnen Henri ausliefern, wenn man ihm dabei nicht in die Quere komme. Allein gelassen, eilt er zu Minka um sie zu befreien und zu bitten, Nangis möglichst schnell herbei zu holen. Minka ist zuerst skeptisch, lässt sich dann aber überzeugen und stimmt ihr Lied an, mit dem sie Nangis herbei lockt (MORCEAU D’ENSEMBLE: Ah! Viens! Minka fidele tiendra son doux serment).


    Kaum ist Nangis zu ihr gestoßen, wird er auch schon von den Verschwörern, die ihn für Henri halten, festgenommen. Als Henri ihm zuflüstert, er solle sich für ihn ausgeben, spielt Nangis die Rolle mit Gusto (CHANSON FRANCAIS: Je suis le roi). Von allen bedrängt, gibt er nach und bestätigt, dass er Polen noch in der gleichen Nacht verlassen werde, wenn seine geliebte Minka mitreisen dürfe. Laski erlaubt das und gestattet beiden zu gehen. Als beide fort sind, verrät Laski seinen Geheimplan, dass Henri nur dann daran gehindert werden könne zurück zu kehren, wenn man ihn auf der Reise an die Grenze umbringe. Er schlägt vor, darüber abzustimmen, wer den König töten solle. Da alle Repressalien fürchten, stimmen sie durch die Bank für Henri. Dieser akzeptiert das Los.


    Da kommt Minka zurück und bekennt, sie habe Nangis, also den vermeintlichen Henri, laufen gelassen. Da die Franzosen bereits hinzu strömen, können die Verschwörer Minka nicht töten, denn sie fürchten die Strafe der Franzosen. Henri erbietet sich jedoch, dafür zu sorgen, dass der verhasste Valois niemals König werde. Minka fürchtet derweilen das Schlimmste, weil sie nun endgültig davon ausgeht, dass ihr Nangis tatsächlich der König und Henri ein Verräter ist, der ihrem Geliebten den Garaus machen will. (FINALE: Avant une heure, il faut qu’il meure).


    3. AKT
    Eine Herberge zwischen Krakau und der polnischen Grenze.


    Nach einem ENTR’ACTE bereitet der Wirt Basile mit seinen Leuten den Empfang des neuen Königs vor (CHOEUR ET SCENE: Hatons-nous“). Fritelli kommt hinzu und berichtet, der neue König werde nicht Henri sein, sondern der Erzherzog von Österreich. Dem Wirt ist das egal, denn Steuern verlangen alle Könige. Nun kommt Henri, der sich noch immer als Nangis ausgibt, von den Anwesenden aber für den neuen König gehalten wird. Fritelli wundert sich, dass Nangis/Henri so für den Erzherzog schwärmt. Noch verwunderter ist er, als Alexina atemlos auftaucht und berichtet, der Erzherzog habe aus Furcht vor der Verschwörung gegen den neuen König schon wieder das Weite gesucht, und man könne mit Henri zurückkehren um ihn zu inthronisieren. Fritelli aber wittert Unrat, denn er errät die wahre Absicht seiner Gattin, die in Venedig begonnene Romanze fortzusetzen (COUPLET: Je suis du pays des gondoles“). Um seine Gattin an einer Weiterführung ihres Vorhabens zu hindern, lügt Fritelli ihr vor, Nangis habe Henri getötet und verberge sich nun vor aller Welt. Er bittet sie außerdem, die hinzu kommende Minka daran zu hindern, ihre Nase in alles zu stecken.


    Zwischen den beiden Frauen, die jeweils glauben, ihr Geliebten seien tot, entspinnt sich ein melancholisches Duett um die verlorenen Geliebten (NOCTUIRNE A DEUX VOIX: „O reve eteint! Reveils funebres). Henri versucht indessen, von dem Wirt eine Kutsche für die Flucht zu bekommen, muss aber erfahren, dass alle Kutschen bereits dem Erzherzog entgegengeschickt wurden um ihm einen würdigen Empfang zu bereiten. Er müsse sich also mit einem altern Karren und einer geschwätzigen Dienstmagd als ortskundige Führerin begnügen. Da diese nicht aufzutreiben ist, eilt Alexina davon um sich zu verkleiden und sich als die Magd auszugeben. Allein gelassen, will die verzweifelte Minka sich umbringen. Da kommt gerade noch rechtzeitig Nangis hinzu und erklärt ihr, dass er zwar der König sei, sie aber sei seine Königin, denn wer sich liebt, herrsche über das Herz des bzw. der anderen. (DUO: Il n’est plus, helas, celui que j’aime“) Dennoch fürchtet Minka weiterhin, ihr vermeintlicher König könne von dem verräterischen Nangis getötet werden. Nangis aber besorgt sich um seinen König und macht sich mit Minka auf die Suche nach ihm ohne das Missverständnis der verwechselten Identitäten aufzuklären.


    Alexina kommt, nunmehr als Magd verkleidet, um Henri mitzunehmen. Sie ist bereit, ihm zu helfen, obwohl er den König getötet habe. Henri durchschaut Fritellis Lüge und gibt sich Alexina zu erkennen. Erleichtert sinken sich beide in die Arme. Fritelli, der seine Frau nicht erkennt, treibt beide zur Eile an, weil die Franzosen jeden Augenblick eintreffen müssen. Beide eilen davon. Fritellis Erleichterung, den Rivalen losgeworden zu sein, währt aber nur kurz, denn bald darauf treffen die Franzosen ein, angeführt von Minka und Nangis, welche die beiden „Flüchtlinge“ eingefangen haben. Nun endlich bekennen sich Henri und Nangis zum jeweiligen Entzücken ihrer Geliebten zu ihrer wahren Identität, und Henri fügt sich in das Los, König von Polen zu sein. Nangis bekommt seine geliebte Minka, und der düpierte Fritelli wird von dem großzügigen Henri zum Großmeister des Hofes ernannt, was natürlich dazu führt, dass Alexina stets in seiner Nähe sein muss (FINALE: „La garde fidele au roi ne sait qu’obeir“).


    ENDE

    copyright 2008 Jacques Rideamus für TAMINO

  • Le roi malgré lui
    (König wider Willen),
    Oper in 3 Akten von Alexis-Emmanuel Chabrier,
    Text von Emile de Najac und Paul Burani (d.i. Urbain Roucoux) nach François Ancelots Henri III. de Pologne.
    Uraufführung: 18.5.1887 Paris,
    mit Adèle Isaac • Lucien Fugère • Victor Caisso • Louis Delaquerrière • Maximilien-Nicholas Bouvet • Mézéray • Étienne Troy,
    Dirig. Danbé.
    EA 1890 Karlsruhe (dt.), 1931 Hamburg (dt. von L. Sachse).



    Henri de Valois (Bariton), der zum König von Frankreich gekrönt werden soll, erfährt von einem Komplott gegen sich.
    Er verkleidet sich als sein Freund de Nangis (Tenor) und schließt sich den Verschwörern an.

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)