Eure liebsten ersten Takte einer Oper - Best Of

  • In dem großen Oratorium "Die Schöpfung" ereignet sich ganz zu Anfang der bewegende Augenblick (hier kann man nur von einem Augenblick sprechen, obwohl es sich um Akkustisches handelt), da auf das Wort > Es werde Licht < die Antwort ertönt > Es ward Licht <. :jubel:


    Und dieses zweite > Licht < ist ein strahlendes Aufleuchten in C - Dur. Und dieses > Licht < hält einige Sekunden an, nur einige Sekunden, und doch geht von ihm alles Licht der Welt aus. :jubel: :jubel:


    Liebe Grüße Peter aus Wien. :hello: :hello:

  • Lieber Wulf,
    ich weiß nicht, die "Ariane" brucknert am Anfang schon sehr. Das war sicher auch der Grund, warum man dieses Werk vielfach in der deutschen Tradition gesehen hat, obwohl es durch und durch französisch ist.
    Ich werde übrigens das Gefühl nicht los, daß Dukas gar nicht an Bruckner dachte und auch nicht an das "Rheingold", sondern an den "Pelléas", der gant am Anfang ja auch mit den "Urklängen" spielt - übrigens für mich auch einer der perfektesten und zugleich bewegendsten Anfänge der gesamten Operngeschichte.


    Eben sehe ich, daß Davidoff eine meiner Lieblingsopern anführt, nämlich "Padmâvatî" von Roussel. Der langsame Aufbau zu Beginn ist wirklich ungeheuer, er führt sowohl in die Buntheit der Exotik als auch in ihre Schrecken perfekt ein. Noch stärker ist für mich allerdings der Zweite Akt, der eine einzige gewaltig gesteigerte Spannungskurve ist.
    Übrigens ist das Werk auch deshalb bemerkenswert, weil es die Tradition der Ballett-Opern Rameaus wiederaufgreift und damit einerseits fest in der Tradition verankert ist, andererseits ist die Musik von einer derartigen Kühnheit, daß dieses Werk zu den fortgeschrittensten Opern seiner Zeit zählt. Ein Wunderwerk, das man gar nicht genug rühmen kann!
    :hello:

    ...

  • die schönsten Anfänge:
    Tosca
    Walküre
    Moses und Aron?
    Da schätze ich nur den Schluß- wenns nämlich endlich vorbei ist. Sehr aufgeschlossen für die Moderne fand ich diese Oper eine einzige Qual- zumindest 19irgendwas WSTOP.
    :hello:

  • Zitat

    Flotan ad "Moses und Aron"
    Da schätze ich nur den Schluß- wenns nämlich endlich vorbei ist.


    Ich möchte das nur herausgreifen, weil mir diese Aussage sehr bemerkenswert und vielsagend erscheint.


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Lieber Wulf,
    ich weiß nicht, die "Ariane" brucknert am Anfang schon sehr. Das war sicher auch der Grund, warum man dieses Werk vielfach in der deutschen Tradition gesehen hat, obwohl es durch und durch französisch ist.
    Ich werde übrigens das Gefühl nicht los, daß Dukas gar nicht an Bruckner dachte und auch nicht an das "Rheingold", sondern an den "Pelléas", der gant am Anfang ja auch mit den "Urklängen" spielt - übrigens für mich auch einer der perfektesten und zugleich bewegendsten Anfänge der gesamten Operngeschichte.


    Lieber Edwin,


    genau eben dieses Gefühl habe ich auch und deswegen hat mich erst Bernd auf die Idee bringen müssen, Bruckner rauszuhören. Aber kann gut sein, daß ich in letzter Zeit zu wenig Bruckner gehört habe, um sofort zu einer solche Assoziation zu gelangen. Wie auch immer, ein fantastisch, atmosphärisch dichter Beginn. :yes:


    :hello:
    Wulf

  • Zitat

    Ich möchte das nur herausgreifen, weil mir diese Aussage sehr bemerkenswert und vielsagend erscheint.


    Du hast ja recht. Muss mir das einmal in Ruhe anhören. Damals traf mich die Oper völlig unvorbereitet, und es war eine Qual.
    Sorry!

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner


    Ich möchte das nur herausgreifen, weil mir diese Aussage sehr bemerkenswert und vielsagend erscheint.


    :hello:


    Lieber Edwin!


    Irgendwie hat aber Flotan schon Recht, man muss schon sehr vorbereitet in diese Oper gehen - oder sie sich anhören.


    Liebe Grüße Peter aus Wien. :hello: :hello:

  • Zitat

    Original von oper337
    Irgendwie hat aber Flotan schon Recht, man muss schon sehr vorbereitet in diese Oper gehen - oder sie sich anhören.
    Liebe Grüße Peter aus Wien. :hello: :hello:


    Hallo oper337,


    was machst Du sonst so in der Oper?? :hahahaha::stumm:


    :angel:
    Wulf

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    ...
    Die meisten meiner Gänsehaut-Stellen bezüglich der Anfänge wurden schon genannt - habe ich "Tosca" nur überlesen? Ein Wahnsinns-Beginn. Schade, daß sich Puccini dann erinnert, daß er - nun, eben nur Puccini ist.
    ...


    Gott sei Dank, dass er das nicht vergisst! ;)


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    ...
    Die meisten meiner Gänsehaut-Stellen bezüglich der Anfänge wurden schon genannt - habe ich "Tosca" nur überlesen? Ein Wahnsinns-Beginn. Schade, daß sich Puccini dann erinnert, daß er - nun, eben nur Puccini ist.
    ...


    Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Ich möchte das nur herausgreifen, weil mir diese Aussage sehr bemerkenswert und vielsagend erscheint.


    absolut!
    :D

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  • Lieber Oper,

    Zitat

    Irgendwie hat aber Flotan schon Recht, man muss schon sehr vorbereitet in diese Oper gehen - oder sie sich anhören.


    Ganz für mich persönlich gesprochen: Als ich den "Moses" zum ersten Mal hörte, war ich in der Mittelschule. Der Musikprofessor hatte Freikarten. Wir gingen zu dritt: Zwei interessierten sich für E-Musik, einer nicht wirklich, der ging eher wegen der drei nackten Jungfrauen mit - Du wirst Dich erinnern, daß sie sogar am Titelbild der "Krone" waren, war damals halt noch eine Sensation. Wir drei kannten das Werk alle nicht, wir wußten nur, daß es in sogenannter Zwölftontechnik komponiert war.
    Das Ergebnis: Der eine, der musikalische, und ich gingen in jede Aufführung - und nicht wegen der Nackten - und der dritte kam jedesmal mit. Wegen der Nackten? - Ich fürchte, er hat vom Galerie-Stehplatz genug davon gesehen... Und zu meinem nächsten Geburtstag wünschte ich mir die "Moses"-Partitur und war maßlos enttäuscht, daß es sie damals nur in einer Art Particell gab. Egal - Hauptsache, ich konnte nachsehen, wie der Schönberg das gemacht hat.
    Mittlerweile habe ich den "Moses" an vielen meiner Freunde und Bekannten ausprobiert, und ich garantiere Dir, daß das Werk gerade mit seinem Anfang fast jedesmal auf Interesse stieß. Auch bei nicht vorinformierten Hörern.


    ***


    Hallo Theophilus,

    Zitat

    Gott sei Dank, dass er das nicht vergisst!


    Ja, daß Du den "Tosca"-Anfang für unanhörbare Moderne hältst, ist mir klar. Aber es kann ja schließlich nicht jede Oper mit einem Klangorgasmuskitsch à la "Rosenkavalier" anfangen... :D


    :hello:

    ...

  • Hier wurde noch nicht die Ouvertüre zu Fidelio erwähnt. Für mich eine Ouvertüre im besten Sinne. Sie macht Lust auf den folgenden Opernabend. Wenn bloß nicht das unsägliche Duett darauf folgen würde... :stumm:

    Früher rasierte man sich wenn man Beethoven hören wollte. Heute hört man Beethoven wenn man sich rasiert. (Peter Bamm)

  • Das wundert mich jetzt aber, dass der "Król Roger" von Szymanowski noch nicht genannt wurde, der hatte sich nämlich gerade auch wegen seines überwältigenden/sogartigen Beginns längere zeit im "was höre ich gerade" großer Beliebtheit erfreut.


  • Zitat

    Original von Theophilus


    Auf den du aber offenbar doch irgendwie stehst. Denn wie sonst ist es zu erklären, dass du den Rosenkavalier angeblich nicht aushältst, dich andererseits aber damit brüstest, wie oft du ihn schon gesehen hast....


    Na ja, es soll ja Menschen geben, die nicht bei ihrem einmal gefällten Urteil verharren, sondern dieses - gerade bei einer derart bekannten Erscheinung - hin und wieder kritisch hinterfragen. Zumal, wenn sie beruflich mit Musik und Tonträgern zu tun haben, lässt sich ein mehrmaliges Kennenlernen kaum vermeiden.

  • Lieber Wulf,
    offen gestanden: Ich habe vier "Rosenkavalier"-Aufnahmen durchgehört, weil mich die Dirigenten bei gewissen Aufgaben der Balance interessiert haben, es gibt nämlich Stellen gerade in diesem Werk, die miserabel geschrieben sind - zuviel Kontrapunkt gegen die Singstimme etc. Mich hat nun interessiert, wieso etwa bei Karajan an diesen Stellen die Schwächen Strauss' gnadenlos zutage treten, während sowohl Vater als auch Sohn Kleiber fast etwas wie Klangzauber daraus machen, während bei Bernstein der Satz wieder arg dick wird.
    Meine anderen "Rosenkavalier"-Erlebnisse verdanke ich meiner Zeit als freier Mitarbeiter einer Zeitung. Die Wahrheit ist: Kein Kritiker in Wien erträgt mehr diesen Otto-Schenk-Schwachsinn auf der Bühne und die lakritzigen musikalischen Aufführungen, die mehr nach Schlagobers als nach Lehár klingen. Infolge dessen landete ich immer wieder im "Rosenkavalier". Und habe dabei dieses Werk aus tiefstem Herzen abzulehnen gelernt.


    :hello:

    ...

  • Liebe Rita,
    die "Tannhäuser"-Ouvertüre hat einen meiner Meinung nach sehr schwachen Beginn. Das klingt etwas nach Routine (und Meyerbeer). Von den sinfonischen Ouvertüren ist mir der "Holländer" lieber: Diese schneidende offene Quint mit, gefolgt von dem Quinten-Thema und der Sturmmusik ist fabelhaft. Für mich die beste Meeresschilderung bis hin zu Debussy und dann Britten.
    :hello:

    ...

  • Hallo Markus,


    Zitat

    Original von ThomasBernhard
    Das wundert mich jetzt aber, dass der "Król Roger" von Szymanowski noch nicht genannt wurde, der hatte sich nämlich gerade auch wegen seines überwältigenden/sogartigen Beginns längere zeit im "was höre ich gerade" großer Beliebtheit erfreut.



    Schau mal hier: ;)


    Zitat

    Original von Zwielicht
    Total anders, ungeheuer auratisch und suggestiv: die "byzantinischen" Chöre, mit denen Szymanowskis König Roger anfängt.


    Ganz klar gehört der Beginn des 'König Roger' (sowie die gesamte Oper) auch zu meinen absoluten Favoriten! :yes:


    Ebenfalls sehr faszinierend und unglaublich mitreißend, finde ich das rasante Orchestervorspiel (ca. 4 Minuten) von Alexander von Zemlinskys Einakter 'Eine florentinische Tragödie' (1915/16), das durch sein stürmisches Vorwärtsdrängen sowie den wunderbaren Farbenrausch des großen Orchesters den Hörer vom ersten Moment an fesselt! :jubel:


    :hello:
    Johannes

  • Es gab eine kurze Auseinandersetzung, weil ich den Anfang von "Moses und Aron" nannte. Ich habe mir diesen Beginn wieder angehört und in der Partitur gelesen - ich glaube immer noch, daß es ein Jahrhundert-Anfang ist.
    Was hören wir da?
    Der brennende Dornbusch singt zu Beginn wortlos. Der erste und der letzte Akkord dieser sieben Takte sind identisch: "Ich bin das A und das O". Außerdem: 7 ist eine der Gotteszahlen. Ich bin überzeugt, daß sieben Takte kein Zufall sind.


    Dann setzt Moses sprechend ein: "Einziger, ewiger, allgegenwärtiger unsichtbarer und unvorstellbarer Gott!" Welch ein Beginn! Mysterium und Anrufung, wir sind zweitausend Jahre entfernt und doch ist alles so nah.
    Dann verkündet die Stimme im Dornbusch ihre Weisung an Moses, wobei sich Sing- und Sprechstimmen mischen. Gott ist in seiner Vollkommenheit beides: Intellekt und Gefühl. Moses und Aron erkennen hingegen jeder nur eine der Komponenten. Die Stimmen im Dornbusch spalten sich bis zur 12-Stimmigkeit auf; sicherlich kein Zufall: 12 ist eine weitere Gotteszahl, allerdings in der christlichen Tradition, derer sich Schönberg hier - vielleicht unbewußt - erinnert.


    Obendrein ist der Anfang des "Moses" voller Melodien und prägnanter Themen. Allein die Stelle "Lege deine Schuhe ab": Flöte, Klarinette und Bratschen, dann die ersten Violinen spielen eine herrliche und sehr einprägsame melodische Wendung., deren Variation wir wenig später auf "Du hast die Greuel gesehn, die Wahrheit erkannt" hören und die in der Folge die gesamte Szene prägt.


    Bedarf es da wirklich des "Einhörens"? Ich glaube, daß diese Musik dermaßen überzeugend ist, daß sie den Zuhörer sofort in ihren Bann zieht. Vorausgesetzt, er ist aufnahmebereit.
    Aber wenn die Aufnahmebereitschaft fehlt, kann auch eine "Carmen" oder ein "Rigoletto" scheitern....


    :hello:

    ...

  • Nicht minder faszinierend und einzigartig ist der Beginn der in etwa halbstündigen Kammeroper


    Savitri von Gustav Holst.


    Instrumentale Einleitung? Nein. Dann jedenfalls instrumentale Begleitung zu einem Chor oder zu den Solisten? Mitnichten.


    Aus dem Off - also für den Betrachter unsichtbar - ertönt die Stimme des Todes, der nach Satyavan, Savitris Mann, ruft.


    Savitri betritt die Szene - sie hat die Worte des Todes vernommen. Doch statt eines Dialoges entspinnt sich zunächst ein kontrapunktisch geführter Monolog.
    Ganze drei Minuten bleiben Tod und Savitri unbegleitet. Am Ende überlistet sie den Tod und verhilft der Liebe so zu einem Sieg über den Tod.


    :hello:
    Wulf

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  • Lieber Wulf,
    ja, das ist auch ein verblüffender Beginn. Ich würde das so gerne einmal szenisch erleben! Ich mag diese Mysterienopern sehr, weil sie für mich den Sinn des Gesangs außer Frage stellen: Es ist eben Ritual, Mysterium, nicht der Versuch, "natürlich" zu wirken.
    :hello:

    ...

  • Lieber Edwin,


    dann frag mal den Guercoeur, der hatte bereits das Privileg - in Frankfurt/Main. :boese2:


    :angel:
    Wulf


    P.S. Die Hinterfragung des Operngesangs bzw. ihrer Verknüpfung mit der Dramaturgie des Librettos finde ich ja gerade auch bei Busoni so spannend.


    Ha! Da haben wir doch noch einen absolut interessanten Einstieg: nämlich den von Arlecchino - mir fehlt die Bildung in Sachen Dante und Co., um die Oper vollständig erfassen zu können. Aber allein die Idee, den Arlecchino durch eine Anrede ans Publikum in einem Kontext außerhalb des. eigtl. Rahmens darzustellen und somit verschiedene Ebenen zu verknüfen, finde ich faszinierend.


    :hello:
    Wulf

  • Liebe Rita,
    man muß ja auch nicht in allen Einzelheiten übereinstimmen - aber ich gehe davon aus, daß wir beide Richard Wagner für einen ziemlich genialen Hund halten. Innerhalb des Gesamtbildes ist der Rest nur noch eine Detailfrage... :D
    :hello:

    ...

  • Abgesehen von den allzu bekannten Verdächtigen, von denen hier schon viele genannt wurden und deren Nennung ich mich oftmals anschließen kann, möchte ich noch den Beginn von Mussorgskys Khovanshchina nennen. Das Vorspiel ist mit „Morgendämmerung über der Moskwa“ überschrieben und setzt unglaublich zart und atmosphärisch ein. Mehr noch als ich mich beim Beginn des Rheingolds in die Tiefen des Rheins versetzt fühlen kann, entsteht hier vor meinem inneren Auge das Bild aufsteigenden Morgennebels über einer ruhig dahin fließenden Moskwa. Wenn man die Oper schon kennt und weiß, welche dunklen und archaischen Dramen sich hier anschließend in Klängen entfalten werden, können dieser Beginn und auch das gesamte Vorspiel mit seinen süßlichen, beinahe kitschigen Melodien (aus dem man denn auch per drohendem Glockenschlag geradezu herausgerissen wird) sehr rührend sein.


    Loge

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    hat das karajan nicht aufgenommen?
    ?(


    Nein, hat er nicht, jedenfalls nicht ganz, sondern nur die "Tänze der persischen Sklavinnen" und das Vorspiel zum 2. Bild des 4. Aktes. Ach, hätte dieser große Dirigent die Oper doch nur eingespielt, wenn auch damals freilich noch in der Fassung von Rimsky-Korsakow. Denn ich schwöre Dir, lieber Kurzstückmeister, wenn Du mal in die Aufnahme des Vorspiels zum 2. Bild des 4. Aktes, das er 1959 mit dem Philharmonia Orchestra aufgenommen hat, reinhörst, wird es Dich rücklings wegknallen. Das ist SO russisch, tief, dunkel, weit, erhaben und schön, wie man es sich nicht besser denken kann. Da kannst Du auch mal hören, was ein perfektes Tempo ausmacht. Z. B. im Vergleich mit der insgesamt auch ganz vorzüglichen Gesamteinspielung Abbados (nicht Rimsky-Korsakow Fassung).


    Loge

  • Zitat

    Zitate Loge
    können dieser Beginn und auch das gesamte Vorspiel mit seinen süßlichen, beinahe kitschigen Melodien (aus dem man denn auch per drohendem Glockenschlag geradezu herausgerissen wird) sehr rührend sein.


    Abgesehen davon, daß die Glocke ein Tamtam ist, wird es bei genauem Anhören der Schostakowitsch-Fassung klar, daß hier nichts süßlich und beinahe kitschig ist, wie der flüchtige Hörer vielleicht meint, der sich nur auf das Vorspiel konzentriert, sondern daß die Musik eine Stimmung fixiert, die dann prompt von der ersten Szene konterkariert wird. Während der "Boris" also direkt ins Drama hineinführt (natürlich nur in der Originalfassung mit Fagott), geht Mussorgskij in Chowanschtschina einen anderen Weg.
    Mir scheint dieser Teil dabei ein Verwandter des Schlusses von Gogols "Toten Seelen": Diese sind, wie wir wissen, eine Satire, doch der Schluß mündet in einen Hymnus an Rußland, als wolle Gogol fein säuberlich zwischen der "Seele des Landes" und den Machtpersonen des Landes trennen. Ähnlich empfinde ich dieses Vorspiel: "So schön ist Rußland", scheint Mussorgskij zu sagen, "aber merkt, welche Ungeheuerlichkeiten hier geschehen." Insoferne ist die Art der Melodik im Vorspiel, ebenso wie auch die für Mussorgskijs Verhältnisse konventionelle Harmonik, eine dramatische Funktion. Sie von der Oper losgelöst aufzuführen, ist, wenngleich - wie bei sehr vielen Opernouvertüren - leider üblich, höchst problematisch.


    Zitat

    Z. B. im Vergleich mit der insgesamt auch ganz vorzüglichen Gesamteinspielung Abbados (nicht Rimsky-Korsakow Fassung).


    Ich kenne die Karajan-Aufnahme nicht, bin darüber aber froh, denn wenn dieser offenbar wirklich überschätzte Dirigent Mussorgskijs Musik benützt, um den Zuhörer "rücklings wegzuknallen" (interesssante militaristische Diktion...), dann unterliegt er einem Irrtum. Allerdings einem für ihn typischen. Bleibt nur noch, die Einspielung wegzuknallen. Ob rücklings oder frontal, überlasse ich jedem selbst.
    :hello:

    ...

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