Dirigenten von heute - charismatisch wie einst Karajan

  • Hallo,
    hallo Edwin.


    "Es bedarf neuer Konzepte. Die große Chance ist gerade jetzt, denn da die Charismosaurier wegfallen, kann man von den interpretenspezifischen Konzepten wegkommen zu werkspezifischen. Dabei geht es mir nicht nur um Neue Musik. Was gäbe ich drum, wenn statt der Neuinszenierung irgendeines Verdi-Reißers einmal Rameau oder Lully gespielt würden oder statt des Xten Beethoven-Zyklusses einmal Spohr usw. usf. "


    Dieses schreibst Du heute!? Am 17.04.2007 im Thread "Wie würdest ihr ein Opernhaus leiten??" ist Dein Anfangsrepertoire wie folgt:
    Salome, Elektra, Rosenkavalier, Zauberflöte, Don Giovanni, Figaro, Traviata, Otello, Barbier, La Bohéme, Tosca, Boris Godunow, Dalibor, Lady Macbeth, Sache Makropulos, Wozzeck, Antigonae, Death in Venice, Die Bassariden. (Frei zitiert nach Edwin).
    Das ist doch 'konventionell, 'ohne neues Konzept', d. h. 'Chance vertan'. Ich habe Dir schon damals vorgeworfen, dass Du konventioneller bist, als Du es für andere im umgekehrten Sinn forderst. Nichts für ungut.


    Zum Thema:


    1. Was ist eigentlich Charisma?
    2. Ist es grundsätzlich positiv, negativ oder neutral besetzt?
    3. Sollte es heute rein religiös definiert werden? (Gnadengabe von "Gott"(?))?
    4. Sollte es rein sozialwissenschaftlich in Anlehnung Webers beurteilt werden?
    5. Ist Charisma (Persönlichkeit, Ausstrahlung, Aura etc.) heute eher im Sinne der modernen Managementlehre zu hinterfragen?


    Einer der Thread-Teilnehmer hat vielleicht schon darauf hingewiesen, aber ich möchte darauf aufmerksam machen, dass es hier nicht in erster Linie um den Zusschauer, Zuhörer, Käufer geht, sondern m. E. um die charismatische Führung der Musiker in Oper oder Konzert! Charismatik kann dem Dirigenten dabei sehr helfen. Ob er uns, den Zuhörer oder Käufer mit Charisma beindruckt, ist dann derivativ und nachrangig.


    Wenn man Charisma nicht a priori negativ besetzt definiert, ist es auch nicht so schlimm. Es wird immer Dirigenten mit und ohne Charisma geben.


    Aber:
    Charisma erleichtert die Führung des Orchesters...kann aber keine Garantie für Qualität sein.


    Szell sprach man aus Verkäufersicht ebenfalls Charisma ab, die Musiker sahen das vollkommen anders.


    Harnoncourt und Wand haben m. E. in jüngeren Jahren 'null' Charisma auf den Zuschauer und Zuhörer ausgestrahlt, aber das war für die Musiker wahrscheinlich irrelevant und dementsprechend auch für die Musik. Ihre Arbeit hätte es aber erleichtert.


    Bis dann.

  • Nachtrag:


    Hallo,


    der Dirigent "entfaltet" sein Charisma im 'Angesicht des Orchesters bzw. der Sänger' nicht gegenüber dem Publikum. Das sieht im Normalfall seinen Rücken!


    Den überwiegenden Teil verbringt der Dirigent mit dem Orchester/den Sängern und nicht mit dem Publikum (uns).


    Aus diesem Grunde ist (oder sollte) es ihm - dem Dirigenten - meist gleichgültig sein, was wir am Abend von der meist zeitaufwendigeren Umsetzung der Einstudierung und Probenarbeit in der Vorzeit - in Bezug auf sein Charisma - halten!


    Bis dann.

  • Hallo Keith,
    ja, ich weiß, meine Argumentation hast Du schon damals nicht verstanden oder nicht verstehen wollen.
    Nichts für ungut.
    :hello:


    P.S.: Kann man vielleicht zur Charismafrage der Dirigenten von heute (also exklusive Karajan und Co.) zurückkehren?

    ...

  • Zitat

    Original von Blackadder
    Ich sehe ja beinahe nirgendwo mehr irgendwelche "Überriesen", viele Sterne durchschnittlicher Helligkeit durchaus. Ist in der Politik doch ähnlich. In der Literatur ebenfalls. Und ich weiß nicht, ob ich das bedauern soll, dass es solche Ausnahmeerscheinungen nicht mehr gibt...


    Ich denke, hierfür gibt es einen anderen Grund:
    Wenn ich mich direkt unter hohen Bergen oder Felsen befinde, kann ich nur schwer (oft sogar gar nicht!) erkennen, welcher höher, oder gar der Höchste ist. Das sieht man nur aus der Ferne- und da meist sehr klar und deutlich.


    Zitat

    Original von Michael Schlechtriem
    Ich möchte aber zu Bedenken geben, daß es auch eine andere Seite gibt:
    Nämlich den Dirigenten, der Charisma vor allem gegenüber dem Orchester verströmt.


    Ist gibt ja immer wieder diese Geschichten, wo ein Assistent mit dem Orchester probt, und plötzlich betritt der Chef den Saal, und auf einmal verändert sich der Klang schlagartig. (und alle Musiker sitzen plötzlich gerade und "vorderste Stuhlkante")
    Das sind keine Märchen, ich habe sowas selber schon öfters erlebt!
    Und das bedeutet keinesfalls automatisch, dass dieser Dirigent ein "Tyrann" sein muss!


    Gruß pt_concours

    Hören, hören und nochmals hören: sich vertraut machen, lieben, schätzen.
    Keine Gefahr der Langeweile, im Gegensatz zu dem, was viele glauben, sondern vielmehr Seelenfrieden.
    Das ist mein bescheidener Rat. (S. Richter, 1978)

  • Hallo,
    hallo Edwin,


    sorry, das Zitat stammt natürlich vom 19.04.2007. Ich habe das korrigiert.


    Zu Deinem Postskriptum: Ich bin beim Thema! Schau mal genau hin!


    Bis dann.

  • Hallo,


    J. Frantz mit Charisma? Nein wirklich nicht. Meiner Meinung nach ist der "Hype" um ihn zurecht längst vorbei.


    Musiker mit Charisma (Auswahl):
    (lebende) Solisten mit Charisma: vielleicht Brendel und Pollini?
    (lebende) Dirigenten mit Charisma: vielleicht v. Dohnányi (im Alter), Boulez (im Alter), Barenboim, Abbado, Maazel?
    (lebende) Sänger: Bartoli, Domingo (immer noch)?


    Bis dann.

  • Ich hab jetzt zwar nicht den ganzen Thread gelesen. Aber ein Dirigent den ich bei einer Probe erleben durfte und der ein ungeheures Maß an Charisma ausgestrahlt hat war Valery Gergiev.


    Nicht nur aufgrund seiner Körpergröße ein imposantes Erscheinungsbild aber das Gesamtpacket hat mich bei der Probe mit dem Kirov wirklich gefesselt ( obwohl ich so gut wie kein Wort russisch verstehe ).

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Mir scheint, daß die Erörterung des Charismatischen in Bezug auf den Threadtitel ein Exkurs ist (hochinteressant allerdings; noch habe ich ihn bedingt durch eingeschränkten Rechnerzugriff nicht ganz gelesen, fand insonderheit die Erwägungen von Michael Schlechtriem sehr bedenkenswert).


    Alfreds Frage in diesen Zirkel hinein gericht ist insofern wohl unglücklich adressiert, als sich hier vornehmlich Musikliebhaber versammelt haben dürften, denen es -bei aller Individualverehrung einzelner Musiker- wohl hauptsächlich um Musik geht. Und das bei einer ungleich höherern Materialkenntnis, als sie ein durchschnittlicher Besucher der "Nokia Night of the Proms" haben dürfte. Oder ähnlich gelagerter Events. Aus dieser Ecke scheint mir indes die Erhöhung der Beteiligten zu Superstars zu kommen.


    Alfreds Fragestellung enthielt einen früher-heute-Vergleich. Ob der nun an einer charismatschen Musikerpersönlichket festzumachen ist, wäre hier wirklich eine Überlegung wert. Und zwar vor dem Hintergrund des Mediums Schallplatte. Oder meinehalben auch CD.


    Ich stelle folgende Überlegung zur Diskussion: Das Nachwirken der "alten Garde" bezieht sich vor allem darauf, daß sie die ersten waren, die von vielen Werken absolut maßstabssetzende Aufnahmen hinterlassen haben.


    Das ist diesen Musikern nur bedingt anzulasten. Auch die Plattenfirmen und ihre Produzenten sind vielfach mit unglaublicher Sorfalt und Liebe zur Arbeit ans Werk gegangen, die ich heute oftmals vermisse. Gutes Mono kann tatsächlich besser klingen als eine schrottige Digitalaufzeichnung.


    Überdies musste das klassische Proramm für die Auzeichnung ja erst einmal erschlossen werden. Die Verehrung gilt also nicht dem Interpreten, sondern der einzelnen Platte (für die freilich der Interpret verantwortlich zeichnet, Musiker wie Ansermet oder Karajan sicherlich mehr als Knappertsbusch oder Wand). Man muß da gar nicht immer auf die neueste Platte eines Interpreten warten (das wäre bei Karajan auch ein teures Vergnügen gewesen bei ca. 800 LP's).


    Ich bin schon der Auffassung, daß die Schatten von Dirigenten wie Furtwängler, Böhm, Karajan et altri. bis auf den heutigen Tag nachwirken. Und solange eine neue Aufnahme von Beethovens 9. einfach nur anders sein will als die von HvK, dann ist sie eben auch nur anders, aber nicht eigenständig.


    Um ähnliche Phänomene wie die genannten von Karajan oder Furtwängler oder Callas oder Caruso (ja genau gerade der: alle seine Aufnahmen stammen och aus der Akkustik-Ära und trotzdem ist Caruso das Synonym für Tenor und best singer ever) müssten heutige Musikproduktionen eine vergleichbare Chance auf Dauer bekommen. Das allerdings scheint die Plattenindustrie nicht zuzulassen (und auch der heutige Mensch, der ja gerne kolportiert, daß alles im Wandel sei, und ja, huuuu, bloß nicht irgendwo ankommen, was ich gestern noch von einer Werbekonzeptionerin gehört habe, genau dieser Mensch, der vielleicht deshalb ständig Neues braucht, weil er Angst vor seiner eigenen Geschichte hat).


    Woraus folgert (aus dem vor der Klammer Gesagten natürlich): Ewig grüßt das Schattenreich.


    Und nochmal: mit den Künstlern selbst hat das nur bedingt etwas zu tun. Die waren früher nicht besser oder toller als heute.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Zitat

    Original von Thomas Pape
    Und solange eine neue Aufnahme von Beethovens 9. einfach nur anders sein will als die von HvK, dann ist sie eben auch nur anders, aber nicht eigenständig.
    [...]
    Woraus folgert: Ewig grüßt das Schattenreich.


    Da werden sich die Dirigenten aber freuen, wenn man von ihnen annimmt, dass sie sich hauptsächlich an alten Aufnahmen anderer orientieren - sei es als Vorbild oder als Negativbeispiel.


    Du solltest nicht von Deinem Musik-Konsum-Verhalten auf die künstlerische Arbeit eines Dirigenten schließen!

  • Bitte genau lesen, lieber KSM: wenn - dann. Es gibt ja durchaus die eigenständig Schaffenden. Me too hingegen ist nicht nur in der Wirtschaft doof. In der Kunst auch.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:


    PS: Deine Nachfrage treibt mir in der Tat einen solchen Musiker ins Gedächtnis. Er stammt aus Österreich, erhält kompositorische Inspiration aus dem Jenseits, vollendet Unvollendetes, schreibt vollendetes um, ist Schüler eines bekennenden Zen-Buddhisten (der wahrscheinlich aus seinem Nirwana auch noch Hinweise gibt). Du weisst gewiss, wen ich meine?

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Einer der charismatischsten Dirigenten heute, nach dem, was ich an Interviews und Probenfilmchen gesehen, auch nach Aussagen von Musikern, die mit ihm gearbeitet haben (wobei natürlich in Fernsehdokus oder Zeitschriften kaum jemand mit negativen Äußerungen herausgestellt wird), ist zweifellos Nikolaus Harnoncourt. Indirekte Belege für diese Eigenschaft sind, daß er Musiker überhaupt dazu kriegt, seine mitunter etwas exzentrischen Ideen umzusetzen, daß er fast 20 Jahre als "Außenseiter" durchgehalten hat und natürlich auch die durchaus zwiespältigen Reaktionen von Kritik und Publikum.
    Verglichen damit wirken auf mich fast allen anderen HIPisten der älteren Generation ziemlich blaß (auch in ihren Interpretationen). Erst Jüngere wie Minkowski, Alessandrini usw. knüpfen dort an. Bei denen kann ich aber zum persönlichen Charisma nichts sagen.


    Ernsthaft können so etwas glaube ich aber nur die Musiker selbst beurteilen. Solche Effekte, daß die Berliner auf einmal in einer Probe anders spielten, weil Furtwängler hineinkam (aber ein anderer probte), kriegt man als Hörer wohl nur ziemlich selten mit.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ein rascher Einwand nur. Der Threadtitel ist eigentlich so gut wie nicht mehr diskutierbar, da der Charisma-Begriff außer in Matthias Obergs famosem kleinen M. Weber-Referat nie in seiner jeweiligen Gebrauchsform, seinem "aktuellen Sprachspiel", wie Wittgenstein das nannte, kenntlich gemacht wird. Ja, schlimmer noch, es wird nicht einmal versucht! Und vorhandene Ansätze wie eben der, den Matthias geboten hat, werden geradezu kreativ ignoriert.


    Ich mag unmöglich glauben, daß Alfred seine gestreuten Simplizitäten ernst gemeint hat - er wird sich wohl eher und einmal mehr in der Rolle des Animateurs und Einpeitschers gesehen haben.


    Daß aber auch ansonsten doch nicht unbedarfte User wie jetzt etwa Johannes sich in Schwammigkeiten suhlen, macht mich etwas verlegen. Die Anekdote, die er anführt, kenne ich aus der BBC-Dirigentendoku, sie wird, wenn ich mich recht erinnere, vom Paukisten Werner Thärichen erzählt, der wohl gerne mal ein Histörchen zum Besten gegeben hat.


    Wer, um Himmels willen, will entscheiden, ob die Philharmoniker seinerzeit tatsächlich "anders gespielt" haben? (Thärichen sprach, glaube ich, von einem "anderen, unendlich schönen Klang" oder dergl.).


    Ja, seid Ihr denn schon alle unterm Tannenbaum? Wollt Ihr gemütlich feiern oder diskutieren?


    Zur Furtwängler-Anekdote: Einmal wurde der Quatsch wohl deshalb erzählt, weil mittelbar Karajan gegen Furtwängler ausgespielt werden sollte. K.s Name wird zwar nicht erwähnt, ist aber mit großer Wahrscheinlichkeit vorauszusetzen. Dann: Wer hat was gehört oder wahrgenommen? Thärichen (der nach eigener Angabe ibidem "nie viel zu tun hatte") war am Vor-sich-hin-Simelieren und Wehmütigsein - der K. hat seine Augen zu, früher war mehr Lametta, und dann kommt Onkel Willi selig rein - ja, da muß es doch ganz einfach anders klingen, oder nicht?


    Thärichen meint natürlich, zuerst den renovierten Klang gehört und dann den Meister in der Tür stehen gesehen zu haben - doch darauf will sich hoffentlich niemand verlassen? Außerdem, wie wahrscheinlich ist es, daß der beschäftigungslose Pauker Furtwängler zuletzt von allen Musikern erblickt hat? Nee, nee....


    Wie kann man solchen perspektivierten Schabernack nur so aufnehmen und wiedergeben, als handele es sich um ein intersubjektiv kontrollierbares Ergebnis???


    Zum Charisma: Es dürfte klar sein, daß der Begriff eine Geschichte in sich trägt, aus der, je nach Sachlage und eigenem Bedürfnis, unterschiedliche semantische Varianten angewählt werden.


    In der griechischen Antike schon war der Begriff Cháris, von dem Charisma stammt, wegen seiner Bedeutungsvielfalt berüchtigt. "Dank" und "Anmut" waren nur die häufigsten Vorkommnisse, ebenso konnten "Ehrfurcht", "Gefälligkeit", "Zuneigung" oder "Beliebtheit" gemeint sein.


    Im Neuen Testament spätestens erfährt der Charis/Charisma-Begriff seine Ausweitung auf die "Gnade" (Charisma heißt "Das, was aus Gnade kommt/hervorgegangen ist"), die fortan für viele Jahrhunderte seine Verwendung dominiert hat.


    In der Neuzeit und besonders seit dem 19. Jhdt. sind zahlreiche Privatverständnisse einzelner Autoren festzumachen, die sich alle unterschiedlichen Aussageabsichten verdanken. Prominent ist in der Tat, Weber/Oberg sagten es uns schon, weiterhin der Gebrauch innerhalb theologischer, dann vor allen Dingen auch (vergleichender) religionswissenschaftlicher Zusammenhänge. Dazu gibt es schöne Untersuchungen...


    Aber das will vermutlich hier niemand wissen, ein freundlicher diffuser Begriff, der nicht wählerisch ist mit seinen Benutzern und viel Aufnahmebereitschaft für abstruse Einschläge an den Tag legt, zudem undefiniert erst recht seine volle emotionale Pracht und intellektuelle Zersetzungskraft entfalten kann, läd ein zum fröhlichen Fabulieren.


    Soll alles sein, das muß ja keinen wissenschaftlichen Ansprüchen genügen, was hier verzapft wird, aber ein wenig genauer als bisher darf es doch schon sein, oder bin ich nur wieder mal der Spielverderber?


    Ich begreife immer mehr: So, wie jeder seine unantastbare, jeder argumentativen Bringschuld enthobene, heilige EIGENE MEINUNG haben darf, so soll jetzt vermutlich auch mit Begriffen, deren Wesen es doch ist, aus der Subjektivitätsfalle herauszuführen, umgesprungen werden.


    Wenn keiner mal anfängt zu sagen, was sie oder er unter "Charisma" genau versteht, wie sollen die Gesprächspartner ihre Verwendungsweisen und Auffassungen abgleichen?


    Ich weiß, kein Charisma ist auch keine Lösung, aber so is Blödsinn.



    Alex.


    (Und um auch dem letzten klarzumachen, weshalb ich hier so aufschreie, folgendes kleines Experiment: Ich finde, Furtwängler war ein größerer Batustiker als Karajan. Harnoncourt ist ein wenig weniger batustisch als Hogwood, finde ich (ist nur meine Meinung!). Schlimm ist es nur, wenn französische Dirigenten mit Batustik anfangen - das kann ich gar nicht vertragen. Früher wurde auf Batustik einfach anders reagiert, das ist doch sonnenklar. Und wenn wir heute nach Batustikern unter den Pultstars suchen, dann fällt mir spontan Detlev Wendelborn aus Sindelfingen-Süd ein. Der ist doch batustisch, oder nicht...?)

  • Zitat

    Original von Graf Wetter vom Strahl
    Zur Furtwängler-Anekdote: Einmal wurde der Quatsch wohl deshalb erzählt, weil mittelbar Karajan gegen Furtwängler ausgespielt werden sollte. K.s Name wird zwar nicht erwähnt, ist aber mit großer Wahrscheinlichkeit vorauszusetzen. Dann: Wer hat was gehört oder wahrgenommen? Thärichen (der nach eigener Angabe ibidem "nie viel zu tun hatte") war am Vor-sich-hin-Simelieren und Wehmütigsein - der K. hat seine Augen zu, früher war mehr Lametta, und dann kommt Onkel Willi selig rein - ja, da muß es doch ganz einfach anders klingen, oder nicht?



    Caro Signore Conte,


    ob diese Anekdote nun (subjektiv) "wahr" oder bloß bien trouvé ist, mag dahinstehen, da sie ohnehin kaum verifizierbar ist (man kennt das Problem aus den Erinnerungen sog. Zeitzeugen, wo tatsächlich Erlebtes und bloß Gelesenes, Gehörtes etc. nach langer Zeit zu einem unauflöslichen Amalgam verschmilzt). Dass die Anekdote, wie das gesamte Buch "Paukenschläge", aus dem sie stammt, gegen Herrn "K." - den "Musikverkäufer" - gerichtet ist, liegt auf der Hand. Allerdings bezweifle ich, dass der Taktschläger ohne Wirkung auch tatsächlich K. gewesen sein könnte. Denn zum einen hasste Furtwängler Karajan auf eine fast pathologische Art und Weise (wozu die Nazis nicht unerheblich beigetragen hatten) und vermied es, sich auch nur in der Nähe Karajans aufzuhalten, geschweige denn, eine seiner Proben aufzusuchen. Zum anderen hätte er wohl kaum erlaubt, die geliebten Berliner Philharmoniker zu seinen Lebzeiten von K. dirigieren zu lassen. Das wäre für Furtwängler so etwas wie ein Ehebruch oder gar eine Vergewaltigung gewesen.


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Mon très cher Giselher,


    das klingt plausibel, was Du sagst. Eine elegante Lösung schlägst Du vor: Karajan wird faktisch nicht "derjenige, welcher" gewesen sein, aber durch eben die Nichtnennung "desjenigen, welcher" hintergündig ins Spiel gebracht. Gefällt mir gut... Zudem hast Du mit Furtwängler vollkommen recht - obwohl ich meine, "dieser Mann K." hat die Berliner auch schon vor ´55 dirigiert. Korrigiere mich bitte, wenn sich das nachweisbar anders verhalten sollte... (wikidingenskirchen gibt ´38 als Erstdirgierdatum Karajans an). Dennoch ist meine Konstruktion so nicht möglich, Furtwängler hat ja schließlich nicht als Pensionär seinem Nachfolger bei der Arbeit auf die Finger gesehen, da hast Du völlig recht...


    Die Pointe allerdings, auf die ich mit meiner Kritik hinauswollte, ist aber nun nicht, daß Erinnerungen grundsätzlich nicht verifizierbar sind, sondern, daß in diesem speziellen Fall, wo wieder einmal von "Charisma" die Rede war, dasselbe (was immer es auch sein mag) vollständig in den Augen des Betrachters liegt und schwerlich als eine bequem aufweisbare Entität für alle gleichermaßen erlebbar in dem Charismatiker vorliegt.



    Liebe Grüße,


    Alex.

  • Zu dem Histörchen um Furtwängler möchte ich gerne noch etwas beisteuern:


    Ich bin jetzt 17 Jahre im Beruf, davon habe ich 13 Jahre unter einem sehr fordernden und durchaus auch charismatischem Chefdirigenten gearbeitet.


    Wenn nun heute, was schon vorgekommen ist, ein Werk auf dem Probenplan steht, welches ich auch unter der Leitung dieses Dirigenten spielte, dann weiß ich absolut genau, was er zu dieser oder jener Stelle gesagt hat und was er einforderte.


    Oftmals bin ich dann ein wenig enttäuscht, wenn es nun anders gespielt sein soll, denn wie schon gesagt, dieser ehemalige GMD hatte Charisma für mich und ich bin Ihm 13 Jahre lang gefolgt, meistens in großer Übereinstimmung mit dem von Ihm geforderten.


    Ich könnte jederzeit in Sekundenbruchteilen umschalten auf seinen Interpretationsansatz.


    Zwischenzeitlich habe ich auch auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin wieder unter Ihm gespielt.


    Dies war bei der Kammeroper Schloß Rheinsberg im Jahre 2006, und er wollte unbedingt einen Stimmführer, der seine Vorstellungen betreffend der Cellogruppe umsetzen konnte.


    Es war nicht nur ein schönes Déjà-vu Erlebniss, sondern es ist tatsächlich so, daß ich den Arbeitsstil und das Resultat, welches dieser Dirigent vom Orchester fordert, sehr genau kenne, und es hat mir grossen Spaß gemacht, in diesem Sinne mitzuarbeiten.


    Würde dieser Dirigent während einer Probe unseres Orchesters im Saal erscheinen, dann würden ich und viele andere im Orchester sicherlich automatisch in seinem Stil weiterspielen.


    Als Orchestermusiker muß man zwar sehr flexibel sein, aber eine lange Zusammenarbeit mit einem sehr guten Dirigenten bringt einen schon dazu, dessen Vorstellungen auch noch jahrelang, nachdem er weggegangen ist,automatisch weiter zu befolgen.
    Man kann das Tradition nennen...........


    Das ist natürlich für den Nachfolger schwierig, aber natürlich werden auch dessen Vorstellungen so gut es geht umgesetzt.
    Das ist keine Frage, aber trotzdem bleibt eine solch lange Zusammenarbeit einfach prägend.



    Insofern gehe ich ehrlich davon aus, daß die Furtwängler-Geschichte tatsächlich stimmt.


    Ich habe nie daran gezweifelt, daß dies wirklich so passiert ist.


    Das ist mir auch schon selber passiert, letztens noch bei einer Generalprobe unseres Turina-Quartetts:


    Dieser Dirigent kam nach etwa einer halben Stunde, um sich unsere Generalprobe anzuhören( seine Ehefrau, eine bekannte Sopranistin, trat mit uns als Gesangssolistin auf, das war natürlich der Grund seines Erscheinens.... )und setzte sich irgendwo rechts hinten in den Saal.
    Im selben Moment fing bei mir das Geratter im Kopf an und ich zumindest habe dann wirklich anders gespielt....... :O


    Der Authorität eines sehr guten Dirigenten kann man sich oftmals schwer entziehen, und er muß dabei gar nicht persönlich anwesend sein...... :D


    :hello:


    Michael

  • Zitat

    Original von Michael Schlechtriem
    ...
    Insofern gehe ich ehrlich davon aus, daß die Furtwängler-Geschichte tatsächlich stimmt.
    ...


    Ich bilde mir ein, derartige Geschichten von mehreren Seiten gehört zu haben. Es dürfte also wirklich etwas daran sein. Warum auch nicht.


    Ob Werner Thärichen Karajan gemeint haben kann, ist aber eher fraglich. Es gab in seiner Dienstzeit nur ein einziges Karajan-Konzert zu Furtwänglers Lebenszeit (1953). Es ist eher unwahrscheinlich, dass Furtwängler zu einer Probe eines nicht gerade geschätzten Konkurrenten erschien...


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Welch Glück! Wir sind endlich wieder bei der Karajan-Diskussion. Wahnsinnig spannend. Und so neu. Wir haben ja noch gar keine Pro-Karajan-Threads gehabt!
    Wo bleibt eigentlich die mahnende blaue Moderatoren-Schrift, zum Thema zurückzukehren, das laut Alfred doch ausdrücklich nicht um Karajan kreisen soll?
    :hello:

    ...

  • Hier ist eine aufschlussreichere Anekdote zum Thema, die Michael Gielen (der Karajan ästhetisch in mancher Hinsicht ablehnend gegenübersteht) unlängst in einem Interview berichtet hat:


    „GIELEN: Als er [Karajan] in Wien Direktor war, hat er mich zweimal an die Skala geschickt, für ihn Wagner-Einstudierungen vorzuprobieren mit dem Orchester, und ich hab’ einmal sechs Orchesterproben Walküre gemacht und einmal sechs Orchesterproben Tristan, damit er sich dann mit der Drecksarbeit nicht beschäftigen muss, wenn er kommt. Das Orchester war sehr gut damals, die kannten die Stücke gut, und nach diesen sechs Proben war das sehr sauber.


    STS: Er war zufrieden mit Ihnen?


    GIELEN: Ja, das glaub’ ich schon. Er hat jedenfalls nichts dagegen gesagt. Aber, als er kam und selber dastand – ich bin diesen Tag noch dort geblieben, weil ich erleben wollte, was da passiert -, da fing er an mit dem Vorspiel zum dritten Akt Tristan, die spielten ’ne Minute, und dann hat er abgebrochen und hat irgendwas gesagt, was kein Mensch verstehen konnte, hat irgendwas gemurmelt, schnell und nicht sehr deutlich, und dann noch mal, und da klang’s schon anders, und derselbe Vorgang noch einmal – und dann klang es so, wie eben nur das Orchester bei Karajan klingt, obwohl er technisch überhaupt nichts gesagt hat. Das ist was Besonderes. Das können die wenigsten Kapellmeister, und davor muss man schon den Hut ziehen. Ich weiß nicht, woher das nun kommt…“


    Loge

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Na ja, der Gielen wird auch schon alt und milde...
    :hello:


    Selbst kein Freund von Karajan, muss allerdings zugestehen, dass er Charisma hatte und durch dieses die Musiker schon durch seine Präsenz in seinem Sinne beeinflussen konnte; ob zum Besten der Musik sei mal dahingestellt - das hat schon was magisches.


    :hello:

  • Folgende Anekdote ist noch bezeichnender:


    Ingmar Bergman schildert seine Begegnung mit Herbert von Karajan anlässlich der Salzburger Festspiele 1983, in deren Rahmen Bergman Molières Don Juan inszenierte:


    "Ich wurde eingeladen, Herbert von Karajan zu besuchen, der im Großen Festspielhaus eine Premiere der Neuinszenierung des Rosenkavalier vorbereitete, seiner stolzesten Schöpfung.


    Er ließ mich mit seinem Wagen abholen. Man führte mich in sein privates Büro im Innern des gewaltigen Baus. Er kam einige Minuten zu spät, ein kleiner, zartgliedriger Mann mit einem zu großen Kopf. Er hatte vor einem halben Jahr eine schwere Rückenoperation hinter sich gebracht und zog das eine Bein nach. Ein Mitarbeiter stützte ihn. Wir setzten uns in einen bequemen Raum, der in ausgesucht schönen grauen Farbtönen gehalten war und unpersönlich, kühl und elegant wirkte. Assistenten, Sekretärinnen und Mitarbeiter zogen sich zurück. Eine halbe Stunde später wartete die Probe des Rosenkavalier mit Orchester und Solisten.


    Der Maestro kam sofort zur Sache. Er wollte mir mir als Regisseur Puccinis Oper Turandot für das Fernsehen verfilmen. Er sah mich mit seinen hellen kalten Augen an. (Normalerweise bin ich der Meinung, dass Turandot eine unangenehme, unhandliche, pervertierte Suppe ist; ein Kind ihrer Zeit.) Ich wurde in den hypnotisch hellen Blick des kleinen Mannes hineingesogen und hörte mich sagen, es sei eine große Ehre, Turandot habe mich schon immer fasziniert, die Musik sei rätselhaft, aber bezwingend, und ich könnte mir nichts Anregenderes vorstellen, als mit Herbert von Karajan zusammenzuarbeiten.


    Die Produktion wurde für das Frühjahr 1989 ins Auge gefasst. Karajan nannte eine Reihe Stars der Opernwelt, schlug mir einen Bühnenbildner und ein Studio vor. Der Film sollte auf einer Plattenaufnahme basieren, die er für den Herbst 1987 plante.


    Plötzlich war alles unwirklich. Die Produktion von Turandot war das einzig Wirkliche. Ich wusste, dass der Mann vor mir fünfundsiebzig Jahre war, ich selbst war zehn Jahre jünger. Ein einundachtzigjähriger Dirigent und ein einundsiebzigjähriger Regisseur sollten dieser mumifizierten Absonderlichkeit gemeinsam Leben einhauchen. Das Groteske des Projekts kam mir nicht in den Sinn. Ich war rettungslos fasziniert."


    DAS IST CHARISMA – und zwar in größter Potenz, das selbst vor einem „Größten“ einer anderen Zunft seine magische Wirkung entfaltet!


    An Dirigenten mit ähnlich charismatischem Potential wie Karajan fallen mir nur Toscanini, Furtwängler, Bernstein und C. Kleiber ein, aber die sind auch schon alle tot. Diese fünf sind wahrlich "Super-Charismatiker".


    Zu den lebenden Dirigenten:


    Als größten Charismatiker unter den lebenden Dirigenten würde ich Boulez bezeichnen, wobei sich das Charisma hier wohl mehr aus seinem Nimbus des bedeutenden Komponisten, als seinem zwischenzeitlich ebenfalls ganz beachtlich entwickelten Können als Dirigent speist.


    Als charismatisch in schon jungen Jahren würde ich z. B. Maazel, Muti, Rattle und Nagano bezeichnen, wobei die beiden erstgenannten ihr Charisma vielleicht nicht altersgemäß weiterentwickelt haben.


    Ein gewisses Charisma im Alter haben sich Harnoncourt und Abbado erworben. Aber das lässt sich ja in diesem Beruf offenbar kaum vermeiden, wenn man nur alt genug wird.


    Loge

  • Danke für den Hinweis auf den Musikwissenschaftler, Komponisten und Dirigenten Ingmar Bergman, der hier eine rein persönliche Meinung zum besten gibt, die über seinen eigenen Geschmack viel aussagt.


    Kann man vielleicht wieder von Karlatan zurück zum Thema kommen...?


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Danke für den Hinweis auf den Musikwissenschaftler, Komponisten und Dirigenten Ingmar Bergman, der hier eine rein persönliche Meinung zum besten gibt, die über seinen eigenen Geschmack viel aussagt.


    Kann man vielleicht wieder von Karlatan zurück zum Thema kommen...?


    :hello:


    Das verstehe ich jetzt nicht. Dürfen nur Musikwissenschaftler, Komponisten und Dirigenten sich darüber äußern, welche "charismatischen" Begegnungen und Erlebnisse sie hatten? Bergmanns Zitat sagt doch erst einmal nichts über die Klasse des dann entstehen sollenden Turandot aus. Es beschreibt lediglich ein bemerkenswertes Treffen. Und Michael Gielen wegen dessen Aussage zu bespötteln, finde ich auch nicht ganz fair. Es kann doch nicht angehen, jeden, der außergewöhnliche Erfahrungen mit HvK gemacht hat, zum Senilen oder Unwissenden zu stempeln. Der von mir (und ich glaube, lieber Edwin, von dir ebenfalls) hochgeschätzte Mariss Janssons, würde, dieser Logik folgend, ebenfalls im Tal der Anungslosen umhertappen.


    Ich jedenfalls muss bekennen, dass ich HvK das Zeug zu einem erheblichen Charismatiker einräume (auch wenn ich ihn nie persönlich und live erlebt habe). Das ändert aber nichts daran, dass er mir nicht sympathisch ist und ich mit seiner künstlerischen Ästhetik zu 90 Prozent nichts anfangen kann. Da gehe ich mit dir, Edwin, völlig konform, dass es anderer Fähigkeiten bedarf, Musik aufregend und lebendig zu gestalten.


    LG
    B.

  • Lieber Barbirolli,
    nein, es ist wieder einmal der Versuch Loges, aus einem Einzelstatement etwas Allgemeingültiges abzuleiten. Doch genau um diese Einzelstatements geht es hier nicht. Es geht auch nicht um Karajan, wie Alfred weiter oben eindeutig festgestellt hat - vielleicht wäre es hilfreich, den Threadtitel zu ändern (Dirigenten von heute - charismatisch wie einst die "Großen Alten?"), um flüchtigen Lesern diesen Irrtum nicht immer wieder zu suggerieren.
    Prinzipiell ist das Thema nämlich durchaus berechtigt und hat ja auch interessante Ergebnisse gezeitigt. Jetzt aber wieder Karajan abzuhandeln wie in x Threads zuvor, und genau mit den gleichen Methoden (xy sagt, wie fantastisch Karajan war), ist ermüdend. Obendrein sind wir dabei, uns mit der Fixierung auf Karajan wirklich lächerlich zu machen, da nahezu jeder nicht personenspezifische Thread über Dirigenten in den heiligen Schriften von irgendwem endet, der etwas Positives über Karajan gesagt hat.
    Wir würden uns übrigens auch mit der identischen Fixierung auf Bernstein, Boulez, Abbado etc. lächerlich machen...
    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Obendrein sind wir dabei, uns mit der Fixierung auf Karajan wirklich lächerlich zu machen,


    Lieber Edwin,


    ich lade Dich herzlich dazu ein, einen Gedanken darauf zu verwenden, daß gerade Du es bist, der das von Dir so ungeliebte Thema durch unnötige und in Teilen hauptsächlich subjektiv motivierte Abqualifizierungen auch dann wieder zu Köcheln bringt, wenn der Name von Karajans nur beiläufig oder als das Synonym, was er nun auch ist, auch nur erwähnt wird. Was eine Formulierung wie "Grökaz" hier zu suchen hat, ist mir nicht einsichtig. Der permanente Anti-Ruf, verbunden mit der dünnhäutigen Aufforderung, doch bitte wieder zum Thema zurückzukehren (um hernach noch eine Threadtiteländerung vorzuschlagen, damit der Name auch bloß unmißverständlich getilgt wird) empfinde ich wo nicht als Zensur, so doch als unbillige Bevormundung.


    Ich bitte um Nachsicht und Verständnis.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Wenn man von den konkreten Beispielen einmal abstrahiert und sich an einer Beschreibung des Phänomens "Charisma" versucht, so scheint es sich doch um eine kaum konkret zu definierende, irrational wirkende Personalqualität eines Menschen im Hinblick auf andere Menschen zu handeln. Das Charisma "selbst" sieht man nicht (ähnlich einem toten Winkel oder blinden Fleck), sondern nur dessen Auswirkungen auf andere (wie beim Wind, den man nur durch das Rauschen der Blätter wahrnimmt). Der Charismatiker kommuniziert nicht nur auf der "Sachebene", sondern strahlt durch sein Wesen eine Art von Anziehung oder Magnetismus aus, die bei dem Gegenüber so "einrastet" wie der Schlüssel ins Schloss und eine Art von "Gefolgschaft"/Hingezogensein auslöst. Die Gefahr besteht natürlich darin, dass der Charismatiker diesen Reiz manipulativ für seine egoistischen Zwecke nutzt (Personenkult) und ihn nicht in den Dienst der Sache stellt (beim Dirigenten etwa dadurch, dass er das Orchester über seine bisherigen technischen/musikalischen Grenzen hinaus zu einem neuen Niveau führt).

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

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