Nathalie Dessay - Belcanto par excellence

  • Lieber Frank Gregor, :untertauch: :untertauch: :untertauch:
    es tut mir immer wieder in der Seele weh, charmanten Herren desillusionieren zu mûssen, aber ich habe wirklich keine Aufnahmen der beiden Damen.....


    Was Rosa Ponselle angeht, teile ich Deine Meinung . :jubel:
    Ich hoffe, dass ist nun wenigstens ein kleines Trostpflaster.....


    Was das Alter einer Dame angeht: nie sollst du sie befragen! :boese2:


    Aber da ich Wagner nicht mag, widerspreche ich ihm auch hier und verrate dir ausnahmsweise , dass ich zu Natalie Dessays Generation gehöre.


    Fairy Queen

  • Liebe Fairy Queen :



    Danke für Deine Email .



    Ich habe extra noch einmal nachgesehen bezüglich Lily PONS . Sie galt viele Jahre als Koloratursängerin der Extraklasse . Und auch ihre ( wenigen ) erhaltenen Aufnahmen verkaufen sich immer noch sehr gut .


    Ihr Äusseres entsprach wohl vor allem dem Zeitstil ; es wr nicht zeitlos wie bei unserer Natalie Dessay , deren Natürlichkeit im Bewegungsablauf , der Mimik schon für sich wundervoll sind . Es gibt schon rein äusserlich soviele überzeugende Eigenschaften , die sie von "Mitbewerberinnen" unterscheiden . Und keine billige Effekthascherei auf den Covers etc. . :jubel::jubel:


    Deine Jugend : Ich gehe halt davon aus , dass Du aufgrund Deines doch jungen Jungseins wahrscheinlich Gnecer kaum noch gehört haben kannst auf der Bühne und Cerquetti nur durch Aufnahmen
    hast hören können .


    Wenn Du einmal Zeit hast , dann lies Dir bitte ihre Biographien durch bzw. die Diskographien .


    Dir noch einen schönen Abend !


    Vielle Grüsse ,


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Liebe Taminos,


    weiß vielleicht jemand aus dem Thread, ob Lucia di Lammermoor, die Dessay sang wohl in New York die italienische Fassung, auf dem grauen Markt aufzutreiben ist. Wenn ich das richtig mitbekommen habe, wurde die Aufführung im Rundfunk übertragen. Oder ist das eine illegale Anfrage?


    arimantas

  • Lieber Arimantas, ganz legal findest Du eine DVD Beilage , die die Wahnsinnsszene der Lucia in italiensicher Sprache von der Met-aufführung 2007 bringt bei dieser CD als Bonus :



    Das ist so überzeiugend gespielt und gesungen, dass einem wirklich das Grausen kommt!
    Wie Natalie Dessay da, serh zart und fast mager, in ihrem blutigen Hochzeitskleid den Wahnsinn einer an der Wirklichkeit zerbrochenen Frau verkörpert, reicht an die Leistung der Callas heran.


    Walter Scotts Schauerrromantik kann man kaum besser auf die Bühne bringen. :jubel: :jubel: :jubel:

  • Natalie Dessay- la Rossignol et la Rose


    Hier nun der von J. Rideamus angeforderte und leider etwas verspätete Einführungsbeitrag zu Natalie Dessay.


    Aus meiner grenzenlosen Bewunderung für die französische Koloratursopranistin habe ich noch nie ein Hehl gemacht und sie wird selbstverständlich auch den Tenor meiner Beiträge prägen.


    „La rossignol et la rose“ ist der Titel einer Arie von Camille Saint-Sâëns (zu finden auf der später vorgestellten Cd „Vocalise“) und gleichzeitig der eines wunderschönen Märchens von Oscar Wilde.
    Abgesehen davon, dass Dessays Gesang dem einer Nachtigall sehr ähnlich ist, hat auch ihre Karriere etwas durchaus Märchenhaftes an sich.


    Nathalie Dessaix (Natalie Dessay ist der Künstlername) wurde 1965 in Lyon geboren und wollte zunächst Schauspielerin Tänzerin werden. Diese ursprüngliche Berufung prägte und prägt ihr Leben als Sängerin in einer ganz besonderen Weise und ist neben ihrer wunderschön timbrierten Stimme und einer sehr guten Gesangstechnik ausschlaggebend für ihre internationale Karriere .


    Ihre Gesangsbegabung wurde entdeckt als sie in einem Theaterstück von Molière als Elfe die Arie der Pamina aus Mozarts Zauberflöte summen musste.


    Sie studierte dann am Conservatoire von Bordeaux Gesang und Schauspiel und wurde zunächst Choristin an der Oper Toulouse.
    Ihre erste Solorolle war die „Barbarina“ 1989 in Marseille.


    Der nationale Durchbruch in Frankreich gelang ihr mit dem 2.Platz im Gesangswettbewerb „Voix Nouvelles“ in Paris, der ihr den Weg an die Opéra de la Bastille öffnete.
    Dort gab sie 1992 in einer Polanski-Inszenirung an der Seite José van Dams ihre erste umjubelte Olympia und wurde für die nächste Saison umgehend als Blondchen und Olympia(wo sie für Cheryl Studer einsprang) an die Wiener Staatsoper engagiert.
    Kein Geringerer als Placido Domingo gab seiner Begeisterung über diesen neuen französischen Stern am Opernhimmel öffentlich Ausdruck- ihre internationale Karriere hatte begonnen.


    In den 90iger Jahren sang Natalie Dessay alle grossen Rollen des Koloraturfachs in Frankreich, Österreich, Amerika, Spanien, England.....: die Königin der Nacht, Zerbinetta, Lakmé, Aminta (Die schweigsame Frau), immer wieder Olympia , Das Feuer(Ravel „L’enfant et les sortilèges), Conigonde(Bernstein“Candide“) Morgana(Händel „Alcina“), usw usw


    Die mühelose und fast spielerische Leichtigkeit ihrer Gesangstechnik ist ein Phänomen, das man insbesondere auf dieser ersten CD aus dem Jahre 1994 nicht genug bewundern kann.
    Ic hpersönlich habe Dessay mit dieser Cd lieben gelernt und sie gehört nach wie vor zu meinen Unverzichtbaren und Dessay findet in diesem mörderisch schwierigen- einer Aloysia Weber in dei geläufige Gurgel komponierten- Repertoire nicht ihresgleichen.



    Natalie Dessay hat bereits von Beginn ihrer Karriere sehr klare und eigenwillige Vorstellungen zu Operngesang, Regie und Musik vertreten.


    Trotz ihres dafür prädestinierten Stimmfach weigerte sie sich lange Zeit, eine in ihren Augen musikalisch minderwertige und inhaltlich lächerliche Gattung wie die Operette auch nur in Betracht zu ziehen.

    Neben einem kurzen Frühlingsstimmenwalzer-Intermezzo , in dem sie als reizendes , ein wenig schüchtern und leicht fehl am Platze wirkendes Pariser Petit four an Sylvester 1993 das Wiener Publikum bezauberte,
    konnten erst Laurent Pelly/Minkowski sie zu einer richtigen Operetteneinspielung bewegen.
    Die Eurydice aus Offenbachs „Orphée aux enfers“ erwies sich als eine Paraderolle für Dessays komisches Talent .
    Zusammen mit ihrem Ehemann , dem Bassbariton Laurent Naouri, legt sie darin im rotschwarzen Baby-Doll eine massstabgebende und gleichzeitg virtusoe wie urkomische und frivol-erotische Duettszene „Jupiter verführt Euridice in Gestalt einer Fliege“ hin, dass sie allein deshalb bereits in die Annalen der Operettengeschichte eingegangen ist.



    In einem Interview sagte Dessay mit der ihr eigenen temperamentvollen Bodenhaftung später dazu, dass die Leute ruhig denken sollten, es ginge bei ihr Zuhause auch so zu- die Tatsache, diese Szene mit ihrem Ehemann zu spielen, habe ihr den allergrössten Spass gemacht.


    Leider hat dieser überaus vielverprechende Ausflug in die Operette keine weiteren musiklaischen Folgen gezeitigt und ihre Vorurteile der Gattung gegenüber wohl nciht endgültig revidiert.


    Musikalisch sehr fruchtbar und ihren hohen Ansprüchen eher angemessen als die leichte Muse erwies sich ihre Freundschaft mit der frz. Barock-Spezialistin und Dirigentin Emmanuelle Haïm. Als geraedezu idelae Barockstimme hat Dessay mit ihr zusammen bereits etliche CDs eingespielt und ich hoffe inständig , dass noch Viele folgen werden.














    Und hier noch meine allerletzte Errungenschaft der Zusammenarbeit zwischen N. Dessay und E3. Haïm deren Loblied ich dieser Tage nicht genug singen kann- und das nciht nur wegen N. Dessays himmlischem "Lamento della Ninfa" von Monteverdi sondern wegen einer herausragenden Sänger- und Musikerriege, die den barocken Klage einen überirdischen Charakter verleiht.













    Fortsetzung folgt später. Ich bitte, voerst nur auf die Dinge Bezug zu nehmen, über die ich bereits berichtet habe. Stimmkrise, Cds , DVDs,Belcanto etc folgen noch!



    F.Q.

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  • Lieber arimantas !



    (1) Die Anfrage ist durchaus legal nach meiner Meinung .


    Nach meiner Erfahrung , auch in New York selbst , gab es dort immer wieder Mitschnitte oft mit einem oder mehreren Mikrophonen vor einem Radiogerät . Nachteil : Die oft sehr schlechte Klangqualität .


    Ob dieses Mitschneiden für den Eigenbedarf rechtlich nach us - amerikanischem Recht zulässig ist weiss ich nicht .


    Aber es sind schon in den 1960er Jahren mit den damals vorhanden kleinen Tobandgeräten ganze Opern sicherlich gegen geltendes Recht mitgeschnitten worden . Gerichtsurteile dazu sind mir nicht bekannt .


    Prof. Fechner , ein anerkannter deutscher Medienrechtler , müsste dazu in einem seiner Lehr- und Lernbücher etwas geschrieben haben .



    (2) Besser als Fairy Queen Deine Frage sachkundig beantwortet hat ist dies kaum möglich .


    Die umjubelte New Yorker Inszenierung , der die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" einen grossen Artikel gewidmet hat , hat aus meiner Sicht Referenzcharakter .


    Wahrscheinlich steht einer Veröffentlichung eines Mitschnittes wieder einmal das Urheberrecht entgegen .


    Die Desay muss auf der Bühne sängerisch wie darstellerisch überwältigend gewesen sein ( selbst für die leidenschaftlichsten Callas - Bewunderer ohne Abstriche ) .


    Es dürfte nicht viele Sängerinnen geben / gegeben haben , bei denen die Einheit von überragender Gesangeskunst und intensivster
    Darstellung so bewegend geweisen ist ,wie bei Natalie Dessay !


    Viele Grüsse ,


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • arimantas


    Die "Lucia" aus der MET mit Dessay wird im Netz zum Download angeboten:


    Gaetano Donizetti - Lucia di Lammermoor - Metropolitan, New York -
    2008-03-08


    Lucia ...... Natalie Dessay (soprano)
    Edgardo ...... Giuseppe Filianoti (tenor)
    Enrico ...... Mariusz Kwiecien (baritone)
    Raimondo ...... John Relyea (bass)
    Alisa ...... Michaela Martens (mezzo-soprano)
    Arturo ...... Stephen Costello (tenor)
    Normanno ...... Michael Myers (tenor)
    Chorus and Orchestra of New York Metropolitan Opera
    James Levine


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Nun geht weiter mit der Rose und der Nachtigall und ich komme nun zu Natalie Dessay als Opernsängerin und dem Fortgang ihrer Karriere ab dem Jahr 2000.


    Das Jahr 2001 markiert eine grosse Wende in ihrer Laufbahn, denn sie widmete sich erstmals einer Rolle, die den Rahmen ihres bisherigen reinen Koloratur-Repertoires sprengte und von der sie schon lange geträumt hatte: Donizettis Lucia di Lammermoor.



    Sie sang diese Rolle in Paris, Lyon, Chicago und an der Met-New York.
    Die französche Version ist bei Virgin Classics als CD aufgenommen, die italienische Version gibt es derzeit nur in Ausschnitten zu sehen(oder siehe oben!)



    Ausserdem wendete sie sich ebenfalls zum ersten Mal einer Bellini-Heroine, der Sonnambula (Januar 2001 an der Scala di Milano) sowie der Constanze aus Mozarts Entführung aus dem Serail zu (Genf 2001)


    Ins Frühjahr 2001 fällt dann auch die erste schwere Stimmkrise und eine längere Singpause, in der sie u.A. die an der MET vorgesehene Sonnambula absagen musste.


    Die Gründe für dieses und die kommenden Krisen-Jahre der Dessay können nur angedacht und spekuliert werden, alles Andere wäre unseriôs und überdies indiskret.



    Ihre Stimme ist ohne Zweifel die einer echten Koloratursopranistin, charakterisiert durch ungeheure Agilität, eine exorbitante Höhe(bis zum a3!) und grosse Leichtigkeit.
    Darüber hinaus hat sie aber ein warmes und weiches Timbre, was in diesem Stimmfach eine Seltenheit darstellt und ihr das ganz Exquisite und Unverwechselbare verleiht.
    Eine Nachtigall, die nicht nur zwitschern sondern auch anrühren kann, ist unter menschlichen Stimmen nicht häufig zu finden.
    Dessays Stimme geht alles Metallische, Schrille Harte, Maschinengewehrartige ab, das manche ihrer Fach-Kolleginnen für meine Ohren eher unangenehm macht.


    Aber: ihr geht damit leider auch die dramatische und grosse lyrische Kraft ab und das macht die Stimme sehr empfindlich und fragil.


    Der zu rasante Übergang vom extremen Koloraturfach ins lyrische Koloraturfach hat ihr evtl geschadet, evtl hat sie sich auch insgesamt überanstrengt und einfach viel zuviel gesungen oder aber es gibt andere persönliche Elemente , die hier eine grosse Rolle spielen.


    Seit den 90igerJahren hat Natalie Dessay ihre stimme bei dem in Frankreichserh renommeirten Gezsangsprofessor J.-P. Blivet weiter ausbilden bzw kontrollieren lassen- wenn man sein Buch "Le voies du chant" studiert, für das Dessay ein Vorwort geschrieben hat, muss man von einer fabelhaften technischen Schumle ausgehen.
    Ohne Selbige hätte sie auch solche Rolle bei einer glechzieitg so zarten Stimme niemals über 15 Jahre durchgehalten.


    Fakt ist , dass es zwischen 2001 und 2005 Stimmbandoperationen, viele Konzertabsagen und lange Singpausen gab.



    In Folge verzichtete N.Dessay auf alle extremen Koloraturrollen wie etwa Olympia, Kônigin der Nacht oder Zerbinetta und wendete sich ganz dem mehr lyrischen Repertoire(Manon), sowie dem lyrischen Koloraturrepertoire(Marie, Amina , Lucia)zu .


    Natalie Dessay hat immer wieder betont, dass ihr Interesse nciht den hohen Tönen sondern der glaubwürdigen Darstellung einer Figur auf der Opernbühne gelte.
    Sie ist für ihre Bereitschaft ,auch die aussergewöhnlcihsten Regiekonzepte zu unterstützen, wenn sie ein ihr angemessenes Konzept vertreten, bekannt. Ob als Lucia auf einer Schaukel singend, als Punk-Zerbinetta, als Olympia im Irrenhaus- ihrem Darstellungs-Talent sind keine Grenzen gesetzt und das Regietheater ist für sie die einzig legitime Form einer zetigemässen Oper.


    Von der Vielseitigkeit ihrer Gesangs- und Darstellungskunst zwischen 1993 und 2003 kann man sich am besten auf dieser DVD überzeugen.
    3 verschiedene Olympias(1993,1996 und 2000), 2 Zerbinettas,(2001, 2003) die Lyoner Lucie(2002), 2 KdN (1994 und 2000), Thomas' Ophelia(2003), Bernstein Conigonde(1997) sowie das oben besprochene Fliegenduett aus Offenbachs Orphée(1997) auf einer einzigen DVD vereint.



    Fortsetzung folgt !

  • Liebe Fairy Queen,


    danke für den Hinweis auf die DVD-Beilage. Da hab ich wohl schnell zugegriffen, und mich vorher nicht genügend informiert. Habe mich schon schwarz geärgert. Da lese ich diese Kritiken aus New York und das Wasser läuft mir im Mund zusammen und ich hätte doch zumindest die Schlüsselszene schon erleben dürfen. Bemühe mich bereits, ein Exemplar mit DVD zu bekommen. Bin mit dem Ausschnitt auf der CD nicht ganz so glücklich und könnte mir vorstellen, daß sie live überzeugender ist. Ich denke mir, daß diese sterilen Studiobedingungen ihr nicht so entgegenkommen. Hinzukommt, daß das Vertrauen in die eigene Stimme, was nach ihrer Aussage das Hauptproblem nach ihren Operationen gewesen sei, in einer Live-Aufführung sich wie von selbst einstellt. - Übrigens hat sie sich ja auch schon selbst darüber geärgert, daß sie zunächst zu ängstlich gewesen sei, die italienische Fassung zu wagen. Auf italienisch funktioniere die Oper auch besser.


    Lieber Frank,


    vielleicht muß man ein halbes Leben warten, bis die Aufnahme von der Met als offizielle CD oder DVD erscheint, obwohl manches heute schneller geht. Wenn ich so daran denke, wie ich seinerzeit recht mühsam nach der Callas-Lucia unter Karajan gesucht habe. Da hat sich inzwischen einiges verändert. Schlimm ist, daß jetzt oft auf die Originalbänder zurückgegriffen werden kann. Die manchmal erstaunliche Klangverbesserungen zwingen dann zum Neukauf und reißen Löcher in das Portemonnaie. Andererseits steht immer noch etliches aus. So ist mir unbegreiflich, wieso sich z.B noch kein Label der Originalbänder des Verdi-Requiems unter Toscanini (1940) u.a. mit Björling angenommen hat (inlusive Probenmitschnitte) oder aus dem Konzertbereich z.B. des Schumann-Konzerts mit Richter mit den Wienern unter Muti.


    Also hoffen wir, daß die Lucia aus der Met möglichst schnell Kultstatus bekommt. – vorausgesetzt die New Yorker Zeitungen haben nicht maßlos übertrieben. Allerdings beziehst Du Dich ja auf die FAZ, die im Netrebko-Rummel eine ganz gute Figur gemacht hat. Aber wir haben ja auch die Aussage unserer Fee, auch wenn sie mit den Augen und Ohren der Liebe spricht.


    Arimantas


    P.S. Wetten, daß die „Lucia“ mit der Netrebko und Villazón von der Met im Februar blitzschnell auf den Markt kommt.

  • Lieber Harald,


    daran hatte ich noch gar nicht gedacht, daß heute sehr viel im Netz landet. Wahrscheinlich fürchte ich ganz unbewußt, dann tagelang im Netz zu hängen und nach meinen Lieblingen Ausschau zu halten. Hinzukommt, daß ich diese Dateien so unsinnlich finde. Ich trauere deswegen ja immer noch der Schallplatte nach, mit dem größeren Format mit einem erkennbaren Cover und schönen Beiheften und lesbaren Informationen.


    Vielen Dank für den Hinweis, werde mich auf die Suche machen.


    arimantas :hello:


    P.S. Eine Stunde später, das Internet frißt die Zeit wie nix, bin ich zwar noch nicht fündiig geworden, habe aber einen Artikel über die "Lucia" an der Met gefunden, von Daniel Mendelsohn im New York Review of Books: sehr lesenswert, wenn auch sehr kritisch:


    http://www.nybooks.com/articles/20831

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  • Die Aufnahme habe und höre ich gerade.


    Sie ist leider nur wegen Nathalie Dessay genießbar, die aber ist sie wert. Ich habe wohl eine eine bessere Lucia gehört, nicht den Koloraturautomaten Joan Sutherland, auch nicht Anna Moffo, die ich (auf der Plattenaufnahme, nicht in dem unsäglichen Fernsehfilm) bislang als die beste empfand. Auch Maria Callas, die ihrer Rollenportrait als einzige gewachsen und noch leicht überlegen ist, fällt für mich gegen die Dessay ab, weil ich mit dem Timbre der Callas meine notorischen Probleme habe (ich beziehe mich auf die Serafin-Aufnahme), während die Dessay auch den stimmlichen Herausforderungen dieser Partie bravourös gewachsen ist, und nicht nur in den Spitzentönen. Allenfalls könnte man ihr vorhalten, dass ihr Timbre für das schwere Umfeld etwas zu leicht ist, aber daran ist auch der Dirigent Joseph Colaneri schuld, der für den erkrankten James Levine einspringen musste.


    Die restliche Besetzung kann man vergessen. Nach dieser Leistung habe ich volles Verständnis für Daniele Gatti, dass er Giuseppe Filianoti bei der gestrigen Scala-Premiere des DON CARLO auswechseln ließ. Wettbewerbsfähig ist er einzig in dem Thread "Wer schreit am besten". Der Bariton Mariusz Kwiecin trifft zwar die Töne wesentlich zuverlässiger, hat aber ein Vibrato, zwischen dessen Tönen man ein Nickerchen machen kann. Einzig John Relyea liefert wenigstens eine ordentliche Leistung.


    Das Ganze gäbe eine sehr gute Querschnittplatte um alle Nummern mit ND ab, wenn man den Tenor ertragen kann, der wenigstens das große Duett nicht total kaputt singt. Jedenfalls war das mit Spitzenleistungen verwöhnte MET-Publikum nicht ohne Grund vor Begeisterung aus dem Häuschen, nach der "Wahnsinnsarie" sogar total aus dem Haus. Das dürfte einer der längsten und heftigsten Beifallsstürme in der Übertragungsgeschichte dieser ehrwürdigen Institution gewesen sein.


    :hello: Jacques Rideamus

  • Wie Fairy schon erwähnte, hat Natalie Dessay die Lucia auch schon in Chicago gesungen - im Januar/Februar 2004.


    Auch hiervon existieren Mitschnitte, die im Netz schon mal angeboten werden, mit Datum 7., 16., 24. oder 28. Februar 2004, die Besetzung:


    Aufnahme: live, Chicago Lyric Opera
    Dirigent: Jesús López-Cobos
    Orchestra of the Chicago Lyric Opera
    Chorus of the Chicago Lyric Opera


    Alisa: Lauren Curnow
    Arturo Buklaw: Scott Ramsay
    Edgardo di Ravenswood: Marcelo Álvarez
    Enrico Ashton: Ashley Holland
    Lucia: Natalie Dessay
    Normanno: David Cangelosi
    Raimondo Bidebent: Tomas Tomasson


    Bei Premiere Opera gab es einen Mitschnitt auf 2 CDs schon mal zu kaufen, ist im aktuellen Katalog jedoch nicht mehr vorhanden. Ich kenne die Aufnahme nicht.


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Zitat

    Original von arimantas

    Aber wir haben ja auch die Aussage unserer Fee, auch wenn sie mit den Augen und Ohren der Liebe spricht.


    Arimantas


    P.S. Wetten, daß die „Lucia“ mit der Netrebko und Villazón von der Met im Februar blitzschnell auf den Markt kommt.


    Lieber Arimantas, das ist sehr schön gesagt, :angel: aber ich möchte dazu bemerken, dass mich Liebe niemals blind macht sondern ganz im Gegenteil: sie macht mich sehend für das Wesentliche!


    Was Netrebko als Lucia angeht, werde ich die Liveübertragung im Kino sehen können. Eine Mini-Vorschau bzw ein Szenenbild wurde uns schon bei der letzten Vorstellung gewährt und das lässt bereits einige Schlüsse zu.
    A.N. als rothaariger Highland- Vamp- bis zur Hüfte reichende Locken, ein prachtvolles Brokatgewand, das ihre weiblichen Rundungen allerbestens zur Geltung bringt- schlciht und ergreifend: man sieht ein echtes Rasseweib. Sehr dekorativer Wahnsinn, schätze ich mal.
    Man glaubt wirklich kaum, dass ein solches Geschöpf dann auch noch singen kann.(dass sie es doch kann, weiss ich natürlich)
    Und welche Art von Lucia dabei im Gegensatz zu der von Dessay herauskommt, kann man sich mit etwas Phantasie bereits vorstellen.


    Fûr mich ist das der entscheidende Unterschied und deshalb verstehe ich auch diese amerikanische Kritik nciht so ganz(danke!)
    Was will dieser Kritiker denn nun sehen und hören?
    Viellciht kannst du das mal für mich etwas auf den Punkt bringen.



    Wenn ich Dessay als Lucia sehe (egal ob in frz. oder meiner italienischen Szene aus der MET) ist das kein bisschen "Laufsteg".
    Da steht eine total zerbrechliche aus Ohnmacht wahnsinnig Gewordene, der die Männerwelt die Selbstbestimmung genommen und die Seele zerbrochen hat.
    Sie ist alles andere als ein Model, klein, fast zu mager, mit riesigen Augen und etwas Koboldartigem und bebt und zittert in ihrem blutbespritzten halb zerrissenen Kleid, das kein bisschen dekorativ ihre Brust entblôsst und da ist kein Push-Up Bh drunter wie bei Netrebko, um auch halbnackt noch die bestmöglche Figur zu machen.


    Nein, Alles an ihr ist echt und sie liefert sich vollkommen aus, schönt nichts und hat keine Scham, die Schattenseiten des Wahnsinns zu zeigen.
    Das ist bei hrer Manon ganz genauso gewesen- im entsprechenden Thread sind die begeisterten Kritiken vieler Taminos nachzulesen.


    Und genau an diesem Punkt sehe ich die grosse Parallele mit Callas, auch wenn etwas ganz Anderes dabei herauskommt: in beiden Fällen kommt etwas Authentisches und deshalb Bewegendes dabei heraus.


    Und solche der Rolle hingegeben Sängerninnen brauchen eine Bühne, da reicht eine CD-Aufnahme nciht aus.
    Dass Du, lieber Arimantas da etwas frustriert warst, kann ich teilweise nachvollziehen.
    Wer grôssere und dramatischere Stimmen in der Rolle kennt und vorzieht, kommt hier rein akustisch nciht auf seine Kosten, da gibt es ncihts zu rütteln.
    J.R. sieht das ja offenbar anders, und wie ich, den wir leiben ienfach das Timbre der stimme -es ist also auch eine Geschmacksfrage, denke ich.


    wie acuh immer musst du sie einfach sehen. Dem Spiel und der Präsenz, die so zu der Stimme passt und gehört, kann man sich nciht entziehen, behaupte ich mal.
    Und ich wusste gar nciht, dass nciht bei jeder CD diese Bonus-Dvd dabei ist, ich habe sie letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt bekommen. ?( Schade!


    Meine Fortsetzung mit Teil 3 kommt nun erst morgen.
    Ich habe mich hier gerade so in dieses Posting reingesteigert und wollte eigentlich noch weitere Opern-Cds und DVDs vorstellen..... :untertauch:


    Aber der Thread läuft ja nciht weg!


    F.Q.

  • Eine CD, die noch nicht erwähnt wurde, ist das Album Mozart Heroines, mit dem ich Natalie Dessay erst wirklich kennenlernte.





    Sie beeindruckt mit ihren glasklaren Koloraturen, ihrer Virtuosität, aber auch mit einer schön geführten lyrischen Stimme, der allerdings für so manche Partie die nötige Dramatik fehlt, die ja auch für die Charakterisierung einer Rolle notwendig ist.


    Zitat

    Original von Frank Georg Bechyna
    Mich würde nun schon sehr interessieren , wer eine "ordentliche Konkurrenz" zu Natalie Desay in ihrem Stimmfach sein soll(te) ?


    Ihre große Konkurrentin, wenn man denn diesen Begriff überhaupt verwenden will, ist wohl Patricia Ciofi, die sich gerade im Belcanto Fach als Idealbesetzung herausgestellt hat.
    Diana Damrau singt und spielt auch ganz großartig. Ihr Repertoire deckt sich auch teilweise mit dem von Dessay. Sie hat erst vor kurzem die Lucia an der MET gesungen (in der gleichen Produktion wie Dessay) und hat sensationell gute Kritiken bekommen.


    Gregor

  • Lieber Gregor, die Mozart-Cd hatte ich nicht vergessen, sondern aufgeschoben. Deine Bewertung kann ich weitestgehend teilen.



    Ich finde Diana Damrau ebenfalls sehr gut und habe sie neulich noch über den grünen Klee für die Einspielung der Mahler-Wunderhorn-Lieder gelobt.


    Aber die Stimme hat lange nciht den anmutigen Liebreiz und das unverwechselbare Timbre der Dessay. Dafür ist sie aber sicher robuster, was in diesem Geschäft wahrlich nicht zu verachten ist.


    Patricia Ciofi lässt mich leider total indifferent. :wacky:



    Ich stelle hier nun noch einige wichtige Einspielungen von Natalie Dessay vor und beginne mit zwei herausragenden Opernproduktionen aud jüngerer Zeit, die auch hier im Forum gebührend beachtet wurden und eigene Threads haben:








    Wer sich ein umfassendes Bild von den Bühnen-Talenten der Dessay und ihrer jüngeren entwicklung machen möchte, ist mit diesen beiden DVDs bestens bedient.


    Für mch gehören beide in den Olymp der Unverzichtbaren und das auch wegen Villazon und Florez und zwei wunderbar anregenden Inszenierungen.


    Fortsetzung folgt.

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  • Und weiter gehts und nun mit dem Stammrepertoire einer frz. Opernsängerin: den frz. Opernarien.
    Dessay hat zwei Sampler aufgenommen, die Bekanntes und hierzulange Unbekanntes sowie in Deutschland Unaufgeführtes vereinen:





    Auf dieser Cd finden sich einige die Renner des frz. Repertoires des 19 Jh wie Manon, Juliette, Titania, Ophelia aber auch Raritäten wie Massenets Cherubin, Boieldieus "La fête du village voisin", Offenbachs Robinson Crusoe.




    Die zweite Cd ist ebenfalls eine Mischung aus Bravour- "Tubes"(wie die Glöckenarie der Lakme, die Arie der Meyerbeer Dinorah "Ombre légère und die Arie der Puppe Olympia) und versteckten Perlen(Milhaud, Chabrier, Poulenc, Bondeville, Sauguet)



    Ich bleibe im frz. Opernrepertoire und komme zu eienr Gesamteinspielung eines Werkes, die absoluten Referenzcharakter hat udn alle anderen Aufnahmen(mir bekannten...) weit in den Schatten stellt:




    Die Lakmé ist eine meiner Lieblingsoper und leider in Deutschland so gut wie unbekannt. Man kennt allenfalls noch das Blumenduett(aus der Fernsehwerbung...) sowie die Glöckchenarie von Florence Foster Jenkins "interpretiert".
    Was für herrliche, farbenreiche und harmonisch serh spannende, "orientalisierende" Musik Delibes da komponiert hat, weiss fast niemand! ;(
    Die Oper steht und fällt mit der Protagonistin und das ist die Paraderolle schlechthin für Nathalie Dessay. Besser ist einfach unmöglich. :jubel: :jubel: :jubel:


    Hier kommen die Qualitäten ihrer Stimme ganz zur Geltung, der weiche Schönklang mit dem hinreissenden Timbre, die Leichtigkeit , das Schwebende und eine hervorragende Technik als Grundlage dieser sehr schwieirgen Partie.
    Leider habe ich sie nie live damit erleben können und werde es wohl auch niemals mehr, da sie die Rolle als zu hoch abgegeben hat. ;( ;( ;(
    Umso kostbarer diese Aufnahme!


    So nun habe ich Madame Dessay hoffentlich hinreichend promotet und werde evtl in den Vorstand ihres Fan-Clubs aufgenommen.
    Allerdings hat sie mich noch nie zum Café eingeladen und mir auch keine Kipferln-Rezepte vermacht, geschweige denn Gesangsunterricht gegeben..... :D


    Bis hierher nun mit meiner Einführung . Zur Gemischtwarenladen CD "Vocalise" (auch eine meiner Lieblinge ), die hier noch fehlt und der Strauss-Cd (die ich leider noch nciht kenne ) nach Bedarf


    Weitere Diskussionen natürlich sehr erwünscht.



    Fairy Queen

  • Liebe Fairy Queen


    du hast mich auf den Artikel, „Looking for 'Lucia'“, von Daniel Mendelsohn angesprochen. Ich versuche einmal seine Kritik auf den von Dir geforderten Punkt zu bringen. Erst einmal zum Autor: Mendelsohn fünf Jahre älter als Natalie, ist Buchautor (The Lost: A Search for Six of Six Million) und Journalist, der für seine Buchrezensionen vielfach ausgezeichnet wurde. Er ist kein professioneller Musikkritiker, aber gewiß ein Sammler und Liebhaber, sonst er würde sich nicht auf eine Aufführung mit der Scotto aus dem Jahre 1967 (Tokyo) auf DVD beziehen können.


    Eine Aufnahme ich die leider nicht besitze, dafür aber aus dem gleichen Jahr mit Pavarotti/Capucilli und frühere Aufnahmen mit Kraus/Bruscantini (1963) und Di Stefano/Bastianini (1959), ein Hinweis darauf, daß Du natürlich richtig geahnt hast, daß ich inklusive Callas eher dramatische, auch größere Stimmen in der Rolle bevorzuge, obwohl ich auch die Aufnahmen mit Pagliughi (1939) und Stader (1953 deutsch) kenne und schätze.


    Mendelsohn geht zunächst auf die Entstehung der Oper ein, die Novelle, die Beliebtheit der Wahnsinnsszenen in der romantischen Oper bis hin zur Funktion von Frauenrollen in solchen Opern. Er geht hier, bezugnehmend auf Catherine Clément, auf eine feministische Sicht ein, welche Lucia in eine Reihe mit Madame Bovary und Anna Karenina stellt.


    “This reading of opera has a particular resonance when you think of Lucia, a work that was invoked throughout the nineteenth and early twentieth centuries in novels whose heroines, repressed and thwarted by their societies or husbands, themselves explode into climactic acts of violence (or are simply killed off): Donizetti's opera makes memorable and rather pointed appearances in Madame Bovary, Anna Karenina, Where Angels Fear to Tread, and others.”


    Dann geht er auf die Differenz von Novelle und Oper ein, betont den uns heute so selbstverständlichen Plan Donizettis ein einzelne Heldin in das Zentrum einer gesellschaftlich dominierenden Männerwelt zu stellen:
    “ … it's easy to forget that it was the result of self-conscious and quite canny craft: the insistent, ever-growing emphasis, throughout Lucia, on qualities of abandoned pathos, of a feminine suffering that begins in an oppression that's symbolized by an act of sexual intrusion, and ends with an explosion of spectacularly aggressive and finally self-destructive energies: a shift from sacrificial victim to avenging harpy that reminds you of Greek tragedies that were the ancestors of early-nineteenth-century dramas like Lucia.”


    Mendelsohn geht dann auf eine frühere Produktion (1992) ein und kommt dann über das neue Met-Konzept Peter Gelbs zur aktuellen Inszenierung von Mary Zimmerman, die kurz vorgestellt wird. – Das alles hat vielleicht nicht allzuviel mit unserer Heldin Natalie Dessay zu tun, aber es war halt wohltuend, wie umfassend Mendelsohn diese Aufführung angeht.


    Die folgende Regiekritik ist sicherlich interessant, aber die meisten von uns haben die Arbeit ja nicht gesehen und so beschränke ich mich auf wenige Punkte. Bemerkenswert fand ich den Hinweis, daß eigentlich keine Personenregie stattfand, angefangen von Chor bis zur Hauptdarstellerin – im Gegensatz zur alten Scotto-Inszenierung, in der die kleine und mollige Renata mit ganz kleinen Bewegungen ihres Körpers zu einer unvergeßlichen Aufführung der Oper beiträgt.


    Zentral für die Sichtweise Mendelsohns scheint mir der Hinweis auf eine Aussage des italienische Regisseurs Sandro Sequis bezugnehmend auf die Callas in Berlin. Von entscheidender Bedeutung sei nicht der "Realismus", sondern die hohe Stilisierung, die stark sinnvolle Geste, für Aufführungen von Belcanto-Oper:


    “For me, [Callas] was extremely stylized and classic, yet at the same time human—but a humanity on a higher plane of existence, almost sublime. Realism was foreign to her, and that is why she was the greatest of opera singers. After all, opera is the least realistic of theater forms.”


    Ich denke, die Kritik an der Dessay geht von dieser Sicht aus. Dessay versuche sich einerseits so intensiv von bisherigen Rollen freizuspielen, andererseits käme ihr Drang zur Schauspielerei der neuen zuschauerfreundlichen Konzeption der Met entgegen – und verkleinert durch Übertreibung des Elements Schauspiel die Rolle. Für ihn wird das in der Wahnsinnsszene besonders deutlich, von der die Dessay gesagt haben soll, sie sei der am leichtesten zu singende Teil der Oper. Es gäbe da einen Moment, in dem sie wie in einem Horrorfilm losschreit, und ein Zuschauer hinter ihm in dem Moment murmelt: „Das ist gruselig“ (Now that's scary). Das Problem besteht für Mendelsohn darin, daß dieses Unheimliche bereits im Text, in der Musik ist, und Donizetti und Cammarano schwer daran gearbeitet haben, dieses Element dort einzubinden: „how hard they worked to put their broken heroine's suffering and dissociation in the music, in the words (or lack of words).”


    Kurz gesagt. das von vielen Zuschauern bewunderte naturalistische Spiel gerät ihm zum Vorwurf:


    “That Natalie Dessay and Mary Zimmerman thought that this scene needed the addition of ‘real’ scariness merely reveals the extent to which they neither comprehend nor trust the authors of the work they're staging.”


    arimantas :hello:


    P.S. Die nicht nur von Dir gerühmte "La Fille du regiment" gibt es bei amazon extrem günstig.

  • Liebe Fairy Queen :



    Natürlich gebührt Dir direkt der Aufssichtsrats - Vorsitz im Natalie - Dessay - Club . :jubel:



    Leider bist Du nicht Auf die grossartige Lucia der 2006 verstorbene Anna Moffo eingegangen , die ebenfalls eine Einheit von grossartigem Gesang und intensivster Bühnenpräsenz in den 1960er Jahren zu leisten vermochte .



    Jürgen Kesting hat 2007 in seinem umfangreichen Text " Maria Callas . Glanzjahre einer Diva" drei Aufnahmen zum Vergleich ausgewählt :
    (1) Mexico City ; 1952 , Di Stefano , Campolonghi , Dir.: Guido Picco ,
    (2) Florenze ; 1953 , Di Stefano , Gobbi , Tullio Serafin und
    (3) Mailand ; 1954 - live - , Di Stefano ; Dir.: Karajan ( Es fehlen ausgerechnet einige Takte der "Wahnsinnsszene" ! ) und
    Berlin ; 1955 - live - , Di Stefano ; Dir.: Karajan ( EMI ) .



    Jürgen Kesting schreibt meiner Meinung über die Callas etwas ( aaO , p. 41 ) , das auch auf Natalie Dessay zutrifft :" Ihre Wirkung erklärt sich daraus , dass<sie die von ihr dargestellten Figuren mit einer politischen Stimme gesungen hat ; dass sie ihnen (KLang-)Gesichter gab , die sich der Bilderwelt der Frau ..... nicht fügten" . Und wie Maria Callas hat Natalie Dessay als Lucia "der Gesanjskunst eine neue Richtung gegeben" ( J. Kesting , aaO , p. 39 ) . Dies macht sie auch beide auch so richtungsweisend . Meiner Meinung nach wurde es höchste Zeit , dass wir solch eine singende Schauspielerin wie Callas wieder erleben können . Man kann in ihrer sehr kurzenKarriere Anna Moffo noch zwanglos hinzufügen .


    Viele Grüsse ,



    Frank


    _________________________________________________________


    " Ho dato tutto à te " ( Medea )

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Lieber Arimantas, danke!
    Ich war mir nciht so ganz sicher, das richtig verstanden zu haben. eine ausführlcihere Antwort folgt morgen früh, denn das ist ein ausserordentlich spannendes Thema und dazu brauchhe ich etwas frühmorgendliche Musse.
    Es geht hier offenbar um die Grundhaltung zu Schauspiel in der Oper, insbesondere der Belcanto-Oper, und eigentlich dachte ich habe die Callas da genug revolutioniert und frischen Wind reingebracht. aber wer heute noch besser findet, möglcihst wenig naturalistisch an der rampe zu singen, weil die Komponisten ja shco nalles in die Musik gelegt haben, muss sich zumindest fragen lassen, wo er seit der Callas opernmässig gelebt hat.... ?(
    Frank bringt das ebenfalls auf den Punkt, indem er wie ich Callas und Dessay als singende DARSTELLERINNEN direkt miteinander in Bezeihung setzt, trotz des serh verschiedenen Stimmmaterials.


    Bin leider in Eile, daher nur angerissen.
    F.Q.

  • Liebe Fairy Queen,


    da bin ich doch sehr gespannt, da mit der Callas derselbe Bezugspunkt gewählt wird - sowohl pro wie auch contra Realismus in der Oper.


    arimantas :hello:

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  • Liebe Fairy Queen ,


    lieber arimantas !



    (1) Rosa Ponselle war cum grano salis in ihren Äusserungen ( nachzulesen bei Jürgen Kesting , aaO ) d i e Vorbildsängerin der Callas .


    Rosa Ponselle hatte nach eigenen Worten von Maria Callas ihr gegenüber den Vorteil der besseren Startbedingungen ( J Kesting , aaO ) .



    Wer das Gemeinsame und Unterschiedliche in der Rollenauffassung von Ponselle wie Callas kennenlernen möchte , der muss sich die von beiden interpretierten Rollen anhören . Man kann in Ponselles Stimme regelrecht ihre darin zum Ausdruck kommende Faszination auf den in der Oper Hinsehenden ermessen .



    Leyla Gencer , eine der bedeutenden Interpretinnen des Belcanto , hatte dieselbe Gesangslehrerin wie die Callas . Wer Leyla Gencer ( verstorben 2008 in Mailand ) auf der Bühne erleben konnte , weiss auch um ihre schauspielerischen Qualitäten .



    Auf eines muss ich hinweisen : Selbst in dem 2007 von Jürgen Kesting erschienenen Callas - Buches mit vielen CDs fehlt der Name von Natalie Dessay ! Dies ist kaum nachvollziehbar , weil Mme. Dessay die Rolle der Lucie / Lucia di Lammermoor nicht erst 2007 uder 2008 interpretiert hat . Diese Ignoranz von Kesting ist erschreckend und nicht nachzuvollziehen .


    Nochmals : Anna Moffo hat in den 1960er Jahren ebenfalls eine überzeugende Lucia spielend gesungen .


    Ich darf auf folgendes Buch dringend hinweisen : Michael Glotz : La note bleue . Une vie pour la musique . Lattès , Paris , 2002 ( hier vor allem das Kapitel über Maria Callas , deren Manager , Frend , Mentor Michel Glotz viele Jahre lang gewesen ist . Glotz hat die Callas auch am Fügel begleitet . ) .


    Viele Grüsse ,



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Lieber Arimantas, ich glaube ich habe den wesentlichen Kritikpunkt von Mister Mendelsohn erst jetzt richtig verstanden und das schient mir doch eine ausserordentlich spannende Grundsatz-Diskussion zu sein.


    Auf die Spitze getrieben wirft er Natalie Dessay vor, die Rolle naturalistisch und nicht wie die Callas- stilisiert- anzugehen und nicht genug darauf zu vertrauen, dass in der Oper(Libretto und Musik) selbst schon Alles angelegt ist, was zum Verständnis der Rolle für das Publikum gehört.


    Der Satz" After all, opera is the least realistic of theater forms.” ist natürlich richtig und wahr und die Schluss folgerungen die der Autor daraus zieht sind bedenkenswert und nicht von der Hand zu weisen.



    Allerdigs kann ich sie so nciht teilen, denn Oper im Jahr 2008 und insbesodnere in der Zukunft muss das heutige Publikum erreichen.
    Eine Lucia di Lammermoor zu Donizettis Lebzeiten hat ganz andere Assoziationen im Publikum angesprochen als sie das in einem Publikum von heute tut.
    Der "common consense" hat sich seither so erheblich geändert, dass es Aufgabe der Interpretationen eines Opernteams ist und sein muss, ein Werk nicht zum Museum werden zu lassen sondern so sensibel wie möglich über die Zeiten zu retten.
    Das geht nicht ohne Wandlungen.


    Schon Callas hat im Verglech zu ihren Vorgängerinnen erhebliche Veränderungen in der Rolleninterpretation der Belcanto-Opern vorgenommen, und diese damit erst wieder aus der Mottenkiste herausgeholt. Dasselbe mit etwas anderen Vorzeichen tut nun, 50 Jahre später, Natalie Dessay.


    Eine Frage, die mir im Moment noch ganz offen ist, ist der Gegensatz zwischen Dessays naturalistischer Geste und Callas manierierter Darstellung im Sinne der griechischen Tragödie, die der Autor hier heraufbeschwört.
    Hat nciht Callas Interpretation zu ihrer Zeit als unerhörter Realismus gegenüber dem Rampensingen vorheriger Generationen gegolten? Oder irre mch da komplett?


    Dessays Bühnenspiel-Realismus ist der einer Frau von 2008, der der callas war der einer Frau von 1950. Allein diesen Unterschied darf man nicht unterschätzen.


    Fûr mich vereingit Dessays Lucia gleich zwei verschiedene Traditionen bzw formt sie zeitgemäss um:


    die Tradition, die Lucia mit einer lyirschen Koloraturstimme zu besetzen (und damit auch stimmlich den eher fragilen Charakter der Figur zu betonen) die noch in den 50iger Jahren gang und gäbe war(Mado Robin, Erika Köth, Maria Stader etc)


    die Tradition , von Callas reanimiert (denn bei der Malibran und deren im 19Jh war das bereits gang und gäbe!), einer Figur durch intensives Bühnenspiel nciht nur stimmlich sondern auch szenisch Leben zu geben und sich von Rampensingen zu verabschieden.



    Damit das Ganze nicht sofort zu sehr ausufert, nur noch kurz zum Thema Lucia als feministische Gallionsfigur.
    Ein solches Bild der Figur wird aus heutiger Sicht (sic!) natürlch eine dramatisch gefärbte Stimme und eine "starke" Frau in der Besetzungpolitik vorziehen. Das ist legitim und absolut gerechtfertigt.


    Dem entsprciht Natalie Dessay erstmal nicht. Weder stimmlich noch als eher feenartige Bühnenfigur.


    Man kann aber mit sehr guten (auch literaturwissenschaftlichen) Gründen in der Lucia ebenso eine ohnmächtige 19Jh Femme fragile sehen, die sich in den Wahnsinn flüchtet, weil sie der Männerwelt ncihts Anderes entgegenzusetzen hat .

    Natalie Dessay gelingt hier meines Erachtens auch eine gewisse Quadratur des Kreises.


    Sie zeigt eine gleichzeitig zerbrechliche wie starke Frau und ich finde dieses Rollenverständnis einer Lucia serh gut nachvollziehbar und ästhetisch wie künstlerisch ausserordentlich gelungen.




    Lieber Frank Gregor, noch kurz zu Anna Moffo: da sie der grosse schwarm meines Vater war, bin ich da schon allein genetisch infiziert und glaube wie du , dass sie sicher eine hervorragende Lucia abgeben hat. Leider habe ich sie in der Rolle nicht erlebt.


    Fairy Queen

  • Liebe Fairy Queen :



    Ich teile Deine Antwort auf die zuvor erfolgenten Hinweise , Meinungen nahezu uneingeschränkt .


    Einige Anmerkungen meinerseits :


    (1) Das "Rampensingen" war noch zu Zeiten eines eigentlich überragenden Sänger-Schauspielrs wie Cesare Siepi - leider - üblich gewesen .


    Dies lag jedoch nicht primär an den Interpreten , sondern an den Regissueren und Dirigenten .


    (2) Die Überwindung auch der Rollenversändnisse im ursprünglich biologisch - sozailen Kontext , ich folge hier ausnahmsweise ohne Vorbehalte Jürgen Kesting ( aaO , 2007 ) erfolgte nun einmal eindeutig durch die singende Schauspielerin ( Callas über sich selbst , zit. nach Michel Glotz , 2002 ) Maria Callas , deren Bühnenpräsenz revolutionär gewesen ist .


    Dies gilt explizit auch für die Dtellung der Frau als soziales Wesen , als sich Befreiende .


    Die Oernwelt , nicht nur diese , lag ihr zu Füssen , weil sie nicht nur eine hganz ungewöhnlich zum Teil schöne , intonationssicher Stimme hatte wie auch ihrer Gestaltungskraft jeder von ihr interpretierten Rollen .


    Damit hat sie auch , sicherlich ganz bewusst , die Rolle der FRau völlig neu definiert wie früher die Duse oder Sarah Bernhard auf der Schauspielbühne .


    Callas hat auch die Statik auf den Opernbühnen restlos aufgehoben . Glücklicherweise hatte sie bis zum Ende ihrer grossen , einzigartigen Karriere zuverlässige Sänger - Freunde , die ihr in ihren Intentionen folgten und zur Seite gestanden haben wie Giulietta Simionato , Franco Corelli , auch Christa Ludiwg in der "Norma"-Produktiion von 1960 ( EMI ) . Mit Tullio Serfain und Geogrs Pretre absult zuverlässige Maestri am Pult in der Scala oder im Palais Garnier .


    Selbst in der problematischen Aufnahme der "Carmen" in der Pariser Oper konnte sie sich immer auf einen stimmlich wie darstellerisch hervorragenden Robert Massard wie die subtile Andrea Guiot als Michaela verlassen ( Dirigent wieder Maetsro Pretre ) . Dass sich Nicolai Gedda später dermassen destruktiv über dei Calls geäussert hat wie die Aufnahme insgesamt , ist für mich deswegen nicht nachvollziehbar , weil Gedda diese Rolle in seiner ihm eigenen Eitelkeit (lies dazu dessen Autobiographie ) nicht hätte sinhgen müssen . Leider hatte die Pariser Oper damals als Haustenor nur den wenig überzeugenden Albert Lance , der in den damaligen Aufführunge der "Carmen" im Palais Garnier sonst den Don José bemüht gesungen hat ( Mein Vater und ich waren selbst nicht nur einmal zugegen ) .


    Gedda hatte ein wunderschöne Stimme , dies ei nicht verschwiegen . Der Idelpartner Franco Corelli war bei RCA mit der Karajan - produktion unter Vertrag gewesen und stand leider nicht zur Verfügung . Corelli war bezüglich der schauspielerischen Bühnenpräsenz , unser TaminoFreund Peter ( aus Wien ) wird dies bestätigen können , weil er Corelli in Wien in der Staatsoper erleben konnte , nahezu unerreicht .


    Und wenn wir über die späten Jahre der Callas etwas wissen möchten , so sollten wir wirklich ihre eignen Ausführungen bei Michel Glotz ( 2002 ) lesen und die von J Kesting zitierten Aussagen in 2007 .



    Maria Callas hat sich auch in schwierigsten Situationen immer dem Publikum gestellt . Ihre "Skandale" reduzieren sich leicht , wenn wir versichen uns zu erinnern , wer eientlich davon tatsächlich betroffen gewesen ist .


    Ein italienischer Staatspräsidnet , den heute selbst Geschichtsbücher nur wegendes Callas - Sknadales in der Oper Rom noch erwähnen ?


    Onassis hat mit Callas Tröumen , Hoffungungen , Wünschen gespielt wie später mit der neuen "Beute" J. Kennedy ( dazu erneut : M. Glotz : La note bleue. Une vie pour la musique . Lattès . Paris , 2002 ) . Calls war immer sehr viel sensibler , feinfühleder als dies dargestellt wird .


    Calls hat nicht sich primär ins Rampenlic<ht gestellt . Sie ist dorthin gestellt worden , weil sie auch für eine schweigende Mehrheit der damaligen Frauenbewgung , die noch eher verborgen war , in ihren Rollenverkörperungen das zu vermitteln vermochte , was in ihrem Stimmfach zuvor so intensiv vielleicht nur Rosa Ponselle vergönnt war ( stimmlich ) .


    Parallel zu Callas betrat Anna Moffo mit zuverlässig ausgebildeter Stimme die Opernbühnen . Sie sang einige Rollen der Callas , die sie übrigens immer bewundert hat . Auch Anna Moffo vermochte dieses neue , "moderne" Bild der Frau glaubhaft darzustellen und dies , ähnlich der Callas , als singende Schauspielerin .


    Moffo und Callas haben für die "Frauenbewegung" sicherlich mehr bewirkt als Diana Spencer oder die deutsche Natinalheilige Schwartzer . Nur Esther Villar hat die Lage der Frau subtil in ihren Büchern darzustellen vermocht ( noch immer sehr lesenswert ) .


    Unter soziologischen , deutschlandspezifischen Gesichtspunkten , ist in typischer deutscher Art und Weise verankert in zig überflüssigen Gesetzen und Durchführungsbestimmungen wie in ewige Form gegossen die Hierarchie , um per odre de Mufti zur "Gleichstellung" zu verhelfen :


    1. Schwerbehinderte Frau , alleinerziehend ;


    2. Schwerbeinderte Frau ;


    3. Alleinerziehnde Frau ( dass 1 und 3 bei der Fabirkation ihrer Kinder aber aktiv Beteilgte gewesen sind , wird gerdezu negiert ) .


    Maria Callas wollte immer Kind(er) haben , hatte Fehlgeburten ; Anna Moffo konnte keine Kinder bekommen ; Natalie Dessay hat zwei Kinder .


    Diese sich selbst organisierenden Frauen jedes Alters sind die wahren Vertreterinnen ihre Geschlechtes .


    Wer selbst Kind(er) hat , der wird mir hoffentlich folgen , dass Töchter absolut dieselben Ausbildungsmöglichkeiten bekommen müssen wie ihre Brüder . Dies vertrete ich , auch ohne gesetzliche Quotaenvorgabe , wie meine Eltern solange ich denken kann .


    Natalie DESSAY hat dies aktuelle Rolle der denkenden (!) Frau mit enormer Energie , mit faszinerendem Charme und grosser Gesankskultur in der Folge nach Callas , Anna Moffo auf ihre persönliche Art fortgeführt . Dieses zutreffende Bild der Mischung aus innerer Stärke , Kampfesbereitschaft und auch Verletzlichekeit wie Zerbrechlichkeit , machen sie ao aussergewöhnlich .


    In den USA ist ist siet Pelosi , H. Clinton und Michelle Obama eine Zuversicht in Frauen aller Rassen vor allem aufgebrochen , dass eine so enorme Künstlerin wie Natalie Dessay alles das erfüllt , was Kesting über Maria Callas geschrieben hat und die Stieftochter von Anna Moffo über diese nach deren Krebstod .


    Der überlieferte Satz der Callas aus New York :"Was wärt ihr Publikum ohne uns Künstler?" ist wie eine schonungslose Offenlegung einer fulminanten Lebensleistung wie ein programm für jüngere Frauen , die noch nicht auf dem Olymp angekommen sind , aber aus eigener Kraft sehr viel mehr aus sich machen wollen - und auch können !


    Cordialement ,



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Liebe Fairy Queen, lieber Frank,


    leider kann ich heute nicht mehr näher auf eure Anmerkungen, Argumente eingehen, habe gerade eine 500 km Fahrt hinter mir und bin etwas kaputt. Zudem habe ich gerade den neuen jpc-courier gelesen, dann einige Aufnahmen verglichen und stehe jetzt vor der Entscheidung wegen einer einzigen Arie aus dem Messias eine 6-CD- Box zu kaufen, die mich vor 30 Jahren beindruckt hat. – Vielleicht kann ich bis zum Wochenende ein Zeitfenster aufstoßen, um euch eingehender zu antworten.


    Ganz kurz nur: Mich beschäftigt zunächst ganz allgemein die Frage, was ist „realistisch“ im Gegensatz zu „stilisiert“ (nicht manieriert). Ich habe bei der Zusammenfassung des Artikels von Mendelsohn den Begriff „naturalistisch“ eingeführt, was die Angelegenheit noch kompliziert, vertraut ist mir eher der Begriff veristisch???? Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich, wenn sich die Auffassung davon im Zeitablauf verändern sollte. Für mein Empfinden gibt es durchaus zeitlose Interpretationen.

    Eine andere Frage ist, wie man Oper dem heutigen Publikum nahebringen kann. Könnte es nicht sein, daß das was den opernfernen Neuling reizt, für den Connaisseur ein Greuel ist? Ich glaube nicht, daß das „von-der- Rampe-Singen“ der von Mendelsohn gemeinte Gegensatz zur Dessay ist.


    Aber – und hier dürfe sicher Grunddissens zwischen uns liegen. Für mich ist die „acting voice“ das Entscheidende. Wenn dann der Sänger gestisch, mimisch überzeugt ist das eine schöne Nebengabe, auch bei der Callas. Nehmen wir Siepi im Furtwängler-Don Giovanni. Zunächst einmal bin ich schon einmal als Stimmfetischist vom Stimmmaterial vollkommen erschlagen und finde heute niemanden dieser Art. Weiterhin vermittelt mir das kunstvolle Führen dieser Stimme, ohne irgendwelche Mätzchen, bei dilettantischer Schauspielerei/Inszenierung in der Felsenreitschule, bis heute in einzigartiger Weise das Wesen des Verführers. Seit einiger Zeit frage ich mich häufig, ob die szenische Aktion nicht einfach den Schwund an stimmlichem Material und sängerischem Niveau kompensieren soll. Oder anders ausgedrückt, wenn in Mailand an Stelle von Stuart Neill Björling den Don Carlo gesungen hätte, hätte es m.E. keinen einzigen Lacher gegeben.


    Die Revolution der Callas ist, daß sie über Farben, Schattierungen, Betonungen, durch die Akzentuierung von Koloraturen uns eine Ahnung von Welt des Belcanto vermittelte - eben eine „acting voice“. Leider, vielleicht aber zum Glück, und das wäre wohl ein Zuviel an Geschenk gewesen, hatte sie von Natur eine eher mittelmäßige Stimme. - Die Beschränkung der Dessay ist halt die leichte Stimme, bei aller Beweglichkeit und angenehmen Timbre, vor allem der Mittellage, kann sie Ähnliches nur stark verkleinert realisieren. Bei allem schauspielerischem Agieren, vielleicht auch gerade deswegen, meine ich aber trotzdem, daß sie das stimmliche Agieren vernachlässigt. :untertauch: - Das sagt einer, der fast alle Aufnahmen von ihr hat.


    arimantas :hello:

  • Lieber arimantas :


    Zunächts Entspannung und Erholung von diser sehr anstrengende Fahrt .


    Ich teile Deine Meinung , dass es "zeitlose Aufnahmen " gibt .


    Wie ist es aber mit der Frage des Zeitstiles ?


    Machten die Callas - Aufnahmen ,iihre Recitals ( auf diese ist bislang wenig eingegangen worden ) , ihre Opernabende bis zu ihrer letzten Tosca in London in ihrer Zeitbedingtheit als völlig neue Interpretin der verschiedensten (!) Rollen nicht ihren ungewöhnlichen Reiz für Ohr wie Auge aus ?


    Dies sehe ich bei dem zugegenbermassen kleineren Repertoire von Natalie Dessay genau so . Meiner Meinung nach kommt Dessays Bedeutung dann noch intensiver heraus , wenn sie in einem sehr gute Ensemble singt und die Rollen darstellt und einen auf die menschliche Stimme eingehenden Dirigenten hat wie dies von verschiedenen grossen Interpretinnen der damaligen Zeit Herbert v. Karajan heute noch vorbehaltlos nachgesaagt wird .


    Veristisch scheint mir eine festgelegte musikalische Richtung zu sein und sich von "naturlaitisch" doch unterscheidet .


    Weder bei Mme. Callas noch bei Mme. denke ich , so ich sie sehe oder höre , daran , dass sie maneiristisch spielen und singen , Sie leben die von ihnen interpretiereten Rollen . Dies macht ihren Ausnahmerang wesentlich aus .


    Die von Dir erwähnten "zeitlosen Interpretationen" , sofern sich diese Formulierung ausschliesslich auf die Oper bezieht , sollte man ruhig auch , wie in dem von Dir genannten Don Giovanni mit Cesare Siepi , sollte man mit gutem Gewissen auch unter den zeitbedingten Möglichkeiten erfassen . So sehe ich das zuim damals grossen Teil Statische in vielen Opernaufführungen , die ich selbst erlebt habe .


    In ihren Recitals , sofern auf Film fstgehalten , ist es der Callas gelungen , diese Identifizierung mit ihren Rollen deutlich zu machen ( etwa in "Il Trivatore" ) . Dieses Können vermisse ich heute .


    Bei Natalie Dessay , soweit ich die DVDs beurteilen kann , liegt dies genau so , auch wenn sie die Callas nicht zu kopieren versucht , sondern eigene Ausdrucksmittel verwendet .


    Ähnliches gilt für Anna Moffo .


    Viele Grüsse ,



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

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  • Lieber Arimantas, sowas habe ich mir schon gedacht und da Du das wirklich sehr gut argumentativ und vor allem sehr nett untermauerst, kann man da nur noch sagen: hier kommen wir nciht zusammen, das ist aber auch nciht weiter schlimm.
    Ich kann deinen Standpunkt serh gut nachvollziehen, wenn ich von einem bestimmten Bild von Oper ausgehe.
    Dieses Bild ist richtig, und nciht zuletzt von Mzria Callas restauriert worden, aber m.E. 2008 einfach nicht mehr zeitgemäss, wenn die Oper noch weitere Jahrhunderte inhre Faszination ausüben soll.
    Bleibt die Frage: soll sie das oder soll sie nciht als Museum der Stimmen- Liebhaber einen wohlverdienten Schlummer geniessen?


    Dass Schauspiel heute missbracuht wird um stimmliche Mängel auszugleichen, ist nciht gazn von der Hand zu weisen, hat aber serh tiefe udn keinesfalls nur monokausale Wurzeln. Es fängt bei der Besetzungspolitik an und hört bei der Sängerausbildung auf- oder nach Belieben umgekehrt.


    Dass leichtere Stimmen weniger Möglcihekiten der "acting voice" haben, lässt sich nicht ändern, es ist wie es ist.


    Aber hier muss einfach dann die persönliche Prioritätenliste her: was ist mir wichtiger?
    Schönklang versus Voice-Dramatik.?
    Beides zusammen zu bekommen, ist eine solche Rarität, dass mir spontan zumindest keine weibliche Vertreterin im hohen Sopranfach einfällt. Wer da dramatisch singt wie etwa Edda Moser.......
    aber hier sind wir im Bereich des Geschmacks und über den lässt sich nicht diskutieren.


    Für mich ist Natalie Dessay eine wunderbare Operndarstellerin, die gleichermassen mit ihrer aussergewöhnlich schönen Stimme als auch ihrer ganzen Hingabe als Person die Rollen ausfüllt, die sie sich zumuten kann.
    Die Weisheit liegt dann in der Wahl. Mit der Lucia hat sie ihre Grenzen erweitert, aber m.E. nciht überschritten.


    F.Q.

  • Liebe Fairy Queen, Lieber Frank,


    auch wenn ich mir wünschte, daß sich möglichst vielen Menschen das Reich der sog. Klassischen Musik erschließen würde, Oper, Lied, Sinfonien, Virtuosenkonzerte, Kammermusik usw., so bin ich doch skeptisch, ob dies durch ein stärkeres schauspielerisches Agieren in der Oper wirklich gelingen kann – einmal von meiner eigenen Präferenz für das stimmliche Agieren abgesehen (Ich schließe in der Oper oft die Augen, um mich ganz an entscheidenden Stellen auf den Klang zu konzentrieren).


    Lieber Frank, zu Recht beklagst Du das „Statische in vielen Opernaufführungen“, die Du erlebt hast. Nur, wenn ich zwischen einem szenisch aktiven Peter Mattei oder Johannes Weisser und einem relativ statischen Cesare Siepi wählen müßte, fiele meine Wahl immer auf Siepi. Ich würde Dir immer zugestehen, daß die Salzburger Inszenierung unter zeitbedingten Möglichkeiten einzuordnen ist, aber auf keinen Fall die sängerische Leistung von Siepi, die zeitlos ist, auch wenn ich persönlich Siepi unter Krips oder Mitropoulos vorziehe.


    Liebe Fairy, Du schreibst, die „Oper im Jahr 2008 und insbesondere in der Zukunft muss das heutige Publikum erreichen“. Das Ziel Peter Gelbs, „die Met theatralisch up to date zu bringen, um sie wieder mit der Welt zu verbinden“, ist bestimmt nicht verwerflich und entspricht gewiß Deiner Vorstellung einer stark im Schauspielerischen verankerten Sängerin wie der Dessay. So wirbt „The New Met“ jetzt für ihre Premieren mit Slogans wie „Erleben Sie eine neue Ära erhöhter Theatralik!“ – so geschehen beim „Barbier von Sevilla“ unter der Regie des Theaterregisseurs Bartlett Sher. Begleitet wird das mit einem mit einem verschärften Werbeaufwand. Das beginnt damit, daß z.B. die Dessay einem nicht nur in den Zeitungen, sondern überall in der Stadt auf großen Werbetafeln begegnet und die Aufführung selbst auf der Plaza des Lincoln Center für ein paar tausend Freiluftgäste im Supergroßformat zu genießen war. Gelb verpflichtet desweiteren verstärkt Regisseure aus dem Filmgeschäft, die vor allem einen Wiedererkennungseffekt beim jungen Publikum haben. Das ging soweit, daß die Werbung für „Madame Butterfly“ nicht die Sänger sondern mit einer Hollywoodgröße, dem inzwischen verstorbenen Regisseur Anthony Minghella (Der englische Patient) in den Mittelpunkt rückte. Kurzum es geht darum sowohl auf der Bühne als auch draußen den Showcharakter einer Oper mit allem Drum und Dran zu verstärken. Roter Teppich, Hollywoodprominenz, ich denke, da gehen schon ein paar mehr Leute in die Oper als sonst, und die Übertragung auf den Times Square, der für den Verkehr gesperrt werden mußte, bleibt in Erinnerung.


    Aber kaufen diejenigen, welche einfach einem Event beiwohnen wollten, dann auch eine CD mit der Oper, hören sie nicht nur einmal, sondern beschäftigen sich darüber hinaus mit Komponist, Thema, Sänger usw., kaufen vielleicht eine zweite Version der Oper, vergleichen …. Ich bezweifle das. Wenn ich jemandem erzähle, daß ich mir z.B. eine zweite Version des Verdirequiems kaufe, stößt das in der Regel zunächst auf Unverständnis. Angesichts meiner über 40 Aufnahmen werde ich tendenziell für verrückt gehalten. Ich fürchte, der Kreis der Taminos, auch der potenziellen, bleibt relativ exklusiv und ist weder durch Aufführungen in Hauptbahnhöfen, noch Großleinwandübertragungen wesentlich zu erweitern. Die Beschäftigung mit Musik kostet den Liebhaber – und sei es „nur“ die Oper – viel Zeit, welche zu Lasten anderer Interessen, vor allem aber der Familie geht, denn meistens wird diese Neigung von den Familienangehörigen nicht mit der gleichen Intensität geteilt, oft gerade noch so geduldet. Und natürlich ist manch einer vom beruflichen Streß so geschafft, daß jede Liebhaberei zu kurz kommt.


    Für mein Empfinden führen die Bemühungen Peter Gelbs sogar ein Stück weit von der Musik weg - Nicht nur, weil z.B. Richard Strauss' „Ägyptische Helena“ als „Seifenoper in mythologischem Gewand“ angepriesen wird, unabhängig was man von dem Stück oder Strauss hält, oder wenn ausgerechnet die „Zauberflöte“ in einer familienfreundlichen Kurzfassung angeboten wird. Zwar mag ein Kulturmanager wie Peter Gelb die Auslastung der Met (vor der globalen Finanzkrise) gesteigert haben, aber hat er mit der Orientierung der Vermarktung der Oper am Pop der Musik einen Dienst erwiesen? Steht nicht zu erwarten, daß wie im Pop-Bereich nicht der Song, sondern der Videoclip zentrales Element des Erlebnisses wurde, daß auch in der Oper das Visuelle, die Action zu Lasten der Musik geht? Das erfordert dann auch meist junge, fitte, und schöne, zumindest schlanke, Menschen auf der Bühne. Für eine Montserrat Caballé, Jessye Norman oder eine Margaret Price wäre dann nie Platz gewesen. Viele würden aus Altergründen nicht mehr akzeptiert. Eine Erna Berger, die mit über 50 eine wunderbar mädchenhafte Gilda sang, wäre wahrscheinlich schon weit vor diesem Alter verbannt. - Die Strategien des Chefs der Met führen m.E. allenfalls zu einer oberflächlichen Akzeptanz von Oper. Eben höre ich im Hintergrund das Neujahrskonzert der Wiener, da fragt doch tatsächlich die Interviewerin, ob Barenboim als Orientale diese sehr orientalische Auswahl getroffen hätte – das meine ich u.a. mit oberflächlicher Akzeptanz.


    Mit dieser zugegeben langen Überleitung möchte ich deutlich machen, daß der „Realismus“ des Videozeitalters in der Oper zunächst einmal eine ungeheure Einschränkung des Personals bedeutet. Irgendwann würde dann auch eine Natalie Dessay der Hollywoodzensur zum Opfer fallen. Wenn sie sich als Wahnsinnige total entäußert, paßt sie in das Konzept der neuen Met, Hauptsache Effekt, aber wie würd es mit der Violetta stehen? Die kleine zierliche Natalie als Edelkurtisane? Macht die Met da mit? Für mich wäre es egal, ob die Sängerin einem gängigen Schönheitsideal entspricht, sie soll die Rolle vor allem singen, genauer die Idee der Violetta und ihrer Entwicklung vor allem durch Gesang verkörpern. Das erfordert aus meiner Sicht, daß sich Regie, Bühnenbild usw. vollkommen der Musik unterordnen bzw. dem Gesanglichen nicht im Wege stehen. Wenn dann z.B. eine Caballé 1974 in Orange die Norma singt, dann fällt das dann halt statisch aus, bleibt aber dennoch unvergeßlich. Ich glaube nicht, daß die Aufführung dadurch gewonnen hätte, wenn sich Norma, als sie vom Verhältnis Adalgisa/Pollione erfuhr, die Kleider vom Leib gerissen und am Boden gewälzt hätte oder sich die Haare ausgerissen hätte.


    Liebe Fairy Queen, ich fürchte in Bezug auf Natalie Dessay, je weiter sie sich an die Grenzen ihrer Stimmlage wagt, und vergessen wir nicht, daß jede Stimme mit zunehmendem Alter uncharmanterweise zwei bis drei Töne absackt und ihre Stimme nicht viel lyrischer geworden ist, sie auf den schauspielerischen Effekt setzen muß, um gesanglich/stimmlich nicht mehr realisierte Affekte zu kompensieren. Man kann die Besetzung der der Lucia mit einer lyrischen Koloraturstimme auch als Rückschritt hinter die Callas empfinden, der durch ein intensiveres bzw., um die obige Begrifflichkeit aufzugreifen, realistischeres Bühnenspiel kompensiert wird. – Die Gestik der Callas war, soweit ich das visuell erhalten Dokumenten entnehmen kann, auf das Wesentliche reduziert. Stilisiert in dem Sinne, daß sie von der Realität abstrahierte hin zu einem einfachen Muster mit hohem Wiedererkennungswert. Das nenne ich eine Kunstrealität, die realer ist als die Wirklichkeit. Das ist für eine Regisseur und seinen Sänger gewiß weniger einfach zu realisieren, als es so geschrieben steht. Vor allem aber und da bleibe ich ganz bei der Callas: „Regie sollte ein Reflex auf die Musik sein. In der Partitur ist jede noch so kleine Bewegung zu finden.“ Und mit welchen Regisseuren hat die Callas gearbeitet! Als ich die Callas auf ihrer letzten Tournee mit Stefano in Hamburg zum ersten Mal live erleben durfte, war das ein sehr bitterer Moment. Die Stimme war ruiniert, auch wenn manchmal ein phantastischer Callas-Ton durchbrach, aber bitter war vor allem der Widerspruch, daß die Mimik, die Gestik, die Körperhaltung immer noch perfekt der jeweiligen Rolle entsprach.


    Für mich stellt sich zum Glück die Frage, wie sich eine Oper aus dem 19. Jahrhundert in das heute retten läßt, kaum. Ich höre heute in der Regel CDs. Die Musik ist dann immer museal (oder zeitlos). - Die Manon der Dessay z.B. habe ich zwangsläufig (DVD) nicht nur gehört, sondern auch gesehen. Ein wunderbares Rollenporträt, endlich in einer der großen französischen Opern. Ich denke, daß in den entsprechenden Threads dazu alles gesagt wurde.


    Ich habe dann einen Vergleich angestellt, bei dem ich mir die DVD nur angehört habe, also Inszenierung, Schauspiel, Körpersprache usw. außen vor blieben. Hier mußte sie sich der hörbaren Konkurrenz stellen. Das waren in meinem Fall: Germaine Féraldy, Bidú Sayão, Sena Jurinac (deutsch), Victoria de los Angeles, Mirella Freni (italienisch), Montserrat Caballé, Beverly Sills, Renée Fleming und Angela Gheorghiu. Aus verschiedenen Gründen blieben sehr schnell nur Victoria, die Fleming und die Gheorghiu übrig. Meine Bewertungsrangfolge wird soweit ich das mitgekommen habe, von den meisten Taminos in den betreffenden Threads nicht geteilt wird. Unstrittig ist, glaube ich (Oder?), die Position 1 mit dem Porträt, das Victoria de los Angeles liefert. Dazu habe ich mich bereits im Victoria-Thread geäußert. An die zweite Stelle würde ich Angela Gheorghiu setzen. Wer die Manon in ersten Akt eher noch mädchenhaft agieren sieht, wird wohl eher zur Dessay tendieren, wer allerdings bereits hier eine provozierende Koketterie wahrnimmt wird die Gheorghiu vorziehen. In folgenden favorisiere ich die Gheorghiu, da sie mit der reicheren Stimme ausgestattet mehr Valeurs in der Gestaltung der Manon zur Verfügung hat. Im „Adieu notre petite table“ phrasiert sie ganz wunderbar und im Duett in Saint Sulpice entwickelt sie überzeugend die Ambivalenz der Manon. Vom Ausdruck her bleibt sie nichts schuldig und überzeugt mit erlebtem Pathos in der Todesszene. Sie kann im stimmlichen Bereich, also im Doppelsinn des Wortes, die dunklen Seiten einer femme fatale aufzeigen und ist auch in der Höhe brillant. – ich weiß, liebe Fee, Du möchtest „Gheorghiu/Alagna nur noch in die Ecke legen“.
    :untertauch:


    Ich möchte nicht auf Unsicherheiten und ungewohnte stimmliche Härten eingehen, die Position drei für die Dessay ergibt sich daraus, daß ihre Manon durchweg eine fragile Manon bleibt. Sie ist aber nicht nur fragile Unschuld. Ich würde das nicht als alternatives Rollenkonzept begreifen, sondern eine aus der stimmlichen Beschränkung geborene Tugend, die Manon ist vielschichtiger, immerhin ordnet Massenet ihr sechs musikalische Schlüsselmotive zu, die ihre seelische Verfaßtheit widerspiegeln sollen. Die wechselnden Stimmungen kann man aber nur mit einer Stimme darstellen, die die Stimmungen der Manon auch farblich realisieren kann. - Abgesehen davon, daß mir Villazón zu extrovertiert, zu wenig poetisch agiert, ist seine Leistung nicht einheitlich, "Ah! fuyez, douce image" wirkt angestrengt, während "En fermant les yeux" gelingt. Samuel Ramey hat sich mit der Aufnahme keinen Gefallen getan. Es sind nur Bruchstücke der Stimme erhalten.


    Jetzt bin ich doch zu sehr an der Manon hängengeblieben, wollte eigentlich nur ein Beispiel dafür geben, daß das zwischen dem akustisch/visuellen Erlebnis, live dabei zu sein wäre noch eine weitere Steigerung, und den reinen Hören eine Differenz besteht. Spontan hätte ich, ohne die Trennung von Hören und Sehen Natalie Dessays Porträt höher eingeschätzt. – Insgesamt hat sich der Text von der Frage realistisches oder stilisiertes Porträt einer Rolle weit entfernt, es ist ein ziemliches Mischmach von oft nur angerissenen Fragestellungen geworden. Tut mir leid, bin wohl nicht ganz in Form.


    arimantas :hello:

  • Lieber Arimanthas, im Gegenteil , Du beginnst das Jahr offenbar in Bestform und ich danke Dir! Leider bin ich nicht in der Form, angemessen darauf zu antworten und im übrigen gibst du mir viel zuviel zu denken, um das mal eben übers Knie zu brechen.
    Deshalb erstmal nur kurz Wenn ich vom reinen Hörerlebnis ausgehen würde, käme ich evtl sogar zu denselben Ergebnissen wie du, insbesondere natürlich, was Victoria de los Angeles angeht- da rennst du bei mir ja nur offene Türen ein.
    Leider kann ich aber in der Oper niemals vom reinen Hörerlebnis ausgehen, denn damit lasse ich eine ganz wichtige Facette unter den Tisch fallen- Oper ist Theater, da gibt es für mich ncihts dran zu rütteln.


    Dass du selbst Natalie Dessay als Operndarstellerin uim Gesamterlebnis höher wertest als als reine Cd-Stimme, kann ich zumindest seit sie nciht mehr das reine Koloraturrepertoire singt, serh gut nachvollziehen. Wenngleich ich ihr Stimmtimbrre wunderschön an sich finde, sehe ich ja wie du ganz klare Grenzen des Repertoires und die sind relativ eng gesteckt, da sie nun mal eben nicht soviel lyrischer geworden ist wie andere Kolleginnen ihres Alters und wie zu erwarten sein sollte.
    Wir sind im Grunde einer Meinung und werten lediglich den Aspekt des Theaters und Schauspiel in der Oper verschieden. Je wichtiger das wird, desto höher steigt eine Sängerin wie die Dessay und umgekehrt.


    Was die MET-Philosophie angeht, hast Du vielleciht unseren Thaïs-Thread gelesen? Dort konnnte ich mir ein serh gutes und nicht sehr positives Bild von den Auswüchsen machen...... :wacky:


    Mich würde übrigens sehr Deine Meinung zu Patricia Petibon im Allgemeinen(nicht nur als Barbarina) interessieren.
    Sie ist eine, die mit ihrer Stimme genau so "schauspielert" wie Du für mein Empfinden es schätzt und forderst. Leider hat sie aber dabei nciht das unverwechselbare bewegende Timbre einer Dessay und ich frage mich, ob wohl das Eine das Andere aussschliesst?
    Das wie gesagt als Gedankenschnipsel en passant.


    Bonne année!


    Fairy Queen


    P.S. Ein Satz zu Georghiu/Alagna "in die Ecke legen" will ich nur Alagna , den ich früher allerdings teilweise wirklich gut fand. Seine Frau habe ich lange nciht gehört, als Tosca hat sei mir jedoch mächtig imponiert und ihre Traviata kann sich wahrlich auch hören(und sehen) lassen.

  • Lieber arimantas :



    Bitte las mich zusammenfassend auf Deine umfangreichen Ausführungen antworten . Dabei bin ich durchaus der Meinung , dass Du "in Form" warst als Du Deinen Text geschrieben hast .


    Im Einzelnen :


    (1) Operninszenierungen haben wahrscheinlich immer unter zeitbedingten Einflüssen profotiert wie auch gelitten . Dies gilt auch für das Schauspiel ( denken wir nur an die Duse , Srah Bernhard , Gründgens , Will Quadflieg und Bruno Ganz - die letzten Drei in ihren Rollen in Giethes Faust I - ) . Ich behaupte sogar , dass wir dies anhand von zuverlässigen Berichten auf das Geschehen in Konzertsälen übertragen können ; woraus ich aber hier nicht weiter eingehen möchte .


    Ich stimme Dir schon bezüglich Deines Eingangbeitrages über Cesare Siepi zu . Wie über die "Norma" der Caballé . Anna Moffo als "zu glamourös" abzuqualifizieren halte ich nicht für richtig . Im Ernstfall gab es an ihren weniger guten Abenden eher etwas an ihrer leider schnell inhomogenen Stimme , Stimmführung etwas auszusetzen . Natürlich nicht nur im direkten Vergleich .


    Alle Filme von Opern wie die heutige technische Möglichkeit der bearbeitbaren DVD-Materialien haben etwas "Museales" , aber diese Aufnahmen bleiben dennoch zeitlos , weil z. B. eine Callas , Caballé , eine Mödl wie Varnay oder Nilssoon und Silja in ihren Interpreatationen so herausragend gesungen haben , dass man sie nur mit viel Tricksereien als "zeitbedingt" hören kann .


    Die Aussage von Tullio Serfain , dass er nur drei ganz aussergewöhnliche Sänger erlebt habe , nämlich Caruso , Schljapin und Rosa Ponselle , wird nicht nur von Jürgen Kesting kritisch betrachtet . Die Callas , mit der Serfain sehr viel zusammengearbeitet hat , fehlt , wie Renata Tebaldi , mit der Toscanini , wäre er eben älter geworden , sicherlich noch weit enger zusammengearbeitet hätte .


    Zeitüberwindend war zum Beispiel für mich Carlo Maria Giulinis "Fallstaff" mit damald jungen Sänergn , die ihre Rollen zuvor noch nie gesungen hatten ( Aufnahme bei der DGG/Universal ) . Die berühmteren Interpretationen mit Gobbi oder Taddei in der Hauptrolle halte ich nur für besser vermarktet . Die Geschlossenheit der Giulini - Aufnahme ist für mich rein sängerisch ebenbürtig . Und ich habe bis heute niemanden kennengelernt , der die drei Protagonisten alle auch auch auf der Bühne erleben konnte . Von dem gesamten Ensemble ganz zu schweigen .



    Statik und Bewegung(sabläufe ) in Opern sind sehr stark abhängig von Regie , Inszenierung , Bühnenbild . Möglicherweise ist ein Sänger vom Format eines Cesare Siepi sogar durch die Vorgaben in seinem schauspielerischen Potential gehindert worden . Der auf der LP - gesammtaufnahme mit Siepi abgebildete Giovanni ist doch fast ein sehr gut gelungenes Bild des Opernhelden . Und heute noch vorbildhaft für diese Rolle . Dazu muss mannicht philosophische Esays kennen wie den berühmten von Sören Kierkegaard .



    (2) Werbung für die Oper ?


    Kinowerbung hat eine extrem kurze Halbertszeit . Werbung für Opern ist schwieriger , weil diese in aller Regel immer für eine Produktion hin entstanden ist . Ausnahme : Eine Inszenierung wird in verschiedenen Städten , meist Opernmetropolen , gezeigt .
    Finaziell dürfte sich ein grosser Werbeaufwand nur für solche Grossprojekte lohnen , wie sie Karajan z. B. in den 1960er Jahren zu leisten in der Lage war .


    Karajans Loslösung von Bayreuth und Gründung seiner eigenen Wagnerinszenierungen halte ich für sehr konsequent .


    Interessant ist doch die Frage , warum die angeblich für den Normalhörer fast ewig ausgebuchten Bayreuthaufführungen nicht in anderen Städte gezeigt werden . Wieland Wagner bleibt mit vielen seiner visonären Realisationen zeitlos .


    Ob Grossleinwände oder die modernen Möglichkeiten eines "public viewing" mehr Opernbesucher hervorbringen kann und auch will sei dahingestellt . Ich tendiere dazu , dies zu verneinen .


    Die Grundlage für die Hinführung zu Oper , Schauspiel und Konzertbesuch muss in der Schule vor allem gelegt werden . Danach kann dies erst im Elternhaus in aller Regel erfolgen , weil nicht erwartet werden kann , dass sich alle Eltern mit klassischer Musik befassen und davon Kenntnis haben . Oder es nicht doch für sehr viel wichtiger halten , dass ihre Söhne und Töchter diese Zeit nicht gewinnbringender für Fächer wie Mathematik , Deutsch oder ein Fach eines Leistungskurses einbringen . Es ist wie zu meinen Studienzeiten als es Ein-Punkte-Fächer wie Dermatologie oder Augenheilkunde z. B. gab und eben Sechs - Punkte - Fächer wie Innere Medizin ( mit dann noch zwei Teilprüfungen ) oder auch Chirurgie . Ob dies richtig war oder nicht , soll hier nicht weiter diskutiert werden .


    Werbung , dauerhaft , für eine Oper als Werk erfolgt durch die Plattenkonzerne gezielt ( nicht unbedingt richtig ) und durch erwiesen grosse Interpreten ihres Faches . Du selbs nennst interessanterweise bei Deiner Aufzählung der "manon" von Massenet an erster Stelle Victoria de los Angeles . Die hörbar auch noch weitere grosse Interpretationen zeitüberdauernd gesungen hat .
    Gheorghiu habe ich nur zweimal persönlich erlebt . Darasu kann man nicht zuverlässig entscheiden , ob sie eine zumindest nahzu ideale Interpretin einer bestimmten Rolle gewesen ist am Tage der Aufführung . Die technische Möglichkeiten bei CD - Pressungen sind bekanntlich sehr gross .



    (3) Mehrere Aufnahmen eines Werkes .


    Diese sind für "Einsteiger" in aller Regel nicht finanzierbar . Sie sammeln sich im Laufe oft vielr Jahre an oder ein Beundderre einer Oper , wie een der "Manon" kann sich den Kauf pekuniär leisten .
    So kann man in Ruhe Vergleichshören , wenn Beruf , Familie einem die Zeit lassen .


    Wenn man etwa von Verdis "Requiem" ca. 40 Aufnahmen besitzt - wie Du vielleicht - , dann kann jemand sicherlich auch einige Interpretationen aus dem Kernbestand aussortieren .


    Dies machen selbst Profihörer so . Norman Lebrecht hat öffentlich einmal mitgeteilt , welche Aufnahmen der Brahms - Symphonien er nicht mehr hat : offen gestanden zu meiner grössten Verwunderung Arturo Toscanini , Bruno Walter oder Carlo Maria Giulini .


    Aktuell hier im Tamino-Forum gibt es eine Thread über Beethovens Klaviersonaten Opp. 109 - 111 , der weitestgehd von Walter T. mit kenntnisreichtum , vviel Fleiss , prfundem philosophischen wie analytischen Kennen wirklich ausgearbeitet wird . Ich weiss , da ich gelegntlich dort etwas schreibe , dass ich mindestens 40 verschieden Aufnahmen zur Verfügung habe . Diese schätze ich nach derzeitigem vergleichenden Hören doch so ein , dass diese auf die für mich erfoderlichen Interpretationen auf ca. 15 pro Sonate zusammenschrumpfen . Walter T. hat seine eigene Hörweise bisher in mehreren Schritten begründet .



    (4) Bühnenschönheitsideal .


    Salopp gesschrieben : Wie soll , muss , darf denn , um bei Deinem Beispiel zu bleiben , "die" Manon denn sein ?


    Hier werden neben primär oberflächlich erscheinden Gesichtspunkten solcher der Werkästhetik , der Aussenwirkung der Musik wie der Interpretation , des Bühnenbildes und der die Hörer erreichende Stimmen entscheidend . Wenn wir die Oper dann live erleben , so kommen die visuellen Eindrücke mitprägend hinzu .


    Es sei auf die Aussage von Georg Solti , einem nicht unproblematischen "womanizer" , gegenüber Renata Scotto hingewiesen :"Warum sind alle guten Sängerinnen so fett?" .
    ( Die Callas hat ihre angebliche Stimmschwäche nicht durch ihre Gewichtsreduktion hervorgerufen ! )


    Das Schönheitsideal bei Damen ( aus der Sicht des Herrn ) ist vielen Zeitbedingungen schon immer unterworfen gewesen . Nicht zeitbedingt sind grosse Gesangsleistungen etwa einer Ponselle , einer Callas , einer Tebaldi , einer de los Angeles zum Beispiel . Aber auch Natalie Dessay hat sich , vielleicht nicht sehr jung , aber doch begründete zeitlose Interpretationen sicherlich hart erarbeitet . Etwa ihre Lucie wie Lucia , um nur eine Rolle zu nennen . Dass sie vielleicht im subjektiven Vergleich als Manon nicht in einem Ranking im Abstimmungsverfahren auf Platz 1 landen würde , war vielleicht sogar vorauszusehen .


    Natalie Dessays Bühnenpräsenz , ihre Fähigkeit als "singende Schauspielerin" ( so die Callas über sich selbst . Quelle : Michel Glotz : La note bleue . Une vie pour la musique. Lattès , Paris , 2002 ) bleibt inmitten ihrer direkten Konkurrenz heute sicherlich unerreicht . Ich denke , dass man dies , wie bei der Callas , auch nicht durch hates Traiining erzielen kann . Es gibt eben Eigenschaften , die man hat und ausbauen kann , zu verfeinern jemand in der Lage ist . Es ist spekulativ jetzt darüber zu schreiben , wie ihre "Traviata" im August 2009 werden wird ( USA - Santa Fe ; New Mexico ) . Ich denke , dass sie eben nichts nachahmen wird , sondern ihre eigene Persönlichkeit spielen wird , in die Rolle der Violetta und somit auch in die historisch gesicherte Figur der Kameliendame einbringen wird .


    Niemals Hollywood , sondern eine verinnerlichte , eher an Dumas orientierte nachempfindende Darstellung .


    Hollwood hat immer nur Hollywood geliebt und gekannt . Darum sind fast alle sehr guten ( Fil- ) Schauspiler dort gescheitert . Nie an ihrme tatsächlichen Können !


    Hollywoods Einfluss wird auch insinnigerwesie an den US - Wahlkämpfen festgemacht . Dabei wissen wir s eit vielen Jahren , dass es relativ unbedeutend ist , für en Clooney , Pitt , Jolie , Katie Holmes oder Michael Douglas stimmen wollen .


    Für das Musikleben in Los Angeles massgebend war Carlo Maria Giulini und später E. P. Salonen . Beiden gelang für die Kutur in Los Angeles mehr als allen Hollywood - "Grössen " .



    Lieber arimantas , es gibt sehr viele Zwischentöne im vergleichenden Hören . Du kennst dies genau .


    Hättest Du Lucie de Lammermoor / Lucia di Lammermoor zum Beispiel für Natalie Dessay ausgewählt , so wären wir hier - es mag ja noch kommen in der Diskussion , wenn auch unsere Fairy Quen sich einblendet - auch zu der heiklen Frage gekommen , welchen Einfluss das Auge für die Bewertung einer Opernaufführung haben kann , ja hat , haben kann ode sogar haben sollte . In dem von Dir gennanten Beispiel der Caballé als "Norma" stimme ich Dir deswegen zu , weil für mich primär die Stimme entscheidend ist . Maria Callas , Jon Vickres hat dies 2006 einmal gesagt , einmal erlebt zu haben ist durch alle LPs , CDs auch nur annähernd auszugleichen .


    Ob wir i zeh Jahren dasselbe über Natlie Dessay sagen können , das muss derzeit offenbleiben . Eine enorme Bereicherung des Opernwelt ist sie aber für mich ohne Abstriche .



    Beste Grüsse ,



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Liebe Fairy Queen :



    zu Deiner Antwort an 'arimantas' - jurz vor meiner folgendes :


    (1) Singende Schauspielerin .


    Neben der Callas gab es auch in ihrem Fach noch andere grosse Sängerinnen . Auch vor ihr .


    Man kann dies auch umdrehen : schauspielernde Sänerinnen . Aber dies ist qualitativ etwas völlig anderes .


    Die Opernhäuser könnte man bedenkenlos zumachen , wenn es eben nicht die Grossen wie Ponselle , Callas , und eben jetzt Dessay gegeben hätte und wieder gäbe ! Insofern ist Natalie Dessay meiner Meinung nach in ihrem Fach derzeit konkurrenzlos überragend .


    Selbst unter Berücksichtigung , dass jeder Gesangsliebhaber seine Favoriten hat .



    (2) Repertoire .


    Einspruch , Madame !


    Wir kennen doch eine Reihe von Sänerinnen wie auch Sängern , die ein recht schmales Repertoire hatten / haben .


    Das für mich beste Beispiel ist Lucinao Pavarotti . Als ich noch universitär studiert habe , da gab es in BBC eine Sendung mit Interpretationsbeispielen , die damals wirklich sensationell gewesen sind .


    Pavarottis Repertoire wurde immer schmaler . Sogar die Entgleisung seines 'Otello' kann man zu seinen Ungunsten hinzufügen oder zu seinen Gunsten weglassen .


    Der Maestro selbst hat seine Karriere doch immer mehr seinen stimmlichen Möglichkeiten angepasst . Dies ist durchaus legitim .


    Selbst in seinem hochgepriesenen Rodolfo ( La Bohème ) blieb seine Stimme in flächenmässig grossen Häusern eher dünn im Vergleich zu Gianni Raimondi oder selbst Giuseppe di Stefano . Auf Platte oder CD klingt dies dann via Fernbedienung und geschickter Mikrophonaufstellung ganz anders . Leider nicht richtig wie auf der Bühne .


    Dass Natalie Dessay ihre Rollenauswahl ihren stimmlichen , aktuellen Möglichkeiten anpasst , spricht , wie bei Pavarotti , nur der Stilsicherheit und Klugheit im Umgang mit ihrem Organ Stimme .


    Pavarotti war in jungen Jahren stimmlich sicher superb , aber er vermochte sich nicht weiterzuentwickeln . Eher im Gegenteil .


    Im übrigen waren sein schauspielrischen Leistungen doch eher bescheiden waren , wenn wir uns an seinen Konkurrenten orientieren .


    Patricia Petibon oder de los Angeles mit Dessas direkt zu vergleichen halte ich für problematisch . Wie auch den Vergleich Dessay vs. Ciofi in Lucie de Lammermoor ( beide etwa zeitgleich in Lyon als Lucie ) .


    Es ist auch eine Frage des persönlichen Geschmackes . Nicht nur stimmlich , sondern auch für die E i n h e i t von Stimme , Stimmgestaltung und und darstellerischem Vermögen .


    Ich möchte diesen letzten Punkt hier nicht an Beispielen ausweiten .


    Noch einmal : Welche Rollen könnte Natalie Dessay jetzt noch sehr gut singen ?


    Une bonne soirée !


    Cordialement



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

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