Vladimir HOROWITZ - der größte Liebhaber des Klaviers

  • Natürlich war er das, aber ich habe mehrfach gelesen, das er sich über andere Komponisten Urteile erlaubte, die nicht zutreffen (Bartók).


    Gruß Heldenbariton

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

  • Hallo liebe TaminoanerInnen


    Um wieder auf seine Musik zurück zu kehren. Horowitz als Schumann-Interpret;


    Kürzlich hörten wir uns vergleichend mit anderen Interpreten Klavierwerke Schumanns an, darunter die Kinderszenen.


    Grundsätzlich ist es eine überzeugende Aufnahme mit erzählerischem Gestus, die Träumerei vielleicht mit etwas zu viel Schmalz und eigenartigen Pedal-Verwischungen, oft ein etwas anderer Ansatz als seine Kollegen, meist sehr ausgewogen und beseelt, gelegentlich mit Verzögerungen im Ansatz. Er verbindet erzählerischen Gestus mit pianistischer Ökonomie.


    Die Aufnahme:



    1962 bei Sony


    Herzliche Grüsse


    romeo&julia

  • Zitat Romeo und Julia:


    Um wieder auf seine Musik zurückzukehren





    ...um wieder zum Tratsch zurückzukehren:




    "Es gibt nur 3 Sorten von Pianisten: Jüdische, Homosexuelle und schlechte". Ein Ausspruch von Horowitz.


    Was war jetzt Horowitz? Alle drei Kategorien? Es gab Gerüchte, daß er homosexuell veranlagt war.


    Die Zusammenarbeit zwischen ihm und seinem Schwiegervater muss auch ein Horror gewesen sein. 1943 gab es ein berühmtes Konzert in der Carnegie Hall (Tchaikovski, 1. Klavierkonzert) , bei dem beide 11 Millionen Dollar für Kriegsanleihe-Aktien einspielten.


    Bei einem Aufenthalt in Mailand besuchte ich das Grab (Doppelgrab) der Familie Toscanini/Horowitz und hörte aufregende Geschichten, besonders über Toscanini und seine Wutausbrüche! 2004 wurde das Grabmahl von Wanda aufgebrochen, man vermutet, daß es die Schänder auf Schmuck abgesehen hatten.


    Sein letztes Konzert gab Horowitz 1987 in Wien.

    WHEN MUSIC FAILS TO AGREE TO THE EAR;
    TO SOOTHE THE EAR AND THE HEART AND SENSES;
    THEN IT HAS MISSED ITS POINT
    (Maria Callas)

  • Horowitz hatte aus meiner Sicht wie Karajan das Problem, dass er ein musikalisches und ein Medienphänomen war. Von beiden existieren sowohl großartige Einspielungen, wie auch - reichhaltig vorhanden -solche , die Sie nie hätten anfertigen sollen.


    Die besten Scheiben jedoch sehe ich als musikalische Großtaten, die noch eine lange Zeit überdauern werden. Die bereits genannten Einspielungen gehören sicher dazu und man kann manchmal nur staunen, welche Anschlagssubtilität Horrowitz da zeigt, über welche immensen Mittel aus der gesamten Palette der Klaviertechnik er verfügt hat.


    Es juckt mich in den Fingern, diesen Thread auszudrucken, einzutüten und Ihn der Nachwelt zu vererben mit dem Vermerk "Zu Öffnen in 75 Jahren", da ich mir ziemlich sicher bin, dass man dann immer noch den Namen Horowitz kennen wird und sich darüberhinaus auch einige Interpretationen als Empfehlung immer noch in den Tondokumentführern finden werden, während man bei dem Namen Lang-Lang vermutlich eher an ein wohlschmeckendes Reisgericht denken wird.


    Gruß
    Sascha

  • Horrorwitz?


    Wobei Horowitz schon eine Legende war, bevor er ein modernes Medienphänomen wurde.


    Sein Scarlatti, Schumann, Chopin, Scriabin zB werden auch in 100 Jahren noch bewundert werden. Bei seinen Beethovensonaten ist eher Geschmackssache, mein Ding sind sie nicht.


    Insgesamt ziehe ich aber Rubinstein vor, ohne meine Horowitz-CDs missen zu wollen.

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  • Ganz unabhängig von den tiefergehenden, hochinteressanten Diskussionen über seine Person frage ich mich, weshalb Horowitz (genauso wie Michelangeli) in die "Hochvirtuosen" Kategorie gesteckt werden.
    Jeder, der sich nur ein bisschen auskennt, stellt fest, daß Horowitz eine ziemlich verschlampte Technik hatte und es wirklich zahlreiche ihm technisch weit überlegene Pianisten gibt (und auch gab, Cziffra, Gould, Arrau, Richter zum Beispiel).
    Nichtsdestotrotz bin ich ein großer Fan von ihm, aber nicht wegen seiner Technik sondern vielmehr wegen seines geradezu mystischen Anschlags, seinem sahnigen Diskant, seiner Pedaltechnik - nicht zu fassen, was aus der harmlosen "Träumerei" in Schumanns "Kinderszenen" werden kann...


    Aber DER Virtuose war er nicht.



    Und noch eine kleine Bitte: Bitte NIEMALS Volodos oder Lang Lang - diese hilfreichen Klavieridioten - mit Horowitz, Rubinstein etc. vergleichen. Das ist doch wirklich geschmacklos.



    Viele Grüße

    Das Frühstück ist ihm viel zuviel Zeremonie. Die ganze Lächerlichkeit kommt zum Ausdruck, wenn ich den Löffel in die Hand nehme. Die ganze Sinnlosigkeit. Das Zuckerstück ist ja ein Anschlag gegen mich. Das Brot. Die Milch. Eine Katastrophe. So fängt der Tag mit hinterhältiger Süßigkeit an.

  • Ganz meine Meinung, obwohl ich auch mit Rubinstein nichts anfangen kann.


    Gruß Heldenbariton

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

  • Zitat

    Original von bubba
    Und noch eine kleine Bitte: Bitte NIEMALS Volodos oder Lang Lang - diese hilfreichen Klavieridioten - mit Horowitz, Rubinstein etc. vergleichen. Das ist doch wirklich geschmacklos.


    Geschmacklos? Was hat das mit Geschmack zu tun?


    Lang-Lang und andere Pianisten seiner Generation (oder der Generation davor) mit Horowitz, Rubinstein, Gilels u.a. zu vergleichen heißt Äpfel mit Birnen vergleichen. Wartet doch erst mal ab, wie das pianistische Oevre dieser Leute in 60, 70 Jahren aussieht. Dann erst kann man Vergleiche ziehen!

  • Selten so gelacht, als um Lang Lang der Medienrummel losbrach und selten jemanden so an Schubert vorbeispielen gehört wie Volodos.
    Seine Virtuosen Donnereien können sich auch btw nicht mit der nicht musikalischen Ebene der technischen Anforderung einer Sorabji- oder Godowsky-Etüde messen. Trotzdem werden sie 1. Wegen ihrer technischen Perfektion (was objektiv falsch ist) und 2. Wegen ihres Tiefgangs (was ich einfach nicht nachvollziehen kann und etwas geschmacklos finde) in den Himmel gelobt. Nicht unbedingt hier im Taminoforum aber in den Medien durchaus.

    Das Frühstück ist ihm viel zuviel Zeremonie. Die ganze Lächerlichkeit kommt zum Ausdruck, wenn ich den Löffel in die Hand nehme. Die ganze Sinnlosigkeit. Das Zuckerstück ist ja ein Anschlag gegen mich. Das Brot. Die Milch. Eine Katastrophe. So fängt der Tag mit hinterhältiger Süßigkeit an.

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  • Nicht nur das.
    Wenn Du Vorschläge hast, wie meine zugegeben etwas hölzernen Beschreibungsversuche Horowitz'scher Anschlagskunst zu verbessern wären, bist Du herzlich dazu eingeladen :yes:

    Das Frühstück ist ihm viel zuviel Zeremonie. Die ganze Lächerlichkeit kommt zum Ausdruck, wenn ich den Löffel in die Hand nehme. Die ganze Sinnlosigkeit. Das Zuckerstück ist ja ein Anschlag gegen mich. Das Brot. Die Milch. Eine Katastrophe. So fängt der Tag mit hinterhältiger Süßigkeit an.

  • Hallo zusammen !


    Rubinstein sagte einmal über Horowitz, daß der fraglos der bessere Pianist sei, er selber aber der bessere Musiker.
    Stimmt, würde ich meinen. Rubinstein dürfte auch sicher der angenehmere Mensch gewesen sein, ihn hätte ich viel lieber persönlich kennen gelernt, so von 70 oder 75 Jahren. Wer Rubinsteins Erinnerungen kennt, muß ihn einfach mögen, Horowitz respektiert man, als das was er war: ein Pianist, der durch seine enorme Technik fast jeden faszinierte, dadurch eine ganze Pianistengeneration antrieb und sogar Rubinstein zum Üben brachte.


    Aber ernsthaft: seine Moskauer Aufnahme finde ich deswegen so gut, weil er es schafft, auch durch das Medium CD hindurch, die spezielle Atmosphäre durchscheinen zu lassen, die bei diesem Konzert da war. Da mag die "Polka de W.R." noch so verwackelt sein und die Mozart-Sonate noch so eigensinnig: er läßt den Hörer von heute mehr als jeder andere das Live-Erlebnis teilen. Man sieht die alten russischen Mütterchen förmlich schniefen, wenn er Rachmaninoff und Scriabin spielt.
    Horowitz polarisiert, er teilt die Welt in Bewunderer und Verachter, so auch hier noch, 20 Jahre nach seinem Tod.


    Insofern tut es ihm Lang Lang gleich, der polarisiert auch. Ich glaube, daß seine Karriere schon noch wird, wenn wir mal 30 oder 40 Jahre weiter sind.
    Vor ein paar Monaten hörte ich per Zufall ein Konzert von ihm im holländischen Rundfunk. Da ich etwas verspätet eingeschaltet hatte, waqr mir der Namen des Interpreten zunächst nicht bekannt. Ich hörte mit immer größer werdenden Ohren zu und wollte schon auf eine verschollene Konzertaufnahme Horowitzens tippen. Nein, Lang Lang war es. Der hat eben auch diese merkwürdige Fähigkeit, die man bei Paganini vielleicht als Hexerei ansah: den Hörer "staunen zu machen".


    Habe ich jetzt hier eine Angriffsfläche aufgebaut ?


    Holger

    Die Wahrheit liegt hinter dem Denken.

  • Hallo Holger66,
    deine Sichtweise bezüglich der 3 genannten Pianisten geht meines Erachtens in Ordnung, auch wenn sie von einer grossen Zahl der hiesigen Forumsteilnehmer nicht geteilt werden wird.
    Alle von der Presse derzeit hochgelobten Künstler bekommen hier von den selbsternannten "Kritikern" ihr Fett weg.
    Polarisierung eben. Aber das macht Tamino erst so interessant und lebendig.
    Angriffsfläche hin oder her: Wir sind alle vom Verein für offene Aussprache, und so soll es auch bleiben. :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Hallo Siegfried,
    vielen Dank für Deine zustimmenden Worte.
    Horowitz wurde ja auch als der letzte Romantiker bezeichnet. Mag sein, daß er das war, bei den Pianisten ! Und wie ist es mit den Hörern ? Ich glaube nicht, daß ich der letzte Romantiker unter den Hörern bin, sonst würden sich seine Platten nicht noch immer gut verkaufen.
    Ich höre mir ihn eben an, weil ich mag, wie er spielte. :untertauch: Und das gilt auch für Rubinstein, Bolet, Arrau, Benedetti-Michelangeli und so viele andere. Diese Männer hatten Format und Persönlichkeit, und das hört man eben ! Und deswegen vergißt man sie auch nicht, auch wenn sie schon Jahre oder Jahrzehnte tot sind. Viele selbsternannte Kritiker übersehen vielleicht, was eine Interpretation im günstigsten Falle wirklich sein kann: das Werk des Komponisten gespiegelt an der Persönlichkeit des Interpreten.
    Und eben deswegen wird Lang Lang auch die Chance haben, in den Olymp zu kommen: weil er genau diese Spiegelung hinbekommt. Er bemüht sich mit einigem Erfolg, unverwechselbar zu sein, auch wenn vielleicht nicht alles erstklassig oder auch nur richtig ist, was er macht (...was ist richtig....?) Und außerdem ist er ein Mann, der es schon durch seine Jugend schaffen könnte, Leute für "unsere" Musik zu begeistern, die sonst nicht einmal darüber nachdenken.


    Holger

    Die Wahrheit liegt hinter dem Denken.

  • Lieber Holger,


    schön, dass Du diesen Thread wieder wachgeküsst hast. Der Rubinstein-Thread würde sich sicher auch über eine Wiederauferstehung freuen. Lang Lang hat mich allerdings nicht vom Hocker gehauen, aber vielleicht muss man ihn einfach live hören. Chopin ist aber glaube ich nicht unbedingt seine Sache. Da ziehe ich andere vor: Rubinstein eben, oder Pollini etc. Eine der besten Platten von Horowitz ist für mein Empfinden seine Scarlatti CD. Obwohl es da inzwischen einige Aufnahmen auf dem modernen Flügel gibt, die mindestens ebenbürtig sind.


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

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  • Chinas Musikerschmieden spucken jährlich ca. 50 000 neue Pianisten auf den Markt. Ping Ping und Pong Pong sind schon im Anmarsch :D

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Ist das nicht irgendwie übertrieben böse? Bei dem Begriff "Blender" fallen mir sofort etliche andere ein, aber an Horowitz hätte ich nun wirklich nicht gedacht...
    :D


    Allein schon der ganz späte Live-Mitschnitt von Rakhmaninov-Drei unter Ormandy aus Philadelphia: JH traf zwar nicht mehr jede Note, aber dieser unglaublich mitreißende Drive ...
    :yes:


    Oder ist der Komponist Joseph Horowitz gemeint, der sich einst "erdreistete", den großen Bach daselbst mit seinem "Horrortorio" gekonnt zu verhohnepipeln? (Hörbar bei Gerard Hoffnung)
    :O

  • eher zufällig bin ich gerade auf diesen schon etwas älteren artikel (1986) aus der TIME gestolpert:



    ich dachte, dass der eine oder andere vielleicht auch lust hätte, das zu lesen, daher der link:
    http://www.time.com/time/magaz…/0,9171,1075118-1,00.html
    :hello:

    Wenn ich mir vorstelle, was es für Deutschland bedeuten würde, wenn die heilige Kuh zu uns käme, welches Glück und welcher Segen ginge von allgegenwärtigen heiligen Kühen aus!

  • Wer kan etwas über folgedne CD berichten, welche (für mich unerwartet) einige Repertoireerweiterungen für Sammler von Aufnahmen mit Horowitz bietet?



    DEBUSSY: Etüden:
    -Nr. 4 Pour les sixtes,
    -Nr. 1 Pour les cinq doigts (apres de M. Czerny)
    -Nr. 6 Pour les huit doigts


    PROKOFIEV: Aschenbrödel (Ballett) op. 87: Suite op. 95
    - Nr. 1 Intermezzo (Pavane)
    - Nr. 3 Valse lente


    POULENC:
    - Intermezzi f. Klavier: Nr. 2 Des-dur
    - Novelettes f. Klavier: Nr. 1 C-dur


    KABALEVSKI: Preludes op. 38:
    - Nr. 1 C-dur
    - Nr. 10 cis-moll
    - Nr. 17 As-dur
    - Nr. 3 G-dur
    - Nr. 16 b-moll
    - Nr. 8 fis-moll
    - Nr. 22 g-moll
    - Nr. 24 d-moll


    KABALEVSKI: Sonate f. Klavier Nr. 2 Es-dur op. 45


    BARBER: Excursions op. 20:
    - Nr. 1, 2, 4


    Gruß pt_concours

    Hören, hören und nochmals hören: sich vertraut machen, lieben, schätzen.
    Keine Gefahr der Langeweile, im Gegensatz zu dem, was viele glauben, sondern vielmehr Seelenfrieden.
    Das ist mein bescheidener Rat. (S. Richter, 1978)

  • Zitat

    Original von pt_concours
    Wer kan etwas über folgedne CD berichten, welche (für mich unerwartet) einige Repertoireerweiterungen für Sammler von Aufnahmen mit Horowitz bietet?



    Ja, kann ich, habe sie mir heute nach langer Zeit wieder mal angehört! Da kann man sich nicht lösen! So dämonisch flatternd und irrlichtend, wie er den Debussy spielt: einmalig! Eher assoziativ als strukturbetont, aber unglaublich klangsinnig und hypersensibel! Auch der Kabalewsky und Barber sowie der Prokofieff ist absolut faszinierend!


    Der Threadtitel ist - mit Verlaub gesagt - einfach dämlich! Der passende Titel wäre ein Zitat von Joachim Kaiser gewesen: "Horowitz, der Gott des Klaviers"! Das Phänomen Horowitz ist einfach singulär, der Platz auf dem Pianistenolymp ist ihm sicher! Über Horowitz zu schreiben, dazu brauchte man die Seiten für einen ganzen Roman! Und Göttern ist bekanntlich erlaubt, was Normalsterblichen nicht erlaubt ist...


    Beste Grüße
    Holger

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  • Lieber Holger,


    in einem gebe ich dir Recht: Die Bezeichnung des Blenders finde ich auch überzogen. Letzten Endes blendete er erst einmal niemanden, sondern stellte sich mit seiner Art des Klavierspiels der Öffentlichkeit und Diskussion. Laien mögen möglicherweise vom Virtuosentum geblendet sein, erfahrene Hörer wissen dieses sicherlich rasch einzuordnen und abzuwägen. Allerdings zeichnest du gleich im Anschluss ein ebenso überzogenenes Gegenbild: Die gottähnliche Anbetung eines Musikanten aus Fleisch und Blut behagt mir ebenso wenig.


    Ich besitze und kenne nicht viele Aufnahmen von Horowitz. Da waren zuerst die sehr späten auf DGG (Skriabin, Rachmaninoff), die ich nicht so recht einzuordnen wusste, da sie in sehr hohem Alter entstanden sind. Auf ebendieses schob ich so manchen Nebengriff und den wüsten Anschlag. Dann aber später der Schreck bei den RCA-Aufnahmen Beethovens von 1959: Auch hier holpert mir Horowitz beispielsweise durch die Appassionata, dass ich überhaupt nicht wüsste, was mir diese Musik geben sollte, kannte ich sie nicht schon z.B. von Rubinstein oder Perahia. Ich werde mit diesem klobigen Spiel einfach nicht warm, räume aber ein, dass ich die von dir gelobten Debussy-Aufnahmen nicht kenne. Ich fürchte fast, auch da hätte ich meine Probleme...


    LG
    B.

  • Ich denke, bei Horowitz ist es ähnlich, wie z.B bei Stokowski (oder vielleicht auch Karajan):die "Verfehlungen" überdecken etwas die zum Teil großen Leistungen. Zumindest empfinde ich das so. Also bei BEETHOVEN oder SCHUBERT hat mich Horowitz bisher eigentlich nur enttäuscht! Anders sieht die Sache bei MOZART oder SCHUMANN aus. Und besonders kleinere Werke (vielleicht manchmal auch zweitrangige Werke), wie SCARLATTI, POULENC oder BARBER konnte er hinreissend spielen! ( oder auch HAYDN und CHOPIN)Überhaupt scheint mir die Kritik Horowitz sei zu sehr Virtusos gewesen nicht so schlüssig. Was ihn für mich vorallem auzeichnet ist sein Fähigkeit Klangfarben zu erzeugen. (das dies nicht immer im Dienste der Musik, sondern manchmal nur zur vordergrünigen Schaustellung des eigenen Könnens genutzt wurde, ist dann eine andere Sache, auf die sich wohl oft die Kritik bezieht.)


    Sollte ich zwei CDs von Hiorowitz empfehlen, so wären dass:



    Die erste CD zeigt, dass Horowitz nicht nur spielte, was das Publikum hören wollte, und dass er sich durchaus für zeitgenössische Musik stark machte (auch wenn die etwas konservativer ausfiel), besonders hinreißend ist hier die Toccata von PROKOFIEV. DIe ander CD enthält die selten gespielten Fantasistücke op.111 von SCHUMANN, besonders hinreißend Nr.2, das hätte auch Richter, Gilels, Rubinstrein oder Kempff nicht besser speilen können! (wage ich mal zu behaupten)


    Gruß pt_concours


    ps kleine Selbstkorrektur: die 32 Variationen c-moll von BEETHOVEN sind schon hörenswert (re. 1934)
    :untertauch:

    Hören, hören und nochmals hören: sich vertraut machen, lieben, schätzen.
    Keine Gefahr der Langeweile, im Gegensatz zu dem, was viele glauben, sondern vielmehr Seelenfrieden.
    Das ist mein bescheidener Rat. (S. Richter, 1978)

  • Ich habe mir einmal in einem CD-Laden viel Zeit genommen und eine CD von Horowitz mit Schumann durchgehört - welches Werk, ist mir entfallen, aber ich habe es damals oft gehört - und hatte am Ende den Eindruck, dies ist ein Pianist, der diese Musik mehr zur Darstellung seiner selbst benutzt, als dem Werk und seinem Komponisten zu dienen. Mir war auch der Umgang mit dem Notentext zu freizügig, zu subjektiv. Wem's gefällt, bitte, aber man hört immer Horowitz, immer erst in zweiter Linie Schumann oder wen auch immer.
    Lang Lang macht das bis zur Unterträglichkeit ...

  • Nachtrag:


    Nur wenige Interpreten können "alles" spielen. Die Klugen beschränken sich da selber- Horowitz gehörte wohl eher nicht zu diesen, so dass der Hörer selber auswählen muss. Es lohnt sich meiner Meinung aber etwas länger zu suchen!


    Gruß pt_concours

    Hören, hören und nochmals hören: sich vertraut machen, lieben, schätzen.
    Keine Gefahr der Langeweile, im Gegensatz zu dem, was viele glauben, sondern vielmehr Seelenfrieden.
    Das ist mein bescheidener Rat. (S. Richter, 1978)

  • pt_concours

    Zitat

    Die Klugen beschränken sich da selber- Horowitz gehörte wohl eher nicht zu diesen


    Horowitz war eines der sehr seltenen Beispiele für einen Pianisten, der sich selber in seinem Repertoire freiwillig sehr einschränkte, um SEIN Optimum an Interpretation zu erreichen.


    Insofern war Horowitz einer der klügsten Pianisten überhaupt.
    Ich bitte um Vorsicht mit falsch hingeworfenen Bemerkungen.


    Überhaupt:
    Ich bin beileibe kein 100% Horowitz-Fan, und ich kann Miguels Einwürfe verstehen.


    Aber der Thread-Titel mit dem "Blender" ist wirklich total unpassend und überheblich.


    Man kann sich als Musikliebhaber immer schön zurücklehnen und goutieren, was einem da alles vorgesetzt wird.


    Und natürlich darf und soll man kritisieren, was einem so alles nicht paßt.


    Aber bitte immer mit dem gebührenden Respekt.
    Erst mal selber besser machen, hmm?
    :D


    Horowitz war sicherlich KEIN Blender, sondern einer der ehrlichsten Pianisten überhaupt, auch und vor allem in seinen schlechten Momenten.
    miguel54


    Zitat

    Ich habe mir einmal in einem CD-Laden viel Zeit genommen und eine CD von Horowitz mit Schumann durchgehört - welches Werk, ist mir entfallen, aber ich habe es damals oft gehört - und hatte am Ende den Eindruck, dies ist ein Pianist, der diese Musik mehr zur Darstellung seiner selbst benutzt, als dem Werk und seinem Komponisten zu dienen


    Du hast Dir in einem Laden "viel" Zeit genommen?


    Welche Ehre von Dir!
    Klar, es ist völlig egal, daß das Werk Dir entfallen ist.


    Hier stehen sich also gegenüber:


    Etwas 80 Jahre an Beschäftigung mit der Klavierliteratur und eine der singulärsten Erscheinungen im Klaviersegment, was Horowitz angeht.


    Und auf der anderen Seite Du:
    Im Laden, eine CD "durchgehört" , das Werk "entfallen" , aber mit einer absolut klaren Meinung.

    Zitat

    Mir war auch der Umgang mit dem Notentext zu freizügig


    Dir ist das Werk entfallen, aber die Partitur hast Du 100% im Kopf?



    Ein wenig Respekt vor einem sehr großen Musiker (dessen Fan ich nach wie vor nicht bin) wäre mir wichtig.


    Deine Meinung kann ich, wie schon erwähnt, durchaus nachvollziehen, es wäre interessant, einmal darüber zu reden.


    Aber die Art und Weise Deiner Erklärung (CD im Laden angehört usw) reicht mir nicht.

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  • Ich habe von Horowitz eine Box mit etwa 8-10 LPs. Eigentlich alle großen romantischen Konzerte spielt er da.


    Wenn ich versuchen würde sein Spiel zu beschreiben, kann ich eigentlich nur sagen "Er ist der letzte der großen romantischen Pianisten".
    Das bedeutet aber auch, daß ER die Ausführung bestimmt. Nicht der Dirigent. Der darf nur folgen.
    Ob man damit einverstanden ist, ist etwas anderes.


    LG, Paul

  • Mein Gedächtnis ist nicht mehr so gut wie früher, und z.B. verwechsle ich ständig die Papillons und den Carnaval. Ich höre sehr viel Musik, und nicht nur Klassik, und in Schwerpunkten, mal ist ein Komponist, eine Stilrichtung dran, dann wieder eine andere, und was bleibt, ist eine Art persönlicher Summa, und die Speicher werden sozusagen wieder freigeräumt. Damals hatte ich das Werk sehr gut im Kopf, das hat mir zum Interpretationsvergleich gereicht. Ich habe das komplette Werk durchgehört. Ich kann nicht mehr tun als mich zu meiner Subjektivität zu bekennen.


    Was den Respekt angeht - das ist auch eine Art von Voreigenommenheit. Wenn mich eine Interpretation nicht berührt, nützt er mir auch nichts. Ich habe ihn mir angehört wie einen Pianisten, dessen Namen ich noch nie gehört habe und über den ich nichts weiß - soweit das geht.


    Ich denke, in der sog. klassischen Musik kämpfen der persönliche Ausdruckswille und die zur Interpretation eines Werkes notwendige dienende Haltung ständig miteinander - das ist jetzt total subjektiv und nur schwer begründbar, sondern eher eine gefühlsmäßige Angelegenheit, wenn für mich der Interpret quasi verschwindet und ich den Eindruck habe, die Musik direkt zu hören, nicht den Pianisten, der seine Version spielt.
    Jazzmusiker haben es da per se leichter, denn eigentlich erfordert das Spielen klassischer Musik eine Art Selbstverleugnung - oder Verschmelzung? Andreas Staier hat mal eine Äußerung in dieser Richtung über Jazzpianisten gemacht - aber auch bei denen gibt es große Egomanen - z.B. Keith Jarrett unter den Pianisten. Das hat auch viel mit dem Business zu tun, aber ich will nicht von Hölzchen auf Stöckchen kommen.


    Aber ich wollte es so - ich hatte noch gedacht, halt' lieber deinen Mund zu diesem Thema ... :stumm:


    Die "Erklärung" muß ich schuldig bleiben - es ist "nur" ein Eindruck. Aber danke, dass Du mich so differenziert liest!

  • Lieber Paul,

    Zitat

    Das bedeutet aber auch, daß ER die Ausführung bestimmt. Nicht der Dirigent. Der darf nur folgen.


    Das ist bei fast jeder Solisten-Dirigenten Konstellation so.
    Natürlich muß der Dirigent folgen.
    Das ist sein Job in diesem Zusammenhang.


    Nur Dirigenten wie Celibidache und Co. haben ihren Solisten Ihre Interpretation aufzwingen wollen.


    Toscanini-Horowitz beim b-moll Konzert von Tschaikowsky muß eine regelrechte Schlacht gewesen sein, nach der Horowitz erst einmal in Kur gehen mußte.


    Das Solo-Konzert ist eigentlich IMMER das Ding des Solisten.
    Und ein Dirigent hat sich daran zu halten und dem Solisten zu folgen.


    Deshalb proben Dirigenten ein Solokonzert fast niemals richtig sorgfältig, eine Probe mit Solist muß meistens genügen.


    Die meiste Probenzeit geht so gut wie immer an das Husarenstück des Dirigenten, irgendeine Sinfonie u.ä. .


    Ich bin sehr damit einverstanden, wenn ein sehr guter Solist SEINE Interpretation bestimmt.


    LG,
    Michael

  • Hallo zusammen,
    Ich war in meiner Jugend ein glühender Verehrer von Horowitz. Mittlerweile sehe ich das ganze etwas kritischer. Zuerst einmal hat mich die unheimliche dynamische Bandbreite eines Horowitz beeindruckt. es gibt ja diese Aufnahme der h-moll Sonate, wo er schon über 70 ist und dem Flügel an den fortissimo-Stellen fast die Beine wegschlägt. Andererseits gibt es dann wieder pianissimo-Stellen an denen der Flügel fast anfängt zu "duften" :D, falls ihr wisst was ich meine . Das ist zuerst einmal alles andere als langweilig. Problematisch wird das ganze nur, weil diese ganze Freiheit und Dynamik ausschliesslich aus dem Bauch heraus passiert. das geht gerade für manches romantische Stück hervorragend, bei einer Beethovensonate funktioniert es nun einmal nicht. Bei einer h-moll Sonate finde ich mittlerweile auch nur bedingt.da greife ich mittlerweile dann doch lieber zu Gilels.
    Was die Technik des Herrn Horowitz angeht, so höre ich bei den frühen Aufnahmen eine ziemlich stupende Technik. Kennt jemand die Toscaniniaufnahme mit dem 2. Brahmskonzert ? die Trillerketten im 2. satz, ich habe bisher noch keinen Pianisten gehört der das so spielen kann. Das er dann so mit 70 nicht mehr ganz perfekt war kann man ihm da vielleicht nachsehen :D übrigens habe ich mal von einer Pianistin gehört, dass Horowitz an einer Hand den Daumen nicht benutzt, weil er als Kind auf so einem schlechten Klavier üben musst, dass er teilweise mit dem Daumen die Tasten wieder hochziehen musste. Kann das jemand bestätigen ?


    Lieber Bubba,

    Zitat

    Und noch eine kleine Bitte: Bitte NIEMALS Volodos oder Lang Lang - diese hilfreichen Klavieridioten - mit Horowitz, Rubinstein etc. vergleichen. Das ist doch wirklich geschmacklos.


    Das ist jetzt etwas OT, aber ich finde es zum einen völlig unter Niveau hier von Klavieridioten zu sprechen, zum einen halte ich Herrn Volodos für einen grossen Musiker.


    Gruss :hello:
    Syrinx

  • Lieber Miguel,

    Zitat

    aber auch bei denen gibt es große Egomanen - z.B. Keith Jarrett unter den Pianisten


    :D Ja, das ist einer der größten Egomanen.......


    Ich habe auch sehr, sehr viel Musik gehört übrigens.
    Die späten Horowitz-Aufnahmen, welche sicherlich dem einen oder anderen sehr gefallen (und darunte fällt mit ziemlicher Sicherheit auch die Schumann-Aufnahme, welche Du gehört hast) , gefallen mir persönlich überhaupt nicht.
    Ich gebe Dir dahingehend recht!


    Zitat

    Ich denke, in der sog. klassischen Musik kämpfen der persönliche Ausdruckswille und die zur Interpretation eines Werkes notwendige dienende Haltung ständig miteinander - das ist jetzt total subjektiv und nur schwer begründbar, sondern eher eine gefühlsmäßige Angelegenheit, wenn für mich der Interpret quasi verschwindet und ich den Eindruck habe, die Musik direkt zu hören, nicht den Pianisten, der seine Version spielt.


    Es ist absolut möglich, auch in der klassichen Musik seine Persönlichkeit als Interpret einem Werke überzustülpen.
    Es gibt Interpreten, welche in der Lage waren, Ihren ganz persönlichen Stempel einem Werk aufzudrücken, so das man es eigentlich fast nicht mehr anders hören kann.
    Beispiele sind für mich:


    Elgar:Cellokonzert/du Pre
    Wetten, daß diese Interpretin verschwindet und Du meinst, die Musik direkt zu hören?
    JDP hat sich zu einem sehr großen Teil über die Partitur von Elgar hinweggesetzt, insofern ist diese Interpretation alles andere als dienend.


    Aber trotzdem die beste und nach wie for umwerfend.


    Khatschaturian:Klavierkonzert/Kapell


    Höre Dir einmal mit Partitur eine Interpretation von Rostropowitsch von egal welchem Komponisten an.


    Ich nehme mal als Beispiel Schelomo von Ernest Bloch:
    Rostro spielt crescendo, wo diminuendo steht, accelerando, wo ritardando steht, er nimmt andere Tempi als die gedruckten Metronomangaben.


    Und?
    Es ist großartig!
    Für den Zuhörer verschwindet der Interpret hinter der Musik, er wird "eins" mit dem Werk.....


    Denkste! :D


    Der Komponist verschwindet hinter dem Interpreten!!!!!
    Der Interpret macht sich das Werk zueigen, aber der Zuhörer merkt es nicht!
    Und oftmals hat der Interpret durchaus recht!


    Ich belasse es jetzt einmal bei diesen kurzen Beispielen.


    Jedenfalls. was Horowitz angeht, war er DER Interpret des 3.Konzertes von Rachmaninoff( bitte, ich denke da nicht an seine "späten" Aufnahmen, welche ich nicht mag, sondern an seine ersten beiden unter Coates und Reiner) und hat interessanterweise keines der anderen Rachmaninoff-Konzerte gespielt.


    Den Horowitz der 30er Jahre mit seinen Aufnahmen von z.B. der Lizst-Sonate sollte man m.E. gehört haben, um zu verstehen, warum dieser Pianist solch eine Legende ist.


    LG,
    Michael

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