Euer liebster Tamino

  • Zitat

    Original von Siegfried
    Ich werde sie selbst befragen und beantworte deine Frage sobald als möglich.


    Hallo Siegfried!


    Ich möchte nicht auf Siljas Tannhäuser-Elisabeth herumreiten, ob sie sie nun 1956 (laut Siegfried) oder "erst" 1962 (laut Sune) gesungen hat. Der Tenor Deines Beitrags war schließlich die zu frühe Übernahme nicht geeigneter Partien, wofür Du sehr gute Beispiele gefunden hast.


    Ich gestehe, daß auch ich Anja Silja ein frühes Ende ihrer Karriere prophezeit habe . Man stelle sich einmal vor, in welchem zarten Alter sie Partien zum ersten Mal auf der Bühne dargestellt hat :


    mit 16 Jahren : Rosina, Micaela
    mit 17 Jahren : Zerbinetta
    mit 18 Jahren : Troubadour-Leonore, Königin der Nacht
    mit 19 Jahren : Santuzza, Hoffmann-Soprane
    mit 20 Jahren : Senta, Fiordiligi, Liu
    mit 21 Jahren : Sieglinde, Elsa
    mit 22 Jahren : Elisabeth, Isolde, Fidelio-Leonore, Ariadne, Salome
    mit 23 Jahren : Eva, Venus, Walküren- und Siegfried-Brünnhilde
    mit 24 Jahren : Elektra


    Jede (andere) Sängerin würde ich für verrückt erklären, wagte sie sich in diesem Alter an solche Partien, doch die Silja war (und ist) niemals mit normalen Maßstäben zu messen. Keine an sich schöne Stimme, aber welche Gesamtpersönlichkeit!!! Es war immer faszinierend, sie zu erleben!


    Himmel, wie kriege ich jetzt den Bogen zum liebsten Tamino??? Also gut, wie der Zufall es will, gibt es in diesem Jahr nicht nur in Helsinki, sondern auch in Savonlinna "Die Zauberflöte", und ich bin schon sehr auf die beiden neuen Taminos gespannt : In Helsinki singt mit Petrus Schroderus der letzte Gewinner des Timo-Mustakallio-Wettbewerbs von Savonlinna 2003 - wenn mich meine Eindrücke nicht trogen, Besitzer einer recht "kurzen" Tenorstimme. Er alterniert in Savonlinna mit einem interessanten neuen Tenor, der - obzwar schon reich an Konzert- und Wettbewerbserfahrung - dort erstmalig auf einer Bühne stehen wird : Tuomas Katajala. Die Angehörigkeit zu einer Sekte hatte ihm bisher Bühnenauftritte verboten, doch der auch in Österreich bekannte Bariton Esa Ruuttunen (immer noch praktizierender Pfarrer) überzeugte den jungen Mann, daß beides miteinander vereinbar sei und er eine solche Stimme nicht "verstecken" sollte. Ich hörte den jungen Mann bisher nur bei der Eröffnung des Mikkeli Musik-Festivals und glaubte, in ihm einen lyrischen Tenor mit "Fleisch auf den Stimmbändern" erkannt zu haben (im Gegensatz zu den vegetarischen Bach-Tenören!). Mal sehen, ob ich mich geirrt habe! Im Sommer weiß ich mehr.


    Zum Glück kriegte ich doch noch die Kurve zum "Tamino".
    Vielen Dank für die Geduld beim Lesen und schöne Grüße


    Sune

  • Sagitt meint:


    wenn es den Fleisch auf der Stimme wäre. Meist ist es Fett ( das meine ich jetzt nicht optisch).Natürlich gibt es anämische Tenöre, aber diejenigen, die dick auftragen, sind jeweilsdie bekannteren. Böse Zungen meinen, Brüllaffen seien am Werke. Bach-Sänger, die ihre Stimme schlank führen, hervorragende Evangelisten zB kann man ohnehin nicht mit dem Titel " Vegetarier" schmähen, denn dieser ist ja kein Schimpfwort-im Gegenteil leben solche meist gesünder als die Fetten. Aber ist ihr Gesang nicht viel kunstvoller, weil sie eben zu differenzieren vermögen, wo ein Stimm-Mächtiger allenfalls auf mf zurückfahren kann ? Oft sind solche zugleich Liedersänger und gehören zu den besten.
    Am Beispiel des Tamino: er ist ein Jüngling- das würde ich gerne sehen und hören. Mit 120 kg.plus und einer Stentorstimme ist er einfach nicht glaubwürdig.

  • Zitat

    Original von sagitt
    Bach-Sänger, die ihre Stimme schlank führen, hervorragende Evangelisten zB kann man ohnehin nicht mit dem Titel " Vegetarier" schmähen, denn dieser ist ja kein Schimpfwort.


    Hallo Sagitt!


    Wer sich wie ich mit dem Gegensatzpaar "Fleisch auf den Stimmbändern" contra "vegetarischer Bach-Evangelist" aus dem Fenster lehnt, muß mit Kritik an seiner Formulierung rechnen. Insofern geht Dein Widerspruch vollkommen in Ordnung. Deshalb muß ich wohl ein wenig "nachbessern", denn letztere Bezeichnung war lediglich als Umschreibung einer Art von Stimme oder Technik gemeint, auf keinen Fall abwertend. Es wäre unredlich - um einmal zwei Namen ins Spiel zu bringen -, Wunderlich und Schreier gegeneinander auszuspielen; beide waren auf ihre ureigenste Art hervorragend. Wenn ich jedoch Wunderlichs Stimme als die mit "Fleisch auf den Stimmbändern" umschreiben möchte, dann deshalb, weil seine Technik eine ganz andere Art, eine Höhe mit Strahlkraft zu produzieren, erlaubte als der an Bach geschulte Schreier, so daß man ahnen konnte, wohin einmal seine Entwicklung gehen könnte.


    Zum Glück lebte Wunderlich in einer Zeit, wo Sängern noch relativ viel Zeit zur Entwicklung gelassen wurde. Ein Josef Protschka hatte in in seiner besten Zeit ebendiesen Höhenstrahl, von dem ich sprach. Leider verführte ihn diese nur scheinbar größere Stimme dazu, z.B. einen Florestan anzunehmen, den ursprünglich Schreier hatte singen sollen, jedoch klug genug war, ihn abzusagen. So blieb es für Schreier bei diesem einen konzertanten Experiment unter Harnoncourt, während Protschka unter selbigem Dirigenten in Hamburg an dem Ast zu sägen begann, auf dem er saß.


    Ein Gösta Winbergh hat sich vergleichsweise mehr Zeit vom Mozart-Tenor zum Wagner-Helden gelassen.


    In der Hoffnung, einiges richtig gestellt zu haben (Deiner Wortwahl - Stentorstimme, 120 kg) glaube ich angemerkt zu haben, daß Du mich - bewußt oder unbewußt - mißverstanden hast.


    Sune


    P.S. Mir fällt in diesem Zusammenhang immer der Satz ein, den der unvergessene Josef Metternich sinngemäß von sich gegeben hatte : Wäre die Welt noch heil, würde Herr X statt jetzt Heldenpartien in Bayreuth noch Tamino in Braunschweig singen.

  • Kann es sein,daß mit diesem Mr.X René Kollo gemeint war?


    Da sich Herr Metternich eines ausgezeichneten Rufs als Musikpädagoge an der Kölner Musikhochschule erfreut hat,wage ich nicht zu widersprechen.
    Seine noble Baritonstimme weiß ich ebenfalls sehr zu schätzen.Sein Timbre paßte sehr gut zu Rudolf Schock,wovon viele Duette Zeugnis geben.Dioskuren,Zwillingssterne...

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Hi Sune,


    nein,ich will niemanden,Dich also auch nicht missverstehen. Ich bevorzuge einfach den lyrischen Gesang und deswegen gefallen mir Sänger mit Strahlkarft a priori weniger. Ich weiss, dass dies viele Menschen anders hören und das ist in Ordnung so. Manchmal löckt es mich, ein wenig dagegen zu sticheln, vielleicht, weil ich annehme, dass der lyrische Gesang zu wenig beachtet wird.
    Mit Tamino- um beim Thema dieses threads zu bleiben, hatte ich da gerade wie so ein Erlebnis in der Hamburger Staatsoper- darauf genau bezog sich meine Sottise. Optisch und stimmlich kein solcher, er brüllte von allem Anfang an, die arme Pamina wurde in den Duetten förmlich an die Wand gesungen.


    Noch eine Bemerkung zu Protschka. Schon bevor er im schweren Fach scheiterte, war sein Gesang Versagensanfällig. Ich habe ihn in den achtziger Jahren live in Wien bei einer Matthäus-Passion unter Ortner erlebt, wo er aus einer laufenden Aufführung aussteigen musste. Großartig, wie aus dem Stand Ariaza zusätzlich den Evangelisten meisterte.


    Schöne Grüsse in den hohen Norden


    Sagitt

  • Zitat

    ich dachte,mit dieser Ansicht allein auf weiter Flur zu stehen.Doch freue ich mich umso mehr,einen Gleichgesinnten gefunden zu haben.


    keine Sorge, es gibt viele, die darüber Bescheid wisse, leider sind das nicht die Leute, die an den Schalthebeln sitzen...


    Zitat

    Die Sünder gehören alle auf die Anklagebank.Wo sind die Protschkas etc.heute?Einmal den Florestan probiert und das Malheur ist passiert.Dann bleibt nur die Flucht als Dozent an die Musikhochschule.


    dieser Alptraum, den du beschreibst, ist leider wahr - Sänger, die sich ruiniert haben, versuchen junge Sänger zu unterrichten und werden als große Autoritäten gefeiert. Wie soll das gut gehen?


    Josef Metternich muß ein fantastischer Lehrer gewesen sein. Ich kenn ebisher nur zwei seiner Schüler: Wicus Slabbert (der übrigens morgen an der Volksoper seine Abschiedsvorstellung geben wird)
    und Wolfgang Koch, (der erste "Sachs" den ich persönlich kenne...)
    Könnt ihr mir weiterhelfen?




    Zitat

    einen lyrischen Tenor mit "Fleisch auf den Stimmbändern" erkannt zu haben (im Gegensatz zu den vegetarischen Bach-Tenören!)


    :yes:


    sagitt: darf ich dazu bemerken, daß die dramatischen Tenören die Brüllaffen sind, nicht die lyrischen.
    der Fall, in dem ein Tamino mit einem dramatischen Tenor besetzt wurde, wäre mir neu.
    Dem Botha würde ich zutrauen, daß er seine Stimme sehr zurücknehmen kann...(außerdem hat er doch sicher mehr als 120 :stumm: )

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • Zitat


    Josef Metternich muß ein fantastischer Lehrer gewesen sein. Ich kenne bisher nur zwei seiner Schüler: Wicus Slabbert (der übrigens morgen an der Volksoper seine Abschiedsvorstellung geben wird) und Wolfgang Koch, (der erste "Sachs" den ich persönlich kenne...)
    Könnt ihr mir weiterhelfen?


    Hier einige Namen von Metternich-Schülern, die mir gerade einfallen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) :


    Mechthild Gessendorf
    Sophia Larson
    Carol Malone
    Stella Kleindienst
    Sotos Papoulkas
    Michael Ebecke
    Oscar Hillebrandt
    Michael Hölle


    Sune

  • Sune,ich fange langsam an,dich zu bewundern.Einige deiner erwähnten Metternich-Schüler sind fester Stamm der Stuttgarter Oper geworden.Bei Hölle weiß ich nicht,ob wir denselben meinen:Ich kenne den Bassisten Matthias Hölle,aus Rottweil stammend,Bayreuth-erfahren und die Zuverlässigkeit in Person.Ein Klasse-Sänger.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Zitat

    Original von Siegfried
    Bei Hölle weiß ich nicht,ob wir denselben meinen:Ich kenne den Bassisten Matthias Hölle,aus Rottweil stammend,Bayreuth-erfahren und die Zuverlässigkeit in Person.Ein Klasse-Sänger.


    Hallo Siegfried!


    Zunächst einmal : Danke für die Blumen! Und dann : Als ich Matthias Hölle fälschlicherweise mit dem Vornamen Michael bedachte, muß ich wohl noch den Bariton Ebbecke im Kopf gehabt haben. Dieser hatte, als er vor vielen, vielen Jahren in Berlin einen auch im Fernsehen übertragernen Gesangswettbewerb gewonnen hatte, bei mir einen wesentlich stärkeren Eindruck hinterlassen als der hinter ihm plazierte Andreas Schmidt, der mir damals wie ein Fischer-Dieskau-Verschnitt vorgekommen war. Allerdings ging bei Ebbecke und Schmidt die Karriere-Schere stark auseinander. Während von Ebbecke nach dem Zadek-"Figaro" nicht mehr viel zu hören war (zumindest über Stuttgart hinaus, oder irre ich mich da?), wurde Schmidt ein mehr und mehr gefragter Sänger, der sich aber wohl mit dem Bayreuther Kurwenal in diesem Jahr keinen Gefallen getan hat.


    Schöne Grüße nach Stuttgart


    Sune

  • Um einen weiteren Namen (nach Matthias Klink) eines hoffnungsvollen lyrischen Tenors ins Spiel zu bringen, möchte ich schon heute vorsorglich auf Daniel Behle hinweisen, der z. Zt. an der Wiener Volksoper engagiert ist und gerade am Münchener Gärtnerplatz-Theater im "Barbier" gastiert. Sohn einer berühmten Mutter (Renate Behle) und des leider verstorbenen Englisch-Hornisten des NDR-Sinfonieorchesters, studierte Daniel Behle in Hamburg erst Horn und Komposition, bevor er sich dem Gesang zuwandte (erst bei James Wagner, nach dessen Tod nun bei seiner Mutter).


    Seit er beim Robert-Stolz-Wettbewerb in Hamburg vor einigen Jahren bereits in der ersten Runde herausflog und sich dann in den Folgejahren über den 3. Platz den Sieg bei diesem Wettbewerb ersang, verfolge ich seine von Jahr zu Jahr immer besser werdende Entwicklung, die in diesem Sommer im Gewinn des renommierten Königin-Sonja-Wettbewerbs in Oslo gipfelte. Eine angenehm timbrierte, kultiviert und schlank (Hallo, Siegfried!) geführte Stimme mit Strahlkraft (Hallo, Sune!), auf deren weitere Entwicklung ich neugierig bin.


    Nachdem er während seines ersten Oldenburger Engagements als Gast (ich glaube, in Münster) Pedrillo sang, ist aus ihm nun ein hervorragender Belmonte geworden. Noch sehe bzw. höre ich den Tamino nicht, mit dem er sich hoffentlich noch ein wenig Zeit läßt, aber zu gegebener Zeit vermute ich einen sehr guten Interpreten dieser Partie in ihm.


    Ad Siegfried : Wie Du aus diesen Worten unschwer herauslesen kannst, würde ich einem jungen Tenor nicht raten, mit dem Tamino zu beginnen. Als jemand, der sich seit dem Ende der 50er Jahre für Oper interessiert (also ein Dinosaurier!), habe ich noch in Erinnerung, daß ein Wolfgang Windgassen Anfang der 60er Jahre zumindest in Wien (ich vermute, auch in Stuttgart) den Tamino gesungen und sich damit die Stimme schlank erhalten hat.


    Die Kollos und Jerusalems haben m.E. dieses Fach viel zu Früh in Richtung "Heldenlaufbahn" verlassen.

  • zur Besetzung des Tamino:



    Tamino ist eine der anstrengendsten unter den Mozart Tenorrollen. die Unterschiede zu den Partien wie Don Ottavio oder Belmonte besteht darin, daß die Partie weniger an Koloraturen aufweist, dafür einige "dramatische" Stellen besitzt, was hier einfach bedeuten soll, daß mit "leicht geführter" Höhe nichts auszurichten ist.
    am Ende der Bildnisarie muß der Sänger "ganz schön Stoff geben", das kann nicht schlank gesungen werden.
    Wenn ein Sänger hier zu sehr forcieren muß um die Lautstärke zu erreichen, versingt er sich - z.B: zuviel Druck auf den Stimmbändern...
    das Stimmvolumen ist z.T. eine Sache des Körperbaus (- an diesem Punkt kann ich keine Begründung abgeben, hier endet mein Fachwissen...) - diese Beobachtung kann ich nur bestätigen, daß "stärker gebaute" Sänger größere Lautstärken erzielen, bzw. eine höhere Grundlautstärke besitzen


    maxmax: wenn diese Sänger kein Piano beherrschen - nebenbeigesagt, diese verallgemeinerungen sind ziemlicher Nonsense - liegt es daran, daß sie Rollen singen, in denen das Piano selten verlangt wird und daran, daß ein "echtes Piano" mehr körperliche Spannung verlangt als das Forte - wenn eben das Forte die "Normallautstärke" eines Sängers ist (habe z.B. jemanden erlebt, der 196 Mal den Hagen gesungen hat) da ist Piano singen echte Anstrengung, während die "Hoiho" Brüllerei zur Gewohnheit geworden ist.


    Andererseits: bei aller Abneigung gegen Brüllaffen - wer erlebt hat, wie sich solche Sänger gegen ein 80 Mann Orchester behaupten können, kann ihnen die Bewunderung nicht versagen :jubel: (auch wenn es nicht immer schön klingt)


    zurück zum Tamino:
    die Zauberflöte gilt als Schlüsselwerk zwischen klassischer italienischer und deutscher romantischer Oper.
    der Tamino ist IMO eine der ersten "schweren" Tenorpartien...
    die nächstfolgende ist der "Max", dann ist bereits Wagner dran...


    das Problem der Lautstärke läßt sich ja anhand der wachsenden Orchesterbesetzungen nachvollziehen (hab jetzt keine Daten bei der Hand...), da ist es doch einleuchtend, daß ein Sänger mehr Kraft braucht, um "drüberzukommen", oder?


    ein anderes Problem sind natürlich die modernen Instrumente, die um einiges lauter sind, als "historische" - hier spielen Hörgewohnheiten eine große Rolle.


    eine weitere Sache ist IMO die moderne Sängerausbildung...
    ich behaupte mal ganz keck, daß im deutschen Sprachraum vor 100 Jahren jeder versucht hat, Wagner zu singen, da man das für den Gipfelpunkt der musikalischen Entwicklung gehalten hat. Daraus haben sich erst diverse Brülltechniken entwickelt - man hört ja immer von den "großen Stimmen" von früher, die es heute nicht gibt.


    in der heutigen Gesangsausbildung müssen die Sänger ein viel breiteres Repertoire haben, sie müssen mehrere Techniken erlernen und konzentrieren sich nicht so auf Strahlkraft und Metall.
    Dafür können sie heutzutage wieder Koloraturen singen - einige ältere Gesangslehrer vertreten auch heute noch die Meinung; Koloraturen seien eien reine Begabungssache, das kann man nicht erlernen...

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • Vieles, was Wolfgang zur Besetzung des Tamino geschrieben hat, kann ich voll und ganz unterschreiben. Auch ich halte ihn für eine der "heldischeren" Partien, jedenfalls anders als z.B. Belmonte und Ottavio. Dazu eine Hörerfahrung vor einigen Jahren in Hamburg. Mit Dawn Upshaw und Robert Gambill (damals noch eher bei Rossini als bei Wagner zu Hause und noch nichts von Letzterem zu erahnen) waren IMO Pamina und Tamino relativ "klein" oder "leicht" besetzt, zu leicht für meinen Geschmack. Um meinen Eindruck mit den "Figaro"-Damen zu beschreiben : Upshaw war (damals) eher Barbarina als Susanna, und Gambill eher Rossini-Almaviva als Tamino.


    Heute geht die Tendenz dahin, alles leichter zu besetzen, ob nun wegen der Studio-Einspielungen, die auch Rückwirkungen auf die Aufführungspraxis haben, oder wegen der zunehmenden Originalklang-Experten. Um es auf den Punkt zu bringen : Ich sehe den Tamino im Idealfall eher mit einem Dermota, Wunderlich, Winbergh, Heilmann besetzt (Sänger mit "Fleisch auf den Stimmbändern", wie ich es formulierte) als mit einem Schreier, van der Walt oder Blochwitz, so gut diese gewesen sind oder sein mögen (Blochwitz war nie mein Fall!).


    War es Siegfried, der bei einer kürzlich in Hamburg gesehenen Zauberflöte vom verfetteten Stimmklang des Tamino sprach? Falls dieser Tamino ein Koreaner war (wie angekündigt), habe ich diesen (Nachname Kim) in allerbester Erinnerung, als er vor 1 1/2 Jahren in Helsinki überlegen den Mirjam-Helin-Gesangswettbewerb und kurz darauf Domingos Operalia gewann. Er sang damals eine der Ottavio-Arien, und das war vom Allerfeinsten.


    Schöne Grüße aus dem hohen Norden (heute -12°)


    Sune

  • Also Max²,deine Aussage zu Eva Lind kann ich leider nicht akzeptieren.Gut,sie fährt bisweilen auf Gotthilf Fischers Volksmusik-Omnibus mit,aber sie ist immer noch eine hervorragende Opernsängerin.
    In Stuttgart gastierte sie jüngst mehrmals als Konstanze und sie hält zumindest in dieser Rolle jedem Vergleich stand!
    Ich finde,etwas mehr Respekt den ausführenden Künstlern gegenüber wäre nicht verkehrt.Mancher selbsternannte "Zensor" wird hier sehr schnell vom Kritikervirus befallen.
    Ganz nebenbei:Kunst kommt von Können,denn käme sie von Wollen,hieße sie Wulst.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Zitat

    Ganz nebenbei: Kunst kommt von Können, denn käme sie von Wollen, hieße sie Wulst.


    Ich kenne den Ausspruch eine Klitzekleinigkeit anders (ich hab es von August Eferding):


    Kunst kommt von Können, denn käme sie von Wollen, hieße sie Wunst.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Sune,


    deine beiden letzten Ausführungen habe ich mit Interesse und auch Zustimmung gelesen.Den jungen Daniel Behle werde ich im Auge behalten,vielleicht gönnt man ihm und er sich selbst die nötige Reifezeit,um ein wirklich guter Tamino,Evangelist,Lenski usw.zu werden.
    Es ist kein Zufall,daß bei diesen Rollen heute noch Fritz Wunderlich als das Maß aller Dinge gilt,während die zahlreichen "Nachahmer"-ich verzichte bewußt auf die Nennung einzelner Namen- es allesamt nicht schafften,auch nur andeutungsweise aus seinem Schatten hervorzutreten.Sie singen nun entweder Wagner,oder sie haben eine Professur oder,was ich für die beste Lösung ansehe:sie singen überhaupt nicht mehr.
    Vom Hamburger Tamino hab ich übrigens nichts geschrieben,die dortige Szene kenne ich nicht.
    Die Stuttgarter umso besser:Wenn man heute Gambill als Siegmund oder Florestan hört,denkt man kaum,daß er mal als schmalbrüstiger
    Tenorissimo seine Karriere begann.Und im schweren Fach ist er heute einer der Guten.Er hat seine Kräfte besser eingeteilt als z.B.Siegfried Jerusalem,den ich noch als sehr guten Lenski in Erinnerung habe,dessen Tristan aber zum Reißaus verleitet.
    Nachsatz:Zu den wirklich guten Sängern des Tamino muß man neben den von dir erwähnten auch Ernst Häfliger zählen.Dessen unter Fricsay gesungener Mozartprinz war meine allererste Zauberflöten-Begegnung im Radio,bevor ich dann Mitte der 50er in Stuttgart den jungen Fritz Wunderlich erleben durfte,der diese Rolle für den erkrankten Wolfgang Windgassen sang und daraufhin der Tamino Nr.1 in Stuttgart wurde,also fortan vor Windgassen und vor Traxel besetzt wurde.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Hallo Theophilus,


    deine Version hab ich auch schon gehört,offensichtlich handelt es sich um ein Thema mit Variationen.Wenn der Hund mit der Wurst übern Eckstein springt...

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Ich nehme zur Kenntnis, dass meine Aussage nicht o.k. war (geeiert) - allerdings - und das ist nicht der Sängerin anzulasten (vor allem deshalb war meine Bemerkung falsch) finde ich , dass ein gewisses Management sie in jungen Jahren verheizt hat. Es ist schade um diese Stimme.
    maxmax

  • Zitat

    Original von Siegfried
    In Stuttgart gastierte sie j(Eva Lind) jüngst mehrmals als Konstanze und sie hält zumindest in dieser Rolle jedem Vergleich stand!


    Schön, etwas Positives über Eva Lind zu erfahren. Nach ihrer sensationell besprochenen Lucia in Basel (80er Jahre?) hatte ich angesichts dieser Kritik den Verdacht, sie müsse die Freundin des Kritikers - oder wirklich gut gewesen sein. Ich hörte sie dann in Hamburg als Partnerin in einem Gala-Konzert mit Domingo und hatte den Eindruck einer angenehmen, aber sich noch am Anfang befindenden jungen Stimme. Mit dem Wissen, daß Salzburg eine Blonde in Schaafs Neuproduktion suchte, wagte ich sie, darauf anzusprechen, doch sie bzw. ihr Begleiter (Domingos Herr Hofstetter) meinten übereinstimmend, dann käme wohl nur die Konstanze in Frage. Soviel zur Selbsteinschätzung von jungen Sängern und deren Management!


    In Salzburg war sie dann als Italienische Sängerin in Capriccio vorgesehen (ich weiß jedoch nicht, ob sie die dann auch gesungen hat), jedoch soll sie laut Aussage der damaligen Philips-Pressechefin dann die Blonde mit der Begründung abgesagt haben, sie sei eine Sängerin und keine Sprecherin (der Regisseur hatte sehr viele Dialogstellen geöffnet).


    Von hier aus kann ich Eva Linds Namen mehr in Volksmusiksendungen als in der Oper lesen. Es würde mich freuen, wenn dies ein falscher Eindruck wäre. Denn auch wenn die junge Dame in ihren Anfängen einige Fehler gemacht zu haben scheint, war sie in meinen Augen noch zu jung, um eine zweite Karriere à la Anneliese Rothenberger zu machen.


    Sune

  • Kann es sein, daß Haefliger (mindestens) einmal bei den Salzburger Festspiele den Tamino gesungen hat. Vage erinnere ich mich eine Rundfunksendung.
    Ob ja oder nein, ist eigentlich unwichtig, er ist für mich jedenfalls qua Stimme unbedingt Spitzenklasse.
    Auch möchte ich noch an Stuart Burrows erinnern. Eine was schwerere Stimme, aber immerhin nicht und nie soviel Volumen wie Wunderlich. Vielleicht ein "in between"?


    LG, Paul

  • Ich möche als Favoriten neben Fritz Wunderlich, der ja nicht erwähnt werden soll, zunächst Walther Ludwig nennen, und zar in der Reichsrundfunkaufnahme von 1937. Die Stimme ist recht hell, kräftig und noch ohne den kehlig-verhangenen Klang der Nachkriegsaúfnahmen. Er sang keinen allzu raffinierten Tamino, aber sehr "frisch", sympathisch und mit viel Leidenschaft. Heute wäre er sicher rasch zum Wagnertenor avanciert (zumal er groß und schlank war, äußerlich ein idealer Lohengrin), damals blieb er halt erster lyrischer Tenor.


    Daneben kann ich mich aus einer Aufführung Ende der 80er in Hamburg an einen wunderbaren Tamino von Kurt Streit erinnern (neben Barbara Bonney als Pamina), der die Rolle so weit ich weiß auch auf Schallplatte gesungen. Damals eine schlanke Stimme, ausdrucksvoll. durchaus männlich und eine blendende Bühnenerscheinung.


    Gruß aus Lübeck
    Dieter

  • Meine liebsten Taminos in der Vergangenheit: Peter Schreier und Francisco Araiza (Wunderlich darf ja nicht genannt werden), in der Gegenwart Michael Schade und in der Zukunft vielleicht Juan Diego Florez, falls er das Versprechen einlöst, das er mit seiner großartigen Bildnisarie beim "Konzert für Europa" (Mai 2006, Schönbrunn) gegeben hat. Er sieht seine Zukunft ja als Mozartsänger, wie er bei einem Interview gemeint hat.
    Schöne Grüße, Severina

  • Sein Name wurde weiter oben schon einmal erwaehnt: Eric Tappy.


    Ein stilsicherer und unverkennbarer Saenger, der trotz eines gewissen Akzentes im Deutschen verstand, was er sang.
    Die Stimme klingt auch heldisch, dort wo es sein muss. Seine hohen Toene sind gewiss ein wenig eng, jedoch sicher. In manchen seiner anderen Aufnahmen klingt die Stimme etwas angestrengt, aber eigentlich nicht in der nun wieder erhaeltlichen Zauberfloete unter Levine (Bmg/Sony).
    Obwohl Tappy auch viel "alte Musik" gesungen hat, hat er nicht diese Blaesse, wie sie bei den Tenoeren festzustellen ist, die aus diesem Fach kommen (z.B. Rolfe- Johnson). Und bei den heutigen Mozart-Tenoren habe ich meine Muehe unter Schade, Streit, Padmore etc zu unterscheiden: guter Stil, aber alles ein wenig fad.


    Simoneau gefaellt mir bei Mozart fast immer gut, aber als Tamino (sowohl unter Boehm als auch unter Szell) ist eine Anstrengung festzustellen, die stoert. Zudem habe ich den Eindruck, dass er nicht versteht, was er singt. Ich weiss, dass ich mir selbst widerspreche, wenn ich ihn bei der Entfuehrung -- neben Dermota -- als Idealbesetzung bezeichne.


    Jetzt habe ich mal nicht von dem uns allen unsterblichen Wunder... (hoppla) gesprochen.


    Stefan

    Stefan

  • Liebe Taminos,


    gäbe es eine Gesamtaufnahme mit József Réti, wäre er wahrscheinlich
    mein Lieblingstamino, aber so muss ich mich bei ihm mit der Bildnisarie, der Zaubertonarie und einigen anderen wunderbaren Einzelauifnahmen von Mozartarien begnügen... ;(


    Also vote ich hier für Stuart Burrows :]


    Liebe Grüße
    Petra

  • Zitat

    Original von sagitt
    ...Wunderlich hatte immer eine " große" Stimme. Die braucht man für Mozartgesang nicht. Je schlanker, desto angenehmer.


    Lieber Hans,


    Die unbestritten schönste Aufnahme die ich kenne (und dazu auch noch habe) von "Il mio tesoro" ist eine Aufnahme von Domingo, die vermutlich 1975-1980 erschien. Also noch analog. Das Datum weiß ich nicht mehr genau, denn die LPs hatte ich schon so lange. Und später fand ich zufällig die Aufnahme auf einer CD. :] :]
    Auch Domingo hat(te) eine große Stimme, und trotzdem bekommt einer einen Gänsehaut, wenn er diese Ausführung hört.
    Ich hätte ihn gerne mal als Tamino gehört.


    Vermutlich kennt also jeder Regel seine Ausnahme.


    LG, Paul

  • Also, ich muss ja jetzt mal ganz dumm fragen:


    Der Sprecher in der Zauberflöte, wer genau ist das? Ist das Sarastro? Ist das einfach ein Priester? Kann mir da mal bitte jemand aus der Patsche helfen? Ich habe das schon als Kind nicht verstanden, da in meinem Reclam-Libretto nirgendwo dem Sprecher auch nur ein Vers zugedacht ist, er aber im Personenverzeichnis steht.


    Vielen Dank und schamrote Grüße,


    Knuspi