ZitatOriginal von Rideamus
Deshalb gleich mein erster Vorschlag: ich fände es ideal, wenn hier auf Dauer ein Kompendium bedeutender Filmkomponisten entstehen könnte. Die hierher verschobenen Threads über Nino Rota und Leonard Rosenmann, der eher zufällig aus Anlass seines Todes entstand, können dafür erste Beispiele liefern. Wer also schreibt die ersten Beiträge zu Threads über Ennio Morricone, Hans Zimmer, Martin Böttcher, Georges Auric etc. etc. oder speziell über die Filmmusiken von Korngold, Schostakowitsch, Prokoffiew, Eisler, Walton usw.?
Irgendwie scheint dieses Forum trotz der engagierten Bemühungen von Aquarius und anderen nicht so recht dieser in meinem Eingangsposting zu dem neuen Filmforum ajusgesprchenen Hoffnung entsprechen zu wollen, obwohl es immer wieder Leute gab, die sich fest vornahmen und versprachen, hier mal etwas beizutragen.
Um einmal darauf aufmerksam zu machen, wie groß und fruchtbar das unbeackerte Feld ist, das von Tamino völlig zu Unrecht im Abseits brach liegen gelassen wird, während bald die letzte halbwegs namhafte Kehle ihren eigenen Feierthread hat, versuche ich es mal mit der Verlegenheitslösung der Beliebtheitsliste. Die Regeln sind aus vielen ähnlichen Threads bekannt, sollen hier aber mal anders umgesetzt werden.
Kurz: Ihr könnt alle Filmkomponist/Innen nennen, die Eurer Meinung nach zu den international bedeutendsten, besten, gefälligsten oder Euch warum sonst immer am meisten beeindruckenden der Geschichte der Filmmusik gehören. Leistungen in anderen Fächern sollten dabei möglichst keine Rolle spielen, auch wenn sich das bei Leuten wie Korngold, Prokofieff, Schostakowitsch u.a. nicht ohne Weiteres trennen lässt.
Damit auch eine gute Diskussion in Gang kommt, bitte ich Euch, nicht einfach eine Liste aufzustellen, sondern eine kurze Begründung mitzuliefern, warum Eure Kandidaten zu den absolut besten, wichtigsten etc. gehören. Dabei ist mindestens ein Film zu nennen, in dem die Bedeutung des Erwählten für Euch am ohrenfälligsten wird. Dafür ist auch niemand gezwungen, alle seine Nominierungen - oder die Begründungen - auf einmal abzugeben. Noch besser: es gibt keine Obergrenze: Ihr könnt also so viele "Allerwichtigste" nennen, wie Ihr wollt - solange Ihr die Nennung begründet und belegt.
Hier meine ersten vier Unverzichtbaren. Die Reihenfolge ist alphabetisch und schließt ausdrücklich keinerlei Wertung ein. Der Rest folgt dann, wenn der Thread auf hinreichendes Interesse und einige Beteiligung stoßen sollte.
Georges Auric (1899 - 1983)
Von der berühmten "Groupe des Six" um Poulenc war Auric der aktivste Filmkomponist. Mit der Musik zu Jean Cocteaus LE SANG D'UN POÉTE und René Clairs Á NOUS LA LIBERTÉ schuf er gleich zu Beginn des Tonfilms zwei Meisterwerke, und er blieb einer der überragenden Filmkomponisten in der Geschichte des Mediums. Neben weiteren Partituren für die meisten Filme Cocteaus und Clairs sind die für DEAD OF NIGHT (1945), John Hustons MOULIN ROUGE (mit dem Evergreenthema "le long de la Seine";), William Wylers ROMAN HOLIDAY, Max Ophüls' LOLA MONTEZ und nicht zuletzt Jules Dassins RIFIFI besonders hervor zu heben - Letzterer auch durch seinen konsequenten Verzicht auf jede Musik dort, wo jeder andere sie zur Spannungssteigerung eingesetzt hätte.
Georges Delerue (1925 - 1992)
Delerue den Komponisten der Nouvelle Vague zu nennen, greift natürlich angesichts von weit über 340 Partituren zwischen den Stummfilmvertonungen LE CHAPEAU DE PAILLE D'ITALIE von René Clair und zjlertzt Bruce Beresfords RICH IN LOVE (1994) viel zu kurz, aber der Einfall kommt nicht von ungefähr. Immerhin schrieb er zu so verschiedenen Filmen wie Alain Resnais' HIROSHIMA MON AMOUR, Francois Truffauts TIREZ SUR LE PIANISTE, Godards LE MÉPRIS (DIE VERACHTUNG) und Philippe de Brocas Meisterwerken von LES JEUX DE L'AMOUR oder L'HOMME DE RIO bis hin Louis Malles VIVA MARIA kongeniale Partituren, die ein ungeheures Gefühl für Stimmung und sehr viel HUmor verraten. Für mich am wichtigsten bleibt er aber als Komponist der meisten großen Filme Francois Truffauts von JULES ET JIM bis zu VIVEMENT DIMANCHE - und nicht zuletzt des leider weitgehend übersehenen Juwels A LITTLE ROMANCE (1979) von George Roy Hill.
Bernard Herrmann (1911 - 1975)
Schon wegen seiner Musiken für die FIlme von Alfred Hitchcock von THE TROUBLE WITH HARRY bis zu MARNIE sollte Herrmann auf keiner Liste der großen Filmkomponisten fehlen, aber er teilte das Schicksal, seine kühnste und später nur erreichte, aber nie mehr übertroffene Leistung gleich mit seinem ersten Film erbracht zu haben, mit dem Regisseur, der ihm seinen ersten großen Auftrag anvertraute: Orson Welles und seinen CITIZEN KANE. Herausragend auch seine Beiträge zu dem klassischen THE DAY THE EARTH STOOD STILL von Welles' ehemaligem Cutter Robert Wise und die Filme Truffauts (LA MAIÉE ÉTAIT EN NOIR) Brian de Palmas (OBSESSION) und Martin SCorseses (TAXI DRIVER), die ihn mehr und länger zu schätzen wussten als Hitchcock selbst. Dennoch hört natürlich jeder bei der Nennung dieses Namens sofort an PSYCHO oder VERTIGO - und vergisst dabei, dass die berühmt-berüchtigten Effekte nur die prachtvollen Schaumkronen auf den gigantischen Wellen seines Werkes sind.
Nino Rota (1911 - 1979)
Gibt es wirklich jemanden, der an seiner unbestreitbaren Zugehörigkeit zum Olymp der Filmkomponisten zweifelt? Auch, wenn man daran erinnert, dass er nicht nur das berühmte Thema von LA STRADA, sondern fast alle zirkusartigen und sonstigen großartigen Musiken der Meisterwerke Federico Fellinis schuf? Oder darauf aufmerksam macht, dass er die zeitlose und doch ungemein passende Musik zu Zeffirellis ROMEO AND JULIET schrieb, bevor Baz Luhrman den Stoff verrockte, und die Musik zu Francis Ford Coppolas DER PATE mit seinem unvergesslichen Orgelthema komponierte, bevor Coppolas Vater die Fortsetzungen in seiner derivativen Soße ertränken durfte? Dennoch gibt es eine Filmkomposition, die ihn für mich über alle Konkurrenten hinweg hebt und zu den großen Kompositionen aller Gattungen des 20. Jahrhunderts gehört, und das ist die Partitur zu Luchino Viscontis IL GATTOPARDO / DER LEOPARD. Dieses Meisterwerk sollte man jedem vorspielen, der noch ernsthaft meint, Filmkompositionen gehörten nicht zur klassischen Musik.
Dieses war mein erster Streich. Selbstverständlich sollte es über kurz oder lang zu allen vieren eigene Threads geben, in denen sie nicht nur gefeiert, sondern auch ihre Biographien und besonderen Leistungen beschrieben werden. Wenn es niemand sonst macht, werden die Threads zu diesen Vieren in hoffentlich absehbarer Zeit von mir kommen.
Jacques Rideamus