Neben Janáceks neun Opern steht für mich, gleichberechtigt mit deren besten, das "Tagebuch eines Verschollenen", das ich eigentlich gar keiner Gattung definitiv zuordnen kann. Es erzählt eine wahre Gegebenheit: in einem Dorf in Janáceks Heimat Mähren verliebte sich ein junger Mann (Janek) in das Zigeunermädchen Zefka, die von ihm schwanger wurde, worauf er seine Eltern sitzen ließ und sich den Zigeunern anschloss. In seinem Zimmer fand man später, gleichsam als Abschiedsbrief, eine Art Gedicht über seine Liebe zu Zefka, seine Verzweiflung und den Entschluss zur Flucht, das auch in der Lokalzeitung veröffentlicht wurde und Janácek als Libretto für das zweiundzwanzig Sätze umfassende Werk diente.
Die Besetzung ist durchaus ungewöhnlich: Janek wird von einem Solotenor verkörpert, das Orchester besteht lediglich aus einem Klavier. Soweit wäre es ein normaler Liedzyklus. Doch auch Zefka tritt auf, in Gestalt einer Altistin, und während das Liebespaar, ungefähr in der Mitte des Werkes (Sätze 9-11), miteinander spricht, wird es noch von einem dreistimmigen Frauenchor begleitet. Das Klavier hat auch einen Solosatz (13), der wohl die Liebesnacht darstellen soll. Man könnte das Werk folglich auch als sehr reduzierte Kammeroper interpretieren.
Wie bei Janácek üblich, sind Elemente der mährischen Volksmusik eingearbeitet. Das Klavier begleitet die Stimmen nicht wie in herkömmlichen Liedern, sondern ist gänzlich eigenständig, erinnert also auch an Janáceks Orchesterbehandlung in seinen Opern.
Die einzige Aufnahme, die ich bislang habe, lässt einen exzellenten Nicolai Gedda und eine mir etwas unsinnliche, zu dramatische Vera Soukupová hören:
Was sind eure Erfahrungen mit diesem fetzigen (:D) Werk?
Liebe Grüße,
Martin