Apotheose des Tanzes? - Ludwig van Beethoven Sinfonie Nr.7

  • mal entgegen der allgemeinen HIP-Strömung bei Beethoven nicht nur mit Kammerorchester-Stärke aufzulaufen, sondern auch mal zu sagen: he, da hat der Beethoven aber ein Mammutorchester zur Verfügung gehabt, und das will ich auch "original" auf das Podium bringen.

    Ist das, lieber Willi, denn nicht völlig "normal" für HIP?


    Die Frage, in welchen Besetzungen und Besetzungsstärken konkret in den Einzelfällen Aufführungen in welchen räumlichen Gegebenheiten realisiert worden waren, ist doch stets Teil der historischen Information, die Grundlage der Historisch Informierten Praxis sein muss. Das können dann eben die 28 Musiker sein, mit denen Beethoven seine Eroica erstmals im Palais Lobkowitz dirigierte, oder eben auch die "Massen", mit denen er seine Siebente aufführen konnte und deren Besetzungsstärke Hogwood dann übernahm.


    Bemerkenswert - verglichen mit unseren heutigen Vorstellungen - finde ich es dann schon eher, dass Hogwood - historisch korrekt - für die Aufführung der Neunten ein gegenüber der Besetzungsstärke in 7 und 8 deutlich reduziertes Orchester benutzt hat!

  • Die eigentliche Moral sollte doch sein, dass Besetzungsstärken seinerzeit erheblich variiert haben. Daher kann sie nicht von außerordentlicher Bedeutung sein, weil die Komponisten gar nicht mit einer bestimmten eher kammermusikalischen oder großorchestralen Besetzung rechnen konnten. Ob die sehr starke Besetzung mit verdoppelten Holzbläsern das Ideal war, kann man wohl kaum entscheiden, selbst wenn sich etwa Mozart in einem berühmten Brief (40 violin, 10 baßi und die bläser alle doppelt) entsprechend geäußert hat.
    Ziemlich sicher scheint allerdings, dass die Minimalbesetzung, auch wenn sie manchmal vorgekommen ist, nicht das intendierte Ideal war. Und wichtig ist auch, dass bei entsprechend starker Streicherbesetzung die Holzbläser im Tutti immer mindestens verdoppelt wurden.


    Die meisten "HIP"-Aufnahmen sind meines Wissens Hogwood keineswegs in den unterschiedlichen Besetzungen gefolgt, sondern haben durchweg eine mittlere Besetzungsstärke.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Richtig ist sicher - was wir ja auch oben schon mehrfach betont haben - dass es keine "Standardbesetzung" gab. Es wurde völlig undogmatisch alles nach den vorhandenen oder beschaffbaren Kräften und den tatsächlich aufgefundenen Räumlichkeiten ausgerichtet. Bläserverdoppelung bei entsprechend starker Streicherbesetzung gab es deshalb auch nur, wenn genügend Bläser einsetzbar waren. Und die Komponisten, Dirigenten und Musiker waren's zufrieden - sogar noch Brahms mit seiner kammerorchestralen Meininger Hofkapelle (siehe Mackerras).


    Aber gerade darum geht es ja AUCH: unseren von vieljährigem Schindluder verkorksten heutigen Ohren deutlich zu machen, dass diese Musik auch mit einer Vielzahl unterschiedlicher Besetzungsstärken machbar ist und sich daran anzunähern, in welche Richtung der Klangeindruck mit derartigen wechselnden Besetzungsstärken gewirkt haben könnte.


    Gardiner hat in seiner GA alle Sinfonien durchgängig in der für ihn typischen vergleichsweise großsinfonischen Besetzung gespielt, van Immerseel als jüngste GA durchgängig mit einer vergleichsweise kleinen, die anderen liegen irgendwo dazwischen, aber außer Hogwood wohl jeweils durchgängig einheitlich besetzt. Mit Bläserverdoppelung wüsste ich jetzt keine davon.

  • Aber gerade darum geht es ja AUCH: unseren von vieljährigem Schindluder verkorksten heutigen Ohren...



    Ich kann mir schon denken, worauf das abzielt, daher höre ich auch beim Verfassen dieses Beitrages die Siebte unter Furtwängler, 1943 live!!! :D


    Ganz ehrlich frage ich mich beim Lesen des vorangegangenen Disputs, wie man die von der historisch informierten Aufführungspraxis zu einem Dogma erhobene Frage der Besetzungsstärke nur so wichtig nehmen kann. Johannes Roehl hat ja in aller Klarheit darauf hingewiesen, dass die Besetzungen damals stark variierten, und diese Unterschiede eben den damaligen - im Vergleich mit heute oft unzulänglichen Rahmenbedingungen - geschuldet waren. Es steckten also meist keine künstlerischen Intentionen dahinter, sondern man musste eben nehmen, was man kriegen konnte. Hier wird also der (unglückliche) Zufall zur historisch gültigen Richtschnur erhoben.


    Die eigentlich historisch informierte Schlussfolgerung wäre meines Erachtens, heute genau so pragmatisch zu verfahren - also einfach die heute problemlos verfügbaren großen Besetzungen hochprofessioneller Orchester zu nehmen - und damit höchst befriedigende Interpretationen zu erzielen. Alles andere ist bloßes Nachahmen unmaßgeblicher Momentaufnahmen.


    Mir erschließt sich der Sinn des Wiederholens von Unzulänglichkeiten keineswegs, was nützt es denn, abgesehen von einem gewissen historischen Erfahrungsgewinn, der wohl kaum etwas mit Musikgenuss gemein hat, eine wohl schon damals als Notlösung erachtete Interpretation wieder aufleben zu lassen?


    Vielleicht sollte man dann noch der Vollständigkeit halber die Konzertsäle im Winter nicht mehr heizen, weil das ja zu Beethovens Zeiten auch gelegentlich der Fall war (hat sicher auch Auswirkungen auf den Klang der Instrumente...)

    'Architektur ist gefrorene Musik'
    (Arthur Schopenhauer)

  • Hallo novecento,


    oder man nimmt hervorragende Orchestermitglieder aus den großen Orchestern, bildet homogne Orchestergruppen und läßt diese super Musiker hervortreten. Was sitzt doch für ein Potential in den großen Orchestern! Glaubt ihr denn, die sitzen da ihren, vielleicht Beamtenposten, ab und wollen ihr Können nicht beweisen?


    Ist es denn wirklich erstrebenswert, fünfhundert Mann in einen Musikgiganten zusammen zu fassen und sich die Siebte vordröhnen zu lassen? Auch bei dem Wissen heute über Raumakkustik!


    Viele Grüße Thomas

  • Hallo miteinander,


    wie weiter oben schon festgestellt wurde, ist die Besetzungsstärke dem Aufführungsort anzupassen: Großer Raum - großes Orchester, kleiner Raum - kleines Orchester, raumakkustische Feinheiten außer Achtgelassen, da zu speziell.
    Warum? Weil der Komponist mit seiner Musik gewisse Effekte, gewisse Wirkungen erzielen will, für die zu erzielen wegen Lautstärke etc. eine gewisse Mindestanzahl an Musikern erforderlich ist. Dass die Anzahl derselbigen in einem kleinen Raum kleiner ausfällt, als in einem großen, ist klar. Entscheidend dabei ist nur, dass die Wirkung die gleiche bleibt!


    Bei so einem kleinen Orchester nun ist aufnahmetechnisch zu beachten, dass selbiges in einem adäquaten Raum möglichst direkt aufgenommen wird. Ist das der Fall, erleidet die Musik keinen Wirkungsverlust und die Besetzungsgröße hat sich relativiert.
    Und dann kommt die Interpretation, welche auf keinen Fall kammermusikalisch sein darf, sondern immer sinfonisch sein muss, da ja schließlich eine Sinfonie wiedergegeben wird und kein größer besetztes Kammermusikstück.
    Natürlich ist es nicht verboten, eine Sinfonie auch kammermusikalisch wiederzugeben, jedoch möge man dann im Booklettext auf die diversen Absolutheitsansprüche verzichten, die man gerade bei HIP dort so oft findet, denn eine solche Interpretation ist dann nur die zweite Seite einer Münze, deren erste eine Bombastinterpretation a la Mahlers Beethovens 9. ist.


    Wenn nun aus der Besetzungsgröße kein Dogma gemacht wird, dann ist doch die Hogwood-Einspielung von Beethovens 7. (und auch seiner 8.) kein Problem. Denn mit Verlaub, Herr Hogwood ist doch der HIP nicht fremdgegangen, bloß weil er sich ein Originalklangorchester von annäherd 100 Musikern zusammengestellt hat. :D


    Viele Grüße
    John Doe

  • Wenn nun aus der Besetzungsgröße kein Dogma gemacht wird, dann ist doch die Hogwood-Einspielung von Beethovens 7. (und auch seiner 8.) kein Problem. Denn mit Verlaub, Herr Hogwood ist doch der HIP nicht fremdgegangen, bloß weil er sich ein Originalklangorchester von annäherd 100 Musikern zusammengestellt hat.


    Wie kommst Du denn auf "Problem"? Das ist doch nur eine der möglichen Ausführungsmöglichkeiten, wo sollte denn da das Problem sein??? Entgegen Novecentos Aussage ist die Besetzungsstärke bei HIPper Betrachtung doch gerade kein Dogma - allein in dem vorliegenden Fred haben wir das ja nun diverse Male in dieser oder jener Form fest gestellt.


    Nur die Vertreter einer militant-nonHIPpen Betrachtungsweise haben erstaunlicherweise die Besetzungsstärke zum Dogma erhoben - vermutlich weil sie sonst überschüssige Orchestermusiker trotz Nichtbeschäftigung durchfüttern müssen, also bitte auch allesamt auf die Bühne :P . Die HIPpe Betrachtungsweise stilisiert das Thema Besetzungstärke auch überhaupt nicht künstlich hoch - Tatsache ist, dass das schließlich nur ein einziger einer ganzen Vielzahl zu berücksichtigender Parameter einer jeden Aufführung (übrigens: sei sie HIP oder nicht!) ist.


    Was die Vertreter einer militant-nonHIPpen Betrachtungsweise anscheinend ignorieren, ist, dass die historischen Informationen zur Aufführungspraxis doch erfreulicherweise seit inzwischen einigen Jahren in unseren Konzertsälen - in der Mitte der Gesellschaft 8) - angekommen sind - nicht nur, aber auch die Informationen zur Besetzungsstärke. Von daher ist HIP Mainstream und Allgemeingut - auf diesen Seiten kraftvoll dagegen anzuschreiben, hilft da zum Glück auch nicht mehr :jubel: .

  • Die beste 7. die mir bis jetzt untergekommen ist, stammt von Rene Leibowitz.



    Norbert hat selbige im Beitrag Nr. 9 vom 22. September 2005 schon vorgestellt:


    "Leibowitz spürt Feinheiten in den Melodiebögen, den Nebenstimmen und des
    Zusammenspiels auf, die für die 60er unerhört waren und noch heute so
    gut wie konkurrenzlos sind. Ferner ist die Aufnahme von einem stetigen,
    positiv nervösen Vorwärtsstreben geprägt, der in einem furiosen vierten
    Satz gipfelt."


    Leibowitz Interpretation von Beethovens 7. nimmt einen sofort in ihrem Bann, sämtliche Überlegungen über HIP oder HOP werden irrelevant, was bleibt ist eine Sinfonie, die von Steigerung zu Steigerung jagt, um in eine wahrhaft apotheotischen letzten Satz zu münden und das bei größter musikalischer Transparenz und Detailgenauigkeit.


    Viele Grüße
    John Doe
    :thumbsup:

  • Hallo Ullrich,


    "miltant nonHIP" oder mit Schirm, Charme und Melone kommen ihre Bataillone. Verzeih mir den Scherz, aber ich finde deinen Ausdruck"militant nonHIP" so lustig! :D :D :D


    Wie ich mir so Mitte der 80er meinen ersten CD-Player gekauft habe, bin ich auch in HIP eingestiegen und habe seitdem die ganze Entwicklung von damals bis heute aktiv als Hörer begleitet. Das klassische Kernrepertoire liegt mir fast ausschließlich und vielfach in HIP vor (Hogwood hab ich noch in Einzelscheiben) und meine Situation ist derart, dass ich mir nonHIPpes als Ergänzug zulege.
    Und ich kann dir nur beipflichten, dass HIP zwischenzeitlich angekommen ist und eine allgemeine Wirkung entfaltet. Das begrüße ich auch sehr, bloß sind mir in diesen 25 Jahren halt auch einige Fehlentwicklungen in Sachen HIP untergekommen, die sich zwar nicht auf Beethoven, so doch aber durchaus auf Besetzungsstärken beziehen: den HIP-Ansatz für Klassik ohne Rücksicht auf Verluste auf das romantische Repertoire zu übertragen und dort die Besetzungsstärke der Orchester mir nichts dir nichts mal schnell um die Hälfte zu reduzieren, das hat für mich schon etwas dogmatisches an sich oder mit einer Interpretation durch den Komponiisten selbst in Konkurrenz treten und dessen verwendetes Instrumentarium anzweifeln (Ravels Bolero), auch das finde ich dogmatisch, zumal das alles auch noch mords dogmatisch in den diversen Booklets begründet worden ist.


    Die HIPpe Betrachtungsweise stilisiert das Thema Besetzungstärke auch überhaupt nicht künstlich hoch - Tatsache ist, dass das schließlich nur ein einziger einer ganzen Vielzahl zu berücksichtigender Parameter einer jeden Aufführung (übrigens: sei sie HIP oder nicht!) ist.


    Manchmal leider schon! Z.B. bei Studioaufnahmen. Selbige könnten doch auch mit größeren Besetzungen durchgeführt werden. Aber irgendjemand hat da die Entscheidung getroffen, ein kleineres Ensemble herzunehmen und begründetdas dann meist doch sehr dogmatisch, dass z.B Beethoven "1800 weiß nicht wann" bei einem Konzert die gleiche Besetzung gehabt hat und überprüft dabei nicht, ob das damals eventuell bloß ein leidiger Kompromiss war.


    Hogwood nun, um wieder auf Beethovens 7. zurückzukommen, hat mit seiner Aufnahme eine Aufführungssituation nachgestellt, mit der auch der Komponist allem Anschein nach ja mindestens einverstanden gewesen sein muss, denn wenn ihm die Besetzungsstärke nicht zugesagt hätte, dann hätte dieser sie ja jeder Zeit verkleinern können, genauso wie es im Wien der damaligen Zeit auch kleinere Säle gegeben hätte.


    mit dogmatisch undogmatischem Gruß
    John Doe
    :angel:

  • aber ich finde deinen Ausdruck"militant nonHIP" so lustig!

    :yes: Ich auch. Aber irgendwie kommt man bei HIP-/nicht-so-ganz-HIP/HIP-hab-ich-ja-noch-nie-gehört-Abgrenzungsdiskussionen doch ganz schnell an die Stelle, wo das allgemeine Hacken anfängt. Und mal ehrlich, ich hab noch keinen getroffen, der grundsätzlich mal HIPpe Überlegungen nachvollziehen kann oder sogar als "richtig" versteht und daraufhin gar nichts anderes mehr hört, respektive sich jeder nonHIPpen Beschallung verweigert (in umgekehrter Richtung scheint's das schon eher mal zu geben) - ist halt aus heutiger Sicht eine zusätzliche Option mit erweitertem Musikgenuss und Erkenntnisgewinn. :love:

    den HIP-Ansatz für Klassik ohne Rücksicht auf Verluste auf das romantische Repertoire zu übertragen und dort die Besetzungsstärke der Orchester mir nichts dir nichts mal schnell um die Hälfte zu reduzieren

    Ah ... woran denkst Du denn da zum Beispiel? Beeindruckt war ich immer von Mackerras' Darstellung der Brahms-Sinfonien mit der Stärke der Meininger Hofkapelle - das finde ich eigentlich eine legitime Anknüpfung daran, dass Brahms dieses kleinere Orchester bewusst für seine Musik ausgesucht hat. Worauf zielt Dein Hinweis auf Ravel ab?

    zumal das alles auch noch mords dogmatisch in den diversen Booklets begründet worden ist.

    Klingt zwar mords dogmatisch :thumbsup: , aber einerseits ist, trotz Ankommens in den Konzertsälen, der Rechtfertigungsdruck für die HIP-Ausführenden immer noch enorm (scheint mir), und andererseits lese ich einfach gerne, was denn nun eigentlich der Grund für die "Absonderlichkeiten" ist, die mir da angeboten werden.

    denn wenn ihm die Besetzungsstärke nicht zugesagt hätte, dann hätte dieser sie ja jeder Zeit verkleinern können

    Ein gutes Argument. Das leuchtet! :yes:


    Was hatte Leibowitz es damals doch noch leicht, der hat sich historisch informiert, so wie und soweit das damals eben möglich war, und hat dann das Bestmögliche daraus gemacht. Ernst genommen hat ihn sowieso keiner, hochkommen ließ man ihn neben Karajan auf dem Kontinent eh nicht, für die Engländer blieb er ein Alien, die Amerikaner hatten ihren Bernstein - irgendwie hat da keiner auf das sog- und sagenhafte Hörergeb- und -erlebnis, das er erzielte, geachtet. Nicht nur, aber besonders auch bei der Siebenten. Von daher kann man den Lobgesang kaum laut genug darbringen, und dies unbedingt immer wieder mal.

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  • Hallo Ullrich,


    ohne Rücksicht auf Verluste einen klassischen HIP-Ansatz auf die Romantik übertragen hat Roger Norrington mit seinen London Classical Players bei Bruckners 3.



    Positiv ausgedrückt handelt es sich bei dieser Aufnahme um eine sehr, sehr eigenwillige Wiedergabe von Bruckners 3. Ähnliches gilt auch für die Wagner-Vorspiele und Smetanas Ma Vlast.


    Bei den Booklettexten ist mir besonders Herr Immerseel aufgefallen, welcher diese größtenteils selbst verfasst. Sein Grundtenor ist so, dass alle (vielleicht sogar einschließlich des Komponisten) bis heute falsch gespielt haben und nur er und sonst keiner es richtig macht.


    Beispiel zur Orchestergröße:


    "Wenn man die Winterreise in einem (zu) großen Saal aufführt, werden der Sänger und der Pianist auch nicht verdoppelt, denn das Medium gestattet das nicht." Jos van Immerseel im Booklet zu Sony CD SK 63095 Schubert Sinfonie Nr. 4 und Sinfonie Nr.2


    oder ein paar Zeilen weiter


    "Die gespielte Partitur bestimmt die Anzahl der Musiker, das Profil dieser Musiker und selbst das Tempo, die Artikulation und Phrasierung. Es ist ein weit verbreitetes Missverständnis, dass ein Saal diese Elemente beeinflussen oder gar verändern könnte. Das einzige, was man tun kann, um ein Orchester der Akkustik eines bestimmten Saales anzupassen, ist die Dosierung der Artikulation und Dynamik und die Suche nach einer passenden Aufstellung und denrichtigen wechselseitigen Höhenunterschieden innerhalb des Orchesters." Jos van Immerseel ebenda


    Laut dieser Aussage ist Beethoven bei der Uraufführung seiner 7. einem Irrtum aufgesessen - kein Wunder, er war ja schon taub - Hogwood spielt falsch, Leibowitz noch viel falscher und du liegst mit deiner Flexibilität bezüglich HIP-Orchestern auch daneben. :pfeif:


    Ich persönlich schätze HIP sehr, jedoch habe ich im Laufe der Jahre gelernt, dass HIP alleine noch kein Zeichen für musikalische, geschweige denn interpretatorische Qualität ist.


    Zu Leibowitz möchte ich noch anmerken, dass er in die gleiche Kerbe geschlagen hat, wie Toscanini oder zeitgleich Fricsay. Das Problem seines Beethovenzykluses hat hauptsächlich darin bestanden, dass er bei Readers Digest erschienen ist und die erste Zeit nur über diesen Verlag hat bezogen werden können, was aber nichts an der Tatsache ändert, dass seine 7. vielleicht die beste und mitreissendste Interpretation derselbigen überhaupt ist.


    Viele Grüße
    John Doe

  • hallo.


    es ist nicht nur die Größe des Aufführungsraumes. Es gibt gestalterische Möglichkeiten, die ungeahnt sind. Computermodelle können nachweisen, das ein optimaler Klang, angepasst auf die Orchestergröße, durch räumliche Veränderungen, erreicht werden kann. Aber dann werden bauliche Veränderungen vorgenommen, die manchen nicht gefallen.


    So bleibt der Klang oft auf der Strecke.


    Viele Grüße Thomas

  • Im Rahmen einer schon sehr weit gediehenen Gesamteinspielung des Orchesterwerkes von Beethoven durch Thomas Dausgaard und dem Schwedischen Kammerorchester liegt seit 2001 auch die Sinfonie Nr. 7 vor.
    Das Schwedische Kammerorchester umfasst 38 Musiker, spielt auf moderrnen Instrumenten und repräsentiert somit einen unmittelbar auf HIP aufbauenden Interpretationsansatz. Grundlage seiner Beethoveneinspielungen ist die neueste Bärenreiterausgabe.



    Dausgaard geht mit seinen Schweden die 7. äußerst zügig und temperamentvoll an, um sie im letzten Satz fast bis zur schieren Raserei zusteigern. Dabei gelingt es ihm auch noch im feuerigsten Presto, die Transparenz zu wahren und den Ausdruck zu variieren, was nicht zuletzt der geringen Größe des Orchesters und dessen perfektem, um nicht zu sagen virtuosen Spiel geschuldet ist.
    Wenn Leibowitz in seiner himmelsstürmenden Interpretation der 7. durchaus noch so etwas wie ein Pardon kennt, gibt es selbiges bei Dausgaards Interpretation nicht mehr: sie überfällt einem gleichsam wie eine hungrige aber perfekt ausgebildete Wikingertruppe ein reiches englisches Kloster überfallen haben mag: schnell, hart und ohne Rücksicht auf Verluste.


    Beim ersten Hören haben mich diese immer schneller werdenden Tempi gelinde gesagt irritiert, respektive gegen Ende der Sinfonie regelmäßig vom "Sattel" geschmissen und es hat schon mehrere Durchgänge gebraucht, bis das nicht mehr der Fall war, mit dem Ergebnis, dass ich jetzt zu dieser Interpretation durchaus ja sage. :thumbup:
    Mit Sicherheit ist diese 7. keine Aufnahme für jeden Tag, als Erst-7. ist sie trotz ihres Detailreichtums auch nicht zu empfehlen, nichtsdestotrotz bereichert sie aber bestehende Sammlungen durchaus. Alleine schon deswegen, weil sich der HIP-Ansatz hier endgültig von jedweder Notenbuchstabiererei und Klangfixiertheit gelöst hat und statt dessen wesentlicher Teil einer radikalen Interpretation geworden ist.
    D.h. das was ich in Sachen Beethoven bei Hogwood und Gardiner letztendlich vermisse, ist hier mehr als genug vorhanden.


    Viele Grüße
    John Doe


    Den zweiten Teil der CD, nebenbei sei´s bemerkt, bildet die Schauspielmusik zu Egmont einschließlich der Ouvertüre und den beiden Liedern. Auch hier hält Thomas Dausgaard mit seinem Schwedischen Kammerorchester das Niveau hoch, wobei bei gleichem Interpretationsansatz wie bei der 7. die Tempi doch etwas gemäßigter sind.

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  • Weil nicht auf dem Amazon-Cover ersichtlich: Wie lauten denn die Zeitangaben der einzelnen Sätze der Sinfonie?

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo Norbert,


    die Zeitangaben der Sätze lauten wiefolgt:


    I. 13´40´´
    II. 7´44´´
    III. 8´45´´
    IV. 8´07´´


    Alleine daran sieht man, dass es eine flotte 7 ist, jedoch möchte ich anmerken, dass sich Dausgaard für die ruhigeren Abschnitte in den schnellen Sätzen auf sehr nüchterne Art und Weise durchaus Zeit läßt, um dann bei den schnellen um so mehr aufzudrehen.
    Beim gestrigen Anhören habe ich diese Aufnahme mit Harnoncourt und dem COE verglichen und mit Zinman seiner. Harnocourt wegen dem COE als modernes Kammerorchester und Zinman wegen der neuen Bärenreiterausgabe.
    Insbesonders den letzten Satz geht Harnoncourt auch forsch an, jedoch wirkt er, auf mich nicht schneller, als der 3. bei Dausgaard und bei Zinman bleibt vor lauter Schnelligkeit der Ausdruck auf der Strecke.


    John Doe

  • Hallo John Doe,


    das sind in der Tat ausgesprochen zügige, im letzten Satz sogar rekordverdächtige Tempi. Aber Du schriebst ja bereits "fast bis zur schieren Raserei"...


    Mal schauen, wenn mir auf die Aufnahme günstig über den Weg läuft... ;)

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Das Finale der 7. ist, wie schon mehrfach angedeutet, einer der wenigen Sätze, die auch von denen, die sonst nicht so schnell unterwegs sind, mitunter zügiger als die Metronomangabe genommen werden. Die ist mit 72 f. Takte (144 f. Viertel) tatsächlich nicht allzu schnell (vgl. dagegen 76 im Finale der 3., 80 im Finale der 4., 84 im Finale der 8.).
    Ich finde hier daher, da die meisten eh schnell genug sind, andere Sachen eher wichtiger, z.B. Balancen, etwa die oft untergehenden Holzbläser schon beim Haupthema oder erst recht bei der Hornstelle etwa später, wo die Hörner oft alles niederschmettern; (C. Kleiber ist hier, wenn man den künstlichen Multimiking-Sound ertragen kann, hervorragend), geteilte Violinen (leider nicht bei Harnoncourt, dessen Interpretation ich dennoch als sehr gut in Erinnerung habe) und Luft, um in der Coda noch was zusetzen zu können, evtl. auch tempomäßig. Das geht kaum, wenn man schon gleich "volle Kanne" loslegt.


    Das Scherzo hat die schnellste Vorschrift dieser Sätze in allen Sinfonien: 132 für Takte (sonst dagegen meist 112-116, auch die werden oft aber etwas schneller genommen, meiner Erinnerung nach lag Zinman im Scherzo der 9. eher bei 125 als bei 116). Es sollte sich also ein Viertel des Finales etwas (ca. 10%) schneller "anfühlen" als ein Takt des Scherzos. Bei den Spieldauern muss man natürlich etwas aufpassen wegen Wdh. (wobei Dausgaard vermutlich alle befolgt?) und wegen des Trios. Hier wird nämlich traditionell sehr viel stärker verlangsamt als Beethoven vorschreibt. (Ich weiß gerade nicht, wer hier einigermaßen richtig liegt, ich meine, u.a. Toscanini, es ist jedenfalls etwas, was einem sofort und viel deutlicher auffällt als ein paar Ticks schneller im Kopfsatz oder Finale, weil man normalerweise die langsamere Version kennenlernt.) Auch die Einleitung des Kopfsatzes ist natürlich ein "Unsicherheitsfaktor".


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
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    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo Johannes,


    das Erstaunliche an dieser Dausgaard-Aufnahme ist, dass sie trotz ihrer hohen Geschwindigkeit völlig durchhörbar ist, da wird nichts verschluckt: das Holz ist deutlich zu vernehmen, die unterschiedlichen Streichergruppen ebenfalls und das Blech sowieso, wobei den Hörnern keine Zeit zum Schmettern gelassen wird. Die spielen ihren Part kurz und knapp und derweil man das gewohnte Schmettern mit seinem geistigen Ohr noch ergänzen möchte, haben einem die Streicher schon wieder weggerissen. Ja und sogar die Pauke ist deutlich zu vernehmen und das nicht nur laut sondern auch durchaus leise.
    Ob er die Wiederholungen spielt? Auf Grund der Dauer von 38 Minuten und der Geschwindigkeit, die Dausgaard da vorlegt, denke ich schon.
    Und ob er in der Coda noch etwas zulegt? Tempomäßig eher nicht, aber durchaus im Ausdruck. Zinman, der ebenfalls sehr schnell spielt, ist mir da beim Vergleichshören vorgekommen, als wie wenn ich in eine chinesische Großnäherei hineinhöre.


    Neben der 7. liegen mir zwischenzeitlich auch die Sinfonien 4 und 5 und 8 und 9 vor, die ich bei Gelegenheit in den entsprechenden Threads vorstellen werde. Die restlichen werde ich mir im Laufe des nächsten Monats auch noch besorgen, alleine schon deswegen, weil die Zusammenstellung der einzelnen CDs höchst interessant ist: so ist beispielsweise bei der Aufnahme der 8. neben dieser auch noch die König Stephan-Ouvertüre einschließlich zweier Märsche oben, gefolgt von den Ruinen von Athen mit dem Türkischen Marsch, der Fidelio-Ouvertüre, zwei Stücken aus der Trapeja, der Namensfeier-Ouvertüre und Wellingtons Sieg. Und bei der 9. das Gratulationsmenuet und die Namensfeier-Ouvertüre.
    D.h. alleine auf diesen zwei Scheiben sind Sachen oben, die ich nur dem Namen nach oder überhaupt nicht gekannt habe.


    Viele Grüße
    John Doe

  • die Zeitangaben der Sätze lauten wiefolgt:


    I. 13´40´´
    II. 7´44´´
    III. 8´45´´
    IV. 8´07´´

    Beim vierten Satz ist Carlos Kleiber mit 6'31 (!) und Karl Böhm mit 7'06 vertreten. Man müsste aber wohl schauen, ob je alle Wiederholungen befolgt werden, ich habe nur eben auf die Zeit geschaut...

  • Beim vierten Satz ist Carlos Kleiber mit 6'31 (!) und Karl Böhm mit 7'06 vertreten. Man müsste aber wohl schauen, ob je alle Wiederholungen befolgt werden, ich habe nur eben auf die Zeit geschaut...


    Hallo Sound-Effekt,


    da hat sich bei Dir ein kleiner Fehler eingeschlichen. Das war mir direkt klar, dass da etwas mit der Zeitangabe bei Kleiber nicht stimmt.
    Carlos Kleiber (DG, 1976) benötigt für den 4.Satz 8:36. Für meinen Geschmack halte ich diese Aufnahme ohnehin für überschätzt.


    Eine der schnellsten (und absolut packensten) 4.Sätze hat Karajan (DG, 1977) mit 6:25, sowie (DG, 1962) mit 6:36 geboten. Gefolgt (bei den Aufnahmen Dir mir etwas bedeuten) von Szell (SONY, 1963) mit 7:12 und Leibowitz (Chesky, 1961) mit 7:17.


    :hello: Ich möchte jetzt kein munteres Zeitrennen betreiben, sondern nur auf die falsche Zeitangabe aufmerksam machen.
    Auf die Wiederholungen, ;) auf die ich hier beim 4.Satz auch locker verzichten kann, habe ich bei den Zeitangaben nicht berücksichtigt.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

    Einmal editiert, zuletzt von teleton ()

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  • Bevor man weiter "munteres Zeitennennen" ( ;) ) betreibt, sei angemerkt, daß bei Böhm, Karajan, Szell und Leibowitz im letzten Satz nicht alle Wiederholungen gespielt werden, also die nackten Zeitangaben schwierig mit denen von Dausgaard und Co. vergleichbar sind.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo Sound-Effekt,


    da hat sich bei Dir ein kleiner Fehler eingeschlichen. Das war mir direkt klar, dass da etwas mit der Zeitangabe bei Kleiber nicht stimmt.
    Carlos Kleiber (DG, 1976) benötigt für den 4.Satz 8:36.

    Doch doch, meine Angabe stimmt schon, aber ich meinte diese Live-Aufnahme von 1982:

  • Doch doch, meine Angabe stimmt schon, aber ich meinte diese Live-Aufnahme von 1982:


    Womit wieder einmal bewiesen wäre, wie witzlos solche Angaben sind, wenn die zugrunde liegende Aufnahme nicht eindeutig referenziert wird.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Werte Leser,


    jetzt besitze ich drei Aufnahmen:


    Karajan/Berliner Gold, Järvi/Bremer und Hogwood/Academy. Es ist bemerkenswert, wie sich die Interpretationen Järvis und Hogwoods in der Balance und Darstellung der Feinheiten ähneln. Im Vergleich rückt die Järvi Aufnahme in ein anderes Licht. Sie wird deutlich aufgewertet und zwar indem man erkennt, was Järvi mit seinem Orchester leistet. Ich habe diese Aufnahme in einem anderen Thread z.B. als schlechtere im Järvi-Zyklus benannt. Dem ist ganz und gar nicht mehr so.


    Hogwood? Wer kauft mir einen größeren Verstärker und Megaboxen? Bitte um Spende! Das Haus muss beben, die Symphonie braucht Raum! Über I-pod ist sie sehr verdichtet, die Bläser drängen sich zu laut in das Klangbild. Aber über Boxen... sagenhaft.


    Und Karajan? Beim Versuch, ihn zu Vergleich zu hören, habe ich einfach mittendrin abgestellt. Es war meine erste Aufnahme, immer mal wieder gehört, aber im Grunde nie gemocht. Warum betont er Passagen, die unharmonisch eingefügt sind und weder bei Järvi noch Hogwood so gespielt werden? Zum Beispiel im dritten Satz die zerdehnte Blasinstrument-Überleitung?


    Hallo John Doe,


    wunderbar, dein Beitrag über Dausgaard. Ich habe ihn in der Achten, da gefällt er mir nicht so. Bin mal gespannt, wie er sich dort im Vergleich mit Hogwood schlägt.


    Hallo Ullrich,


    ich muss bekennen, das ich mit jeder Aufnahme HIP mehr und mehr diese Sichtweise lieben lerne. Aber ich achte auch die Leute, die hier ihre persönlichen Favoriten bei den "großen Alten" haben. Wem die Passagen bei Karajan gefallen, mag sie doch hören, muss sich aber bewußt machen, das dies eine Sichtweise Karajans ist. Und vor allen Dingen, das es Leute gibt, die diese Art von Musik strikt ablehnen. Die Polarisierung ist vorgegeben!


    Wichtig ist es gerade hier im Forum, Gegengewichte zu den "Großen Alten" zu schaffen. Wir als HIP-Liebhaber müssen halt immer wieder auf die Vorzüge, aber auch auf Extreme hinweisen und klar benennen, was Sache ist.


    Übrigens halt ich jede Aussage wie " seht her, ich spiele den einzig wahren Beethoven" von Interpreten, egal aus welchem Bereich,für schlicht und einfach lächerlich.


    Viele Grüße Thomas

  • Hallo miteinander,


    in dem Thread "Wie langlebig sind heutige Interpretationsansätze" weißt Johannes Roehl auf eine These des amerikanische Musikwissenschaftler und Kritiker Richard Taruskin hin, in welcher dieser die Behauptung aufstellt, dass "HIP" weniger eine Nachahmung historischer Spielweisen, sondern eine genuin moderne, durchaus im Sinne von Neuer Sachlichkeit usw. Interpretationshaltung sei.
    Dies kann ich nach vollziehen, dem möchte ich mich anschließen und als Beispiel dafür auch gleich Dausgaards Interpretation von Beethovens 7. nennen, stellvertretend für alle Ensembles, die mit modernen Instrumenten "HIP" spielen.
    Akzeptiere ich das, löst sich der Widerspruch auf, eine Polarisierung findet nicht mehr statt und Beethovens 7. ist um weitere Zugänge, weitere Aspekte bereichert und ich kann auf einmal die 7. in der Interpretation von Klemperer, Kleiber, Karajan und Leibowitz genau so geniesen, mich genau so darauf einlassen, wie auf eine Interpretation der selben Sinfonie von Hogwood, Gardiner, Harnoncourt und Dausgaard.
    Ich werde dabei mit einer gewaltigen Menge verschiedenster Interpretationsansätze konfrontiert, von denen keiner mehr den anderen ausschließt, sondern alle gemeinsam mir dazu dienen, Beethovens 7. als solche zur Gänze zu erfassen.
    Ja und auf einmal findet sogar Beethovens eigene Fassung dieser Sinfonie für neunteilige Harmoniemusik ihren berechtigten Platz, wie auch die Klaviertransskription von Franz Liszt.


    Und der Rest ist nur noch persönliche Präferenz.


    Viele Grüße
    John Doe
    :hello:

  • Werter John Doe,


    so kann man es durchaus sehen. Aber Johanes schreibt ja auch, das diese These höchst umstritten ist. Also immer schön am Ball bleiben!


    Viele Grüße Thomas

  • Hallo Thomas Sternberg,


    um nicht out of topic zu kommen und keine unnötige Threadvermischung herbeizuführen, platziere ichmeine Entgegnung in dem Thread "Wie langlebig sind heutige Interpretationsansätze"


    Viele Grüße
    John Doe

  • Werte Leser,


    ich möchte hier eine Aufnahme der Siebten mit dem Orchester Neue Philharmonie Westfalen vorstellen.

    Ich bin durch Zufall auf diese CD gestoßen und habe sie mir mal als Test geladen, so als Vergleich "Provinzorchester gegen Weltklasse".


    Und sie schlagen sich hervorragend. Ein herrlicher Klang bestimmt die Siebte, so etwas voluminös aus der Tiefe, keine Instrumentengruppe bestimmt das Geschehen, alles geht in einen klaren, sauberen Gesamtklang ein. Die Aufnahme hat einen vollen Klang, ohne zu "verdröhnen", detailliert, die Bläser drängen sich nicht nach vorn. Auch die Pauke ist eingebunden, keine Extravaganz, behutsam geführt.


    Dagegen fallen Op.40 und 50 deutlich ab. Das liegt besonders am Soloinstrument.


    Diese CD ist für mich ein weiterer Beweis, das ich nicht in der Vergangenheitskiste herumkramen muss, um interessante Aufnahmen mit Beethoven`s Symphonien zu bekommen.


    Viele Grüße Thomas


    P.S. ich werde noch über die Interpretation an sich schreiben, auch sie ist bemerkenswert.

  • Da hast du natürlich völlig Recht, lieber Thomas, ich habe Orchester und Dirigent selber schon live im Konzert erlebt und war positiv von dem hohen Niveau beider überrascht.


    Liebe Grüße


    Willi

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ich habe gestern Abend auf Classica eine weitere Folge der Reihe "Beethoven entdecken" mit Joachim Kaiser und Christian Thielemann gesehen, die sich dieses Mal mit der Siebten befasste. In dieser Sendung werden an bestimmten Stellen des Stückes auch Ausschnitte aus andere Interpretationen gezeigt. Z.B. wurde der Beginn des Allegretto, des sogenannten langsamen Satzes, gezeigt, und die Temposkala reichte von ganz unten (langsam und bedeutungsschwer: Karl Böhm 1966) bis oben (sehr leicht, federnd und am schnellsten, aber wenig schneller als die letzten beiden Beispiele: Karajan mit den BPh 1973) und den dazwischen liegenden Leonard Bernstein und Christian Thielemann. Diese Exposition wurde von Bernstein am stärksten akzentuiert, während Böhm einen beinahe dumpf stampfenden Rhythmus dirigierte.
    Beide, Kaiser und Thielemann, kamen auch auf das Wagner-Wort (siehe Überschrift) zu sprechen und meinten übereinstimmend, dass man das so nicht gelten lassen könne. Nichts desto trotz setze diese Symphonie jedoch ungeheure Energien frei, habe einen ungeheuren Vorwärtsdrang, und wenn man die ersten drei Sätze gehört habe, müsste eigentlich ein Finale kopmmen, dass das alles noch toppen würde. Und diese habe Beethoven auch gemacht, wenngleich ein Interpret aufpassen müsse, den Beginn des Allegro con brio nicht zu schnell zu nehmen, weil sonst eine Steigerung zum Schluss hin kaum noch möglich sei, wenn alles noch deutlich gespielt werden sollte.
    Von allen bisher gesehenen Sendungen ging Thielemann hier naturgemäß am meisten aus sich heraus, akzentuierte m.E. am stärksten, wesentlich stärker als bei der Vierten und Fünften (das habe ich bei Karajan, Bernstein, Wand und Harnoncourt, um nur einige zu nennen, schon ganz anders gehört). Thielemann ließ sich aber denn auch im Finale genügend Platz um vom Anfangstempo her noch Steigerungsmöglichkeiten für den weiteren Verlauf des Finales zu haben.
    Das Publikum dankte es ihm mit lautstarken Ovationen.


    Viele Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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