Apotheose des Tanzes? - Ludwig van Beethoven Sinfonie Nr.7

  • wieso hat eigentlich dieser Brucknertitan nie Mahler dirigiert?


    Celi hat die Musik von Mahler nicht für einer Aufführung wert gehalten. Er sagte sinngemäß: "Wer behauptet, er hätte die Durchführung Kopfsatz der fünften Sinfonie verstanden, der lügt."


    Aus einem Interview: "Ein zerrissener Mensch. Er fängt immer gut an und hört nie auf. Das ist die Schande unserer Zeit. Es ist das Chaos." Ob denn nicht gerade diese Zerrissenheit, die Brüchigkeit eine Qualität sein könnte? "Seit wann das denn? Mahler ist der größte Orchesterkenner aller Zeiten, sehr musikalische Themen, aber er konnte nichts damit anfangen. Es geht nirgends hin."


    Für mich selbst habe ich die Erklärung, dass sein Musikansatz "das Ende liegt bereits im Anfang verborgen", bei Mahler nicht zielführend sein konnte. Bei Mahler gibt es nicht die Ganzheit zu erleben, wie in einer 4. Sinfonie von Bruckner, wo das ganz zu Beginn zu hörende Thema am Schluss eine Apotheose erfährt. Mahler zeigt andere Dinge in seiner Musik, die dieser Ganzheit wiedersprechen.

  • Lieber Wolfram,


    das ist zwar o.t., aber ich empfinde gerade bei Mahler eine nie sonst erreichte Totalität, etwa im Andante moderato der VI., im Finale der IX., im Abschied aus dem Lied von der Erde, im Schluß der Faust-Szene der VIII. oder im Adagio der X. Oder das Andante comodo der IX. - das sind für mich alles Beispiele einer Auslotung der musikalischen Substanz nach allen Richtungen, wie sie nicht überbietbar ist. Und man komme mir nicht mit Bruckner. Der hat doch sein musikalisches Material niemals derart bis auf die Knochen zerschlagen. Mahler hat schon was von James Joyce (Bruckner, um mal böse zu sein, eher noch was von Ganghofer - no, sagen wir halt: Stifter).


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • a) Celibidache hat Mahler dirigiert: Kindertotenlieder (Gérard Souzay,Sergiu Celibidache)
    Die Aufnahme ist aber nicht so doll, Auch der große Souzay klingt irgendwie ungewohnt.


    b) Immer vom ganz langsamen Klemp zu reden und zu schreiben erzeugt meine Widerworte:
    Denn seine wichtigen Beethoven Aufnahmen datieren nun einmal in die Zeit vor 1958. Und da war er noch recht flott unterwegs.
    Die 7. von 1955 ist viel schneller als Celibidache unterwegs war, den 2. Satz hat er allerdings schon immer besonders langsam genommen, selbst die berühmte Aufnahme von 1951 mit dem Concertgebouw Orchester, die bekanntlich rasend schnell im 4. Satz ist, hat diesen gebremsten 2. Satz.


    Gruß S.

  • (Bruckner, um mal böse zu sein, eher noch was von Ganghofer - no, sagen wir halt: Stifter).



    Immer noch böse...


    Ein in München lehrender Professor für Philosophie bezeichnete dereinst den Nachsommer als das langweiligste deutschsprachige Werk der Literaturgeschichte.
    Ich hoffe, nicht zu irren, wenn ich behaupte, niemand würde sinngemäß derartiges gelegentlich Bruckners Musik konstatieren.

    'Architektur ist gefrorene Musik'
    (Arthur Schopenhauer)

  • Ein in München lehrender Professor für Philosophie bezeichnete dereinst den Nachsommer als das langweiligste deutschsprachige Werk der Literaturgeschichte.


    Nun, Stifter ist wirklich nicht als Spannungsautor bekannt. Aber man wird schwer schöneres Deutsch unter die Augen bekommen als bei ihm.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Tamino XBeethoven_Moedling Banner
  • Ich war sehr gespannt auf diese Siebte, weil Goodman mich mit der "Pastorale" so überaus positiv überrascht hatte, endlich einer, der m.E. eine herausragende Sechste dirigiert hatte. Die Siebte war da keine Steigerung, wie ich es vorher schon öfter in meinen Besprechungen festgestellt hatte. Die Interpretation ist gut, keine Frage, wiederum noch etwas helleres Klangbild, wiederum prägende Hörner und noch mehr Klangfülle. Ich kann mich noch erinnern, dass in der damaligen Besprechungen der Gesamtaufnahmen der Beethoven-Sinfonien in den 80er-Jahren in Fono Forum bei einem der drei, Norrington, Hogwood und Goodman, erwähnt wurde, dass die Bsetzungsstärke bei den späteren Sinfonien stark angestiegen sei, man sprach bei der Siebten von einer Stärke, wie sie früher bei Karajan und Bernstein üblich gewesen war. Es könnte Goodman gewesen sein, jedenfalls klingt es so füllig, aber nichtsdestotrotz sehr transparent, mit sehr viel Brio, vor allem im Finale, aber das ist ja bei vielen Siebten so. Insofern ragt die Siebte hier nicht über die Sechste hinaus. Was mir wohl wiederum aufgefallen ist, neben den Hörnern, sind die bärenstarken Trompeten. Insofern bin ich gespannt, was gleich bei der Achten zu hören ist.


    Liebe Grüße


    Willi ^^

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).


  • 1. Satz Poco sostenuto- Vivace


    Auch hier werden wir wieder von einem hellen Klangbild überrascht, einem schönen, breit angelegten Klang mit einer großen Spannweite zwischen den Geigen und den Kontrabässen, sehr entspannt und abgeklärt, lyrisch in den leiseren Passagen, wobei die tonleiterartige Dynamik im Poco sostenuto wunderbar quer durch alle Oktaven geht, bevor geheimnisvoll der Übergang zum vivace gestaltet wird, weiterhin im normalen Tempo. Das Vivace beginnt rauschend, rhythmisch scharf akzentuiert. Die Wiederholung des Vivace-Einsatzes ist auch nicht alltäglich (manche Dirigenten kürzen da gerne ab). Ein Gedicht sind zum wiederholten Male die teifen Streicher und die Blechbläser- der Spannungsbogen des unabkässig vorwärtstreibenden musikalischen Geschehens ist permanent am oberen Level- das hat etwas von einem "perpetuum mobile". Aber das ist vermutlich oft so im Kopfsatz der Siebten. Nur hier fällt es mir wieder besonders auf, auch, wie messerscharf die Synkopen kommen. In der berauschenden Coda sind nochmals die Hörner und die Trompeten hervorzuheben.


    2. Satz: Allegretto


    Der zweite Satz beginnt moderat, aber nicht langsam, ein melancholischer, sehr weicher Streicherklang breitet sich aus, dynamisch sehr schön abgestuft sind die Echos, im Folgenden erhebt sich eine feine Terrassendynamik in den Streichern im groß angelegten Crescendo, das darauf toll mit den Bläsern verstärkt wird. Dann leiten die Holzbläser die Dur-Wendung ein, so schön, wie es eigentlich nur Beethoven kann. Das geht dann quer durch alle Instrumentengruppen und anschließend wieder in das Ursprungs-Moll zurück.
    Sehr kraftvoll fällt auch die Reprise aus, manchmal denke ich, dass ich das zum ersten Mal so höre, oder liegt das nur daran, dass ich Sir Georg so sehr mag? Jedenfalls ist auch dieser Satz ein Gedicht.


    3. Presto:


    Großartig, wie sollte es auch anders sein. Sir Georg schlägt hier ein für seine Verhältnisse flottes Tempo ein, wobei sich die Pauken noch etwas im Hintergrund halten, obwohl deutlich vernehmlich. Im Trio legt er noch mal an Tempo zu und steigert die musikalische Spannung. Dann folgt die erste große Bläsersteigerung, wobei auch die Pauken nun mehr hervortreten. Dann die zweite Bläsersteigerung, die zur Vorbereitung der Reprise überleitet. Solti lässt hier ein wirklich schönes Diminuendo bis hin zum pp msuizieren, dann folgt wieder eine hinreißende Hatz zum Trio, das in der Bläservariation direkt hymnisch wirkt- und ich habe das schon wesentlich langsamer gehört- erstaunlich, wie uns Sir Georg hier überrascht. Auch die Pauken steigern sich. Nun folgt die zweite Reprise, die, wie wir wissen, auf einen der erstaunlichsten Schlüsse der symphonischen Geschichte hinsteuert.


    4. Finale: Allegro con brio


    Nun lässt auch Sir Georg alle Fesseln fallen. In diesem Finale scheint doch beinahe jeder Dirigent wie um sein Leben zu dirigieren, so auch Sir Georg. Es ist nicht ein dauerndes Accelerando, nein, ein punktgenaues, kontrolliert rauschhaftes Vorwärtsmusizieren im Forte/Fortissimo, und bemerkenswert in diesem Tumult sind auch wiederum die transparenten, tiefen Streicher.
    Die in keinem Mement nachlassende rhythmische Konstanz von Sir Georgs Interpretation überzeugt einmal mehr im Verein mit einer sher hohen Akkuratesse durch alle Instrumente.
    Herrliche Coda, Herrliche Chicagoer, Großer Sir Georg!!


    Liebe Grüße


    Willi :rolleyes:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Herrliche Coda, Herrliche Chikagoer, Großer Sir Georg!!


    Lieber Willi,


    das war mir klar, dass sich Deine Begeisterung für Solti auch bei der Apotheose des Tanzes fortsetzt. Ich kann Dir auch in keinem Punkt widersprechen, aber ich bin bei der Sinfonie Nr.7 empfindlich, was das Tempo angeht. Solti ist mir bei der 7 zu langsam.


    Von daher ziehe ich alleine wegen dem Temponiveau, besonders die Sätze 3 und 4 betreffend, die DDD-Aufnahme von 1988 etwas vor; obwohl rein klanglich in diesem Falle die ADD-Aufnahme sogar noch sonorer, voller im Klang - einfach besser ist.
    Die Spielzeiten wieder zum Vergleich:
    ADD 14:38 - 8:55 - 9:26 - 9:05
    DDD 14:33 - 8:19 - 7:03 - 7:43


    Die Sätze 1 und 2 sind für mich stimmig, packend - das ist der grosse Solti, wie ich ihn schätze. Die Ecken und Kanten werden nicht geglättet, sondern spannend ausgespielt. Du hast es wieder treffend formuliert.
    Gut, der 2.Satz ist ein Allegretto, da finde ich Interpretationen mit weit unter 8Minuten angemessener ... aber Solti ist hier im 2.Satz ungleich präziser, als der zu unpräzise Karajan (DG, 1977), den ich wiederum bei den Sätzen 3 und 4 weit mehr schätze.


    Der 3.Satz ist dann mit dem ständig wiederholten Material mit 9:26 für mich effektiv zu lang - da sehne ich das Ende herbei und das darf nicht sein. Das muss eine Interpretation leisten, dass man den Satz mit Spannung geniesst: Das hat Solti zum Einen in seiner DDD-Aufnahme mit 7:03 weit besser geschafft. Auch in seiner Wiener Aufnahme von 1958 mit 7:36, aber die klingt recht dünn im Vergleich zu Karajans einziger Beethoven-Aufnahme mit den Wienern ein Jahr später von 1959 (siehe hierzu Beitrag 176), die ungleich wuchtiger rüberkommt (das wäre eine, die mir voll liegt), genau wie seine DG-Aufnahmen, die mir alle mehr entgegenkommen.


    Nun der 4.Satz. Solti legt trotz der 9:05 eine packende Interpretation hin - keine Frage.
    Wenn man um "sein Leben dirigiert", wie Du schreibst, dann in fetzigen Spielzeiten unter 7Minuten ! Da kommt er in seiner Digitalaufnahme schon weit näher heran, die mich aber auch nicht vollends glücklich macht. Solti in Wien mit 6:36; aber trotzdem besser Karajan in Wien mit 6:40; Karajan Berlin mit 6:36 und 6:25; Szell mit 7:12; ja selbst der sonst so langsame Bernstein in Wien (DG) mit 7:01 sind dann die Aufnahmen, die mich für das Allegro e molto vivace, dass es auch sein soll, noch mehr überzeugen können.



    Decca, 1988, DDD


    Als Vorwegnahme schonmal:
    Die Sinfonie Nr.8 ist dann wieder mit Solti DDD auf dieser CD eine Aufnahme, die zu meinen absoluten Favoriten gehört.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Eine ungemein wuchtige und energische Interpretation legte 1964 Jewgenij Mrawinskij vor:



    I. 13:24
    II. 8:10
    III. 8:24
    IV. 6:50


    Die Leningrader spielen, daß es eine Pracht ist. Sehr betont die Pauken. Dabei vergißt man den Mono-Klang völlig (leider nahm Mrawinskij die 7. später nicht mehr in Stereo auf). Das ist eine Liga mit Furtwängler.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Nun bin ich endlich dazu gekommen, meine Betrachtung der Sinfonien Beethovens in der Gesamtaufnahme durch Christoph von Dohnany mit seinem Cleveland Orchestra fortzusetzen. Viele Faktoren haben mich daran gehindert, in diesem Vorhaben nahtlos weiter zu machen. Doch als ich gestern auf Classica "wieder einmal" die Lesart Järvis genießen konnte, war ich natürlich auf Dohnany gespannt. Und das war nicht umsonst.


    Schon zu Beginn des Kopfsatzes, im Poco Sostenuto, merkt man, dass er auch hier nicht zu den Langsamen im Lande gehört. Von der herausragenden Qualität des Orchesters brauche ich hier ja eigentlich nicht mehr zu reden, nur den Paukisten möchte ich noch mal lobend erwähnen. Ähnliches habe ich eigentlich schon gestern Abend über Järvi und seinen Bremer Paukisten, Stefan Rapp gesagt. Leider weiß ich nicht, wie der von den Clevelandern 1987 heißt.
    Auch Dohnany betont neben den unendlich schönen Melodien in Beethovens Sinfonien das Rhythmische sehr stark, auch durch den von Anfang an präsenten Paukisten, aber im Vivace kann er sich auch durchaus mit Järvis Tempo messen, im Gegenteil, er ist, trotz der Wiederholungen, schon knapp 2 Minuten eher mit dem ersten Satz fertig.


    Im Allegretto lässt er es dann geringfügig langsamer angehen als Järvi, es ist aber immer noch ein Allegretto, und das dynamische Spektrum lotet er noch weiter aus. Obwohl die Aufnahme zweiundzwanzig Jahre älter ist als die von Järvi, ist sie doch auch sehr transparent, was ich aber schon von den ersten sechs Aufnahmen dieser GA auch gesagt habe.


    Im Presto ist trotz der schnelle Gangart im ersten Teil ein Unterschied festzustellen, weil er es im Trio ruhiger angehen lässt- trotzdem Schwung ohne Ende, berückender Klang.


    Der Höhepunkt ist dann das Allegro con brio am Schluss, das auch eigentlich ein Presto ist, schneller als bei Järvi, und auch noch 4 Sekunden schneller als in der legendären Einspielung Karajans von 1962, obwohl dieser damals das Hauptthema nicht wiederholt hat- absolut berauschend. Immer mehr stellt sich diese Gesamtaufnahme als ein ganz großer Wurf heraus. Jetzt werde ich gleich auch noch die Achte hören.


    Liebe Grüße


    Willi :)

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  • 1. Satz: Poco sostenuto - Vivace (15:40)


    Nach allem, was ich bisher von Leinsdorfs Beethoven gehört habe, kanan die enorme Satzdauaer nur darauf zurückzuführen sein, dass er alle Wiederholungsvorschriften peinlich genau beachtet hat, denn sein Grundtempo in dem kernigen Beginn mit der herrliche Oboe ist normal gemäßigt. Es folgt eine herrliche Steigerung nach ff, und nach dem Abflauen sind im Piano schöne Fortschreitungen in den tiefen Streichern zu vernehmen, schon hier unf auf dem Wege zur und bei der nächsten Steigerung sind schön die strukturierenden Pauken zu hören. Da nach gut 4 Minuten das normal schnelle Vivace kommt, bleiben noch über 11 Minuten.
    Die Pauken drehen jetzt auf. Es ist schon jetzt ganz große Musik, die auch in den Geigen transparent ist. Ich denke jetzt gerade an das Wort Furtwänglers: "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". Nach 6:41 min. folgt die Wiederholung des Vivace-Hauptthemas. Diese Wiederholung wird oft weggelassen, so hört man hier schon zum dritten Mal die herrlichen Tutti-Schläge. Noch eins fällt auf: die Trompeten sind dieses Mal nicht so exponiert, die Blechbläser treten mehr zusammen auf. Die Musik hat Zeit sich auszubreiten, ohne langsam zu sein. Die stampfenden Höhepunkte in der Durchführung sind gigantisch- dann folgt die Reprise nach 11:45 min.. Die Oboe singt weiter, wechselt nach moll, gibt an die Klarinette ab, alles in moll, dann die Wendung nach Dur und zur 4. Staffel der Tutti-Schläge. Die Zeit verstreicht, die Spannung bleibt. Die herrliche Coda naht, wird in den Streichern angekündigt. Das rast nicht, das bewegt sich im versammelten, aber ungeheuer kraftvollen Galopp mit voller Unterstützung der Pauken vorwärts.


    2. Satz: Allegretto (8:41):


    Leinsdorf wählt hier auch ein durchaus übliches Tempo, das nach keiner Richtung aus dem Rahmen fällt. Die Enden der Phrasen werden zunächst kurz genommen. Es entfaltet sich kein Gefühl der großen Trauer. Schon in der Wiederholung steigen die Geigen kraftvoll und zügig zum f/ff empor und es wandelt sich dann in den Bläsern zum tröstlichen Dur, als hätte man es geahnt. Die Rückfälle ins Moll wirken auch nicht so schwer. Das hat man schon mehr grave und trostloser gehört. Hier ist zwar eine gewisse Melancholie, aber keine tiefe Trauer, und in der kurzen p-Durchführung geht es leicht zur Sache.
    Die kurze moll-Reprise ist dann schon heftiger, aber schon folgt das unendlich tröstliche zweite Thema in Dur. Wieder wechselt es und schon ahnt man das Ende des Satzes.


    3. Satz: Presto (9:46):


    Auch hier lässt die lange Satzdauer von fast 10 Minuten nur den Schluss zu, dass hier alles wiederholt wird, was sich dann auch bestätigt. Im hier schon schnellen, aber nicht zu schnellen Tempo sind die Pauken schon erheblch exponierter, und das großorchestrale Klangbild nimmt eher noch zu. Natürlich wird die Exposition wiederholt. Dann kommt zum ersten mal das Trio, ziemlich flott, flotter als bei manch anderem Dirigent, aber an dieser Stelle durchaus schlüssig. Jetzt tritt auch die Solotrompete wieder deutlicher hervor. Die Wiederholung der ff-Stelle geht mit einem schönen (diskreten) Paukenwirbel einher, dann folgt die Reprise des Hauptthemas, in der forte-Version wieder mit hervortretenden Pauken. Auch die Wiederholung des Trios ist zügig- welch eine schöne Melodie. Die ff-Stelle und deren Wiederholung sowie die Wiederholung der Reprise sind unverändert- und es wird niemals langweilig. ist das denn nicht schön? Auch hier wird das Hauptthema in forte wiederholt, bevor es zur scheinbar zweiten Wiederholung des Trios kommt, die aber in einem Genieblitz Beethovens durch die Veränderung nur eines einzigen Tones zum überraschenden Schluss führt.
    Welch eine Demonstration!


    4. Satz: Allegro con brio (9:12):


    Wie schon öfter, merkt man auch hier in diesem großorchestralen Klang, dass sich die Pauken noch einmal ausführlich zu Wort melden wollen. Das Tempo ist normal, trotzdem drängt alles kontinuierlich nach vorn. Natürlich wird auch hier die Exposition wiederholt mit herrlichen Hörnern, den Streichern sowieso- genial auch die Galoppstellen mit den tremolierenden Streicherbegleitfiguren. Schön sind auch hier die Blechbläsersteigerungen. In der Durchführung hört man einer energische Begleitung durch die tiefen Streicher. Die Bläser mischen kräftig mit. Dann folgt die Hinführung zur Reprise durch die Holzbläser.
    Die Reprise wird durch kräftige Paukenschläge eingeleitet, dann folgt wieder dieser herrliche Crescendo-Galopp, hinführend zur nächsten Bläsersteigerung, die von den Streichern abgelöst wird, bevor die Coda eingeleitet wird.
    Die Coda ist sicherlich der letzte Höhepunkt dieser herrlichen Symphonie, und Leinsdorf führt sie mit unverändertem Tempo zu Ende, keine accelerando, was bei diesem überbordenden Brio wahrhaftig auch nicht nötig ist.


    Eine weitere strahlende Perle in Leinsdorfs Kette der neun Symphonien Beethovens.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup:

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  • 1. Satz: Poco sostenuto, vivace (10:13):


    Wie gewohnt eröffnet Leibowitz mit einem hellen Klangbild, jedoch weiträumig mit einer traumhaften Oboe, wie schon vorher sind die Phrasenenden kurz, nicht zu weit ausmusiziert, und die Durchhörbarkeit der tiefen Streicher ist ausgezeichnet. Das Tempo ist normal, und die Steigerung nach ff hat hier sehr viel Ähnlichkeit mit derjenigen von Leinsdorf, beide extraordinär.. Überhaupt klingt hier das Spiel sehr entspannt- dann vor der nächsten Steigerung geschieht ein sehr zögernder Übergang, dem dann doch ein schnelleres Tempo folgt mit einem gloriosen Tutti-ff- alles strebt jetzt unheimlich dynamisch vorwärts mit einem nunmehr atemberaubenden Tempo, das man so kaum gehört hat und das m.E. bisher den absoluten Höhepunkt darstellt. Als ob Leibowitz nur auf diese Symphonie gewartet hätte. Wie gesagt, ich bin mit meiner Betrachtung dieses Mal bei der Neunten angefangen!
    Hier geht plötzlich eins ins andere, passt wunderbar, das Tempo ist atemberaubend, das ist nicht vivace, das ist vivacissimo, beinahe presto- und das im Kopfsatz: ich muss sagen, hier kauft Leibowitz wirklich Leinsdorf den Schneid ab: dass das wirklich jemand vor 50 Jahren so gespielt hat. Nun mag Joseph einwenden: du kennst eben Toscanini nicht.


    2. Satz: Allegretto (9:17):


    Hier sind wir wieder in normalem Tempo, nicht schnell, nichts Ungewöhnliches- nicht zu hell, eher verhangen, ein eher großer klanglicher Gegensatz zum Kopfsatz, ein ziemlich trauriger Ausdruck. Dies sit allerdings meisterhaft gespielt. Jetzt kommt die erste große Steigerung mit fabelhaften Pauken daher: auf einem sehr hohen Niveau erscheint Leibowitz wie Phönix aus der Asche, als wenn er sagen woltle: Ihr habt es mir bei der Neunten und bei der Achten nicht geglaubt, jetzt bei der Siebten will ich es Euch aber zeigen. Er macht das wirklich großartig. Der Klang ist weiterhin exzellent durchhörbar, die Dynamik ist sehr gut austariert, es ist alles am oberen Spannungslimit. Auch gegen Ende behält er das bedachtsame Tempo bei, getreu dem Motto: es nutzt ja doch nichts (wenn ich hier schneller werde).


    3. Satz: Presto (7:46):


    Der Satz beginnt sehr luftig, aber nicht zu schnell, der Klang ist weiterhin sehr hellt, etwas mehr geschärft als vorher, wieder sehr kurz akzentuiert- ein wunderbares Rallando, das Trio natürlich etwas langsamer, aber wunderbar in das temporale Gesamtkonzept eingefügt. In der großen Steigerung kommen dann auch die Pauken zwar kurz, aber knackig zur Geltung, auch in der Wiederholung: im Ganzen geht es immer vorwärts, als wenn man sagen würde: nichts leichter als das: auch in der Wiederholung des Trios bestätigt sich der großartige Eindruck. Vom Blickwinkel der Neunten aus rezipiert, kann man sagen: hier läuft Leibowitz immer mehr zu großer Form auf.


    4. Satz: Allegro con brio (7:17):


    Am Anfang spielt das Orchester ein "normales" Tempo auf gleich hohem Level mit gleich guter rhythmischer Ausgestaltung, man ist hingerissen, immer mitzudirigieren (und das tue ich seit zig Jahren immer wieder). Leibowitz wiederholt allerdings die Exposition nicht, weshalb die Satzdauer um 1:55 kürzer ist als bei Leinsdorf bei etwa gleichem Grundtempo. Auffällig ist noch die ausgezeichnete Leistung der Trompeten an der Bläserkante, wie überhaupt die Leistung der Blechbläser hoch zu loben ist. Auch die Hinführung zur Coda gelingt sehr gut. Die Coda ist dynamisch sehr gut ausgestaltet, Leibowitz verfällt hier allerdings nicht in ein Accelrando.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup:

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  • Lieber Willi,


    ich habe manchmal den Eindruck, dass deine Sinne zu fortgeschrittener Nachtzeit nicht mehr so richtig geschärft sind. Leinsdorfs Beethoven mit Leibowitz' Beethoven auf eine Stufe oder noch höher einzustufen dazu gehört schon etwas. Von dem gesamten Beethoven-Zyklus unter Leinsdorf verdient vielleicht die Neunte besondere Erwähnung. Alles andere, und eben auch die Siebte ist völlig belanglos. Es fehlt weithin das dynamisch-vorwärtsdrängende, kraftvoll-feurige Spiel. Um es auf einen Punkt zu bringen: Man hat den Eindruck, Leinsdorf wurde gedrängt einen solchen Zyklus aufzunehmen, hatte selbst aber wenig Lust dazu. Und so klingt es dann eben auch. - Im Nachhinein sehr schade, denn ich schätze diesen Dirigenten sonst sehr.


    :hello: LT

  • Zitat

    lLiebestraum: Lieber Willi, ich habe manchmal den Eindruck, dass deine Sinne zu fortgeschrittener Nachtzeit nicht mehr so richtig geschärft sind. Leinsdorfs Beethoven mit Leibowitz' Beethoven auf eine Stufe zu stellen oder noch höher ein zustufen, dazu gehört schon etwas.....


    Lieber Liebestraum,


    ich habe lange gezögert, auf deinen Einwurf zu antworten, tue es aber nun doch, ohne mich auch nur im Geringsten für irgendetwas rechtfertigen zu müssen. Wer mich kennt, der weiß, dass alles, was ich hier poste, meinem eigenen Eindruck entspricht, und das betone ich auch immer wieder. Ich bin weit davon entfernt, auch nur irgendeine meiner Äußerungen als allgemein gültige Wahrheit hinzustellen, offenbar ganz im Gegensatz zu dir:

    Zitat

    Liebestraum: Von dem gesamten Beethoven-Zyklus Leinsdorfs verdient vielleicht die Neunte besondere Erwähnung. Alles andere, und eben auch die Siebte, ist völlig belanglos.

    Also ich bitte dich, lieber Liebstraum, deutlicher kann man seine eigene Meinung doch nicht mher als allgemeingültige Wahrheit verkaufen.
    By the way, hast du die GA Leinsdorfs überhaupt in deiner Sammlung, und hast du sie schon ganz gehört?
    Ich habe bisher erst die Neunte, die Achte und die Siebte in dieser vergleichenden Betrachtung gehört und bin in meinen verschiedenen Postings zu den von mir "erhörten" Meinungen gekommen. Und falls es dir entgangen sein sollte, im Falle der Siebten habe ich zum ersten Mal die Version Leibowitz' als gelungener angesehen als die Leinsdorfs. Und der Vergleich der Sinfonien Nr. 6 bis 1 liegt ja noch vor mir. Wer weiß, zu welchen Ergebnissen ich da noch komme.


    Ich habe in diesem Fall zum ersten Mal den Weg gewählt, jeweils eine Symphnonie, von beiden dirigiert, direkt gegenzuhören, und ich bin auch zum ersten Mal mit der Neunten angefangen, und ich bin froh, dass ich das getan habe, denn ich glaube, dass ich bisher noch keine bessere Interpretation der Neunten gehört habe als die von Leinsdorf. Warum ich das glaube, steht in meienr Besprechung.
    Ich habe in dieser Besprechungsreihe bisher nur die Aufnahmen besprochen, die ich neu angeschafft habe, und da sind meine ersten fünfzehn bis 20 Gesamtaufnahmen noch gar nicht dabei. Ich überlege noch, ob ich die auch alle noch besprechen soll.
    Es gibt kaum ein intensiveres Hören und größere Einblicke, als das auf diese Weise zu tun und die Gedanken unmittelbar beim Hören zu Papier zu bringen, wozu man dann auch wirklich alle seine Sinne braucht. Insofern halte ich den ersten Satz aus obigem Zitat gelinde gesagt für starken Tobak. Ich weiß nicht, ob du auch ein schwer pflegebedürftige Frau zu Hause hast, die du rund um die Uhr betreuen musst und wo erst nicht weit vor Mitternacht Ruhe einkehrt und du dich um diene Musikleidenschaft kümmern kannst..


    Liebe Grüße


    Willi :)


    @ s.bummer: Danke, lieber Hans!

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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  • Es gibt kaum ein intensiveres Hören und größere Einblicke, als das auf diese Weise zu tun und die Gedanken unmittelbar beim Hören zu Papier zu bringen, wozu man dann auch wirklich alle seine Sinne braucht.


    Lieber Willi,


    de Berichte von Deinen Hörerlebnissen haben sich bei mir zur allmorgendlichen Lesefreude entwickelt! Ich mag Dein sehr lebendiges Schreiben, bei dem ich ab und zu glaube, mir die Aufnahme schon vorstellen zu können! Es ist eine große Kunst, Musik, die das Unsagbare ausspricht, so treffend zu verbalisieren - und gerade dann, wenn es gar nicht mal um die Musik selbst, sondern um die graduellen Unterschiede verschiedener Interpretationen geht.


    Absolutheitsanspruch lese ich bei Dir nicht heraus. Ob man nach der Lektüre einen gewissen "Begeisterungsbonus" bei der Bewertung abzieht oder nicht, mag jeder selbst entscheiden.


    So wünsche ich Dir viel Kraft für Dein außermusikalisches und musikalisches Tun sowie Erfüllung und Freude in Deinem Liebesdienst und in den Freiräumen, die Dir bleiben!


    :hello:

  • Lieber Willi,


    mein Posting ist meine Meinung, wie du in deinen Beiträgen deine Meinung kundtust. Wie du daraus eine allgemeine Wahrheit meinerseits heraus liest, ist mir indes schleierhaft.


    Bei dir fügt sich bis jetzt eine Perle an die andere und ich sage: das ist belanglos - und begründet habe ich es auch, also erübrigt sich die Frage, ob ich den gesamten Zyklus gehört habe.


    Es steht einfach Aussage gegen Aussage.


    Aber ich musste mich zu Leinsdorf aus meiner Sicht äußern (dahinter steckt keine allgemeine Wahrheit): Hört erst selbst hinein in den Zyklus bevor andere Taminos bedenkenlos käuflich zuschlagen.



    :hello: LT

  • Zitat

    Liebestraum: mein Posting ist meine Meinung, wie du in deinen Beiträgen deine Meinung kundtust.

    Dann sag' das doch auch, lieber Liebestraum. Dann kommt keiner auf die Idee, dass du deine Aussagen als allgemeingültig darstellst.


    Du sagst: "Von dem gesamten Beethovenzyklus unter Leinsdorf verdient vielleicht die Neunte besondere Erwähnung. Alles andere, und eben auch die Siebte ist völlig belanglos".
    Du sagst in diesem Beitrag mit keinem Wort, dass dies deine persönliche Meinung ist, tut mir leid.


    Liebe Grpße


    Willi ^^

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).


  • 1. Satz: Poco sostenuto - Vivace (11:19):


    Ein heller, kompakter Auftakt mit geschärften Bleckbläsern, herrlicher Oboe und einem Tempo an der oberen Grenze für diese Sostenuto-Einleitung. Ich habe gerade im anderen Thread "Was hört Ihr gerade jetzt?" das Hörschnipsel von Josephs geposteter Kempe-Interpretation gehört (schön, dass es sie wieder gibt, wird wohl meine nächste GA). Kempe lässt diese Stelle wesentlich langsamer spielen.
    Die Geigen kommen in dieser Karajanschen Version wunderbar leichtfüßig daher und das ganze musikalische Geschehen drängt unablässig und mächtig vorwärts, wieder abgelöst von federleichten Piani bis hin zum zögernd vorgetragenen Übergang mit der immer wieder überragend gespielte Oboe (wahrscheinlich doch von Lothar Koch gespielt), dann das
    Vivace, in dem der Temposprung zur langsamen Einleitung gar nicht so groß ist. Die Pauken stampfen mächtig im Hintergrund. Sie kommen hier nicht so klar heraus. Erst, als sich der Klang aufhellt, treten sie auch klarer hervor. Die Durchführung sorgt wieder für reicjhlich Betrieb unter Führung der glasklaren Trompeten und Pauken, dann folgt die sehr engagiert musizierte Reprise, wieder mit sehr luziden Holzbläsern, vor allem der Oboe. Dieser Satz hat m.E. vor allem seine Stärken im Tutti-forte und in den Holzbläser-Piani., Im „Halbfeld“ fällt dieses Interpretation m.E. nicht so aus dem Rahmen. Auch hier ist die sich anschließende Coda ein Höhepunkt, mit dominanten Blechbläsern.


    2. Satz: Allegretto (7:45):


    Das Allegretto beginnt leicht melancholisch verhalten, nicht übertrieben trist, schöne Bratschen und Celli. Dieser Variationensatz stellt am Beginn ein gewaltiges, ausladendes Crescendo von 2 ½ Minuten Länge dar, bevor es zum Piano zurückgeht mit der schönen Klarinettensequenz. Dann geht es durch die anderen Holzbläser und Hörner. Dieses lyrische Seitenthema wird hier sehr schön zum Hauptthema kontrastiert, das in der nächsten Variation von der Flöte daregestellt wird. Dann folgt die zart beginnende Durchführungsfuge, die sich aber bald zum ff-Hauptthema (mit Blechblöäsern und Pauken) wandelt, bevor die Klarinetten-Holzbläser-Variation wiederholt wird, die aber dann von der zarten Schlussvariation(Flöte-Horn-zupfende Streicher) abgewandelt wird.


    3. Satz: Presto (7:30):


    Das Presto ist in durchaus normalem Tempo, also nicht zu schnell, angelegt, wieder mit toller Oboe und hervortretenden Pauken. Die Expostion, wird, wie gewohnt, nicht von Karajan wiederholt, s o dass schon nach knapp 1 1/2 Minuten zum ersten Mal das Trio auftaucht, traumhaft musiziert. Die Wiederholung des Themas erfolgt im mitreißenden ff, in dem die Trompete den Halteton der Geigen aus der Eingangssequenz imitiert. Dann wird das Hauptthema wiederholt. Wie oft bei Beeethoven wird die leisse Exposition laut im Tutti wiederholt. Dann taucht zum zweiten Mal das Trio auf, wieder mit der ff-Wiederholung. Zum dritten mal folgt jetzt das Hauptthema, das augenscheinlich zum dritten Mal auf as Trio hinzielt, aber da ist dieser wahnsinnige Einfall Beethovens vor mit dem unvermittelt abschließenden fünffachen Tuttischlag.


    4. Satz: Allegro con brio (6:28):


    Im Finale drehen die Pauken nochmal auf. Im Verein mit den souveränen Streichern und Blechbläsern entfesseln sie ein veritables Brio. Immer wieder führen die Paukenwirbel zu Höhepunkten, und das Tempo lässt keinen Moment nach, auch nicht an den Pianostellen, die unmittelbar zur Reprise führen mit den herrlichen Hörnern im Hauptthema mit seinem fesselnden Galopp. Der orchestrale Wirbel steigert sich noch in der zweiten Satzhälfte, wenn auch von gelegentlichen verhaltenen Passagen abgewechselt, bevor die alles verschlingende Coda einsetzt, hier von Karajan so mitreißend musiziert, wie ich sie überhaupt ganz, ganz selten gehört habe. – Gänsehaut!!


    Zum Abschluss wieder die Satzzeiten im Vergleich:
    Karajan 1962: 11:27-8:02-7:50-6:38 (33:57);
    Karajan 1977: 11:25-7:57-7:18-6:25 (33:05);
    Karajan 1983: 11:19-7:45-7:30-6:28: (33:02);


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Nach langer Zeit wieder einmal die 7.



    Und ich muss sagen, ich hatte das gar nciht so großartig in Erinnerung. Toll wie Haitink da im 1. Satz reinhauen lässt. Immer wieder donnern die Pauken noch ein klein wenig mehr, der Sturmwind baut sich auf und überwältigt. Bei den langsameren Teilen sehr schön, wie die Bässe im Hintergrund dräuen und die Aufmerksamkeit hochhalten.
    Sehr viel Wucht in allen Teilen. Ich verstehe momentan gar nciht, wie diese CD so viel Staub ansetzen konnte.


    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

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  • Hallo Klaus,


    ich habe gerade bei einer Durchsicht einen Beitrag (in Beethoven-Bester Zyklus?) über die LSO-LIVE-Aufnahmen (hier Sinf Nr.2 und 6) von Walter Krause gelesen, der sich mit meinen Erfahrungen bei Haitink mit Beethoven und Brahms deckt:

    Zitat

    Mir fehlt bei beiden Stücken in der Wiedergabe irgendwie das Zwingende; sie sind gefällig gespielt mit manchen guten Momenten und einigen weniger guten, aber es will sich nicht der Eindruck des mehr als Ordentlichen einstellen. Ein bißchen kommt mir es auch so vor, als sei die Qualität dieses Orchesters in sich ein bißchen ungleichmäßig. Haitink scheint zu Beethoven kein ganz eindeutiges Verhältnis zu haben, Der 1.Satz der 6.Sinfonie wirkt wie ein Anlauf, der nicht so ganz in Schwung kommt.


    Mag ja sein, das er hier bei der 7 etwas mehr aufgedreht hat ... aber einen Kaufanreiz löst Du damit bei mir nicht aus. Schon gar nicht, wenn ich bei der Sinfonie Nr.7 an :angel: Paavo Järvi (SONY), Leibowitz (Chesky), aber auch beim letzten Satz an Karajan (DG) denke ...

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Kann ich gut verstehen, ich selber finde eigentlich auch, dass sich die Aufnahmen gegenseitig gar nicht so viel nehmen. Vielleicht bietet dieses Stück tatsächlich relativ wenig Interpretationsspielraum.


    Aber einmal, da saß ich im Auto und hörte leider nur den letzten Satz und war ganz hin und weg. Ich habe dann nur noch gehört, dass es das Synfonieorchester des WDR war. Leider konnte ich nie herausbekommen, ob es diese Aufnahme überhaupt auf CD gibt. Weil das war echt der Hammer, urgewaltig und der Schluss eine Explosion.
    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Vielleicht bietet dieses Stück tatsächlich relativ wenig Interpretationsspielraum.


    Ooooooooh, unglaublich viel Interpretationsspielraum - und das gilt nicht nur für die Sinfonie Nr.7 !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Ist es nicht so, dass bei keinem Komponisten so sehr immer bei welcher Aufführung auch immer, der Ursprung so deutlich bleibt wie bei Beethoven? Ist er nicht sogar bis zu einem gewissen Grade "unzerstörbar"?

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Ist es nicht so, dass bei keinem Komponisten so sehr immer bei welcher Aufführung auch immer, der Ursprung so deutlich bleibt wie bei Beethoven? Ist er nicht sogar bis zu einem gewissen Grade "unzerstörbar"?


    Da ist sicher was Wahres dran.
    Allerdings habe ich mal einen Satz, ich glaube es war sogar der Erste der Siebten, auf so einem Riesen-Synthesizer von Yamaha gehört.


    Da bleibt dir echt die Spucke weg vor lauter Grausen...

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  • Für mich ist die Achillesferse der 7. das Allegretto. Daran scheitern die meisten Dirigenten - auch Celibidache finde ich. Uneingeschränkt überzeugend sind da für mich Carlos Kleiber und Jewgeny Mrawinsky. Letzterer ist vom Orchester her sogar noch präziser als Kleiber. Bei Mrawinsky beeindruckt schon die Einleitung des 1. Satzes. Die Karajan-Aufnahme der 7., die ich habe, finde ich im Tempo überdreht. Das wirkt dann angestrengt und es fehlt das Befreite ausgelassenen Jubels und der Leidenschaft.


    Schöne Grüße
    Holger

  • ich meine dagegen, es entscheidet sich alles gegen Ende des letzten Satzes. Hier muss alles noch mal kumulieren, sich aufbauen und dann mit einem Knall alles sich auflösen und zu Sternen fliegen. Und da ist wohl Mut gefragt. Am ehesten zutrauen würde ich einen Schluss, wie ich ihn mir wünsche (und ja einmal im Radio gehört habe) Mariss Jansons.

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Bei Mrawinsky beeindruckt schon die Einleitung des 1. Satzes. Die Karajan-Aufnahme der 7., die ich habe, finde ich im Tempo überdreht. Das wirkt dann angestrengt und es fehlt das Befreite ausgelassenen Jubels und der Leidenschaft.


    Hallo Holger,


    ich habe die Mrawinsky-Aufnahme in meiner Mrawinsky-ERATO-12CD-Box und habe sie mir heute mal angehört :D und mir MONO und diesen historisch verfärbten Horrorklang mal angetan (grausig). :thumbup: Aber die Interpretation ist wirklich allererste Sahne mit Hochspannung der Wahnsinn pur. Von daher kann ich deine Eindrücke gut nachvollziehen - wenn auch der Klang so ganz und gar ätzend ist - und das trotz Aufnahmedatum LIVE 09/1974 - welch ein Jammer, das uns solche grossen russischen Aufnahmen nicht in angemessener Qualität (so audiophil wie bei uns 1974) zur Verfügung stehen !


    :?: Aber was mich wundert, dass Dir Karajan im Finalsatz zu angestrengt erscheint ?
    Denn die Spielzeiten bei Karajan (DG, 1977) mit 6:25 oder (DG, 1962) mit 6:36 liegen in fast gleichem Rahmen wie bei Mrawinsky mit 6:50 (Beide ohne die Wdh). Ich finde gerade wie bei Karajan und Mrawinsky genau so, die Post abgeht unheimlich spannend mit Gänsehautfeeling. Und was den "feurig ausgelassenen Jubel und die Leidenschaft" anbetrifft, darin sind sich Beide sehr ähnlich


    .... nur welche rein klanglich zumutbar sind, darüber brauchen wir nicht zu reden.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Und wenn man dann die Gesamtspielzeit (s. Posting Nr. 199) sieht, dann ist Karajan mit seiner 3. Aufnahme aus 1983 sogar am allerschnellsten (33:02), und sie ist ebenfalls absolut konkurrenzfähig. Da kommt nicht einmal Leibowitz mit (35:03), was vor allem zu Lasten des Allegretto und auch ein wenig des Finales geht, denn im Kopfsatz ist Leibowitz schneller als Karajan in all seinen Versionen.
    Dennoch kann man sagen, dass die Dirigenten, die die Wiederholungsvorschriften beachten, in der Nähe von 40 Minuten oder sogar darüber landen, ohne das Gefühl von Langsamkeit aufkommen zu lassen (Sir Georg analog. 42:04). Sogar Paavo Järvi hat in Bonn über 38 Minuten gebraucht.
    Man sieht also: lang ist relativ.
    Die Mrawinsky-Aufnahme kenne ich nicht, und bei so schlechtem Klang werde ich sie auch nicht kennenlernen.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber Wolgang,


    es gibt verschiedene Mitschnitte von Mrawinsky - ich habe zwei: der eine ist aus der Mrawinsky-Edition Nr. 11 - ist vergriffen, davon gibt es kein Photo mehr, Aufnahme von 1958. Dann gibt es noch diesen Mitschnitt von 1964, den habe ich auch noch:



    Vielleicht ist der aus der Erato-Box technisch mißlungen - aber da hat man Alternativen. Bei historischen Mitschnitten zeigt sich immer, ob man eine wirklich gute Hifi-Anlage hat - nicht bei den neuen "hifidelen" Aufnahmen. Das freut mich, daß Du auch zu den Mrawinsky-Begeisterten zählst. :) Er war nicht umsonst Ehrenmitglied des Wiener Musikvereins - wegen seiner herausragenden Intepretationen der Wiener Klassik und natürlich von Bruckner.


    Man hat mir schon gesagt, daß ich die falsche Karajan-Aufnahme habe... Der Eindruck des Tempos kommt letztlich auch von der Agogik her. Das wird wohl das Entscheidende sein!


    Schöne Grüße
    Holger

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