Lieblingsgedichte

  • Leider sogar das nur, wenn Du das Recht zur öffentlichen Aufführung des Gedichtes hast, denn das wäre eine, ähnlich wie im Rundfunk, der dafür Pauschalgebühren an die VG Wort bezahlt. Geschützte Texte sind es nun einmal in jeder Form außer der eines kurzen Zitates, das vom Umfang her unter das Zitatrecht fällt.


    Sorry.


    :hello: Jacques Rideamus

  • Ach je...


    Und wenn LORIOT bald stirbt:stumm: , dann müsste ich nur noch 70 Jahre (oder wieviele?) warten - und dann dürfte ich...??!


    Und das mir... Ich bringe doch kaum einen vernünftigen Satz zustande, wenn ich darin nicht LORIOT zitiere... Mein Knollennasen-Wagner-Avatar darf ich auch nicht mehr benutzen... ;(


    ;)

  • Das fiel mir heute abend zu und ich möchte es weitergeben zu dieser (Weih-) Nacht-Stunde


    Rast


    Gast sein einmal,
    nicht immer selbst
    seine Wünsche bewirten
    mit kärglicher Kost.
    Nicht immer feindlich
    nach allem fassen.
    einmal sich alles
    geschehen lassen
    und wissen:
    was geschieht, ist gut.


    Rainer Maria Rilke

  • Es ist ein Bäumlein gestanden im Wald
    In gutem und schlechtem Wetter;
    Das hat von unten bis oben halt
    Nur Nadeln gehabt statt Blätter;
    Die Nadeln, die haben gestochen,
    Das Bäumlein, das hat gesprochen:
    "Alle meine Kameraden
    Haben schöne Blätter an,
    Und ich habe nur Nadeln,
    Niemand rührt mich an;
    Dürft' ich wünschen, wie ich wollt',
    Wünscht' ich mir Blätter von lauter Gold."


    Wie's Nacht ist, schläft das Bäumlein ein,
    Und früh ist's aufgewacht;
    Da hatt' es goldene Blätter fein,
    Das war eine Pracht!
    Das Bäumlein spricht: "Nun bin ich stolz;
    Goldene Blätter hat kein Baum im Holz."


    Aber wie es abend ward,
    Ging ein Bauer durch den Wald
    Mit grossem Sack und langem Bart,
    Der sieht die goldnen Blätter bald;
    Er steckt sie ein, geht eilends fort
    Und lässt das leere Bäumlein dort.


    Das Bäumlein spricht mit Grämen:
    "Die goldnen Blättlein dauern mich,
    Ich muss vor den andern mich schämen,
    Sie tragen so schönes Laub an sich.
    Dürft' ich mir wünschen noch etwas,
    So wünscht' ich mir Blätter von hellem Glas."


    Da schlief das Bäumlein wieder ein,
    Und früh ist's wieder aufgewacht;
    Da hatt' es gläserne Blätter fein,
    Das war eine Pracht!
    Das Bäumchen sprach: "Nun bin ich froh;
    Kein Baum im Walde glitzert so."


    Da kam ein grosser Wirbelwind
    Mit einem argen Wetter,
    Der fährt durch alle Bäume geschwind
    Und kommt an die gläsernen Blätter;
    Da lagen die Blätter von Glase
    Zerbrochen in dem Grase.


    Das Bäumlein spricht mit Trauern:
    "Mein Glas liegt in dem Staub;
    Die anderen Bäume dauern
    Mit ihrem grünen Laub.
    Wenn ich mir noch was wünshen soll,
    Wünsch' ich mir grüne Blätter wohl."


    Da schlief das Bäumlein wieder ein,
    Und wieder früh ist's aufgewacht;
    Da hatt' es grüne Blätter fein.
    Das Bäumlein lacht
    Und spricht: "Nun hab' ich doch Blätter auch.
    Dass ich mich nicht zu schämen brauch"."


    Da kommt mit vollem Euter
    Die alte Geis gesprungen;
    Sie sucht sich Gras und Kräuter
    Für ihre Jungen;
    Sie sieht das Laub und fragt nicht viel,
    Sie frisst es ab mit Stumpf und Stiel.


    Da war das Bäumchen wieder leer,
    Es sprach nun zu sich selber:
    "Ich begehre nun keine Blätter mehr,
    Weder grüner, noch roter, noch gelber!
    Hätt' ich nur meine Nadeln,
    Ich wollte sie nicht tadeln."


    Und traurig schlief das Bäumlein ein,
    Und traurig ist es aufgewacht;
    Da besieht es sich im Sonnenschein
    Und lacht und lacht!
    Alle Bäume lachen's aus;
    Das Bäumlein macht sich aber nichts daraus.


    Warum hat's Bäumlein denn gelacht,
    Und warum denn seine Kameraden?
    Es hat bekommen in der Nacht
    Wieder alle seine Nadeln,
    Dass jedermann es sehen kann.
    Geh' 'naus, sieh's selbst, doch rühr's nicht an!
    Warum denn nicht?
    Weil's sticht.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Zum heutigen Gedenktag Rilkes (danke Cassiodor!) und zum ausklingenden Jahr:



    Erinnerung



    Und du wartest, erwartest das Eine,
    das dein Leben unendlich vermehrt;
    das Mächtige, Ungemeine,
    das Erwachen der Steine,
    Tiefen dir zugekehrt.


    Es dämmern die Bücherständer
    die Bände in Gold und Braun;
    und du denkst an durchfahrene Länder,
    an Bilder, an die Gewänder,
    wiederverlorener Fraun.


    Und da weisst du auf einmal: das war es.
    Du erhebst dich und vor dir steht
    eines verlorenen Jahres
    Angst und Gestalt und Gebet.


    R.M. Rilke

  • Vergiss, vergiss und lass uns jetzt
    nur dies erleben,
    wie die Sterne durch geklärten
    Nachthimmel dringen,
    wie der Mond die Gärten
    voll übersteigt.
    Wir fühlten längst schon,
    wie's spiegelnder wird im Dunkeln;
    wie ein Schein entsteht,
    ein weißer Schatten in dem Glanz
    der Dunkelheit.
    Nun aber lass uns ganz
    hinübertreten in die Welt hinein
    die monden ist.


    (R.M. Rilke, gest. 29.12.1926)


    Hallo Fairy - Ehrensache! Obiges Gedicht hat Nina Hagen sehr eigenwillig, aber faszinierend rezitiert - auf der schönen CD "Das Rilke-Projekt I" von Schönherz & Fleer. Darauf brillieren u.a. auch Mario Adorf, Ben Becker, Rudolf Moshammer und Xavier Naidoo :rolleyes: Mir gefälz!


    Salve,


    Cassiodor :hello:

  • Auch von mir ein Rilke-Gedicht, das ich ausgerechnet gestern entdeckte und es ebenfalls recht gut für ein neues Jahr passt:


    Man muss den Dingen die eigene, stille,
    ungestörte Entwicklung lassen,
    die tief von innen kommt,
    und durch nichts gedrängt oder beschleunigt
    werden kann;
    alles ist austragen - und dann gebären .....


    Reifen wie ein Baum, der seine Säfte nicht drängt
    und getrost in den Stürmen des Frühlings steht,
    ohne Angst,
    dass dahinter kein Sommer kommen könnte.


    Er kommt doch!
    Aber er kommt nur zu den Geduldigen,
    die da sind, als ob die Ewigkeit vor ihnen läge,
    so sorglos still und weit ....


    Man muss Geduld haben,
    gegen das Ungelöste im Herzen,
    und versuchen, die Fragen selber lieb zu haben,
    wie verschlossene Stuben, wie Bücher,
    die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind.


    Es handelt sich darum, alles zu leben.
    Wenn man die Fragen lebt, lebt man vielleicht
    allmählich, ohne es zu merken,
    eines Tages in die Antwort hinein.


    (aus: Briefe an einen jungen Dichter)

  • von Theodor Fontane, geboren heute vor 189 Jahren


    Das Dorf ist still, still ist die Nacht,
    Die Mutter schläft, die Tochter wacht,
    Sie deckt den Tisch, sie deckt für zwei,
    Und sehnt die Mitternacht herbei.


    Wem gilt die Unruh? wem die Hast?
    Wer ist der mitternächtge Gast?
    Ob ihr sie fragt, sie kennt ihn nicht,
    Sie weiß nur, was die Sage spricht.


    Die spricht: Wenn wo ein Mädchen wacht
    Um zwölf in der Silvesternacht,
    Und wenn sie deckt den Tisch für zwei,
    Gewahrt sie, wer ihr Künftger sei.


    Und hätt' ihn nie gesehn die Maid,
    Und wär' er hundert Meilen weit,
    Er tritt herein und schickt sich an,
    Und isst und trinkt, und scheidet dann. -


    Zwölf schlägt die Uhr, sie horcht erschreckt,
    Sie wollt', ihr Tisch wär' ungedeckt,
    Es überfällt sie Angst und Graun,
    Sie will den Bräutigam nicht schaun.


    Fort setzt der Zeiger seinen Lauf,
    Niemand tritt ein, sie atmet auf,
    Sie starrt nicht länger auf die Tür, -
    Herr Gott, da sitzt er neben ihr.


    Sein Aug' ist glüh', blass sein Gesicht,
    Sie sah ihn all' ihr Lebtag nicht,
    Er blitzt sie an, und schenket ein,
    Und spricht: »Heut Nacht noch bist du mein.


    Ich bin ein stürmischer Gesell',
    Ich wähle rasch und freie schnell,
    Ich bin der Bräut'gam, du die Braut,
    Und bin der Priester, der uns traut.«


    Er fasst sie um, ein einz'ger Schrei,
    Die Mutter hört's und kommt herbei;
    Zu spät, verschüttet liegt der Wein,
    Tot ist die Tochter und - allein.

  • Soll alles heute über Nacht,
    Ob Großes oder klein,
    Was uns das letzte Jahr gebracht,
    So ganz vergessen sein?


    Noch ist die alte Zeit für uns
    Nicht nur Vergangenheit.
    Gedenken wir ihr freundlich, denn
    Sie hielt doch viel bereit.



    Und wieder ist der Tag erreicht, an dessen Ende viele von uns dieses Lied hören oder sogar singen werden, obwohl kaum einer den ganzen Text kennt oder gar versteht. Mein Ansatz einer Übersetzung soll auch nur eine Ahnung von der heutigen Bedeutung dieses Gedichtes vermitteln. Wer die Geschichte dieses berühmten Gedichtes und Liedes kennen lernen und den ganzen Text verstehen möchte, kann dies unter dem Gedichttitel in Wikipedia nachlesen.


    Hier also nur das Original des schottischen Dichters Robert Burns:


    Should auld acquaintance be forgot
    And never brought to min'?
    Should auld acquaintance be forgot
    And days of auld lang syne?


    Refrain
    For auld lang syne, my dear
    For auld lang syne
    We'll take a cup o'kindness yet
    For auld lang syne


    We twa hae run about the braes
    And pou'd the gowans fine
    But we've wander'd mony a weary foot
    Sin' auld lang syne.


    We twa hae paidl'd in the burn
    Frae morning sun till dine
    But seas between us braid hae roar'd
    Sin' auld lang syne.


    And there's a hand, my trusty feire
    And gie's a hand o' thine
    And we'll tak a right gude-willie waught
    For auld lang syne.


    And surely ye'll be your pint-stowp
    And surely I'll be mine
    And we'll tak a cup o'kindness yet
    For auld lang syne.


    Um der guten Dinge des heute abgeschlossenen Jahres 2008 willen und als Ausblick auf ein hoffentlich erfreuliches 2009 wünsche ich allen einen guten Rutsch und ein gedeihliches neues Jahr.


    :hello: Jacques Rideamus

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  • Die Dinge singen hör ich so gern



    Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort.
    Sie sprechen alles so deutlich aus:
    Und dieses heißt Hund und jenes heißt Haus,
    und hier ist Beginn und das Ende ist dort.



    Mich bangt auch ihr Sinn, ihr Spiel mit dem Spott,
    sie wissen alles, was wird und war;
    kein Berg ist ihnen mehr wunderbar;
    ihr Garten und Gut grenzt grade an Gott.



    Ich will immmer warnen und wehren: Bleibt fern.
    Die Dinge singen hör ich so gern.
    Ihr rührt sie an: sie sind starr und stumm.
    Ihr bringt mir alle die Dinge um.



    Rainer Maria Rilke ( 1875 - 1926 )

  • Ich mag Else Lasker-Schüler sehr, ein Gedicht von den vielen, das mir besonders gefällt:


    VERWELKTE MYRTEN


    Liebe Cassiopeia,


    leider sind die Texte von Lasker-Schüler nicht copyrightfrei, so dass ich Deinen Beitrag löschen musste.


    Liebe Grüße Peter

    "Ja! Ich weiß woher ich stamme!
    Ungesättigt gleich der Flamme
    glühe und verzehr' ich mich.
    Licht wird alles, was ich fasse,
    Kohle alles, was ich lasse:
    Flamme bin ich sicherlich!"
    (F. Nietzsche)

  • Guten Abend, schöne Unbekannte!
    Es ist nachts halb zehn.
    Würden Sie liebenswürdigerweise mit mir schlafen gehn?
    Wer ich bin? -Sie meinen, wie ich heiße?
    Liebes Kind, ich werde Sie belügen,
    Denn ich schenke dir drei Pfund.
    Denn ich küsse niemals auf den Mund.
    Von uns beiden bin ich der Gescheitre.
    Doch du darfst mich um drei weitre
    Pfund betrügen.
    Glaube mir, liebes Kind:
    Wenn man einmal in Sansibar
    Und in Tirol und im Gefängnis und in Kalkutta war,
    Dann merkt man erst, daß man nicht weiß,
    wie sonderbar Die Menschen sind.
    Deine Ehre, zum Beispiel, ist nicht dasselbe
    Wie bei Peter dem Großen L'honneur.-
    Übrigens war ich -(Schenk mir das gelbe
    Band!)- in Altona an der Elbe Schaufensterdekorateur.-
    Hast du das Tuten gehört?
    Das ist Wilson Line.
    Wie? Ich sei angetrunken?
    O nein, nein! Nein! Ich bin völlig besoffen und hundsgefährlich geistesgestört.
    Aber sechs Pfund sind immer ein Risiko wert.
    Wie du mißtrauisch neben mir gehst!
    Wart nur, ich erzähle dir schnurrige Sachen.
    Ich weiß: Du wirst lachen.
    Ich weiß: Daß sie dich auch traurig machen.
    Obwohl du sie gar nicht verstehst.
    Und auch ich - Du wirst mir vertrauen - später in Hose und Hemd.
    Mädchen wie du haben mir immer vertraut.
    Ich bin etwas schief ins Leben gebaut.
    Wo mir alles rätselvoll ist und fremd,
    Da wohnt meine Mutter. -Quatsch!
    Ich bitte dich: Sei recht laut!
    Ich bin eine alte Kommode.
    Oft mit Tinte oder Rotwein begossen;
    Manchmal mit Fußtritten geschlossen.
    Der wird kichern, der nach meinem Tode
    Mein Geheimfach entdeckt.-
    Ach Kind, wenn du ahntest, wie Kunitzburger Eierkuchen schmeckt!


    Ich bin auch nicht richtig froh.
    Ich habe auch kein richtiges Herz.
    Ich bin nur ein kleiner, unanständiger Schalk.
    Mein richtiges Herz. Das ist anderwärts,
    irgendwo Im Muschelkalk.



    (Joachim Ringelnatz)

  • Ich poste es mal hierhin, auch wenn ich leider keins, meiner Lieblingsgedichte von Inger Christensen hier aus Copyright-Gründen einstellen darf. Selbst Eigenübersetzungen sind mir leider nicht gestattet. Vielleicht interessiert es die LyrikleserInnen hier, dass die dänische Lyrikerin Inger Christensen leider verstorben ist.


    Ihre Gedichte gehören für mich zum Faszinierensten moderner Lyrik. Es ist meistens bei ihr auch eine Art Naturlyrik, bei der aber auch mathematische und biochemische Modelle und Systeme der Natur das Schreiben mitbestimmen. Insofern ist es immer auch ein Schreiben über Mensch-Natur-Verhältnisse, einschließlich der Natur und dem Anderen in uns selbst, über Wahrnehmungsweisen und das Schreiben selbst. Da lag dann ihre intensive Beschäftigung mit Sprachphilosophie nahe, die ebenfalls zunehmend ihre Texte mitbestimmte. Es blieb in ihren Gedichten zunehmend in der Schwebe, ob es nicht die Sprache ist, die uns schreibt und was eigentlich das Subjektive ist, das zweifellos ihrer Sprache einen ganz eigenen Klang gegeben hat.
    Die studierte Mathematikerin und Naturwissenschaftlerin war jedoch auch eine große Kunstkennerin. So finden sich auch immer wieder Anspielungen, Symbole, Metaphern, Topoi aus der Welt der bildenden Künste in ihrem Werk.
    Schließlich, weswegen ich gerade in einem Musikforum auf sie hinweisen möchte, nutzt sie gelegentlich auch musikalische Kompositionsverfahren, um ihre eigenen Gedichtkompositionen zu konstruieren etwa in Analogie zu modernen Kompositionsverfahren, die sich auch bei mathematischen und naturwissenschaftlichen Modellen bedienen.


    - Huch, was ich hier geschrieben habe, klingt auf abschreckende Weise intellektuell ausgedacht, komplex, experimentell und komplex und experimentell sind ihre Texte wirklich, aber das große Kunstück ist es, dass es bei ihr immer ganz einfach und bescheiden klingt.


    Am besten, man hört die Dichterin selbst, sich vorlesend. Es gab sogar ein Hörbuch, auf dem sie eins ihrer Gedichte, "Alphabet", erst auf Dänisch, dann in der deutschen Übersetzung vorliest. Noch nicht lange vergriffen, insofern noch gebraucht relativ gut zu bekommen.


    Auch ihre meisten anderen Gedichtbände liegen in einigermaßen brauchbaren Übersetzungen, zumeist zweisprachig vor. Das Dänische ist dem Deutschen nicht soo fremd, so dass man, glaube ich, kein Dänisch können muß, um zumindest ihren "Sound" mitzubekommen, um so, mit Übersetzung auch das Original genießen zu können.


    Wie gerade kein Nachruf ausläßt, war Inger Christensen immer wieder in den letzten Jahren für den Nobelpreis im Gespräch. Verdient hätte sie ihn sicher, m. E. mehr als alle Hanseln der letzten 20 Jahre zusammen. :stumm:


    :hello: Matthias

  • Wie eine seltne Gegend ist dein Herz,
    Wo Masken, die mit Bergamasken schreiten,
    Zum Tanze spielen voll geheimem Schmerz
    Im Truggewand, mit dem sie bunt sich kleiden.


    Obgleich in weichem Ton sie singen, wie
    Der Liebe Sieg dem Lebensglück sich eine,
    So glauben doch nicht an die Freude sie,
    Und ihr Gesang fliesst hin im Mondenscheine.


    Im kalten Mondenschein, des trübe Pracht
    Die Vögel träumen lässt auf ihren Zweigen,
    Und der die Wasserstrahlen weinen macht,
    Die schlank aus weissen Marmorschalen steigen.



    PAUL VERLAINE, gestorben am 8.1.1896

  • Hier ist das Original


    Votre âme est un paysage choisi
    Que vont charmants masques et bergamasques,
    Jouant du luth et dansant, et quasi
    Tristes sous leurs déguisements fantasques!


    Tout en chantant sur le mode mineur
    L'amour vainqueur et la vie opportune.
    Ils n'ont pas l'air de croire à leur bonheur,
    Et leur chanson se mêle au clair de lune,


    Au calme clair de lune triste et beau,
    Qui fait rêver, les oiseaux dans les arbres,
    Et sangloter d'extase les jets d'eau,
    Les grands jets d'eau sveltes parmi les marbres.


    Dieses Gedciht aus den "Fêtes galantes", die wiederum auf Watteaus Gemälde und die Commedia dell'arte zurückgehen, hat drei der schönsten Perlen frz. Liedkunst inspiriert.
    Es gibt eine Vertonung von Fauré und zwei Versionen von Debussy. Herausragende Interpreten in beiden Fällen Elly Ameling und Gérard Souzay.
    Allerdings habe ich das Fauré "Clair de lune" noch nie schöner und stilistisch passender gehört als auf einer alten LP mit der deutschen Sopranistin Charlotte Lehmann, die mir mal ein Freund geliehen hatte.
    Das hat mich so hingerissen, dass ich vor Jahren dazu in meiner Begeisterung einen kurzen Austausch mit ihr hatte. Und so sie hier mitlesen sollte: auch hier in Frankreich habe ich seither ncihts Besseres gehört! :jubel: :jubel: :jubel:

  • Gestern war in meiner Mütze
    Mir mal wieder was nicht recht;
    Die Natur schien mir nichts nütze
    Und der Mensch erbärmlich schlecht.


    Meine Ehgemahlin hab ich
    Ganz gehörig angeplärrt,
    Drauf aus purem Zorn begab ich
    Mich ins Symphoniekonzert.


    Doch auch dies war nicht so labend,
    Wie ich eigentlich gedacht,
    Weil man da den ganzen Abend
    Wieder mal Musik gemacht.



    WILHELM BUSCH (starb heute vor 101 Jahren)

  • Mon rêve familier


    Je fais souvent ce rêve étrange et pénétrant
    D'une femme inconnue, et que j'aime, et qui m'aime,
    Et qui n'est, chaque fois, ni tout à fait la même
    Ni tout à fait une autre, et m'aime et me comprend.


    Car elle me comprend, et mon coeur transparent
    Pour elle seule, hélas! cesse d'être un problème
    Pour elle seule, et les moiteurs de mon front blême,
    Elle seule les sait rafraîchir, en pleurant.


    Est-elle brune, blonde ou rousse? Je l'ignore.
    Son nom? Je me souviens qu'il est doux et sonore,
    Comme ceux des aimés que la vie exila.


    Son regard est pareil au regard des statues,
    Et, pour sa voix, lointaine, et calme, et grave, elle a
    L'inflexion des voix chères qui se sont tues.


    Verlaine

  • Frohe Weihnachten!!!



    Allen User / innen wünsche ich ein frohes Weihnachtsfest sowie ein gesundes, glückliches, erfolgreiches und friedvolles Jahr 2 0 1 0 !!!
    Anbei ein aktuelles Weihnachtsgedicht (Eigenkomposition), in der Hoffnung, dass Euch allen bedichteter Stress erspart blieb.
    Mit lieben Grüßen,
    Diotima.


    Weihnachtszeit


    Ach, schon naht mit Riesenschritten
    Wieder mal die Weihnachtszeit
    Auf mich zu, da hilft kein Bitten,
    Dass ich nicht dazu bereit


    Mich dem Kaufrausch hinzugeben,
    Wochenlang auf Shoppingtour,
    Könnt’ ich doch in Ruhe leben,
    Himmel hilf, was mach ich nur?


    Doch die lieben Anverwandten,
    Onkel, Tante, Großpapa
    Schon die ersten Päckchen sandten,
    Briefpapier und Mandala.


    Eingepackt in Glitzerträume,
    Kräuselgoldband überhäuft,
    Ach, es ist zum auf die Bäume
    Klettern, wenn der Countdown läuft.


    Und so hetz’ ich wie besessen
    Durch die schrille Weihnachtswelt;
    Grog für Opa nicht vergessen,
    Uhr für Tantchen ist bestellt.


    Selbst der Onkel soll nicht klagen,
    Weil der Braten viel zu schwer,
    Denn ich hab was für den Magen,
    Einen Kräuterwurzlikör.


    Weihnachtsfest, nun kannst du kommen,
    Bin ich auch total geschafft,
    Sitz beim Christbaum wie benommen,
    Ausgelaugt und abgeschlafft,


    Während übern Bildschirm flimmern
    Kinderchöre immerdar,
    Tränen in den Augen schimmern:
    Weihnachten – wie’s immer war.


    ©Brigitte Pulley-Grein


    1 5. D e z. 2 0 0 9

  • God in His wisdom made the fly
    And then forgot to tell us why.


    Ogden Nash
    (Musikliebhabern eventuell bekannt als der Verfasser der Songtexte in Weills One Touch of Venus, darunter Evergreens wie I'm a stranger here myself)

    writing about music is like dancing about architecture

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  • Ein Pianist spielt Liszt


    O eminenter Tastenhengst,
    der du der Töne Schlachten lenkst
    und sie mit jeder Hand für sich
    zum Siege führst, dich preise ich!


    Du bist ein gottgesandter Streiter,
    ein Heros, ein Akkordarbeiter.
    Im Schweiße deiner flinken Finger,
    drückst du auf jene langen Dinger,
    die man gewöhnlich Tasten nennt,
    und die, grad wie beim Schach, getrennt
    in Schwarz und Weiß ihr Dasein fristen,
    als Requisit des Pianisten.
    Doch nicht nur deiner Finger Schwielen
    brauchst du zum Greifen und zum Spielen,
    nein, was man meistens gar nicht glaubt:
    du brauchst dazu sogar dein Haupt!
    Mal fällt's, als ob du schlafen mußt,
    auf deine stark erregte Brust,
    mal fällt's mit furchtbar irrem Blick,
    so weit es irgend geht, zurück,
    und kommst du gänzlich in Ekstase,
    hängt dir ein Tropfen an der Nase.
    Und hast du endlich ausgerast,
    sagt sich der Hörer: Liszt - not last!


    O eminenter Tastenhengst,
    der du der Töne Schlachten lenkst
    und sie mit jeder Hand für sich
    zum Siege führst, dich preise ich!
    Und jeder Hörer merkt alsbald:
    du siegst mit Liszt, nicht mit Gewalt!



    Heinz Erhardt,
    der neben dem komischen auch ein ausgeprägtes musikalisches Talent hatte - er spielte ausgezeichnet Klavier!