Hallo, liebes Forum,
hier nun mal wieder ein echter Beitrag von mir.
Letzten Sonntag, also am 18.01.2009, waren Emotione, "die pfuetzin" und ich in
Darmstadt im Großen Haus in Wagner's Die Meistersinger von Nürnberg.
Die anderen Aufführungen dieser Spielzeit gibt es am 1. März, 22. März und am
21. Juni, jeweils um 16:00, Ende ist immer gegen 22:00.
Erstmal die Rahmeninfos:
In der Aufführung am Sonntag spielten und sangen:
Musikalische Leitung: Martin Lukas Meister
Inszenierung: John Dew
Bühne: Heinz Balthes
Kostüme: José-Manuel Vázquez
Choreinstudierung: André Weiss
Hans Sachs, Schuster: Ralf Lukas
Veit Pogner, Goldschmied: Andreas Daum
Kunz Vogelgesang, Kürschner: Markus Durst
Konrad Nachtigall, Spengler: Randal Turner
Sixtus Beckmesser, Stadtschreiber: Gerd Vogel
Fritz Kothner, Bäcker: Thomas Mehnert
Balthasar Zorn, Zinngiesser: Sven Ehrke
Ulrich Eisslinger. Würzkrämer: Andreas Wagner
Augustin Moser, Schneider: Lucian Krasznec
Hermann Ortel, Seifensieder: David Pichlmaier
Hans Schwarz, Strumpfwirker: Hans-Joachim Porcher
Hans Foltz, Kupferschmied: Hans Griepentrog
Walther von Stolzing, junger Ritter aus Franken: Herbert Lippert
David, Sachsens Lehrbube: Jeffrey Treganza
Eva, Pogners Tochter: Anja Vincken
Magdalene, ihre Amme: Niina Keitel
Ein Nachtwächter: Oleksandr Prytolyuk
Lehrbuben: Florence Bonnefont, Martina Buchholz, Anne Gerbert, Anke Haas, Juri Lavrentiev, Tobias Rathgeber, Sören Richter, Klaus Riedelsheimer, Stefan Steinbauer, Gaku Sumida, Lucas Vanzelli, Xu Zheng
Chor und Extrachor des Staatstheathers Darmstadt
Staatsorchester Darmstadt
Kurze Zusammenfasssung: Wir haben es genossen, es hat Spaß gemacht, es gab
keine Buhrufe, aber es ist auch keine "Regieli"-Inszenierung.
Das Staatstheater Darmstadt hält eine Sammlung von Pressestimmen unter:
http://www.staatstheater-darmstadt.de/content/view/1234/585/
bereit.
Szenenbilder gibt es unter:
http://www.staatstheater-darmstadt.de/content/view/1224/374/
Mehr im Detail:
Der Bühnenraum wird ringsum mit schwarzem Stoff mit Partiturasuzügen
begrenzt. Davor finden sich dann je nach Situation knappe Bühnenelemente. Im
ersten Akt stehen so eine Kirchenkanzel und zwei Kirchensäulen auf der
Bühne. Der Umbau zur Gildensitzung erfolgt durch einen Zwischenvorhang, und
anschliessend haben wir den Chor der Kirche, in dem die Gildensitzung
stattfindet (kann man auf den Szenenbildern sehen (z.B. auf Bild 1 des
Staatstheaters sichtbar)).
Im zweiten Akt haben wir dann Lampen auf der Bühne (kann man dann auf Bild 9
des Staatstheaters sehen), und links am Rande räumt Sachs seine Utensilien
auf die Straße (Bilder 2, 5, 6). Die Prügelszene geht so ziemlich ohne echte
Prügelei über die Bühne, was aber der Unterhaltsamkeit keinen Abbruch tut.
Im dritten Akt haben wir dann auf der Drehbühne im ersten Teil das Wohn- und
Eßzimmer von Sachsens Wohnung im Vordergrund, und die Werkstatt im
Hintergrund, durch Schuhkartons voneinander abgetrennt, im zweiten Teil nach
einem Zwischenvorhang finden wir dann die Werkstatt vorne, und das Wohn- und
Eßzimmer im hinteren Bereich (vgl. Bild 13 des Staatstheaters).
Nach einem weiteren Zwischenvorhang finden wir dann die Festwiese, mit einem
Pavillion zum Singen in der Mitte (siehe übrige Bilder des
Staatstheaters). Um den Pavillion herum sitzen das Volk und die Meister mit
Ihren Lehrbuben auf Bierbänken an Biertischen.
Der Knalleffekt der Oper ist der letzte Moment, wo es um die Meister geht
(Verachtet mir die Meister nicht!). Hier wird ein Fotograf auf der Bühne zum
"Aktionsgeber" und bei seinem Blitz fällt im Hintergrund ein Vorhang herunter,
und wir sehen den Mount Rushmore, diesmal aber nicht mit den ersten vier US
Präsidenten, sondern mit Wagner, Beethoven, Goethe und Schiller. Mag etwas
übertrieben sein, paßt aber in die Inszenierung, die die Meistersinger in ein
Nürnberg des späten 19. Jahrhunderts plaziert, also in die Zeit der
Uraufführung.
Die ganze Inszenierung versucht, sämtliche Deutung zu vermeiden, was ihr gut
gelingt, und sich auf den "Inhalt" zu konzentrieren, ohne Teile davon zu stark
zu betonen, damit keine Überhöhungen auftreten. So wird Beckmesser hier nicht
ausgeschlossen, sondern am Ende mit einem Schulterklaps wieder angenommen.
Schön ist auch der Einzug der Bürger vor der Prügelszene, sie kommen fast alle
in Nachthemden durch den Zuschauerraum auf die Bühne. Ähnliches passiert dann
beim Einzug der Meister vor der Festwiese.
Auch musikalisch machte es Spaß, besonders gut haben mit gefallen: Ralf Lukas
als Sachs, Gerd Vogel als Beckmesser und auch Jeffrey Treganza als David. Das
Orchester könnte gelegentlich mehr zu seinem Dirigenten schauen, damit es mehr
zusammenspielt, evtl. liegt das aber daran, daß das Orchester sich mehr an
Wagners Anweisung hält, es alles in einem Tempo zu spielen (Stefan Mickisch
meint: 178 für die Achtel) und hier Martin Lukas Meister doch zu viele
Tempowandlungen unterbringen wollte. Dennoch: Insgesamt macht es viel Spaß,
auch wenn es die längste Oper Wagners ist, aber, dafür ist sich auch die
kurzweiligste, und am wenigsten bedeutungsschwanger überladene.
Die Reduktion auf den Inhalt bekommt ihr in Darmstadt sehr gut!
Liebe Grüße,
Matthias