Haydn, Joseph: Streichquartette op. 33 - "auf eine gantz neu Besondere Art"

  • Hallo Haydn-Fans!


    Ich entdecke gerade mit großem Gewinn dieses Quartettopus - und musste mit Entsetzen feststellen, dass es noch gar keinen eigenen Thread gibt, in dem ich meine Lobeshymnen loswerden kann.
    Abgesehen von dieser Bestimmung ( ;) ) können hier auch nach und nach die einzelnen Quartette vorgestellt werden.



    Joseph Haydn 1791; Ölbild von Thomas Hardy


    Fast zehn Jahre nach der Vollendung der Streichquartette op. 20 stellte Haydn Ende 1781 eine weitere Serie von sechs Quartetten fertig. Diese seien "auf eine gantz neu Besondere Art" gefertigt, schrieb er dem Verleger Artaria am 3. Dezember 1781, was sich einerseits auf die Verwendung thematischer Arbeit bezieht, die starrere Organisationstechniken wie die Schlussfugen in op. 20 verdrängt (Feder schreibt allerdings in [1], auch in op. 20 sei die thematische Arbeit ein wesentlicher Teil von Haydns Kompositionstechnik); andererseits bezieht es sich auf die Verwendung volkstümlicher und humoristischer Elemente. Gegenüber der eher evolutionären Entwicklung bei den Symphonien liegt hier durch den zeitlichen Abstand eine Zäsur vor.


    Die Quartettserie hat gleich drei Beinahmen erhalten: Der gebräuchlichste davon scheint "russische Quartette" zu sein, zurückzuführen auf den Widmungsvermerk an Zar Paul I. in der ersten Wiener Gesamtausgabe der Werke. Der zweite Beinahme, "Gli scherzi", weist auf eine musikalische Besonderheit der Serie hin: Statt der üblichen Menuette sind die entsprechenden Sätze aller Quartette mit "Scherzo" bezeichnet; diese Sätze haben teilweise auch schnelle Tempi: Im h-moll-Quartett ist es "Allegro di molto", im Es-Dur- und im G-Dur-Werk ist es "Allegro". Und dann gibt es da noch den Titel "Jungfernquartette", laut Feder abgeleitet vom Titelbild einer Druckausgabe.


    Der Erfolg der Quartette war enorm: Feder schreibt, dass die Anzahl der Drucke und Abschriften fast dem äußerst erflogreichen op. 20 gleichgekommen sei, es zudem aber noch viele Arrangements von Quartetten oder einzelnen Sätzen für andere Besetzungen gegeben habe. Das Echo der Berufsgenossen und Kritiker ist sehr positiv; Feder zitiert einige teils euphorische Reaktionen, unter anderem von C.P.E. Bach, der "seine äußerste Zufriedenheit bezeugt" haben soll. Und nicht zuletzt wurde Mozart zu seinen "Haydn-Quartetten" inspiriert.


    Folgende sechs Quartette sind im Opus enthalten:


    op. 33,1 h-moll
    op. 33,2 Es-Dur "Der Scherz"
    op. 33,3 C-Dur "Vogelquartett"
    op. 33,4 B-Dur
    op. 33,5 G-Dur
    op. 33,6 D-Dur


    Für das G-Dur-Quartett liefert Wikipedia den Beinahmen "Wie geht es Dir?"; bezieht sich das auf den zweiten Satz? Und weiß jemand, ob diese Bezeichnung gebräuchlich ist?



    Was ist Eure Meinung zu Opus 33? Findet Ihr es eher trocken, oder haben die Quartette sich Euch sofort erschlossen? Was sind Eure favorisierten Quartette, und in welchen Einspielungen sind sie es?



    [1] Georg Feder: "Haydns Streichquartette", C. H. Beck 1998

  • Hallo Spradow,


    prima daß die Lücken bei Haydn-Streichquartett-threads nun auch nach und nach geschlossen werden!


    Zitat

    Original von Spradow
    Was ist Eure Meinung zu Opus 33? Findet Ihr es eher trocken, oder haben die Quartette sich Euch sofort erschlossen? Was sind Eure favorisierten Quartette, und in welchen Einspielungen sind sie es?


    Tja, ich fürchte, mir sind sie zu trocken. Erschließungsprobleme hatte ich zwar keine, aber mit op. 20 konnte ich (allerdings allgemeinverständlicherweise?) gleich mehr anfangen, sogar mit op. 17. Bei den zeitgleichen Symphonien ist das aber genau so. Die um 1770 komponierten Sturm-und Drang-Werke (parallel zu opp.17/20) mag ich i.d.R. mehr als die 70er-Nummer-Symphonien (parallel zu op. 33).
    Ein klares Lieblingswerk aus op. 33 habe ich dennoch: das C-dur-Quartett op. 33 Nr. 3
    Bislang habe und kenne ich nur die Buchbinder-Aufnahme. Eine Anschaffung der neuen Auryn-Aufnahme ist eine Überlegung wert, eilt aber nicht.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Zitat

    Diese seien "auf eine gantz neu Besondere Art" gefertigt, schrieb er dem Verleger Artaria am 3. Dezember 1781, was sich einerseits auf die Verwendung thematischer Arbeit bezieht, die starrere Organisationstechniken wie die Schlussfugen in op. 20 verdrängt (Feder schreibt allerdings in [1], auch in op. 20 sei die thematische Arbeit ein wesentlicher Teil von Haydns Kompositionstechnik); andererseits bezieht es sich auf die Verwendung volkstümlicher und humoristischer Elemente. Gegenüber der eher evolutionären Entwicklung bei den Symphonien liegt hier durch den zeitlichen Abstand eine Zäsur vor.


    Die Meinungen, inwieweit die "ganz neue besondere Art" ein Werbespruch ist oder ernstgenommen werden muß, sind geteilt. Rosen sieht erst hier den klassischen Stil in seiner Vollausprägung; das bezieht sich nicht nur auf die thematische Arbeit, die es lange vorher gibt, aber auf deren Intensivierung, die engere Beziehung von Detail und Großform, das Umschlagen von Begleitstimmen in relevante Hauptstimmen usw. Feder und IIRC auch Finscher sehen weniger deutliche Unterschiede, trotz der langen Pause.
    (Die ersten Sinfonien, die sicher nach diesen Werken komponiert wurden, sind 76-78, die niedrigeren Nummern sind vermutlich alle vor den Quartetten entstanden; die sinfonische Entwicklung bei Haydn in den 70ern und frühen 80ern ist m.E. keine besonders systematische, wenn Evolution, dann mit einigen Sprüngen und Mutationen...)


    Finscher (im Reclam-Führer) weist auf den außerordentlich systematischen Aufbau der Sammlung hin, der sich so weder in op.20 noch in späteren Werken findet. Vier Werke beginnen mit einem Allegro moderato, worauf das Scherzo und langsamer Satz folgen und haben alle sehr schnelle Finalsätze. Die beiden anderen (5,6) beginnen mit sehr schnellen Sätzen, haben vermutlich daher um des Kontrastes willen das Scherzo an dritter Stelle und ein allegretto-Variationen-Finale. Diese beiden besitzen auch als einzige langsame Sätze in der gleichnamigen Molltonart. (Auch Taktarten usw. werden systematisch "abgewechselt")


    Als Finalsatzypen dominieren "leichtere" Formen, Rondos und Variationen, was bisher kaum oder gar nicht vorkam:
    1: Sonatensatz
    2-4: Rondo
    5: Variationen
    6: Doppelvariationen (D-Dur/d-moll)


    Die gewichtigsten Werke sind m.E. #1 (mit drei Sätzen in Sonatenform) und #3. Die anderen scheinen mir, ungeachtet der oft ernsten langsamen Sätze weitgehend humorvollen und eher leichten Charakter zu haben. Gags wie der namensgebende in Nr.2 oder der pizzicato-Abschluß in Nr.4 bestätigen diesen Eindruck. Der 2. Satz in #5 ist eine Art Opernarie, hier bin ich mir nicht sicher, ob das nicht vielleicht sogar als Parodie gemeint sein könnte [Finscher im Reclam sieht den Satz aber als ernst an], obwohl es zwischendurch und am Schluß etwas ernster zu werden scheint. (Mozart hat das wohl, allerdings unironisch, im G-Dur KV 387 aufgegriffen) Dennoch gilt natürlich auch für diese Stücke, daß sie, besonders in den Kopfsätzen, meist sehr konzentriert gearbeitet sind.


    Ich werde mir ziemlich sicher die Einspielung des Auryn-Q. noch zulegen. Kennengelernt habe ich die Werke (wobei ich gestehen muß, sie abgesehen von #3 noch nicht besonders gut zu kennen) in der Einspielung des Apponyi-Quartetts (Freiburger BO), die zwar sehr fetzig, aber mitunter auch ziemlich kratzig spielen. Das Angeles-Quartett in der Gesamtaufnahme ist zwar klangschön, aber ein wenig blaß. Vielleicht habe ich auch deswegen die Stücke als etwas trocken empfunden. Das "Vogelquartett" halte ich aber jedenfalls für eines der ganz großen Quartette. Das beginnt mit dem grandiosen Kopfsatz mit seinen Klangflächen, harmonischen Kontrasten, setzt sich über das eigenartig dunkle und verhaltene Scherzo und den sehr schönen langsamen Satz bis zum mitreißenden "Balkan-Finale" fort.


    Eine hervorragende Interpretation von op.33,3 mit dem Smetana-Quartett findet sich auf einer oft sehr günstig zu kriegenden Aura/Ermitage-CD.


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Die Meinungen, inwieweit die "ganz neue besondere Art" ein Werbespruch ist oder ernstgenommen werden muß, sind geteilt.


    Das bezieht sich meines Erachtens auf die gehabten Erfahrungen mit op. 20 bzw. deren Vorgänger, die stark kritisiert wurden (Haydn könne keine Fugen etc. schreiben...). Daraufhin konterte er ja mit op. 20 zur Verblüffung seiner Ankläger - und nun nimmt er bei op. 33 jenen gleich den Wind aus den Segeln...


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo!


    Scheint so, als seien diese Werke außerordentlich beliebt hier im Forum! ;)


    Zitat

    Original von Pius
    Tja, ich fürchte, mir sind sie zu trocken. Erschließungsprobleme hatte ich zwar keine, aber mit op. 20 konnte ich (allerdings allgemeinverständlicherweise?) gleich mehr anfangen, sogar mit op. 17. Bei den zeitgleichen Symphonien ist das aber genau so. Die um 1770 komponierten Sturm-und Drang-Werke (parallel zu opp.17/20) mag ich i.d.R. mehr als die 70er-Nummer-Symphonien (parallel zu op. 33).
    Ein klares Lieblingswerk aus op. 33 habe ich dennoch: das C-dur-Quartett op. 33 Nr. 3
    Bislang habe und kenne ich nur die Buchbinder-Aufnahme. Eine Anschaffung der neuen Auryn-Aufnahme ist eine Überlegung wert, eilt aber nicht.


    Buchberger? Vielleicht liegt es ja an denen: Ich hab op. 20 von ihnen, und es geht mit umgekehrt wie Dir: Mir sagt op. 20 bisher nicht sonderlich viel...
    Bei op. 33 hingegen gefallen mir eigentlich alle Quartette der Serie. Ganz vorne wahrscheinlich h-moll (Nr. 1) und C-Dur (Nr. 3), dann Es- (2), G- (5), und D-Dur (6), danach dann B-Dur (4).
    Bei manchen der Quartette kann ich kaum verstehen, dass sie trocken sein sollen, z.B. bei Nr. 5 (bis auf das Finale vielleicht).


    Das B-Dur-Quartett kommt in Feders Buch recht schlecht weg: Erst verweist er auf Hans Keller, der es als einziges ab op. 20 nicht zu Haydns "großen" Quartetten rechnet (allerdings bei dieser Wertung, die sich nicht speziell auf 33,4 bezieht, nicht zustimmend und bemerkend, alle Quartette seien von hohem oder höchstem ästhetischen Wert); in der Werkbeschreibung kommentiert er selber es dann lapidar mit "Weniger geschätzt als die anderen Werke" und spart sich eine Beschreibung der ersten drei Sätze. Welche Vorbehalte könnte es gegenüber diesem Werk geben?



    Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Die Meinungen, inwieweit die "ganz neue besondere Art" ein Werbespruch ist oder ernstgenommen werden muß, sind geteilt. Rosen sieht erst hier den klassischen Stil in seiner Vollausprägung; das bezieht sich nicht nur auf die thematische Arbeit, die es lange vorher gibt, aber auf deren Intensivierung, die engere Beziehung von Detail und Großform, das Umschlagen von Begleitstimmen in relevante Hauptstimmen usw. Feder und IIRC auch Finscher sehen weniger deutliche Unterschiede, trotz der langen Pause.


    Das interessiert mich: Nennt Rosen dafür Beispiele? Ich komme momentan leider gerade nicht so einfach an das Buch.



    Zitat

    Der 2. Satz in #5 ist eine Art Opernarie, hier bin ich mir nicht sicher, ob das nicht vielleicht sogar als Parodie gemeint sein könnte [Finscher im Reclam sieht den Satz aber als ernst an], obwohl es zwischendurch und am Schluß etwas ernster zu werden scheint.


    Ich finde den Satz durchgängig ernst - bis auf den letzten Ton. Ich kann da Feder gut folgen, der das anders sieht als Finscher und auf das Pizzicato hinweist, das den Satz mit einem Augenzwinkern (oder einer auf den Boden tropfenden Krokodilsträne :) ) beendet.



    Gruß,
    Frank.

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  • Zitat

    Original von Spradow
    Das B-Dur-Quartett kommt in Feders Buch recht schlecht weg: Erst verweist er auf Hans Keller, der es als einziges ab op. 20 nicht zu Haydns "großen" Quartetten rechnet (allerdings bei dieser Wertung, die sich nicht speziell auf 33,4 bezieht, nicht zustimmend und bemerkend, alle Quartette seien von hohem oder höchstem ästhetischen Wert); in der Werkbeschreibung kommentiert er selber es dann lapidar mit "Weniger geschätzt als die anderen Werke" und spart sich eine Beschreibung der ersten drei Sätze. Welche Vorbehalte könnte es gegenüber diesem Werk geben?


    Kann ich so spontan auch nicht sagen....


    Zitat

    Das interessiert mich: Nennt Rosen dafür Beispiele? Ich komme momentan leider gerade nicht so einfach an das Buch.


    Das ist leider nicht so ganz einfach, sondern geht ziemlich ins Detail; er analysiert den Beginn des h-moll recht ausführlich (Finscher schreibt im Reclam-Führer auch was dazu, vielleicht ist das hilfreich) und weist z.B. darauf hin, wie anders als in op.20 Begleitstimmen plötzlich thematisch werden usw. Auch geht es um harmonische Entwicklungen, die ich selbst nicht ganz verstehe, jedenfalls niemandem erklären kann.
    Es ist aber andererseits nachvollziehbar, daß im emotionalen Ausdruck op.20 wesentlich stärker wirkt. Es geht ja auch weniger um absolute Qualitätsvergleiche, sondern um Merkmale einer stilistischen Veränderung.


    (Ein Beispiel für die Detail-Großform-Beziehung, die Rosen meint, ist im Kopfsatz in der Eroica die irritierende Eintrübung durch das cis gleich nach Vorstellung des Themas, die erst in der Reprise "aufgelöst" wird. Solch extreme Beispiele sind bei Haydn selten, aber auch hier hat Rosen was ähnliches, IIRC in op.50,4i, müßte ich nachsehen)


    Zitat

    Ich finde den Satz durchgängig ernst - bis auf den letzten Ton. Ich kann da Feder gut folgen, der das anders sieht als Finscher und auf das Pizzicato hinweist, das den Satz mit einem Augenzwinkern (oder einer auf den Boden tropfenden Krokodilsträne :) ) beendet.


    Würfe ein solches Augenzwinkern nicht auch ein Licht auf den Rest des Satzes?


    :hello:


    JR

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  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Das ist leider nicht so ganz einfach, sondern geht ziemlich ins Detail; er analysiert den Beginn des h-moll recht ausführlich (Finscher schreibt im Reclam-Führer auch was dazu, vielleicht ist das hilfreich) und weist z.B. darauf hin, wie anders als in op.20 Begleitstimmen plötzlich thematisch werden usw. Auch geht es um harmonische Entwicklungen, die ich selbst nicht ganz verstehe, jedenfalls niemandem erklären kann.


    Ja, bei der Harmonik setzt es bei mir leider auch recht schnell aus; irgendwann habe ich das mal etwas aufgearbeitet, aber leider bleibt das auch nicht gut hängen, wenn man's selten braucht...
    Aber wo Du es sagst, fällt mir ein, dass solche Zusammenhänge auch häufig an wiederkehrenden Intervallen festgemacht werden.
    Den Rosen werde ich mir wohl irgendwann anschaffen müssen (oder meine nächste Uni hat ihn im Fundus :wacky: ).


    Zitat

    Würfe ein solches Augenzwinkern nicht auch ein Licht auf den Rest des Satzes?


    Ja, das sehe ich auch so - vielleicht habe ich mich etwas unpräzise ausgedrückt. Allerdings hört man den Satz ja erstmal als ernst, darauf wollte ich hinweisen.



    Gruß,
    Frank.

  • Ich habe gestern op. 33 komplett gehört, und nur bei B-Dur nicht so gut aufgepasst ...
    Dass hier die Vermutung zu finden ist, man könne diese Musik "trocken" finden, passt nicht zu meiner Hörerfahrung - fesselnde, abwechslungsreiche, gleichzeitig ernste und humorvolle Musik ... Haydn eben ...


    Ich habe jetzt jedenfalls einen eindeutigen Favoriten:
    C-Dur
    Das ist aber offenbar ohnehin bei allen Hörern so :)
    In krassem Gegensatz zu den anderen op.33-Fans ziehe ich aber nun
    Es-Dur
    dem h-moll-Quartett vor, bei letzterem ist mir der tonartfremde Satz irgendwie zu lang.
    Dann kommen h-moll und D-Dur.
    Bei G-Dur liebe ich zwar das Scherzo aber dafür den Kopfsatz weniger und somit bleibt es mit B-Dur das Schlusslicht.
    Aber eigentlich sind alle sechs ganz erstklassig - natürlich.
    :thumbup:


    Allerdings, da ich nun wieder alle 6 gehört habe, weiß ich bei etwaig aufblitzenden Erinnerungen auch nicht unbedingt, was zu welchem Quartett gehört.
    :stumm:

  • Ich sehe schon, daß auch dieser Thread einer Aufwertung bedarf. Wolfram, der ja derzeit mit op 50 befasst ist, ist derzeit überlastet, aber irgendwann werde ich ihn auch für op 33 um eine Analyse bitten.
    Inzwischen mag man sich mit ein paar Statements aus meiner Feder begnügen, von denen ich hoffe, daß sie meine Begeisterung für Haydns Streichquartette op 33 ein wenig widerspiegeln. Ich habe meine Hörsitzung in Bezug auf op 50 unterbrochen und den Beitrag des Kurzstückmeisters zum Anlass genommen, einzelne Werke von op 33 zu hören.
    Mir ging es zunächst darum (für mich) klarzustellen ob diese Werke nun "spröde" seien - oder nicht.
    Sie sind es mitnichten !! Ich schliesse mich in diesem Punkt dem KSM vollinhaltlich an, möchte aber hier sogar einen Punkt weitergehen. Hatte ich die Aussage Haydns (?) von der "ganz neuen Art" als Werbegag des 18. Jahrhunderts gewertet, so muß ich sagen, daß hier der Nagel auf den Kopf getroffen wurde. Auf mich wirken die Quartette nicht nur äusserst klangschön, sondern auch "spritzig" und teilweise tiefsinnig, in jedem Falle aber originell, manchmal sogar etwas skurril, was ich aber positiv verstanden haben möchte. Mein Favorit war ursprünglich der 2. Satz des Quartetts Nr 2, aber der KSM hat Recht: Das Konzert in C- Dur (Nr 3) ist noch "charakteristischer"..
    Wem das nicht gefällt, der ist - so fürchte ich - für die Kammermusik verloren - aber ich kann mich da (glücklicherweise) auch irren....


    Nachtrag: Glücklicherweise habe ich, nachdem ich meine Hörsitzung beendet hatte, noch in eine Alternativaufnahme hineingehört, und dann (via Hörschnippsel) noch in eine dritte. Dabei musste ich feststellen, daß vor allem die Aufnahme des Auryn Quartetts

    die von mir beschriebenen Vorzüge der Werke zur Geltung bringt, das Buchberger Quartett und (noch mehr) das Kodaly Quartett klingen doch braver und harmloser...


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Die Stücke sind objektiv fast alle sehr knapp und daher insofern "dicht", dass in kurzer Zeit viel passiert. Der erste Satz des h-moll wirkt schon sehr lakonisch (man vgl. zB mit op.64/2)
    Und m.E. fehlen, ungeachtet einiger langsamen Sätze und des h-moll-Werks weitgehend "leidenschaftliche" Sätze wie zB in op.20, #3 g-moll und #5 f-moll, oder den langsamen Sätzen in op.20 #2 und #4.
    Ich habe ein wenig den Eindruck, dass Haydn die vorgeblich neue Schreibart und Textur durch eine Dominanz von eher humorvollen Sätzen, einigen Gags wie dem "Joke" im Finale des 2. Quartetts, das vermutlich doch nach dem "Vogel" das nächstpopuläre ist), sowie volkstümlicher Einlagen wie die exponierte Geige im Trio des Es-Dur #2 oder das Balkanfinale des "Vogel"-Quartetts #3 aufgelockert hat.
    Das ist natürlich ein bißchen platt und überspitzt und soll auch keineswegs negativ verstanden werden. Ich halte das C-Dur-Werk (besonders den Kopfsatz) für eines der besten Quartette Haydns und selbstverständlich sind sie alle 6 gut. Alle Haydn-Quartette ab op.9 sind extrem lohnend und ich finde auch op.1+2 hörenswert, wobei es dort halt ein leichterer Divertimento-Stil ist.

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  • Ich will mal eine Lanze für das D-Dur-Quartett brechen (Nummer 6), für mich inzwischen das drittliebste hinter h-Moll (1) und C-Dur (2). Das Gewicht liegt hier offenbar nicht so sehr auf dem recht knappen 6/8-Kopfsatz (der aber sehr dialogisch ist, was offenbar häufiger bei Haydns "leichteren" Quartettkopfsätzen der Fall ist, schon bei op. 9), sondern mehr auf dem d-moll-Andante: Wie der langsame Satz in op. 33,5 ist das eine Art Arie, aber deutlich ernster und tiefgründiger. (Das Auryn-Quartett spielt am Ende eine kleine Violinkadenz, die aber in der Partitur bei imslp nicht verzeichnet ist, weiß da jemand Näheres? Gibt es die Kadenz in anderen Einspielungen auch?)


    In den beiden folgenden Sätzen gibt es Witziges: Im Scherzo wird treibt Haydn sein Spiel mit den Einsätzen, insbesondere wenn die zweite Violine und die Viola den B-Teil drei Takte zu früh beenden und mit dem Hauptthema beginnen, was die erste Violine wiederum mitreißt, ihnen einen Takt später zu folgen. Der richtige Einsatz zwei Takte später wird dann von der ersten Violine mit einem demonstrativen Sforzato auf dem Auftakt markiert, während das Cello, das die ganze Zeit auf einem stoischen a eingeschlafen war, - wie ganz am Anfang auch schon - wieder einen Takt zu spät kommt.
    Das Finale (Eine Art Mischung zwischen Dur-/Moll-Doppelvariation und Rondo) hat eine witzige Schlusspointe: Haydn kadenziert zwar auf D-Dur, aber die Violine erreicht ihr d in einer Pause der anderen Instrumente, die den D-Dur-Akkord dann verschämt nachreichen; alles im unbetonten zweiten Taktteil und außerdem im Piano, während vorher Mezzoforte galt. Das klingt natürlich überhaupt nicht nach Ende - das echte folgt dann auch nach einer etwas ratlosen Pause im demonstrativen Forte-Unisono.

  • Ich will mal eine Lanze für das D-Dur-Quartett brechen (Nummer 6)


    Dieses Stück hat mich am meisten beschäftigt - allerdings der von Dir übergangene Kopfsatz.
    Formell fällt der Satz aus der Reihe - und ich bin unschlüssig, wie man ihn "richtig" hören soll.


    Der erste Teil der Durchführung ist recht emsig, was sich nachher als notwendig herausstellen wird.
    Dann gibt es eine Zäsur mit Fermate (Takt 70). Anschließend eine Scheinreprise in der Dominanttonart (T. 71-74), worauf das Material, das zu Anfang an die variierte Wiederholung (T. 5-8 ) des Themenkopfes (T. 1-4) angeschlossen hat (T. 9 folgende) und somit den Beginn der Überleitung zum Seitensatz abgegeben hat - worauf dieses Material also 3 Takte lang (T. 75-77) zur varierten Wiederholung des Themenkopfes in der Grundtonart (T. 78 ff) überleitet und dabei die Scheinreprise unauffällig in die Reprise umbiegt.


    Das ist normalerweise nicht der Sinn der Scheinreprise ... wenn man nicht höllisch aufpasst, glaubt man, den Repriseneinsatz verschlafen zu haben oder man tappt im Dunklen, wo er denn nun wirklich gewesen ist.

  • Ich halte das C-Dur-Werk (besonders den Kopfsatz) für eines der besten Quartette Haydns


    Besonders beeindruckend finde ich die Pianissimo-Stelle gegen Ende der Durchführung (T. 88-97), und wie dann von der folgenden Variante des Überleitungsteils, die hier in e-moll steht und somit eigentlich wegen des langen Verharrens eher eine e-moll-Reprise vorzubereiten scheint, am Beginn der Reprise (T.108-111) nach C-Dur umgebogen wird. Eigentlich ein ähnlicher "Schmäh", wie ich ihn gerade im D-Dur-Quartett beschrieben habe. Das verspätete Eintreten des C-Dur in T. 111 finde ich recht wirkungsvoll! Die "Dunkelfärbung" davor trägt wohl durchaus zum ernsten Charakter des Satzes bei.


  • Dieses Stück hat mich am meisten beschäftigt - allerdings der von Dir übergangene Kopfsatz.
    Formell fällt der Satz aus der Reihe - und ich bin unschlüssig, wie man ihn "richtig" hören soll.


    Der erste Teil der Durchführung ist recht emsig, was sich nachher als notwendig herausstellen wird.
    Dann gibt es eine Zäsur mit Fermate (Takt 70). Anschließend eine Scheinreprise in der Dominanttonart (T. 71-74), worauf das Material, das zu Anfang an die variierte Wiederholung (T. 5-8 ) des Themenkopfes (T. 1-4) angeschlossen hat (T. 9 folgende) und somit den Beginn der Überleitung zum Seitensatz abgegeben hat - worauf dieses Material also 3 Takte lang (T. 75-77) zur varierten Wiederholung des Themenkopfes in der Grundtonart (T. 78 ff) überleitet und dabei die Scheinreprise unauffällig in die Reprise umbiegt.


    Das ist normalerweise nicht der Sinn der Scheinreprise ... wenn man nicht höllisch aufpasst, glaubt man, den Repriseneinsatz verschlafen zu haben oder man tappt im Dunklen, wo er denn nun wirklich gewesen ist.


    ich werde auch nicht schlau draus. Denn ab T 84/85 wird ja D-Dur wieder verlassen. Zwar ist ein durchfürhrungartiger Abschnitt kurz nach (stabilem?) Reprisenbeginn nicht so selten, aber der wäre fast so lang wie die Durchführung. Ab ca. T 100 ist dann wieder einigermaßen stabil D-Dur. Vielleicht ist da irgendwo die "eigentliche Reprise". Ab T. 116 kommt jedenfalls Überleitung und Seitenthema, die in der Expo nach A-Dur gingen, in D-Dur. In der Schlussgruppe wird wg. Wdh. von Durchf./Reprise freilich wieder nach A-Dur moduliert. Der Reclam-Führer schreibt wenig hilfreich, dass der Satz erst in der Coda "zur Ruhe komme".


    Egal, ob wir das A-Dur-Statement der ersten Phrase (71 ff.) noch als Durchführung nehmen oder nicht. Das Expo Material T-1-26 wird entweder von T 71 oder T.78 (der dann T.5 entspräche) bis ca. T 115 "gedehnt", wobei besonders ca. T. 85-99 (99 korrespondiert zu 13) Durchführungscharakter hat und T.109-115 ebenfalls gegenüber der Expo erweitert ist. Kleinere Erweiterungen sind ja durchaus üblich. Frage wäre, ab wann man sich stabil in der Reprise wähnt. Ich bin ja noch immer ein schlechter Harmonienhörer. Aber "gefühlt" ist für mich ca. 85-99 ziemlich instabil (und damit im Grunde auch das D-Dur vorher) und ganz in trockenen Tüchern ist man erst ab ca. T. 116.
    Wie gesagt, mir fehlen die Harmonielehrekenntnisse, um das schnell zu überblicken. Vermutlich müsste man erst die Expo phrasenweise ansehen (hier geht es zwischendurch ja nach E-Dur als D von A-Dur) und dann gucken, wie sich die Elemente in T.71-115 wiederfinden. Danach scheint es mir einigermaßen regulär zu sein.

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  • Der Reclam-Führer schreibt wenig hilfreich, dass der Satz erst in der Coda "zur Ruhe komme".


    So schlecht finde ich das Statement nicht. Ansich sollte durch die Stabilisierung der Grundtonart und das Wiedereintreten der "Themen" die Form in der Reprise zur Ruhe kommen. Wenn hier steht, dass der Satz erst in der Code zur Ruhe kommt, sagt es (ebenso wie wir), dass mit der Reprise etwas nicht stimmt. Du hast das im letzten Beitrag etwas ausführlicher dargestellt - es gibt zwar immer wieder "Reprise", aber sie fängt nie richtig an und die Durchführung hört zwar schon irgendwann endgültig auf, aber ohne mit einer (thematischen) Zäsur zum deutlichen Abschluss zu gelangen, sondern man merkt nur, dass man schon in der Reprise ist, ohne aber einen Anfang davon serviert bekommen zu haben. Takt 116 klingt nämlich nicht wie der Beginn eines Formteiles, da vorher und nachher in der Grundtonart Expositionsmaterial wiederholt wird. Kein "und jetzt:".


    P.S.: 85-99 ist sowohl instabil als auch ziemlich weit von D-Dur entfernt.
    :hello:

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  • Vielleicht hilft hier Charles Rosens Definition eines Sonatensatzes (in "Der klassische Stil"): Bei ihm sind die wichtigen Kriterien für die Reprise, wenn ich das richtig verstehe, dass erstens nach höchstens 3/4 des Satzes die Tonika erreicht und nicht mehr verlassen wird, und zweitens, dass alles Material, was in der Exposition dominantisch war, später in der Tonika präsentiert wird.
    Haydn hält beide Kriterien ein: Irgendwo ab Takt 100 wird die Tonika erreicht (meine Harmonikkenntnisse reichen noch nicht, das aufzulösen, aber hörend scheint es mir klar) und wird nicht mehr dauerhaft verlassen; nicht zuletzt dank der Coda wird auch die 3/4-Proportion eingehalten (auch bei doppelt gezählter Exposition), und auch die Gesamtlänge durchführender Abschnitte ist nicht unüblich. Danach wäre das hier also eine völlig gültige Ausprägung der Sonatensatzform! Rosen beschreibt irgendwo eine ganz ähnliche freie Handhabung eines Sonatensatzes in einem anderen Werk von Haydn, ich habe die Stelle aber eben nicht wiedergefunden.

  • Es gibt den interessanten Kopfsatz der Sinfonie Nr. 89, in der die Durchführung von der Abfolge der melodischen Gestalten beinahe der Exposition gleicht, aber eben harmonisch "durchführt", während die Reprise motivische Arbeit leistet, dabei jedoch harmonisch rekapituliert. Die Abschnitte als solche sind aber einigermaßen zu trennen und zu erkennen (trotz Schein-Scheinreprise).

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  • Es gibt den interessanten Kopfsatz der Sinfonie Nr. 89, in der die Durchführung von der Abfolge der melodischen Gestalten beinahe der Exposition gleicht, aber eben harmonisch "durchführt", während die Reprise motivische Arbeit leistet, dabei jedoch harmonisch rekapituliert. Die Abschnitte als solche sind aber einigermaßen zu trennen und zu erkennen (trotz Schein-Scheinreprise).


    Ja, die entsprechende Stelle habe ich bei Rosen eben sogar gefunden (S. 174, unten), aber es ist nicht die, die ich meinte.... wenn ich mich richtig erinnere, war das eine detailliertere Analyse.

  • Auf S. 156 (in der TB Ausgabe) schreibt Rosen was zu den Reprisen der Kopfsätze von op.64 Nr. 4 und 5 (ist aber sehr knapp). Habe jetzt keine Muße, das nachzuvollziehen.

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    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Auf S. 156 (in der TB Ausgabe) schreibt Rosen was zu den Reprisen der Kopfsätze von op.64 Nr. 4 und 5 (ist aber sehr knapp). Habe jetzt keine Muße, das nachzuvollziehen.


    Ok, ich habe die Stelle gefunden, die ich meinte (aber es ist doch etwas anders als ich in Erinnerung hatte). Das Werk ist op. 64,3 B-Dur, und es geht um die Melodie im Seitensatz (T. 33-42), die erste Phrase in F-Dur, die zweite in Moll. Rosen begreift das Vorkommen der Melodie in b-moll (T. 87) als hinreichende Auflösung, so dass die Melodie in der Reprise fehlen darf.


    Die Passage bei Rosen steht im Taschenbuch auf Seite 78 unten; die ganze Diskussion davor und danach thematisiert die Notwendigkeit, dominantisches Material in der Tonika zu wiederholen, aber nicht notwendigerweise das schon in der Tonika stehende.

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  • Die Aufnahme von op. 33 mit dem historisch orientiert spielenden Festetics Quartett ist derzeit beim Werbepartner sehr günstig zu haben.


  • Ja, es ist nun gut 5 Jahre her, daß in diesem Thread etwas geschrieben wurde. Interessant ist es immer, wenn man nach vielen Jahren lies, was man dereinst geschrieben hat. Bei mir war das vor 9 Jahren, ich habe damals die Aufnahme mit den Auryn Quartett gehört und war damals durch die Bank begeistert. Diesmal habe ich mit Nr 1 begonnen - und fand es beim "Ersthören noch 9 Jahren" eher sperrig und komplex (Die Reihenfolge der heutigen Nummerierung ist vermutlich übrigens nicht "original"). Verwendet habe ich hier eine Aufnahme mit den Parkany Quartett (für Praha - bereits gestrichen), ein erneutes Hören mit dem Buchberger Quartett klang für mich eingängiger weil "volkstümlicher"

    Die Nr 2 "Der Scherz" hatte mich sofort gewonnen, und hier vor allem der zweite markante und eigenwillig schöne Satz. Er kam mir irgendwie vertraut vor, und wenn ich hier meinen Beitrag von 2012 nachlese, so ist er mir bereits damals aufgefallen.

    Über die "ganz neue Art" ist viel geschrieben worden, und das durchaus unterschiedlich. Prof Buchberger, Gründungsmitglied und Primarius des nach ihm benannten Quartetts (es existierte von 1974-2914) wies unter anderem darauf hin, daß Haydn konsequent das Menuett durch ein Scherzo ersetzt habe. Wie dem Auch sei - Auch wenn die Aussage "auf besondere Art" eine Werbeaussage gewesen sein solle - so dürfen die Subskribenten doch wirklich was Aussergewöhnliches für ihr Geld bekommen haben. Obwohl Haydn ja schon zehn Jahre zuvor - bezogen auf die Quartette op 20 - geschrieben hat, er habe mit 40 neu begonnen.

    Heute habe ich die Aufnahmen mit dem Buchberger Quartett und jene mit dem Pro ArtQuartett (London - Dez 1933 für EMI) gehört und ich muß sagen es sich schon erstaunlich wie relativ klangfarbentreu man in den frühen 30er Jahren aufnehmen konnte. Natürlich gibt es eine gewisse Patina und einen Hauch gestriger Ästhetik - aber etliche Musikfreunde werden das vermutlich schätzen....

    Beide Einspielungen sind nur in eine Box verfügbar, wobei die Buchbergers das unechte op.3 weglassen und das Pro Arte Quartett generell nur 27 Streichquartette Haydns aufgenommen hatt - eine geplante Gesamtaufnahme (an der man zwischen 1932 und 1938 arbeitetete) wurde durch den 2. Weltkrieg abgebrochen - Es existiert also nur ein Torso...


    BEIDE Boxen sind absolut empfehlenswert:

    Bei den Buchbergers (23 CDs) beläuft sich eine CD auf etwa 1,50 Euro (Ich habe seinerzeit mit den Einzelveröffentlichungen wesentlich mehr bezahlt)

    Die Pro Art Aufnahme (7 CDs) kostet komplett 19.99 Euro - Alternativ gäbe es die selben Einspielungen auf "Testament" -verteilt auf 2 Boxen, zum Gesamtpreis von 86.-- Euro....


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich muss gestehen, dass ich wohl am häufigsten Op. 76, dann Op. 20, dann Op. 50 und dann Op. 64 höre. So erschließt sich das aus der in meinen Boxen zu findenden Sortierung, die sich durch nach vorne holen und dann ablegen ergibt. Das sind dann so Reihenfolgen, die sich nach dem Durchhören von Boxen ergeben und wahrscheinlich der zufälligen Stimmung geschuldet sind, in der die Musik gehört wurde. Dann gibt es den Effekt, dass man gerne das erfolgreich Gehörte wieder hört und so hat man dann eine Selbstverstärkung, die sich eigentlich nicht durch die Qualität der Werke begründen lässt. Das ist mir jetzt schon mehrfach bei meinem Hörverhalten aufgefallen. Soviel Vorrede ...







    Aufgrund einer Empfehlung von Garaguly habe ich mir vom Doric String Quartet, einem 1998 in England gegründeten Ensemble, tatsächlich neben Op. 76 auch noch Op. 33 geholt. (Wahrscheinlich sollte man sich den Besetzungswechsel seit 1998 einmal anschauen) Einmal durchgehört, habe ich mich jetzt auf Op. 33 Nr. 1 in h-Moll konzentriert. Es ist 1781 veröffentlicht worden.


    Anders als die Festetics oder das Quatuor mosaïques spielt man hier klassisch und nicht hip. Trotzdem mutet die Spielweise modern an. Es gibt eine analytische Distanz zum Werk, die ich als sehr wohltuend empfinde. An Dynamik mangelt es keineswegs


    Zum Vergleich habe ich mir meine Auryn Aufnahme angehört, die mich schon einige Zeit begleitet.


    Wenn man nun Op. 20 im Ohr hat, so fällt einem die größere polyphone Dichte der Sätze auf, die größere Sparsamkeit der Mittel im Einsatz, kein Überschwang, eigentlich alles, was mir normalerweise gefällt. Warum die nun nicht in meine Musikrotation kamen, kann ich nicht mehr sagen.


    Mein Kammermusikführer meint hier anmerken zu müssen, dass der erste Satz Allegro moderato und der zweite Scherzo beste Beispiele für die neue Art zu komponieren seien, da aber nichts weiter folgt, hängt der Satz etwas in der Luft....;)


    Auf jeden Fall fängt der erste Satz auch harmonisch beeindruckend an (Das fällt bei der Auryn Interpretation gar nicht so auf) Der emotionale Kontrast zwischen den beiden Basismotiven ist extrem stark, einmal ein tänzerisches Motiv und ein zweites melancholisch melodiöses, die aber in intensiver Abwechslung interessant verarbeitet werden. Hier wird nichts ausgekostet, außer der Verarbeitung. Ein, wie ich finde, großartiger, spannender Satz, der schon irgendwie anders klingt, als ich op. 20 in den Ohren habe.


    Das folgende Scherzo ist deutlich einfacher gestrickt, aber auch nur kurz und wirkt wie ein Intermezzo zum anschließenden Andante-Satz, der auch motivisch auf das Scherzo zurückgreift. Dieser Satz nun hat eine bedrückende Ruhe, die die motivisch, aber auch harmonisch interessant ausgelotet wird. Der Satz wirkt auf mich sehr modern.


    Das Presto-Finale ist ein Feger, der aber stimmungstechnisch auch nicht leicht einzuordnen ist.


    Ein großartiges Quartett, das die Dorer durch die Interpretation viel besser zur Geltung bringen, als es bei mir momentan das Auryn Quartett vermag.


    Das Web hilft auch hier:


    Da der ursprüngliche Clip entfernt wurde - gibrt es hier einen Alternativclip, von dem ich hoffe, daß er den Intentionen des Beitragserstellers einigermaßen entspricht MOD 001 Alfred

  • The London Haydn Quartet hat eine Gesamtaufnahme der Haydn Quartette 2007 beim Label Hyperion begonnen. Bisher sind neun Doppel-Alben erschienen, die jeweils Gemälde mit Ansichten Lonsons zeigen. Die Musiker lassen sich Zeit für die Einspielung, denn sie studieren die erhaltenen Handschriften aus genaueste.


    Eine HIP Aufnahmen. Den Klang, der durch den Gebrauch der Darmsaiten entsteht, muss man mögen.


    Den Booklet-Text von Richard Wigmore, ganz unten im Link, den uns das Label Hyperion grosszügig zugänglich macht, empfehle ich ausdrücklich, um mehr über die Geschiche der Entstehung und die Charakteristika des Opus 33 zu erfahren.


    Klickt man den Reiter "Anmerkungen" an, erfährt man zusätzlich mehr über die Unterschiede der gedruckten Ausgaben (Schmitt bzw. Artaria)


    https://www.hyperion-records.co.uk/dc.asp?dc=D_CDA67955


    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Ja - aber wenn ich nicht irre, so stimmen die Clips werde mit op 33, noch mit op 1 überein ?

    LG Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • In diese hochinteressante Thematik möchte ich auch gerne einsteigen. Daher habe ich, da ich eh am Computer war, einmal nach interessanten Aufnahmen Ausschau gehalten.


    Bei op. 33 Nr. 1 stieß ich auf diese interpretatorisch sehr interessante Einspielung des Tesla-Quartets (ein junges, aufstrebendes Quartett, das 2008 an der Juilliard School gegründet wurde), das für mich keinerlei Wünsche offenlässt. Kleine Wackler dieser Live-Aufnahme schmälern für mich den superben Gesamteindruck dieses hochkarätigen Ensembles in keiner Weise, im Gegenteil, die Frische, Natürlichkeit und Dynamik dieser Live-Aufnahme sind überbordend. Auch Ton- und Bildtechnik sind vorzüglich.


    Hier wird mit großem, vollem und rundem Ton musiziert, die Schönheit, große Emphase, aber auch die Verspieltheit und tänzerische Elegance, die Verschmitztheit und die Beherztheit der großartigen Komposition werden vortrefflich eingefangen.


    In jedem Fall finde ich hier nichts Sprödes oder Akademisches, sondern eine sehr sinnliche, noble und empfindungsreiche Musik, die sehr hörenswert ist; in dieser Einspielung allemal.


  • Ja - aber wenn ich nicht irre, so stimmen die Clips werde mit op 33, noch mit op 1 überein ?

    LG Alfred

    Haydn ist immer für eine Überraschung gut. Die Reihenfolge der sechs Quartette ist in der Einspielung von Opus 33 des Ensembles London Quartet eine andere.


    Nr. 2, Nr 4, Nr. 1 für die erste, Nr. 6, Nr. 5, Nr. 3 für die zweite CD


    LG moderato

    .

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  • Ich finde das eher eine Unsitte. Bei einzeln veröffentlichten CDs noch halbwegs verständlich. Das ABQ hat zb die 3 mit Namen aus Op. 76 auf einer.

    Seltsamerweise haben das Auryn und das Apponyi Quartett beide 5 2 1 3 6 4, vermutlich ist das eine philologisch eruierte Reihenfolge. Jedenfalls komisch, dass die Londoner wieder eine andere haben. An der spieldauer kann es bei diesen kurzen Werken kaum liegen.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Etwas wissen und es bei Bedarf parat haben, das sind zwei Paar Schuhe. Ich hatte schon gelesen, daß es im Laufe verschiedener Editionen verschiedene Nummerierungen gibt, aber ich hatte es vergessen. Und vor allem habe ich geglaubt, daß man sie HEUTE auf eine einheitliche Nummerierung geeinigt hätte - eben nach dem Hoboken-Verzeichnis. Man war indes oft der Meinung, daß die ursprüngliche Reohenfolge eine andere sein müsse, als in der Reihenfolge, in der Haydn sie komponiert habe. In einem der Booklets stand zu lesen, daß es Haydn wahrscheinlich gleichgültig gewesen sei.

    Starrköpfig wie Musiker und Musikwissenschafter eben sind haben manche, - nein eigentlich viele - zwar die heute übliche Nummerierung verwendet, ABER auf den CDs in der Reihenfolge sortiert, die die vermutlich originale ist. Dsß jeman heut auf di Idee komen könne, eine der alten Nummerierunge zu verwenden - das wäre mir nicht im Traume eingefallen. Mir persönlich wäre ja die Duchnummerierung aller Singonie (es gibt sie) am liebsten - aber da nicht jeder Hersteller sie auf seinen Cover vermerkt habe ich diesen Ansatz ( den ich bei den Mozarts Klavierkonzerten verwende) bei Haydns Streichquartetten verworfen.

    Besten Dank jedenfalls an moderato, der mich auf den Boden der Realität zurückgebracht hat


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Die Nummerierung nach Hoboken ist nach wie vor die verbindliche. Natürlich kann man auf CD Stücke anordnen wie man will und manchmal bringt man nur so alles auf 2 CD unter. Das ist hier aber nicht der Fall. Die von mir genannte wird auch von Georg Feder in seinem Buch verwendet. Offensichtlich weichen G-Dur und D-Dur in Satzfolge und weiteren Details ab, daher verständlich, dass man die auseinander stellt. Aber es sind ja eh alles eigenständige Stücke, die Reihenfolge in der Sammlung hat kaum eine Bedeutung.

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    (Bob Dylan)

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