• Hallo,


    habe im Wunschlisten-Thread grad die CD von Schumann mit Werken für Pedalflügel gesehen. Bin super gespannt wie das klingt.Bisher ist mir das sogenannte Pedalklavier nur durch Mozart ein Begriff. Würde gerne Näheres zur Technik, Klang etc.erfahren! :)

    "Ich werde allerorten an Deiner Seite seyn"

  • Zwischen dem von Mozart verwendeten Pedalklavier und dem "Schumann'schen" Pedalflügel besteht ein deutlicher Unterschied.


    Während das von Mozart verwendete lediglich Pedale zur Steuerung der Dynamik hatte (davon ist nach dem Studium der Partituren auszugehen - daß es in KV 466 eine Stelle für Pedalklavier à la Schumann gibt, halte ich für einen Irrtum), haben die Pedale bei dem von Schumann verwendeten Instrument Pedale, welche Klänge erzeugen - funktional ganz ähnlich jenen einer Orgel, im Klang natürlich nicht. Der Klang entspricht dem Baß- und Tenorregister des Klaviers (da wird also beim reinen Zuhören kein Unterschied auszumachen sein). Bei der Umsetzung ist das Pedalklavier dann eher eine Seltenheit. Ich habe die Schumannschen Stücke z. T. dreihändig auf ein oder zwei Klavieren eingespielt vorliegen - im Klang macht dies m. E. keinen Unterschied aus (vom ggfs. etwas anderen Anschlag der "dritten Hand" mal abgesehen).


    :hello:


    Ulli

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • Inzwischen gibt es endlich eine Aufnahme der Opera von Schumann auf einem Pedalflügel - es ist nicht einfach, ein gut erhaltenes Instrument mit Pedal zu finden. Martin Schmeding hat eines von Pleyel in einer belgischen Sammlung gefunden:



    Auf SA-CD.net habe ich mehr dazu geschrieben. Von den drei Zyklen ist einer optimal auf dem Pedalflügel, einer auf der Orgel, einer liegt dazwischen, wie Schmeding schreibt, was ein mir bekannter Organist, Dan Zerfaß in Worms, der sie inzwischen auf der dortigen Orgel aufgenommen hat, bestätigt.
    Ein Kritiker fand Schmedings Spiel eintönig - das kann ich nicht nachvollziehen.


    Als weiterer Pedalflügel-Spieler fällt mir im Moment nur John Khouri ein, von dem ich irgendwo zwei CDs haben muß. Es gibt wenige ausdrücklich mit Pedalstimme komponierte Klavierwerke - Schumann erhoffte sich einen Erneuerungsimpuls von diesem Instrument, aber wenige sind ihm gefolgt, z.B. Charles Alkan.


    Fortsetzung folgt.

  • Zitat

    Original von Ulli
    Zwischen dem von Mozart verwendeten Pedalklavier und dem "Schumann'schen" Pedalflügel besteht ein deutlicher Unterschied.


    Während das von Mozart verwendete lediglich Pedale zur Steuerung der Dynamik hatte ...


    Das widerspricht deutlich den Ergebnissen, die man in
    "Mozarts Hammerflügel"
    von Angermüller & Huber (eds.), Mozarteum Salzburg, 2000
    findet.


    Danach besaß Mozarts Flügel sehr wohl ein eigenständiges, 'tonerzeugendes' Pedal. Die Beweisführung ist schlüssig und lässt anderslautende Spekulationen eigentlich nicht mehr zu.

  • Zitat

    Original von Hildebrandt
    Das widerspricht deutlich den Ergebnissen, die man in
    "Mozarts Hammerflügel"
    von Angermüller & Huber (eds.), Mozarteum Salzburg, 2000
    findet.


    Danach besaß Mozarts Flügel sehr wohl ein eigenständiges, 'tonerzeugendes' Pedal. Die Beweisführung ist schlüssig und lässt anderslautende Spekulationen eigentlich nicht mehr zu.


    Das Buch kenne ich nicht, Danke für den Hinweis (ich werde bei Gelegenheit mal hineinschauen). Komisch nur, daß es von Mozart keine Kompositionen für dieses Instrument gibt, wenn er doch ein solches angeblich besaß...


    Es ist ja nicht unmöglich, daß Mozart so ein Instrument besaß (schließlich heißt es, es habe während eines Konzertes auf einem Pedalflügel improvisiert) - aber für die Nachwelt fixiert hat er die Kompositionen für Pedalflügel jedenfalls nicht. Über ein mögliches Indiz bei KV 466 hatten wir an anderer Stelle einst diskutiert. Die einzigen Werke, die ich mir für ein solches Instrument vorstellen könnte, wären die Werke für Orgelwalze (?)


    Vielleicht kannst Du aus dem Buch einen kurzen Hinweis zur Beweisführung geben?


    :hello:


    Ulli

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • Zitat

    Original von Ulli
    Komisch nur, daß es von Mozart keine Kompositionen für dieses Instrument gibt, wenn er doch ein solches angeblich besaß...


    Gerade bei den Klavierkonzerten soll es zum Einsatz gekommen sein, wobei Mozart selbst erheblich von dem abgewichen sein muss, was sich im Notentext findet.
    Und das "angeblich" kann man begraben. Er hat. Und es war der "über alles geliebte Flügel".


    Zitat

    Vielleicht kannst Du aus dem Buch einen kurzen Hinweis zur Beweisführung geben?


    Es werden zahlreiche Quellen zitiert, die keinen Zweifel am Vorhandensein und dem Zweck des Pedals zulassen. Halbwegs ordentlich beschrieben wird es sogar in einem Brief Leopold Mozarts an seine Tochter Maria Anna vom 12. 3. 1785: „...deines Bruders Fortepiano Flügel ist wenigstens 12 mahl, sei dem ich hier bin, aus dem Hause ins Theater oder in ein andres Haus getragen worden. Er hat ein grosses Forte piano pedale machen lassen, das unterm flügel steht und um 3 spann länger und erstaunlich schwer ist...“
    Dagegen hatte der Mozart-Flügel keine Pedale zur Aufhebung der Dämpfung oder einer anderen Mechanikbeeinflussung besessen. Für die Dämpferhebung gab es einen Handhebel links auf dem Stimmstock. Später sind wohl Kniehebel eingebaut worden, allerdings vermutlich erst nach Mozarts Tod.

  • Zitat

    Original von Hildebrandt


    Gerade bei den Klavierkonzerten soll es zum Einsatz gekommen sein, wobei Mozart selbst erheblich von dem abgewichen sein muss, was sich im Notentext findet.
    Und das "angeblich" kann man begraben. Er hat. Und es war der "über alles geliebte Flügel".


    Hm. Unzweifelhaft ist der Notentext des letzten Drittels der Klavierkonzerte Mozarts sehr fragmentarisch und läßt Spielraum für allerlei Spekulationen und Ergänzungen. Jedoch bis auf den einen Hinweis in KV 466 [vgl. Link oben] gibt es eigentlich keine Indizien, daß Mozart die Konzerte für ebendieses Instrument komponierte, wenn er es auch bei eigenen Produktionen verwendet haben mag, was man u.U. aus den Briefzitaten herauslesen könnte. Mozart hat ja stets bei seinen öffentlichen Konzerten improvisiert, letztlich egal, auf welchem Instrument. Wobei ich zu bedenken gebe, daß Mozart (wie übrigens auch Haydn) bei jenen Werken, die definitiv für Orgel komponiert wurden (z. B. KV 336), gar kein Pedalsatz vorhanden ist... und das, obwohl Mozart ja nachweiselich Orgelkonzerte mit Einsatz des Pedals bereits in frühestem Kindheitsalter gab.


    Zitat


    Es werden zahlreiche Quellen zitiert, die keinen Zweifel am Vorhandensein und dem Zweck des Pedals zulassen. Halbwegs ordentlich beschrieben wird es sogar in einem Brief Leopold Mozarts an seine Tochter Maria Anna vom 12. 3. 1785: „...deines Bruders Fortepiano Flügel ist wenigstens 12 mahl, sei dem ich hier bin, aus dem Hause ins Theater oder in ein andres Haus getragen worden. Er hat ein grosses Forte piano pedale machen lassen, das unterm flügel steht und um 3 spann länger und erstaunlich schwer ist...“
    Dagegen hatte der Mozart-Flügel keine Pedale zur Aufhebung der Dämpfung oder einer anderen Mechanikbeeinflussung besessen. Für die Dämpferhebung gab es einen Handhebel links auf dem Stimmstock. Später sind wohl Kniehebel eingebaut worden, allerdings vermutlich erst nach Mozarts Tod.


    Tja, es ist nur schade, daß der entsprechende Notentext für den Pedalflügel nicht überliefert ist bzw. nicht rekonstruiert werden kann. Denn eine Einspielung gerade der letzten Konzerte auf solch einem Instrument wäre nachtürlich eine Wonne! Das wäre mal eine interessante Aufgabe für die Improvisatoren wie Levin und Immerseel...


    :hello:


    Ulli
    der noch immer Zweifel hat ;)

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • Wie ein Pedalflügel gespielt wird, werden einige gehört, die wenigsten gehört und gesehen haben.


    Roberto Prosseda spielt aus Robert Schumanns Skizzen für den Pedalflügel, op. 58 Nr. 1 bis 4. Er benutzt das Pinchi Pedalpiano System mit zwei Fazioli Flügeln.







    .

    "Um Musik zu hören, muss man seine Ohren öffnen und auf Musik warten. Zuhören ist Anstrengung; blosses Hören keine Leistung – auch eine Ente kann hören." Igor Strawinsky



  • Ein Pedal-Cembalo ist auch ein Pedal-Flügel, denn das Cembalo wurde damals oftmals einfach als Flügel bezeichnet.


    Es muß nicht immer Orgel sein. Anthony Newman, heute jenseits der 80, damals frische 27, hat BWV 582 auf einem Pedal-Cembalo eingespielt. Leider nur antiquarisch als LP zu erhalten, oder? Hier gleich zu Beginn:



    5114278-015571146646397fdcc836646397fdcc8417158782716646397fdcc86_540x.jpg?v=1715878323

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • Tasteninstrumente mit Pedal? Ein umfangreiches Thema, da es auf diesem Gebiet viele Varianten und Ansprüche gibt. Fangen wir mit der ORGEL an: da gibt es von Mozart einen interessanten Kurzkommentar nach einem Wettstreit auf Orgel und Clavier mit Johann Wilhelm Hässler (1747 - 1822) 1789 in Erfurt:"die Hauptstärke Hässlers beim Orgelspiel ist seine Beintechnik". Klartext, Mozart konnte da nicht mithalten. Warum? Die Antwort ist recht einfach: die Pedale waren landschaftlich, konfessionell sehr unterschiedlich aufgebaut. Im Süden Deutschlands, Italien, Spanien, Frankreich bestand das Pedal aus maximal 1 Oktave (ohne Halbtöne) und war höchstens mit einem 16´ ausgestattet:

    https://www.greifenberger-inst…n/Einfuehrung_italien.php

    https://www.greifenberger-inst…ddt/einfuehrung_suddt.php

    Auf welchem Instrument in seinem Umfeld hätte er sich eine virtuose "Beintechnik" einüben können?

    Im Gegensatz dazu war Hässler Schüler von Johann Christian Kittel, einem JSB-Schüler und schon mit 14 Jahren Organist an der Barfüßerkirche in Erfurt. Diese Orgel hatte 3 Manuale und das Pedal hatte einen Umfang von 2 Oktaven, inclusive aller Halbtöne und hatte üppige Registriermöglichkeiten, incl. Zungenregister im 16´.

    Apropos "üben": der heutige Organist/Orgelschüler tippelt die Treppe zur Orgelempore rauf und bedient 3 Schalter: Gebläse, Licht und ggfls Heizkörper an der Orgel. Damit kann auch im Winter in den eiskalten Kirchen (einigermaßen) üben. Nur, vor 70 Jahren waren damit nur große Stadtkirchen ausgerüstet, kleinere und Dorfkirchen hatten das nicht (bis auf den Lichtschalter). Um zu spielen brauchte man einen oder mehrere Kalkanten (=Balgtreter), die die Orgel mit Luft versorgten. Klartext: zu Bachs/Mozartszeiten war das Üben auf der Orgel fast unmöglich, das musste man zuhause unternehmen. Was stand da zur Verfügung:

    - ein 2-manualiges Cembalo mit 2-oktavigem Pedal (16´+ 8´) mit allen Halbtönen! Nur, welcher Orgelschüler konnte sich ein solch irre teures Instrument leisten? Wo sollte dieses Rieseninstrument in der Wohnung aufgestellt werden?

    - ein Clavichord (1 - oder 2-manualig), dem ein 2-Oktavenpedal (16´+ 8´) unterstellt wurde. Das war wohl noch bezahlbar und nahm nicht viel Platz ein.

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Ich frage mich, wo der Pedaluntersatz von Mozarts heiß geliebtem Walterflügel abgeblieben ist? Der kann ja wohl kaum bei der Inventur nach seinem Tod, bei der jedes dreckige Hemd notiert wurde, übersehen worden sein? Den Flügel selbst schickte die Witwe 1810 zum Sohn Carl Thomas nach Mailand. Von den Pedalen keine Spur ...

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • Wir wissen jedoch auch nicht wieviele Tasten dieses Pedal hatte, 7 oder 8 wie die dortigen Orgeln? A. Walter war Österreicher, der kannte nix Anderes. Vermutlich wollte kein Clavierspieler dieses Pedal mehr, da überflüssig, also "ab in den Kamin".