Carl Maria von Weber: Der Freischütz

  • Ich besitze 3 Freischütze. Hier mein Ranking ...


    1. KEILBERTH: Ganz klarer Favorit. Non-plus-ultra Sängerriege, super Dirigat, Tonqualität für 1958 sehr gut. Die Dialoge so natürlich wie sonst nirgendwo. Was will man mehr? Wohl nicht mehr zu toppen :jubel:


    Zusammen auf Platz 2:


    KLEIBER: Interessantes, sehr individuelles Dirigat, nicht so romantisch wie Keilberth, nicht so aufgeraut wie Harnoncourt. Gute Damen (Janowitz, Mathis), nicht ganz ideale Herren (Schreier, Adam). Klangqualität gut, aber etwas hallig.


    MATACIC: Dirigat etwas zahm und teilweise ein bisschen schleppend, dafür die besseren Sänger als Kleiber. Claire Watson als Agathe ist sehr gut, ebenso Lotte Schädle als Ännchen. Schock als Max nicht ganz so gut wie unter Keilberth, aber immer noch überzeugend. Frick als Kaspar gut, allerdings hab ich ihn lieber als Eremit, da ich ihn über seine "väterlichen" und Buffo-Rollen kennegelernt habe und für mich deshalb das Dämonische nicht so 100%-ig glaubwürdig rüberkommt. Da ist Karl Christian Kohn bei Keilberth eine Nummer für sich. Die Soundeffekte in der Wolfsschlucht sind wohl Geschmackssache ...


    Auf DVD habe ich noch den Freischütz unter Harnoncourt in Zürich mit Seiffert, Salminen etc. gesehen. Die Inszenierung hat mir nicht gefallen, sehr distanzierte Personenführung der Figuren, vielleicht ist deshalb der Funke nicht so recht übergesprungen. Seiffert aber natürlich gut wie immer!


    Florian

  • Ciao @ all


    Nachdem ich mich über die mittelmässige Aufnahmequalität der preiswerten Cantus Aufnahme
    ärgerte hab ich mir folgende RCA-Aufnahme zugelegt, die mich wesentlich mehr begeistert:



    Natürlich nicht für jeden Geschmack die Beste, doch mir reicht's allemal :baeh01:


    Greets, Carl

    Our cultural heritage belongs to all of us, that's why we must preserve it
    Unser Kulturgut gehört uns allen, deshalb müssen wir es bewahren
    http://www.publicdomain.ch

  • Hallo Carl,


    das ist ja sehr interessant, dass Du die Janowski-Aufnahme hast :) Ich hatte mich auch mal dafür interessiert, mich hat aber dann der exorbitante Preis abgeschreckt (über 50 Euro bei Amazon Marketplace!). Kannst Du ein bisschen was über die Aufnahme erzählen? Das Cover finde ich übrigens super-genial :jubel:


    Beste Grüße, Florian

  • Orfeo hat den Wiener "Freischütz" aus dem Jahr 1972 ausgegraben, es singen u.a. King, Janowitz und Riddersbusch unter der musikalischen Leitung von Karl Böhm. Kennt jemand diese Aufnahme und will davon berichten ?

  • Meine Lieben,


    Harald hat schon auf die alte Aufnahme von Hans Müller-Kray und dem Sinfonieorchester sowie Chor des Südfunks Stuttgart aufmerksam gemacht. Sie ist von Walhall wieder herausgebracht worden. Wen die nicht überragende Tonqualität und das Pathos von seinerzeit nicht stören, dem kann diese stimmungsvolle und beachtliche Einspielung durchaus empfohlen werden.


    Müller-Krays Auffassung erinnert an die Art Robert Hegers, ist aber insgesamt einfacher gestrickt. Auch nimmt Müller-Kray breitere Tempi, bietet aber eine dichte und packende Interpretation, für die "Provinz im besten Sinn" keine passende Bezeichnung wäre, denn das wäre eigentlich eine Abwertung und trifft nur teilweise (nämlich auf die Nebenrollen) zu.


    Wenn ich mir vorstelle, so einen "Freischütz" im jetzigen Repertoire angeboten zu bekommen - da könnte ich mir alle zehn Finger dreimal hintereinander ablecken.


    D a s Ereignis ist Georg Hann, der in zwei Rollen brilliert: Als Kaspar steht er hinter Gottlob Frick kaum zurück und als Eremit gehört er ebenfalls zu den besten Sängern dieser Partie. Eine wunderbar schwarz gefärbtes, volles Organ und viel Intelligenz im (nicht nur) musikalischen Ausdruck, erfüllt er beide Rollen mit unverwechselbarer Persönlichkeit.


    Sehr gut und sympathisch sind Käthe Nentwig als Ännchen und Maud Cunitz als Agathe. Die Cunitz hat Harald glücklicherweise schon ein bißchen aus der Versenkung geholt, die Nentwig würde es genauso verdienen. Das Schöne an diesen Stimmen ist, daß sie sich bei aller Kunstfertigkeit ihre Natürlichkeit bewahrt haben, nie bloß brillant-seelenlos klingen. Deutsche Opernromantik, sonst ein abschätziges Schlagwort, gewinnt durch solche Leistungen das Prädikat des Besonderen.


    Den Max gibt der früh verstorbene Heinrich Bensing. Eine interessante Stimme, sie mutet mich anders als bei den Damen vor allem natürlich an und technisch wenig geschult. Im unteren Bereich tut sich wenig, in der Höhe gewinnt die Stimme jedoch Kraft und Farbe und leuchtet auch. Sie zeichnet sich dann durch heldischen Glanz, aber auch durch lyrische Wärme aus, was für den Max genau das Richtige wäre. Nur differenziert Bensing nicht so sehr, liefert daher, alles in allem, einen gutes, aber nicht überragendes Ergebnis (der stimmlich eigentlich weit weniger frische Rudolf Schock unter Heger stellt ihn da weit in den Schatten). Trotzdem: Eindrucksvoll. Man muß auch betonen, daß sich Bensing von Akt zu Akt steigert. An manchen Stellen kann er schon begeistern.


    Die kleineren Partien sind sängerisch meist ordentlich besetzt, ohne besonders aufzufallen. Kleinere Defizite in den Dialogen sind sicher auch durch die begrenzte Aufnahmekapazität der alten Platten erklärbar. Ein bißchen wenig fürstlich hört sich der Ottokar an (Erwin Hodapp), der aber dennoch wie der Kuno Wolfram Zimmermanns ein paar recht schöne Augenblicke bereitet. Der Chor singt tadellos.


    Ein "Freischütz", der auch für Einsteiger gut geeignet ist.


    LG


    Waldi

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  • Vielen Dank, lieber Waldi, für Deine plastische Besprechung der Freischütz-Aufnahme aus Stuttgart unter Müller-Kray.


    Du hast die Aufnahme zurecht als Oper für Einsteiger bezeichnet. In diesem Zusammenhang kommt mir jedoch eine Einspielung in den Sinn, die dezidiert für Anfänger gedacht war und die ich deshalb an dieser Stelle vorstellen möchte:


    Diese (bisher offiziell nicht publizierte) Aufnahme entstand 1957 als Produktion des NDR-Schulfunks in enger Zusammenarbeit mit der Hamburger Staatsoper. Diese hatte den "Freischütz" zu dieser Zeit garnicht im Repertoire, Güter Rennert hat trotzdem die besten Sänger seines damaligen Ensembles für die Produktion ausgeliehen, soweit er sie im Opernbetrieb entbehren konnte (meist in den Nachtstunden, es mußte viel improvisiert werden). Doch das Ergebnis erscheint wie aus einem Guss, die Textverständlichkeit ist vorbildlich, ebenso die Balance zwischen dem NDR-Sinfonie-Orchester und den Gesangstimmen.



    die Besetzung sieht wie folgt aus:


    Ottokar, böhmischer Fürst : Horst Günter
    Kuno, fürstlicher Erbförster : James Pease
    Agathe, Tochter des Erbförsters : Melitta Muszely
    Ännchen, eine junge Verwandte : Erna Maria Duske
    Kaspar, erster Jägerbursche : Arnold van Mill
    Max, zweiter Jägerbursche : Sandor Konya
    Eremit : Ernst Wiemann


    NDR Sinfonieorchester
    Dirigent: Wilhelm Brückner-Rüggeberg
    Aufnahme: NDR 1957


    Der "gute Geist" des Unternehmens ist der Dirigent Wilhelm Brückner-Rüggeberg, der durch seine Brecht/Weill-Einspielungen mit Lotte Lenya Schallplattengeschichte geschrieben hat. Vor 1938 bis 1971 hat er in Hamburg weit über zweitausend Vorstellungen dirigiert - von der Barockoper bis zur Moderne!
    Diese Freischütz-Aufnahme beweist die Qualitäten des gestandenen Theater-Kapellmeisters, der mit den Sängern musiziert und, wie Ekkehard Pluta in der "Opernwelt" schrieb, die Musiker singen läßt.
    Der "Max", Sandor Konya, stand zu der Zeit noch vor seiner Weltkarriere, war in Deutschland jedoch schon sehr populär, den Max hatte er zuvor jedoch noch nie gesungen!


    Ein Querschnitt dieser Oper wurde im vergangenen Jahr den Abonnenten der "Opernwelt" mitgeliefert, die Gesamtaufnahme gibt es beim Hamburger Archiv für Gesangskunst (der Link dorthin ist weiter unten rechts auf dieser Tamino-Seite)

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Zitat

    Original von ulfk179
    Orfeo hat den Wiener "Freischütz" aus dem Jahr 1972 ausgegraben, es singen u.a. King, Janowitz und Riddersbusch unter der musikalischen Leitung von Karl Böhm. Kennt jemand diese Aufnahme und will davon berichten ?


    Lieber Ulf,


    Gerne. Daß es länger gedauert hat, bitte zu entschuldigen. Manche Vorhaben brauchen eben. Vor 35 Jahren hing ich damals am Radio, um die Aufführung zu verfolgen, und habe ein kleines Bandgerät mitlaufen lassen, von dem ich jahrelang zehrte. Übrigens besitze ich diese Aufnahme als CD nicht von Orfeo, sondern in einer bei Amazon erhältlichen Billigausgabe: Label "Große Opern" (dahinter verbirgt sich angeblich eine Firma, die "Power Station" heißt). Natürlich ist kein Booklet dabei, die Angabe des Aufnahmedatums lautet fälschlich "1949"(!) und die Besetzung ist nur rudimentär angegeben (ohne Zusatzinformation wüßte kein Käufer, wer den Max, den Kaspar oder den Eremiten singt).


    Es handelt sich um eine Live-Einspielung, die technisch natürlich leicht mangelhaft anmutet, aber deren Unmittelbarkeit sehr gut eingefangen ist. Diese Bühnenfassung ist an einigen Stellen unwesentlich gekürzt (Kunos Bericht über die Genese des Probeschusses fehlt zum Beispiel).


    Karl Böhm braucht einige Zeit, um warm zu werden. Seine Interpretation wirkt anfangs fast ein bißchen konzertmäßig, erwärmt sich aber dann von Szene zu Szene (und geht intensiv auf die spitzensängerischen Leistungen auf der Bühne ein). Er bleibt aber immer klassisch und nicht sehr emotional. Das romantische Weben, das bei Heger und oder Müller-Kray deutlich wird, ist seine Sache nicht so sehr, aber er arbeitet dafür andere Wirkungen heraus, die beispielhaft sind. Etwa die dramatische Steigerung in der Wolfsschluchtszene ist großartig. Er betont an Weber sozusagen das Wagnerische. Damit kommt er auch James King als Max entgegen, der - abgesehen davon, daß er eher in den dramatischen Momenten voll und eindrücklich aufdreht, aber bei den Zwischentönen und bei den lyrischen Momenten nicht so da ist - ein bißchen kämpft, bis er sich eingesungen hat. Diese Partie bzw. die schwierigen Höhen liegen seiner sehr baritonal gefärbten Stimme nicht besonders. Doch würde ich ingesamt sagen, daß er sich seiner Aufgabe im Rahmen seiner Möglichkeiten mit routiniertem Anstand und zweifelsfreiem Engagement entledigt.


    Star der Aufnahme ist Gundula Janowitz, die sich stimmlich damals in ihrem Zenit befand. Sie kreiert eine glockenreine, ziemlich unsentimentale Agathe, die das Publikum hörbar zu Ovationen veranlaßt, in die man gerne einstimmt. Diese mehr klassisch bis wagnerisch eingefärbte Auffassung stimmt gut zu Böhms Dirigat. Auch Renate Holm als blendendes Ännchen paßt sich dieser Linie an. Das "volkstümliche" Flair älterer "Freischütze" weicht hier einer gewissen staatsoperlichen Erhabenheit (beim "Holde Freundin, zage nicht" wird das besonders gut hörbar). Aber es funktioniert überzeugend! Obwohl ich persönlich die romantischere Version noch lieber habe, muß ich dieser hier große Überzeugungskraft zugestehen.


    Zu den Protagonisten, die den Erwerb dieser Aufnahme trotz der nicht so umwerfenden ersten Viertelstunde außerdem wirklich empfehlenswert machen, gehört weiters Karl Ridderbusch als tadelloser, ausgezeichnet und wortdeutlich singender Kaspar, der das Unangenehme dieses Charakters ohne billige Effekte sehr glaubhaft vermittelt.
    Eberhard Wächter als herrscherlicher Ottokar und Manfred Jungwirth als Kuno vermitteln rollengerechte Interpretationen auf hohem Staatsopernniveau. Franz Crass trifft gut die Mitte zwischen mahnender Autorität und menschlicher Anteilnahme (kann aber einen Böhme oder Hann trotzdem nicht ganz vergessen machen).
    Vorzüglich auch der Chor.



    LG


    Waldi

  • Der Freischütz - ich habe diese Oper bisher noch gar nicht, kaum zu glauben. Da es ein Pflichtkauf ist, muß sich das schleunigst ändern.


    Ich schwanke zwischen diesen beiden Aufnahmen:



    Dumm nur, daß ich Schock und Berry sehr schätze. ;(


    Zu was raten mir die C.M.v.W.-Fans? :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    Original von Felipe II.
    Zu was raten mir die C.M.v.W.-Fans? :hello:


    Ich bin zwar kein CMvW-Fan, aber Diplomat.
    Deswegen rate ich dir zu einer ganz anderen Aufnahme. :D ;)



    Zitat


    Detailinformationen
    Janowitz, Mathis, Schreier, Staatskapelle Dresden,
    Carlos Kleiber
    Label: DGG , ADD, 73


    Für mich zwar nicht die ideale Oper, aber deren ideale Interpretation - zugleich erwirbst du mit ihr ein ideales Hörspiel, weil die gesprochenen Texte von Schauspielern vorgetragen werden.

    Wenn ich mir vorstelle, was es für Deutschland bedeuten würde, wenn die heilige Kuh zu uns käme, welches Glück und welcher Segen ginge von allgegenwärtigen heiligen Kühen aus!

  • Auch ich würde am ehesten wieder zu der Aufnahme von Carlos Kleiber greifen, weil der am besten zeigt, was wirklich in Webers Orchesterpartitur steckt, aber von den beiden vorgeschlagenen Alternativen sollte es unbedingt die Keilberth-Aufnahme sein, die der von Kleiber sängerisch zum Teil noch überlegen ist und in den überall problematischen Dialogen noch am erträglichsten, obwohl ich es eigentlich nicht mag, wenn Schauspieler den Sängern die Daloge abnehmen.


    Hegers FREISCHÜTZ ist der konventionellste von allen und im Vergleich zu Kleiber regelrecht flügellahm. Schock ist unter starker Konkurrenz der ideale Max. Nilsson macht ihre Sache gut, hält aber den Vergleich mit den grandiosen Agathen von Grümmer (die innigste) und Janowitz (die imponierendste) nicht aus. Walter Berry ist in der Tat das Prunkstück von Hegers Aufnahme, aber Hermann Prey und Theo Adam sind nicht schlechter.


    Eigentlich sollte man Keilberth UND Kleiber haben, denn in dieser Kombination wird das denkbare Spektrum eines FREISCHÜTZ zwischen rückhaltloser Romantik und feuriger Exegese am besten abgedeckt.


    :hello: Rideamus

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  • Zitat

    Original von Felipe II.


    Zu was raten mir die C.M.v.W.-Fans? :hello:


    Hallo Felipe!


    Für mich persönlich ist Keilberths "Freischütz" die absolute Referenz, grenzt an eine Idealaufnahme :jubel:
    Die Sängerriege ist wohl unschlagbar (es ist ein Jammer, dass Karl Christian Kohn, der den Kaspar singt, ansonsten so wenig auf Tonträger präsent ist), das Dirigat ist packend und die Klangqualität für 58 auch sehr gut.
    Kleiber ist auch äußerst interessant, allerdings sind die Gesangsleistungen etwas schwächer (vor allem bei den Herrn) und die individuellen Akzente von Kleibers Dirigat muss mann auch mögen (Den Anfangschor kann man wohl schwerlich schneller spielen und singen ...). Die Aufnahme ist jedoch unbestreitbar ein wichtiger Meilenstein in der Freischütz-Diskographie.
    Die Heger-Aufnahme kenne ich nur von Hör-Schnipseln, hat mich jetzt nicht vom Hocker gerissen ...
    Ansonsten gibt es auch noch eine gute Aufnahme von Matacic mit Claire Watson, Lotte Schädle, Rudolf Schock und Gottlob Frick. Etwas langsames und konventionelles Dirigat, dafür bessere Sänger als Kleiber.
    Insgesamt rate ich uneingeschränkt zu Keilberth! Die Aufnahme muss man besitzen!


    Florian

  • Danke für die vielen Reaktionen. :hello:


    Dann wird es wohl Keilberth werden für den Anfang - bei Gefallen wird es eh nicht die einzige Aufnahme der Oper bleiben. :yes:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hallo Taminos,


    ich besitze die Keilberth-, die C. Kleiber- und die Furtwängler-Aufnahme von 1954.
    Jede von ihnen hat für mich ihren eigenen Reiz, nur bei dem Furtwängler-Mitschnitt stören die Nebengeräusche etwas, vor allem die Huster!! :(


    Bei der Kleiber-Aufnahme stört mich die Verwendung von Schauspielern für die Dialoge, im Gegensatz zu einigen Schreibern hier, gar nicht. Eigentlich finde ich es sogar ganz gut, denn die meist doch recht hölzern geratenen Dialoge der Sänger finde ich dann oft viel schlimmer! :untertauch:


    Ausnahme hier Keilberth. Rudolf Schock singt nicht nur hervorragend, sondern kann auch den gesprochenen Text sehr gut rüberbringen. Man nimmt ihm die Verzweiflung wirklich ab!


    Nun aber mal eine Frage, die mich beim "Freischütz" beschäftigt.


    Samiel verhindert doch seit Wochen, daß Max irgend etwas trifft, oder nicht? Aber Kaspar bietet ihm Max erst in der Wolfsschlucht als Opfer an. Wie kann das gehen? Hat Samiel schon vorher ein Auge auf Max geworfen, unabhängig von Kaspar? Offeriert ihm Kaspar nur das an, was er sich schon selbst ausgesucht hat? Oder hat Max nur einfach Pech und trifft aus Nervosität und Angst vor dem Probeschuss nicht? Hat Max also überhaupt eine Chance zu wiederstehen oder ist sein Schritt vom rechten Weg unvermeidlich?


    Würdemich mal interessierenwas Ihr davon haltet!


    Gruß
    Regina

  • Zitat

    Original von regtim
    Nun aber mal eine Frage, die mich beim "Freischütz" beschäftigt.


    Samiel verhindert doch seit Wochen, daß Max irgend etwas trifft, oder nicht? Aber Kaspar bietet ihm Max erst in der Wolfsschlucht als Opfer an. Wie kann das gehen? Hat Samiel schon vorher ein Auge auf Max geworfen, unabhängig von Kaspar? Offeriert ihm Kaspar nur das an, was er sich schon selbst ausgesucht hat?


    Kaspar (das wäre die erste Möglichkeit) meint:


    Glaube mir, Kamarad, es hat dir jemand einen Waidbann gesetzt, den musst du lösen, oder du triffst keine Klaue.


    In diesem Fall hätte Kapar diesen Waidbann gsetzt


    Zitat

    Oder hat Max nur einfach Pech und trifft aus Nervosität und Angst vor dem Probeschuss nicht?


    Das meint Kuno:


    Du aber, Max, nimm dich zusammen, der Waidbann, der dir gesetzt ist, ist die Liebe (zit. nach Textheft der Harnoncourt-Einspielung)



    Zitat

    Hat Max also überhaupt eine Chance zu wiederstehen oder ist sein Schritt vom rechten Weg unvermeidlich?


    Natürlich hat er eine Chance, aber seine Einsicht im Finale:


    Denn schwach war ich,
    Obwohl kein Bösewicht.


    Liebe Grüße Peter

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  • Hallo Waldi,


    ich besitze die Aufnahme seit ca. zwei Wochen und kann Deine vortrefflich beschriebene Einschätzung vollinhaltlich unterstützen.


    Aus dem unglaublich guten Sängerensemble fällt leider James King ab, der sich stimmlich für mich nicht in Bestform befindet.
    Allerdings, wenn man Gundula Janowitz hört, dann ist James King schnell verziehen.


    Im umfangreichen Beiheft wird ihre Leistung wie folgt beschrieben: "Agathe bot eine reine Ohrenweide. Gundula Janowitz war der stattlichen Erscheinung nach und im verinnerlichten Gesang mit kaum überbietbarer Legatokultur eine Idealbesetzung von Persönlichkeitsrang. Bravo!" ("Der Kurier")


    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Meine Lieben,


    Der Vollständigkeit halber trage ich noch die Cover-Abbildung meiner Böhm-Version nach:



    Lieber Norbert: Wie schön, daß wir uns da so gut verstehen. Ich würde natürlich allerhand dafür geben, wenn sich die Janowitz ins Forum melden und erzählen würde, wie sie selbst damals die Aufführung bzw. die Interpretation empfunden hat. Leider hat sie meines Wissens noch keine Memoiren geschrieben. Bei allem, was man gegen Erinnerungsliteratur u.dgl. sagen kann, ich bin ein begieriger Leser von solcher. Sollte jemand von Euch Frau Janowitz persönlich kennen, bitte ihr meine untertänige Anregung samt Dank für unvergeßliche Opernstunden zu übermitteln!


    LG


    Waldi

  • Ebenfalls der Vollständigkeit halber hier mein Exemplar des "Freischütz" aus Wien, wie er schon seit mehr als 10 Jahren in meinem Schrank steht:



    Habe ich damals für ein paar Peseten im Corte Ingles in Barcelona als Reiseandenken mitgenommen, es stand noch nicht mal auf dem Cover, wer den Max singt oder den Kaspar.


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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  • florian


    Das ist immer die gleiche Aufnahme, nur jedesmal ein anderes Cover!


    LG


    Harald

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Nichts für ungut, liebe Leute. Schaut mal nach oben auf den Titel des Threads. Ihr seid dabei, ihn mit Beiträgen zu zerschießen, die sehr dankbar an anderer Stelle - etwa ein eigener Thread Janowitz - aufgenommen werden.


    Also Janowitz gehört hierhin


    Liebe Grüße Peter

  • Zitat

    Original von GiselherHH


    - Furtwängler 1954: Wie zu erwarten, ein Dirigat in extremis. Mal die Dramatik in voller Wucht herausfahren lassend, dann wieder im Stillstand innigen Verweilens den Moment auskostend. Wenn man es pathetisch formulieren wollte: Ein Hochamt des "Deutschen", der Innigkeit, der Naturliebe, aber auch der nachtschwarzen Abgründe der Seele. Großartige Besetzung, auch wenn Hopf ein wenig zu alt und zu sehr nach Heldentenor klingt, dafür aber mit dem m.E. idealen Paar Grümmer/Streich und dem guten, wenn auch manchmal etwas über den Daumen singenden Kurt Böhme besetzt. Mono-Livemitschnitt von den Salzburger Festspielen.



    Die ersten zwei Sätze GiselherHHs kann ich voll unterstreichen. Allerdings kann ich die Naturliebe u.dgl. eigentlich nicht heraushören. Für mich klingt dieser "Freischütz" eher veredelt, volkstümliche und allzu sentimentale Elemente eher vermeidend und ein sehr getragenes Pathos vermittelnd. Er mutet nicht übermäßig romantisch an, eher fast aufklärerisch-klassisch (ich weiß, das liest sich paradox; vielleicht sollte ich festspielhaft sagen...) und dabei doch auch auf schönen Klang bedacht (aber nicht in der karajanischen Üppigkeitsmanier, sondern mehr feinziseliert, manchmal fast asketisch). Nichts für Einsteiger, nur für Kenner. Ein vornehmer "Freischütz", gleichsam mit Feiertagseffekt.


    Furtwängler trägt die Sänger buchstäblich auf Händen. Elisabeth Grümmer paßt sich seinem Stil am besten an und singt herrlich. Rita Streich ist gut, aber fast möchte ich glauben, daß sie gern ein wenig lockerer gewesen wäre. An Hans Hopfs an sich prächtige Stimme mußte ich mich hier wieder einmal gewöhnen. GiselherHHs Charakteristik trifft auch hier voll den Punkt. Er klingt wie ein in die Jahre gekommener edler Königssohn, nicht wie ein Jägerbursch. Nobel stilisiert, nicht elementares Gefühl. Ich habe dauernd an Tristan gedacht, obwohl Furtwänglers Auffassung gar nicht wagnerisch ist. Wenn man sich jedoch gewöhnt hat, dann weiß man die Leistung Hopfs zu schätzen. Kurt Böhme fällt auch für mich etwas ab, er war an diesem Abend nicht ganz in Topform. Sein Kaspar bleibt zu vordergründig. Alfred Poell als Fürst und Otto Edelmann als Eremit sind auch nicht ganz in ihrem Element, aber das ist nur relativ gemeint. Bei Oskar Czerwenka klingt der Kuno wie ein - leutseliger - Baron. Hinreißend der Kilian Karl Dönchs, der holt aus dieser Partie soviel heraus wie kein anderer.


    LG


    Waldi

  • Die Besetzung der Furtwängler-Aufnahme entspricht weitgehend der WDR-Produktion mit Erich Kleiber. Das war sozusagen einStandard-Freischütz-Cast der 50er. Hans Hopf war beinahe so etwas wie Max vom Dienst (singt u.a. in der Studioaufnahme unter Ackermann). Mit seinem fränkischen Naturell und seiner Natürlichkeit entsprach er der Vorstellung vom Jägerburschen halt ziemlich genau. 1954 war er übrigens gerade mal 38 Jahre alt - kaum zu alt für einen Max !


    Mir ist Furtwängler manchmal doch etwas zu langsam, so dass ich mit ähnlicher Besetzung Erich Kleiber (u.a. bei Line erschienen) den Vorzug geben würde.


    Gruß aus Frankfurt
    Dieter

  • Lieber Dieter,


    Diese Interpretation Furtwänglers ist von unseren heutigen Hörgewohnheiten tatsächlich sehr weit entfernt. Ich kann mir gut vorstellen, daß sie mir vor zwanzig Jahren anders als jetzt auch nicht sehr zugesagt hätte.
    Hopf gibt dem Max eine rein heldische, abgehobene, nicht künstlich-kunstvolle, aber trotzdem beinahe intellektuelle Note (vielleicht wollte er gerade seine für manche Ohren "derbe" <das war sie keineswegs> Stimme nicht zu einfach klingen lassen). Er zeigt besonders am Schluß auch deutlich Gefühl, aber auch da vermeidet er den primitiven Weg. Eine durchaus interessante Interpretation, aber ungeachtet seiner häufigen "Freischütz"-Einsätze eigentlich der Standardvorstellung des Max für mich gar nicht so entsprechend.


    LG


    Waldi

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  • Meine Lieben,


    Den Rudolf-Kempe-"Freischütz" von 1949 (Mitschnitt einer konzertanten Aufführung) gibt es auch in einer extrem billigen Sparausführung unter dem Label "Centurion Classics", nicht einmal mit einem Mini-Booklet oder einer ordentlichen Liste der Mitwirkenden. Bei dem sensationellen Preis braucht man das aber nicht besonders tragisch nehmen (und Weton-Wesgram, die Firma hinter Centurion, treibt es mit anderen Opern ebenso).



    Als Gesamtaufnahme ist diese Einspielung etwas übercharakterisiert, denn es fehlen nicht nur die Dialoge. Etwa der Kaspar ist auch empfindlich verkürzt.
    Trotzdem: Zwei Faktoren machen die Anschaffung für mich zum Erfolgserlebnis: Kempes Dirigat und Elfriede Trötschels Agathe. Wobei es mir schwer fällt, das Spezifische an Kempes Leistung zu beschreiben. Er dirigiert so unprätentiös und grundmusikalisch, vermeidet jede Affektation, bewahrt die Ausgewogenheit zwischen romantischer Naivität und klassischer Durchdringung so "natürlich", daß mir die Worte fehlen. Ein Hörgenuß!
    Die großen Darstellerinnen der Agathe wie Janowitz, Grümmer, Watson usw. singen - wenn man es genau nimmt - eigentlich alle nicht so wie eine Försterstochter, sondern wie ein Edelfräulein. Die Trötschel bringt es fertig, bei aller Reinheit des Klangs trotzdem irgendwie das Mädchen aus dem Volk zu bleiben. Eine hochinteressante Version, sicher für heutige Begriffe nicht ganz aktuell, aber zweifellos der Spitzengruppe zugehörig.
    Der Rest der Besetzung bietet gute bis ordentliche Leistungen. Der ziemlich früh verstorbene Bernd Alderhoff als Max hört sich nicht schlecht an (auch wenn er mindestens einmal etwas stemmt) und bemüht sich sogar um etwas Pianokultur, d.h. er verläßt sich nicht auf seinen Heldentenor allein (à la James King quasi), sondern gestaltet die Partie differenzierter. Kurt Böhme als Kaspar hat hier nicht sehr viel zu singen, er tut es verläßlich.
    Für "Freischütz"-Sammler ist die Aufnahme sehr zu empfehlen, für Einsteiger ist sie kaum geeignet.


    LG


    Waldi

  • Lieber Felippe II. guten Abend aus Wien!


    Den Freischütz


    mit Rudolf Schock und Elisabeth Grümmer habe ich, und ich kann ihn empfehlen, er ist ein ganzer Freischütz, auch die kleinen Stellen der Prosa wurden aufgemacht, es ist also alles da,


    und ich kann ihn empfehlen, ich habe ihn zwar noch auf 3er LP Ges.


    Aber der andere Freischütz wäre doch wegen Birgit Nilsson sehr interessant.



    Liebe Grüße Peter aus Wien

  • Lieber Waldi,


    besten Dank für diese ausführliche Vorstellung des Kempe-Freischütz! Das hört sich interessant an. Kannst Du bezüglich der Kürzungen nochmal was genaueres schreiben? Was ist beim Kaspar alles weggefallen? Wie ist die Tonqualität?


    Beste Grüße, Florian

  • Lieber Florian,


    Bei den Kürzungen habe ich nicht genau Buch geführt. Die Dialoge sind vollständig ausgelassen. Das Schmerzliche beim Kaspar ist vor allem, daß seine große Arie "Hier im ird'schen Jammertal" gestrichen ist. Für jemanden, der den "Freischütz" nicht gut kennt, bleibt der Ablauf ziemlich unverständlich. Für Leute wie uns fällt das weniger ins Gewicht, rückt das Ergebnis aber schon näher zum Typus der "Highlights"-Version.


    Die Tonqualität ist im Hinblick auf das Entstehungsdatum nicht schlecht. Ob es bei den verschiedenen Pressungen auch qualitative Unterschiede gibt, kann ich natürlich nicht beurteilen.


    Übrigens: Lucia Popp hat die Arie der Agathe auch einmal aufgenommen. Und die singt nicht nur wie ein Edelfräulein, auch nicht wie eine Edeldame, sondern wie eine Königin.


    LG


    Waldi

  • Lieber Waldi, lieber Florian,


    da ich alle verfügbaren Freischütz-Einspielungen horte, habe ich natürlich auch diese im Schrank. Ich war etwas verwundert zu lesen, daß der gekürzt ist und Kaspars großer Auftritt fehlen soll. Lieber Waldi, das liegt an der Plattenfirma! Ich habe diese Doppel-CD:



    Tröschel, Beilke, Aldenhoff, Faulhaber, Paul, Staatskapelle Dresden, Kempe
    Label: Line , AAD/m, LA


    Da ist alles drauf, auch die Dialoge.
    Dass diese Aufnahme nicht zu meinen Favoriten gehörte, lag an der immer etwas gequetschten Stimme von Bernd Aldenhoff. Jetzt im Moment, da die CD im Player rotiert, bin ich fast geneigt, meine Vorbehalte aufzugeben (man ist ja auch mit knapp 60 noch lernfähig). Zumal auch einer meiner Lieblinge, Irma Beilke, als Ännchen zu hören ist...


    Also, ich kann die gezeigte Doppel-CD nur empfehlen, zumal die Tonqualität für das Alter der Aufnahmen vorzüglich ist!


    LG


    Harald

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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