Franz Konwitschny - Noch ein (fast) Vergessener

  • Lieber operus, da Du mit Gottlob Frick, der in beiden Aufnahme mitwirkt, gut befreute gewesen bist, wirst Du tiefere Einblick gewonnen haben in die Produktion beider Opern. Gewiss dürfte es so gewesen sein, dass ein DDR-Dirigent vom gesamtdeutschen Format eines Konwistchny auch über die Besetzung dieser westdeutschen Electrola-Aufnahmen entschied. Ob allein oder in Abstimmung mit der Electrolea, das entzieht sich meiner Kenntnis.


    Als großen Schwachpunkt empfinde ich Marianne Schech als Senta und Venus. Sie klingt mir zu stumpf und zu bieder und war wohl über ihren Zenit hinaus.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Ich muss gestehen, dass ich von Konwitschny nur eine Aufnahme habe: mit einer Bruckner-Symphonie. Die ist aber wirklich hervorragend. Vielleicht können Nemorino und andere Konwitschny-Liebhaber mal eine Zusammenstellung manche, welche Konwitschny-Aufnahmen man unbedingt haben sollte. Dann kann ich meine Sammlung aufbessern! Das wäre nett! :)


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    Schöne Grüße

    Holger

  • Hat Konwitschny wirklich Einfluss nehmen können auf die Besetzung der Electrola-Produktionen? Ich glaube es nicht. Das Engagement der Künstler dürfte - wie damals Brauch - einzig Sache der Produzenten gewesen sein.

    Der musikalische Leiter hat immer Einfluss, der liegt niemals "einzig" beim Produzenten. Der musikalische Leiter trägt die Verantwortung für das musikalische Ergebnis, für die zu hörende Interpretation des Werkes. Ihm wird, falls er nicht gar aktiv solistischen am Auswahlprozess mitwirkt und Vorschläge macht, die vorgesehene Besetzung mindestens vorher mitgeteilt, gegen sein Veto kommt die Aufnahme nicht zustande, zumindest nicht mit ihm, wenn er konsequent ist. Und wenn der Dirigent während der Aufnahme merkt, dass ein Sänger überfordert ist oder zumindest nicht das von ihm gewünschte Ergebnis zustande kommen kann, kann er die Aufnahme abbrechen und sich weigern, sie mit diesem Sänger fortzusetzen. Auch das ist dann eine Entweder- (der Dirigent bleibt) - Oder- (der Sänger bleibt)-Entscheidung, die in den meisten Fällen zugunsten des Dirigenten ausgeht. Einem Dirigenten jeglichen Einfluss an der Besetzung einer Aufnahme abzusprechen, halte ich daher für unredlich.

    beim "Tannhäuser" war es einzig Reiner Süß als Reinmar von Zweter.

    Ach, und Gerhard Unger als Heinrich der Schreiber kam wohl aus dem Westen? Das ist mir neu.

    Heute wirkt er als Regisseur.

    Diese Zeiten dürfen nun auch schon einige Jahre vorbei sein.

    Goszar als Biterolf würde ich nicht rechnen.

    Da sieht man mal, dass diese "Rechnung", dieses Schubladendenken "Schublade Ost" versus "Schublade West" ein Denken ist, das dem damaligen Denken nicht entsprach. Gonszar hatte Engagements sowohl in Frankfurt als auch an der Staatsoper Berlin, gastierte sogar an anderen DDR-Bühnen. Und es gab zahlreiche Sängerinnen udn Sänger, bei denen das genauso war (Clara Ebers, um nur ein Beispiel zu nennen, über das jüngst in diesem Forum gesprochen wurde, war auch einer von den gar nicht so wenigen Fällen). Und die Zeit, als Frick in Dresden und an der Staatsoper Berlin sang, dass Schock an der Staatsoper Berlin sang, war ja noch keine zehn Jahre her. Diese künstliche Auftrennung der Solisten nach Ost und West ist in jedem Fall eine retrospektive Wahrnehmung, was gerade das Zustandekommen dieser beiden Aufnahmen beweist. Die klare Trennung durch die Mauer kam erst danach. In der damalige Wahrnehmung waren Gonszar oder Frick hingegen gesamtdeutsche Sänger.

    Als großen Schwachpunkt empfinde ich Marianne Schech als Senta und Venus. Sie klingt mir zu stumpf und zu bieder und war wohl über ihren Zenit hinaus.

    Da stimme ich nun mal zu.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Lieber operus, da Du mit Gottlob Frick, der in beiden Aufnahme mitwirkt, gut gefreute gewesen bist, wirst Du tiefere Einblick gewonnen haben in die Produktion beider Opern. Gewiss dürfte es so gewesen sein, dass ein DDR-Dirigent vom gesamtdeutschen Format eines Konwistchny auch über die Besetzung dieser westdeutschen Electrola-Aufnahmen entschied. Ob allein oder in Abstimmung mit der Electrolea, das entzieht sich meiner Kenntnis.

    Ich muss darauf hinweisen, dass der Beitrag, auf den ich im Vorbeitrag erwidert habe, inzwischen dermaßen "redigiert" wurde, dass von den im Vorbeitrag zitierten Passagen kaum noch etwas übrigen geblieben ist. (Falls sich jemand wundert, was ich denn da zitiere und wo das steht...)

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Einige Fragen sind aufgeworfen oder an mich direkt gestellt worden. Wer Einfluss auf die Besetzungen der genannten Produktionen hatte weiß ich nicht und habe darüber auch nicht mit Frick gesprochen. Es stimmt schon, dass sich Frick als Gesamtdeutscher Sänger gesehen hat, zumindest freute es ihn, dass er Aufnahmen in seiner alten Heimat, wie er es nannte, machen durfte. Oft sprach er davon, wieviel Freude ihm die Aufnahme von "Zar und Zimmermann" unter Robert Heger bereitete, weil sie in seinem geliebten Dresden stattfand. Beeindruckt war er auch von zwei Sängerkollegen, die er dort kennenlernte: Peter Schreier und Siegfried Vogel. Besonders bei Vogel sprach er von einer außergewöhnlichen schönen Bassstimme. Die Sympathien scheinen gegenseitig gewesen zu sein. Denn sowohl Schreier als auch Vogel waren später beliebte Gäste bei den Künstlertreffen der Gottlob Frick Gesellschaft und dachten gerne an ihre Begegnungen mit Frick zurück. Am Rande noch ein Kuriosum: Bei einer der Aufnahmen soll Mangels Devisen das Honorar ein Jagdgewehr gewesen sein.

    Herzlichst

    Operus (Hans)


    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Zitat von Operus:


    Verfolgt man die Diskussion hier im Forum, dann werden die beiden Referenzaufnahmen des "Holländer" und des "Tannhäuser" so oft erwähnt, dass auch dadurch der Rang, den Konwitschny sich durch maßstabsetzende Realisierungen als Wagner-Dirigent erworben hat, nachdrücklich bestätigt wird, zumal es ihm gelang in beiden Gesamtaufnahmen die Elite des Wagner-Gesangs zur damaligen Zeit zum Teil auf dem Höhepunkt ihres Schaffens zu gewinnen.



    "Holländer" und "Tannhäuser" sind sicher vom Dirigenten her hervorragende Aufnahmen. Bemerkenswert ist, dass Konwitschny insbesondere im Tannhäuser einem gewissen Pathos frönt, was auch die Sänger Hopf und Frick tun. Pathos ist ja heutzutage verpönt, ich dagegen mag das, denn die Dramatik des orchestralen Klangteppichs wird dadurch gesteigert. Gesanglich habe ich mit manchen der hier von Konwitschny aufgebotenen Sängern/innen so meine Schwierigkeiten. Fischer-Dieskau und Schech sind gar nicht mein Fall, denn beide singen überhaupt nicht im Körper. Frick, Hopf, Wunderlich und Schock sind dagegen einmalig toll. An dieser Stelle will ich noch erwähnen, dass diese beiden Aufnahmen durchaus nicht die einzelnen Wagner Einspielungen Konwitschnys sind. Bereits im Jahre 1950 hatte er in Leipzig einen sehr beeindruckenden Tristan (mit Tag- und Nacht-Strich) aufgenommen. Das war damals anscheinend die erste Studioeinspielung des Werkes in Deutschland. Hier gelingt Konwitschnys eine derart packende, fulminante und in sich geschlossene musikalische Interpretation, dass man damals sogar darauf verzichtete, einen Fehler der Sängerin der Brangäne im ersten Aufzug zu korrigieren. Man dachte damals wohl, dass der Dirigent dieses hohe Niveau bei einer Wiederholung nicht noch einmal erreichen würde. Auch eine Gesamtaufnahme des Ring gibt es unter Konwitschnys musikalischer Leitung, und zwar eine Liveeinspielung aus Covent Garden, die musikalisch ebenfalls enorm beeindruckend ist. Das sind Zeugnisse von Konwitschnys Schaffen, die einfach nicht außen vor bleiben dürfen, da sie ungemein beeindruckend sind. Die Anschaffung ist sehr zu empfehlen!


    Herzlichst


    Lustein

  • Fischer-Dieskau und Schech sind gar nicht mein Fall

    Diese beiden in einen Topf zu schmeißen, finde ich schon etwas befremdlich, denn im Gegensatz zu ihr war er absolut im Zenit seiner stimmlichen Möglichkeiten. Sein Holländer ist ein hochinteressantes unkonventionelles Experiment, aber auf dem Wolfram liegt er einfach ideal drauf.

    Frick, Hopf, Wunderlich und Schock sind dagegen einmalig toll.

    Frick und Wunderlich ja, Hopf ist hingegen durchaus anfechtbar, Schock noch mehr, aber wenn ich schon die Bezeichnung "einmalig toll" gebrauchen würde, dann im Zusammenhang mit der "Tannhäuser"-Aufnahme sicherlich bei Grümmer und Fischer-Dieskau (neben Frick und Wunderlich).

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Zunächst einmal zu den GA "Der fliegende Holländer" und "Tannhäuser":

    Es wird sich heute nicht mehr rekapitulieren lassen, auf welcher Grundlage und zu welchen Konditionen diese Aufnahmen entstanden sind. Mein Eindruck war immer, daß bei diesen Co-Produktionen zwischen der Kölner Electrola und dem VEB DS Berlin, grob gesagt, eine klare Aufgabenteilung vorgenommen wurde: Die Solisten (von wenigen Ausnahmen abgesehen) kommen aus dem Westen, der Chor, das Orchester und der Dirigent aus dem Osten - und fertig ist der Deal!

    Das mag aber auch ganz anders gewesen sein, doch, wie gesagt, das heute noch festzustellen wird kaum möglich sein. Wie auch immer, es sind nach wie vor großartige Zeugnisse großer Kunst, von ein paar Ausnahmen abgesehen.


    Wie Stimmenliebhaber hätte auch ich gesagt: Frick und Wunderlich phantastisch (im Holländer), dagegen Marianne Schechs Senta der einzige wirkliche Schwachpunkt (ähnlich wie in Fricsays "Holländer" Annelies Kupper). Unverständlich ist mir, warum man nicht Hanne-Lore Kuhse für die Senta-Rolle herangezogen hat. Sie wäre m.E. eine kaum zu übertreffende Besetzung gewesen. Schock als Erik macht seine Sache ordentlich, aber diese Rolle ist IMO eigentlich ziemlich entbehrlich.


    Hans Hopf als Tannhäuser mächtig, aber grob und unidiomatisch (warum hat man nicht Windgassen genommen? - obwohl auch der (für mich) kein idealer Titelheld war, ebenso wieder Marianne Schech als Venus alles andere als optimal, während die übrige Besetzung der Hauptrollen (Grümmer - Frick - Wunderlich) kaum zu toppen ist.

    Fischer-Dieskau und Schech sind gar nicht mein Fall

    Zu Marianne Schech habe ich mich schon geäußert, doch nun zu Dietrich Fischer-Dieskau, der in beiden Aufnahmen an herausragender Stelle mitwirkt: Im "Holländer" in der Titelrolle, und im "Tannhäuser" als Wolfram.

    Natürlich kann man sich einen kraftvolleren, furchterregenderen Holländer vorstellen (man denke an George London oder Theo Adam), aber keiner hat (für mich) das Gespensterhafte, die Hintergründigkeit und Verlorenheit dieser Figur glaubwürdiger dargestellt als er. Und dazu singt er auch noch traumhaft schön! Ich finde, daß er hier ein psychologisches Rollenporträt vom Feinsten und damit eine sängerische wie auch darstellerische Meisterleistung vollbringt, die für sich allein die Anschaffung dieser Aufnahme rechtfertigt.


    Und nun zu seinem Wolfram: Auch hier bringt uns Fischer-Dieskau einen Wolfram nahe, der nach meinem Gefühl kaum zu übertreffen ist. Er singt nicht nur großartig, sondern macht auch die Figur glaubhaft und liebenswert. In der rund ein Jahrzehnt später entstandenen GA unter Otto Gerdes (DGG, 1969) konnte er diese Leistung nicht mehr wiederholen.

    Wer Fischer-Dieskaus Wolfram schätzt, dem sei noch eine Einzelaufnahme des "Liedes an den Abendstern" empfohlen, die der Sänger im Jahr 1953 unter Wilhelm Schüchter, mit dem Philharmonia Orchestra London, gemacht hat. Hier klingt seine Stimme womöglich noch jugendlicher und strömt noch freier:

    Fischer-Dieskau,Dietrich - Portrait .

    Die übrige Besetzung des "Tannhäuser" ist, wie gesagt, hervorragend. Über Gottlob Frick (Landgraf), Elisabeth Grümmer (Elisabeth) und Fritz Wunderlich (Walther) ist kein Wort des Lobes zu viel, aber auch die kleineren Rollen sind mit Rudolf Gonszar (Biterolf), Heinrich (Gerhard Unger), Reiner Süß (Reinmar) und Lisa Otto (junger Hirt) glänzend besetzt.

    Zum Schluß, und damit wieder zurück zu Thread-Titel, noch ein Wort zu Franz Konwitschny sowie dem Chor der Staatsoper und der Staatskapelle Berlin: Es war ein kluge und richtige Entscheidung, diesen Dirigenten und sein Team für diese Wagner-Aufnahmen heranzuziehen, die damals ja noch etwas Sensationelles an sich hatten: Es gab zu diesem Zeitpunkt (um 1960) erst wenige GA der Werke auf LP, und außerdem wurden beide schon in STEREO produziert, was einen zusätzlichen Reiz ausmachte. Konwitschny erweist sich in beiden Aufnahmen als ein kompetenter, feinnerviger Wagner-Dirigent. Mir fällt momentan kein Dirigent aus dem damaligen ELECTROLA-Team ein, der ihn adäquat hätte ersetzen können.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Lieber Nemorino!

    Natürlich kann man sich einen kraftvolleren, furchterregenderen Holländer vorstellen (man denke an George London oder Theo Adam), aber keiner hat (für mich) das Gespensterhafte, die Hintergründigkeit und Verlorenheit dieser Figur glaubwürdiger dargestellt als er. Und dazu singt er auch noch traumhaft schön! Ich finde, daß er hier ein psychologisches Rollenporträt vom Feinsten und damit eine sängerische wie auch darstellerische Meisterleistung vollbringt, die für sich allein die Anschaffung dieser Aufnahme rechtfertigt

    Treffender kann man die Leistung von Fischer-Dieskau eigentlich nicht würdigen. Damit wirst Du allerdings Lustein nicht überzeugen können. Er hat eine merkwürdige Vorstellung vom Singen, die er in Jedem seiner Beiträge immer wiederholt.

    ... gar nicht mein Fall, denn beide singen überhaupt nicht im Körper

    Welche physiologischen Abläufe und Funktionen des menschlichen Organismus er dabei konkret meint, wenn er sich darauf versteift, dass ein Sänger oder eine Sängerin "im Körper... singen müsse", hat er bisher noch nicht verraten und auch nicht, warum er so darauf versessen ist.
    Tonerzeugung, Stimmphysiologie und Gesangstechniken sind ein Feld, auf dem man mit so einfältigen Maximen nicht operieren sollte.


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Welche physiologischen Abläufe und Funktionen des menschlichen Organismus er dabei konkret meint, wenn er sich darauf versteift, dass ein Sänger oder eine Sängerin "im Körper... singen müsse", hat er bisher noch nicht verraten und auch nicht, warum er so darauf versessen ist.
    Tonerzeugung, Stimmphysiologie und Gesangstechniken sind ein Feld, auf dem man mit so einfältigen Maximen nicht operieren sollte.


    Lieber Caruso41,


    die "Italienische Technik" und das "Singen im Körper" wird hier


    https://www.musenblaetter.de/artikel.php?aid=12068


    erklärt.


    Ob die Darstellung dieser Gesangstechnik fachlich korrekt ist, kann ich als Laie nicht wirklich beurteilen.


    Sollte das Setzen von Links hier unerwünscht sein (Stichwort: Forenregeln), bitte ich um Pardon und Löschung durch einen Moderator.


    LG...MDM :hello:

    >>So it is written, and so it shall be done.<<

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Sorry, aber diese Einschätzung, die lustein seit Jahren ad naueseam wiederholt, wird dadurch nicht wahrer.

    Keine wirklicher Stimmenkenner von Stean über J.M. Fischer bis Kesting leistet ihm da glückerlicherweise Folge.

    Also. lassen wir ihm sein Hobby.....

  • Lieber MDM!

    Lieber m.joho!

    die "Italienische Technik" und das "Singen im Körper" wird hier

    https://www.musenblaetter.de/artikel.php?aid=12068

    erklärt.

    Einen so unbedarften und einfältigen Artikel habe ich noch selten gelesen gelesen!

    Sorry, aber diese Einschätzung, die lustein seit Jahren ad naueseam wiederholt, wird dadurch nicht wahrer.

    Da hast Du voll recht!

    Keine wirklicher Stimmenkenner von Stean über J.M. Fischer bis Kesting leistet ihm da glückerlicherweise Folge.

    Ich fürchte der User Lustein läuft unterhalb der Wahrnehmungsschwelle der Stimmenkenner Steane, Blyth, Celletti, Fischer oder Kesting.

    Also. lassen wir ihm sein Hobby.....

    Wenn wir hier im Forum eine seriöse, differenzierte und differenzierende Debatte über Stimmen und Gesang führen wollen, und Herr Lustein immer wieder seine einfältigen Leitsätze aufwärmt, dann ist das für das Forum und die Wahrnehmung des Forums schon schädlich. Ich habe es immer einfach kopfschüttelnd überlesen, wenn vom 'Singen im Körper' die Rede war. Aber irgendwie kann das doch nicht auf Dauer unwidersprochen bleiben. Oder?


    Eine gute Nacht wünscht

    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Beethoven - Sinfonien / Ouvertüren mit Konwitschny


    Wie kann man sich in diesem Konwitschny-Thread 10Beiträge über die "Qualität" von Sängern unterhalten.

    :!:Hier geht es um Franz Konwitschny.



    Ich bin jedenfalls froh, dass mich nemorino durch seinen Beiträge über favorisierte Beethoven - Sinfonien mit Konwitschny (bei ihm Nr.4) an meine Jahre andauernde Kaufabsicht dieser Beethoven-Sinfonien-GA von 1959-1961 erinnerte.


    Ich möchte es mal so betrachten, ohne eine direkt vergleichende Bewertung zu geben:

    Karajans grosse Beethoven-Sinfonien-GA von DG-1962 wurde so gut vermarktet, dass sie bis heute die meistverkaufte und ziemlich die Bekannteste wurde. Herausragend ist besonders die Fünfte, von der es wenige gibt, die an diese Glanzleistung herankommen.


    Aus etwa gleicher Zeit stammt die recht unbekannte Konwitschny Beethoven-Sinfonien-GA. Würde nemorino nicht davon berichtet haben, würde hier bei Tamino kaum einer an Konwitschny denken ...

    8) Sein Beethoven hat aber das Zeug, voll mit Karajan (DG) mitzuhalten. Auch die Klangqualität ist etwa von gleicher Qualität mit einem marginalen Vorsprung auf CD für Konwitschny. Warscheinlich hat die SACD-Ausgabe von Karajan klanglich die Nase vorn (aber die SACDs hatten, um 2005 gekauft, bei mir Fehler, sodass ich die bei SATAURN wieder zurückgegeben hatte).

    Was kann Vermarktung auslösen ? Wäre Konwitschny bei DG gewesen könnte seine GA diese Verkaufszahlen haben können.

    ^^ Und alle Beethovenhörer wären genau so zufrieden.


    Ich kannte bisher nur die Konwitschny-Aufnahme der Sinfonie Nr.7, die mein Einstieg (Fontana-LP) war.

    :angel: Aber egal welche Sinfonie aus der GA ich mir anhöre - alle Klasse; das ist ein spannender verdammt gut ausgehörter und mit liebevollen Details ausgestatter Beethoven, der wie die Grossen ebenfalls ganz vorne mitspielt.


    Die enthaltenen Beethoven-Ouvertüren (Leonore 1-3, Fidelio, Coriolan, Prometheus) sind ebenfalls ganz grosser Beethoven. Die Dramatik, die Spannung kommt voll zu Zuge !


    *** Der in der MEMBRAN-Box enthaltene Schumann ist rundum gelungen, hat auch seine Meriten und macht Freude.

    Nur die Sinfonie Nr.2 gelingt ihm zu pauschal und im Finale deutlich zu lasch. Dafür sind die Ouvertüren Manfred und Genoveva Aufnahmen, die gegen die Besten bestehen können.

    Die Konkurrenz bei den Schumann-Sinfonien ist sehr gross. Hier liegen meine persönlichen Vorlieben und Prägung bei Bernstein, Levine, Dohnanyi und Solti, ja auch Karajan, sodass ich hier in erster Linie dann lieber zu diesen greife.


    MEMBRAN, 1959-1961, ADD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Lieber Wolfgang,


    ich hatte Konwitschnys Beethoven-Zyklus zwar schon seit Jahren auf CD, aber er ist leider in den letzten Jahren durch andere Aufnahmen ein wenig in den Hintergrund geraten. Durch den Beethoven-Thread kam er mir dann wieder in Erinnerung, und nachdem ich schon seine Aufnahmen der Nrn. 2 und 7 in meinen "Kanon" aufgenommen hatte, war es naheliegend, auch die anderen Sinfonien mal wieder durchzuhören. Und das hat bei mir wirklich in weiten Teilen eine Neubewertung ausgelöst!

    Hätte ich nicht schon - entgegen der von Wolfgang Kaercher aufgestellten Regel - für die Sechste 5 Aufnahmen aufgeführt, so hätte ich auch diese mit Konwitschny noch "nachgeschoben", denn sie erscheint mir nach mehrmaligem Hören einen Platz auf dem Treppchen unbedingt verdient zu haben.

    Was den Karajan-Zyklus von 1962 angeht, so hat der natürlich nach wie vor seine Meriten, aber gegenüber Konwitschny würde ich nur seine Interpretationen der Fünften und Neunten vorziehen. Selbst klanglich kann die Konwitschny-GA durchaus mithalten, und bei den Sinfonien 1, 3 und 4 gefallen mir seine Auslegungen besser als die seines berühmten Kollegen, von der Sechsten ganz zu schweigen.

    Auch die Neunte interpretiert Konwitschny überzeugend, hier ist es vor allem das Solistenquartett, was mich Karajans Aufnahme vorziehen läßt.


    Es freut mich jedenfalls sehr, daß Du mit der Box zufrieden bist und vor allem, daß Konwitschnys alte Aufnahmen mal wieder ihrem Wert entsprechend beachtet und gewürdigt wurden.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • "Was wäre, wenn ..."-Fragen bleiben ja immer hypothetisch, aber ich dachte mir der Tage, angeregt durch den wiederbelebten Thread, dass Franz Konwitschny heute vielleicht als "der" DDR-Dirigent schlechthin gelten würde, hätte er zwanzig Jahre länger gelebt. Ja, natürlich gab es andere große, künstlerisch gleichrangige Orchesterleiter in der DDR. Ich nenne nur mal Herbert Kegel, Kurt Masur, Otmar Suitner und Heinz Rögner. Allerdings hatte keiner augenscheinlich diese enorme Machtfülle wie Konwitschny, der zum Zeitpunkt seines Todes ja die Deutsche Staatsoper Berlin und auch das Gewandhausorchester Leipzig zugleich musikalisch leitete. Es ist auch interessant mal kurz zu erwähnen, wer Konwitschny als GMD der Deutschen Staatsoper bzw. als Gewandhauskapellmeister nachfolgte: In ersterem Falle war dies Suitner, der 1964 dieses Amt antrat und es bis 1990 behielt; in letzterem Falle folgte zunächst Václav Neumann, ebenfalls 1964, trat aber bereits 1968 nach dem Prager Frühling davon zurück, um 1970 von Masur beerbt zu werden, der bis 1996 im Amt blieb. Kuriosum am Rande: Als GMD der Berliner Staatsoper amtierten seit 1955 gerade einmal drei Dirigenten, Konwitschny, Suitner und seit 1992 Barenboim, der bereits heute die sehr lange Amtszeit Suitners noch übertroffen hat.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Als GMD der Berliner Staatsoper amtierten seit 1955 gerade einmal drei Dirigenten, Konwitschny, Suitner und seit 1992 Barenboim, der bereits heute die sehr lange Amtszeit Suitners noch übertroffen hat.

    Wenn man die Interims-Amtsinhaber nicht mitrechnet, dann stimmt das.


    Wegen der labilen Gesundheit Konwitschnys wurde zur Spielzeit 1961/62 Helmut Seydelmann als neuer starker Mann inthronisiert, der dann aber noch vor Konwitschny starb.


    Suitner hatte in seinen Jahren als geschäftsführender GMD auch mindestens eine längere Auszeit, wo er zwar zweiter dirigierte, aber dennoch sein Amt ruhen ließ, in dieser Zeit vertrat ihn Heinz Fricke, der auch zwischen 1990 und 1992 der hauptverantwortliche GMD in der Übergangszeit zwischen Suitner (der ja schon in der zweiten Hälfte der 1980er gesundheitlich angeschlagen war und seine letzte große Opernpremiere am Haus 1985 dirigierte) und Barenboim war. Zwischen Konwitschny und Suitner war eigentlich Rögner der erste Mann, der sich auch nicht gut damit abfinden konnte, wieder in die zweite Reihe zu rücken, weshalb er in den Siebzigern das Haus verließ und Chefdirigent eines Konzertorchesters wurde.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Das ist ja hochinteressant. Danke für diese Zusatzinformationen.

    Wikipedia widerspricht sich selbst, wenn man in die jeweiligen Artikel zu Seydelmann und Fricke schaut, die im Staatsopern-Artikel in der Liste fehlen. Demnach war Seydelmann Generalmusikdirektor der Deutschen Staatsoper 1961/62 und Fricke 1961-1992. Wenn das stimmt, dann hätte es dort ja kurzzeitig drei (!) GMDs gegeben, denn Konwitschny scheint den Titel bis zu seinem Tode ebenfalls geführt zu haben. Und danach gäbe es mit Suitner und Fricke Jahrzehnte lang zumindest zwei parallel. Kann es also sein, dass diesen Titel mehrere Personen gleichzeitig tragen konnten? Oder wurde GMD in Berlin vielleicht auch zusätzlich rein titular verliehen? Ich frage mich nämlich sonst, wer dort dann das tatsächliche Sagen hatte.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Wikipedia widerspricht sich selbst, wenn man in die jeweiligen Artikel zu Seydelmann und Fricke schaut, die im Staatsopern-Artikel in der Liste fehlen. Demnach war Seydelmann Generalmusikdirektor der Deutschen Staatsoper 1961/62 und Fricke 1961-1992. Wenn das stimmt, dann hätte es dort ja kurzzeitig drei (!) GMDs gegeben, denn Konwitschny scheint den Titel bis zu seinem Tode ebenfalls geführt zu haben. Und danach gäbe es mit Suitner und Fricke Jahrzehnte lang zumindest zwei parallel. Kann es also sein, dass diesen Titel mehrere Personen gleichzeitig tragen konnten? Oder wurde GMD in Berlin vielleicht auch zusätzlich rein titular verliehen? Ich frage mich nämlich sonst, wer dort dann das tatsächliche Sagen hatte.

    Lieber "Joseph II.",


    genauso ist es, du bist schon auf der richtigen Spur. In der DDR waren "Generalmusidirektor" und "Musikdirektor" Titel, die man nicht mehr verlor, auch wenn man die Position wechselte, auf der man diese verliehen bekommen hatte. Heinz Fricke wurde Generalmusikdirektor in Schwerin, ging dann quasi als Kapellmeister an die Berliner Staatsoper, verlor aber deshalb seinen GMD-Titel nicht, sondern war Generalmusikdirektor an der Staatsoper. Rögner führte ebenfalls den GMD-Titel und war komissarisch "Geschäftsführender GMD" (so nannte sich der quasi amtierende, die Nummer 1 am Haus, die die Verantwortung für den gesamten musikalischen Sektor trug), bis 1964 Suitner "geschäftsführender GMD" wurde. Fricke war hinter ihm über Jahrzehnte die Nummer 2 und wurde auch als "stellvertretender Generalmusikdirektor" bezeichnet, es gab aber die eine oder andere Spielzeit, in der Suitner nicht als "geschäftsführender GMD" amtierte und Fricke für ihn wirklich die Amtsgeschäfte übernahm, obwohl Suitner weiterhin dirigierte. Das war alles hochkompliziert, Suitner pokerte auch, hatte ja Japan in der Hinterhand und auch Gastspiele im Westen, also drohte er immer wieder mit Weggang, um seine künstlerischen Forderungen durchzusetzen. Manchmal krachte man sich, dann "ruhte" sein Vertrag als "geschäftsführender GMD" (so Mitte der 1970er Jahre), dann raufte man sich wieder zusammen und als Suitner um 1980 erneut Abwanderungsgedanken hatte, drohte man ihm mit einem Nachfolger Rolf Reuter (der als Gast Neuproduktionen wie "Fürst Igor" und große Opernvorstellungen wie "Tristan" und "Turandot"am Haus dirigierte) und das zog, man raufte sich wieder zusammen. Fricke alleine wäre der Drohung zu wenig gewesen, das war sowieso der Liebling der Intendanz, aber nicht das große Aushängeschild wie Suitner, auch nicht bei der Staatskapelle als gleichrangig anerkannt, obwohl Fricke im Westen und überall ein vielgefragter Gastdirigent war. Das ist wirklich ein spannendes Kapitel und aus heutiger Sicht, wo Ämter und Titel klar aneinander geknüpft sind, kaum noch zu begreifen.

    Als sich der langjährige "musikalische Oberleiter" (so war die Amtsbezeichnung!) der Staatsoper Dresden, Generalmusikdirektor Siegfried Kurz, 1982 furchtbar mit dem neuen Dresdner Chefregisseur Joachim Herz verkrachte, wechselte er 1983 an die Staatsoper Berlin und behielt dort seinen Titel "Generalmusikdirektor", obwohl der quasi als Kapellmeister amtierte, aber die Staatsoper Berlin hatte einfach ein riesiges Repertoire, sodass genügend Platz für drei "Generalmusikdirektoren" nebeneinander war, die alle ihre Neuproduktionen und auch Konzerte dirigerten, auch wenn es nur einen "geschäftsführenden" Chef gab. In den Achtigern wirkten Suitner (geschäftsführend), Fricke (seit 1961) und Kurz als "Generalmusikdirektoren" am Haus, wobei Suitner kaum noch Neuproduktionen dirigierte, die letzte ganz große war "Palestrina" 1983, dann kam noch der "Don Giovanni" 1985 und dann zum Abschied 1990 "Der Schauspieldirektor" und "Prima la musica" im Apollo-Saal, was er aber gesundheitlich stark angeschlagen rasch nach der Premiere abgab und im Herbst 1990 gesundheitsbedingt (sich freilich auch längst im Rentenalter befindend) ausschied. Fricke wurde im Febraur 1992 65 Jahre alt, schied im Sommer 1992 regulär aus seiner Festanstellung aus, und im Herbst 1992 fing Barenboim an.


    Es gab also nicht nur kurzzeitig, sondern eigentlich immer (zumindest seit 1961 bis 1990) mehrere "Generalmusikdirektoren" nebeneinander.

    Das mag heute alles kurios anmuten, aber auch davor, schon in den zwanziger und dreißiger Jahrenm wirkten nicht selten mehrere "Generalmusikdirektoren" gleichzeitig am Haus, also der Berliner Staatsoper, sodass ich nicht glaube, dass das mit den Titeln und der Parallelität eine Erfindung der DDR-Zeit war, sondern einfach die Fortführung einer Tradition an diesem Haus.


    :hello:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Vielen herzlichen Dank für die ausführlichen und kundigen Ergänzungen. Das erhellt das Ganze. Gar nicht unsinnig, wie das seinerzeit gehandhabt wurde.


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber Stimmenliebhaber!

    Es gab also nicht nur kurzzeitig, sondern eigentlich immer (zumindest seit 1961 bis 1990) mehrere "Generalmusikdirektoren" nebeneinander.

    Das mag heute alles kurios anmuten, aber auch davor, schon in den zwanziger und dreißiger Jahrenm wirkten nicht selten mehrere "Generalmusikdirektoren" gleichzeitig am Haus, also der Berliner Staatsoper, sodass ich nicht glaube, dass das mit den Titeln und der Parallelität eine Erfindung der DDR-Zeit war, sondern einfach die Fortführung einer Tradition an diesem Haus.

    Deine Ausführungen zu der Generalmusikdirektor-Frage habe ich mit großem Interesse gelesen. Die Regelungen und die Praxis in der DDR-Zeit hatte ich so genau bisher nicht durchschaut. Danke für die Aufklärung!

    Im Übrigen gab es schon im 19. Jahrhundert nebeneinander wirkende Generalmusikdirektoren. Das prominenteste Beispiel sind wohl Felix Mendelssohn Bartholdy (der von 1941-1948 Generalmusikdirektor der Sinfoniekonzerte war) und Giacomo Meyerbeer (der 1842- 1946 als Generalmusikdirektor der Oper fungierte). Der Einsatz von Mendelssohn blieb aber bescheiden. Auch Meyerbeer hat den Titel eher als Auszeichnung oder Ehrenamt verstanden und stand dem Haus nicht so viel zur Verfügung wie vereinbart.


    Beste Grüße

    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Ob die Darstellung dieser Gesangstechnik fachlich korrekt ist, kann ich als Laie nicht wirklich beurteilen.

    Hallo MDM,


    mir geht es genauso. Mein Urteil über Gesangskunst stützt sich ausschließlich auf meinen persönlichen Geschmack. Wenn mir das Timbre gefällt und auch die Interpretation, frage ich nicht nach der Gesangstechnik, ganz einfach, weil ich davon als Laie viel zu wenig verstehe.


    Die Aussagen von Caruso41 und m.joho leuchten mir aber durchaus ein. Hier scheint jemand "ad nauseam", wie sich m.joho ausdrückt, sein ganz persönliches Steckenpferd zu reiten. Lassen wir ihm den Spaß!


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Vielleicht können Nemorino und andere Konwitschny-Liebhaber mal eine Zusammenstellung manche, welche Konwitschny-Aufnahmen man unbedingt haben sollte.

    Lieber Holger,


    da ich längst nicht alle Konwitschny-Aufnahmen kenne, ist die Beantwortung dieser Frage gar nicht so einfach.

    Aus meiner Sicht stehen an allererster Stelle die hier schon vielfach gerühmten Beethoven-Sinfonien, einschließlich der Ouvertüren. Darüber werden wohl alle Konwitschny-Verehrer einer Meinung sein.


    Der Schumann-Zyklus, der etwa zur gleichen Zeit entstanden ist (um 1960), ist sicher nicht so exzeptionell und auch nicht so unumstritten wie seine Beethoven-Interpretationen, wie dieser Eintrag von Wolfgang (teleton) bezeugt:

    Der in der MEMBRAN-Box enthaltene Schumann ist rundum gelungen, hat auch seine Meriten und macht Freude.

    Nur die Sinfonie Nr.2 gelingt ihm zu pauschal und im Finale deutlich zu lasch. Dafür sind die Ouvertüren Manfred und Genoveva Aufnahmen, die gegen die Besten bestehen können.

    Die Konkurrenz bei den Schumann-Sinfonien ist sehr gross. Hier liegen meine persönlichen Vorlieben und Prägung bei Bernstein, Levine, Dohnanyi und Solti, ja auch Karajan, sodass ich hier in erster Linie dann lieber zu diesen greife.

    Allerdings gibt es da auch Gegenstimmen, hier ist eine von einem inaktiven Tamino-Mitglied:

    Eines Tages gab es auf dem Wühltisch von Schmorl & von Seefeld Schumann-Aufnahmen mit Franz Konwitschny. Mein Schumann-Bild hat sich dadurch sehr gewandelt. Wand´s Schumann wirkte im Vergleich viel zu statisch. Konwitschny hat einen ganz extremen Interpretationsansatz. Die Artikulation ist unglaublich sprechend, einzelne Notenwerte werden überaus stark betont - man kann das sehr romantisch nennen. Konwitschny ist der einzige mir bekannte Dirigent, der Schumanns Sinfonien muskalisch sinnvoll spielt, das Gewandhausorchester Leipzig geht diesen ganz extremen Interpretationsansatz vollkommen natürlich und organisch mit.

    Ich persönlich schätze Konwitschnys Schumann sehr, doch trotzdem würde ich insgesamt den Zyklen von Szell, Karajan und Sawallisch den Vorzug geben, was nicht nur, aber auch mit der tontechnischen Seite zu tun hat, die mir nicht so gelungen scheint wie bei den Beethoven-Aufnahmen.


    Unverzichtbar für alle Freunde des Dirigenten halte ich außerdem seine Aufnahme von Schuberts großer C-Dur-Sinfonie (Nr. 9) mit der Tschechischen Philharmonie, die mir allerdings nur auf LP vorliegt. Sie wurde aber auch auf CD herausgegeben:

    Franz Konwitschny, Czech Philharmonic - The Art of Franz Konwitschny:  Schubert Symphony No. 9/Wagner Tristan & Isolde - Prelude - Amazon.com Music

    Eine glanzvolle Interpretation, die oftmals an Furtwänglers legendäre Aufnahme von 1951 mit den Berliner Philharmonikern (DGG) denken läßt. Konwitschnys Aufnahme hat den Vorteil, daß sie in STEREO produziert wurde.


    Natürlich zählen zu den unverzichtbaren Konwitschny-Aufnahmen die Wagner-Opern "Tannhäuser" und "Der fliegende Holländer", die hier ja schon mehrfach hervorgehoben wurden.


    Ziemlich unbekannt dürften heute seine Aufnahmen der Werke von Richard Strauss sein. Mir selber liegen davon keine vor, aber in einer alten Rezension von 1961 wird seine Aufnahme des TILL mit der Tschechischen Philharmonie Prag über die Toppen gelobt: ".... eine wundervoll organische, warmblütige Darstellung durch Konwitschny erreicht uns kürzlich aus Prag, mit den dortigen Philharmonikern .... alles klingt schön und herrlich!" Meines Wissens ist sie aber nicht auf CD überspielt worden. Es handelt sich um diese Mono-Aufnahme, die ca. Ende der 1950er Jahre entstanden ist:





    BEETHOVEN SYMPHONIE NR. 4 - KONWITSCHNY - Eterna 825413 - EUR 5,00 |  PicClick DE


    Es gibt einen weiteren TILL von Konwitschny in Stereo mit den Wiener Symphonikern, der bei uns, zusammen mit anderen Strauss-Werken, auf EURODISC veröffentlicht wurde:


    Strauss*, Wiener Symphoniker, Franz Konwitschny - Don Juan; Till  Eulenspiegel; Walzerfolge aus


    Auch diese Aufnahmen sind mir allerdings nicht näher bekannt.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Hier noch einige Informationen zu zwei Konwitschny-Aufnahmen für Eterna, die für Konwitschnys Wirken besondere Bedeutung haben:


    Beethoven, Sinfonie Nr. 3 "Eroica", Staatskapelle Dresden, aufgenommen am 3. und 4. November 1954 im Steinsaal des Hygienemuseums Dresden. Dieses war die erste Klassik-LP-Produktion für die Eterna und somit auch die erste für den damals gerade bei VEB Deutsche Schallplatten Berlin eingestiegenen Produzenten Dieter-Gerhardt Worm.


    Brahms, Sinfonie Nr. 1/Beethoven, Große Fuge op. 133/Mozart: Adagio und Fuge KV 546, Gewandhausorchester Leipzig, aufgenommen vom 12. bis 19. Juni 1962, Heilandskirche, Leipzig (Produzent: Dieter-Gerhardt Worm, Tonmeister: Claus Strüben). Dieses waren die letzten offiziellen Schallplattenaufnahmen des nur kurze Zeit später verstorbenen Konwitschny.

  • Dieses war die erste Klassik-LP-Produktion für die Eterna und somit auch die erste für den damals gerade bei VEB Deutsche Schallplatten Berlin eingestiegenen Produzenten Dieter-Gerhardt Worm.

    Interessant, dass Worm auch so lange "Produzent" war. Das wusste ich nicht. Bekannt war er mir in erster Linie als Dirigent.


    https://de.wikipedia.org/wiki/Dieter-Gerhardt_Worm



    Gerade in Chemnitz, Plauen und Zwickau spricht man heute noch voller Hochachtung von ihm.


    3974557_HC.jpg


    Schön, dass der mit seinen 90 Lenzen noch lebt.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Zitat

    Zitat von Dr. Holger Kaletha

    Vielleicht können Nemorino und andere Konwitschny-Liebhaber mal eine Zusammenstellung manche, welche Konwitschny-Aufnahmen man unbedingt haben sollte.

    Lieber Holger,

    ich bin natürlich überhaupt kein Experte für diese Thematik, kann aber zumindest sagen, dass ich die folgende Einspielung (der Mozart mit Friedrich Gulda) immer gern höre



    Ob man sie haben muss, hm, das kann ich nur schwer beantworten. Gerade die Kritiken zum Mozart waren kontrovers, mir gefällt er. Sehr gut finde ich dagegen die vierte von Beethoven.

    Herzlich grüßend, Jörn

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Interessant, dass Worm auch so lange "Produzent" war. Das wusste ich nicht. Bekannt war er mir in erster Linie als Dirigent.

    Auf der Rückseite der Covers oder in den Booklets von alten Eterna-Alben ist er sehr oft erwähnt gewesen. Dadurch nahm ich ihn vornehmlich als Produzent bzw. Aufnahmeleiter wahr. Dass er auch dirigierte, war mir nicht bewusst.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Ich muss gestehen, dass ich auf Platten immer nur die Namen der Interpreten lese und mich eigentlich noch nie dafür interessiert habe, wer der "Produzent" ist.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ich muss gestehen, dass ich auf Platten immer nur die Namen der Interpreten lese und mich eigentlich noch nie dafür interessiert habe, wer der "Produzent" ist.

    Es wäre gewiss nicht uninteressant, an anderer Stelle mal der Frage nachzugehen, welche Rolle die Produzenten eigentlich spielten. Ihre Aufgaben dürften - je nach Firma und Label, je nach Jahreszahlen - sehr unterschiedlich gewesen sein. Die Macht von einst dürften sie wohl nicht mehr haben. Eines der markantesten Beispiele für den hohen Anteil des Produzenten am Zustandekommen einer Plattenproduktion dürfte der "Ring" der Decca unter Solti gewesen sein. Mit den Jahren verfestigte sich allerdings der Eindruck, als sei nur der Dirigent der Garant und der Organisator für die enorme musikalische Qualität gewesen und habe sich Solisten und Orchester nach eigenen Vorstellungen und eigenem Gutdünken ausgesucht. Das war ganz und gar nicht so. Die Hauptperson im Hintergrund war der Produzent John Culshaw, der auch bei den Geldgebern in der Verantwortung stand, dessen Name dann aber nicht auf der Hülle erschien. Er allein bestimmte über jeden Ton, der an die Öffentlichkeit geriet. Am Ende wurden die Darstellungen auf dem Cover immer verzerrter. Soltis Porträt - um bei unserem Beispiel zu bleiben - erschien genau so groß wie das Wagners. Als hätte er den "Ring" mit komponiert. ;) Das Aufgabenfeld der Produzenten änderte sich peu à peu. Dabei spielte Karajan nach meiner Beobachtung eine nicht unwesentliche Rolle. Er wollte sich von niemandem hineinreden lassen und machte und bestimmte alles selbst. Damit fiel aber ein wichtiges Korrektiv weg, wodurch dem Maestro auch mal hätten Grenzen gezogen werden können. So aber wurden - das ist meine Meinung - die Aufnahmen immer glatter und unverbindlicher. Auch von Solti ist gegen Ende seines Lebens die Aussage überliefert, dass er am liebsten alles noch einmal würde aufnehmen wollen. In dieser Aussage stecke auch Kritik an seinen Produzenten.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent