Placido Domingo - Plus Ultra

  • "Glück" hatte Robert King. Seinem indiskutablen Treiben wurde vor #metoo ein Ende gesetzt, er hat seine Strafe abgesessen und ist nun als rehabilitiert zu betrachten. Der bekommt nun weniger Watschen als jemand, der sich versehentlich mal von Putin zum Tee hat einladen lassen.

    Er hat Jehova gesagt!

  • Bei Kachelmann waren die Vorwürfe nach allem, was man weiß, unbegründet. Bei Domingo glaube ich angesichts der Vielzahl der Frauen, die sich dazu geäußert haben, nicht an seine Unschuld.

    Hallo Bertarido,


    auch bei Kachelmann hat es seinerzeit, wenn ich mich recht erinnere, "Trittbrettfahrer" gegeben. Trotzdem waren die von einer bestimmten Person erhobenen Vorwürfe, wie Du selber schreibst, unhaltbar. Und trotzdem: Irgendetwas bleibt immer hängen, und Kachelmann wird noch Jahre unter dieser Treibjagd zu leiden haben. Er versucht zwar auf diversen Gebieten, wieder ins Geschäft zu kommen, aber bisher mit nur bescheidenem Erfolg.


    Was "die Vielzahl der Frauen" angeht, so ist es immer wieder höchst erstaunlich, daß sich, sobald irgendwo ein erster Vorwurf gemacht ist, plötzlich Dutzende von Geschädigten auftauchen, wie ein Schwarm Schmeißfliegen, der sich auf einen Kotelettknochen stürzt. Irgendwie finde ich das ganz einfach widerlich! Inzwischen hat sich praktisch eine außergerichtliche Gesellschaft gebildet, die ohne Rücksicht auf bestehende Gesetze - wie seinerzeit die Feme - sich auf ihr Opfer stürzt und es nicht mehr aus den Klauen läßt, bis es zur Strecke gebracht ist. Ich weiß nicht, ob Domingo schuldig oder unschuldig ist, jedenfalls hat er so lange als unschuldig zu gelten, bis ein ordentliches Gericht ihn verurteilt hat. Jedenfalls möchte ich nicht in seiner Haut stecken.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Was "die Vielzahl der Frauen" angeht, so ist es immer wieder höchst erstaunlich, daß sich, sobald irgendwo ein erster Vorwurf gemacht ist, plötzlich Dutzende von Geschädigten auftauchen, wie ein Schwarm Schmeißfliegen, der sich auf einen Kotelettknochen stürzt. Irgendwie finde ich das ganz einfach widerlich!

    Und ich finde den Vergleich von mutmaßlichen Opfern sexueller Übergriffe mit Schmeißfliegen so widerlich, dass ich gerade kotzen könnte. <X


    Von dieser Geschmacklosigkeit abgesehen: Ist es für Dich so schwer verständlich, dass Opfer von sexueller Gewalt einen Anstoß brauchen, um den Mut zu finden, selbst an die Öffentlichkeit zu gehen? Womit ich keineswegs abstreiten will, dass es in solchen Fällen auch Trittbrettfahrer gibt. Im Fall Domingo, wo die Tatsache, dass er Frauen nachstellte, offenbar in der Community jedem bekannt war, halte ich es allerdings für höchst unwahrscheinlich, dass alle Anschuldigungen von Trittbrettfahrerinnen kommen.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Was "die Vielzahl der Frauen" angeht, so ist es immer wieder höchst erstaunlich, daß sich, sobald irgendwo ein erster Vorwurf gemacht ist, plötzlich Dutzende von Geschädigten auftauchen, wie ein Schwarm Schmeißfliegen, der sich auf einen Kotelettknochen stürzt.

    Levine, Kuhn, Detoit, Gatti, Domingo - in welchem dieser Fälle waren es zwölf oder mehr bekannt gewordene Fälle? Mehr, als 24, 36 oder 48? - Vielleicht schraubst Du Deine an der falschen Stelle zur Schau gestellte Empörung etwas herunter und bleibst bei den Fakten?

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Und ich finde den Vergleich von mutmaßlichen Opfern sexueller Übergriffe mit Schmeißfliegen so widerlich, dass ich gerade kotzen könnte.

    Lieber Bertarido,

    das kann ich sehr gut nachvollziehen. Es handelt sich um genau diese widerwärtige sprachliche Verrohung, die das Lesen vieler Beiträge im Internet so unerträglich macht. Die Bigotterie, sich zum einen hinter der Maske der Wohlanständigkeit über die schönen Künste auszutauschen und auf der anderen Weise solche zutiefst menschenverachtende Vergleiche zu bemühen, macht mich immer wieder fassungslos, obwohl man sich doch eigentlich inzwischen daran gewöhnt haben müsste.

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  • ….. nun, dann könnt ihr euch ja in sittlicher Empörung zu gemeinschaftlichem Kotzen verabreden.

    Daß z.B. ein Jörg Kachelmann, der immerhin über 4 Monate wegen falscher Anschuldigungen in U-Haft saß, vielleicht noch mehr Grund zum Kotzen hätte, spielt dabei wohl keine Rolle.


    Fassungslos macht mich immer wieder, daß es inzwischen schon zur Normalität gehört, daß in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen immer wieder eine neu Sau gefunden wird, die durch das Dorf getrieben wird. Jedesmal erhebt sich die bange Frage: Und wer mag nun der Nächste sein?


    Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Daß z.B. ein Jörg Kachelmann, der immerhin über 4 Monate wegen falscher Anschuldigungen in U-Haft saß, vielleicht noch mehr Grund zum Kotzen hätte, spielt dabei wohl keine Rolle.

    Der Fall Kachelmann ist mit den anderen hier genannten Fällen nun wirklich überhaupt nicht vergleichbar. Bei Kachelmann ging es um einen (wie sich herausstellte) unberechtigten Tatvorwurf im privaten Bereich, in den anderen Fällen geht es um zum Teil systematisches Ausnutzen von Machtpositionen (in diesem Fällen im Klassikbereich) durch - in einigen Fällen mutmaßliche - Ausübung sexueller Gewalt. Das ist ein himmelweiter Unterschied und daher sollte man das auch nicht miteinander vermengen.

  • Zu Kachelmann möchte ich die Urteilsbegründung in Erinnerung rufen, die offenbar viele schon wieder vergessen haben:

    „Der heutige Freispruch beruht nicht darauf, dass die Kammer von der Unschuld von Herrn Kachelmann und damit im Gegenzug von einer Falschbeschuldigung der Nebenklägerin überzeugt ist. Es bestehen aber nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme begründete Zweifel an der Schuld von Herrn Kachelmann. Er war deshalb nach dem Grundsatz ‚in dubio pro reo‘ freizusprechen.


    Zur Domingo-Berichterstattung empfehle ich diesen Kommentar von Martin Zeyn auf Capriccio:

    https://www.facebook.com/br.ca…M34jTMXUM&fref=nf&__xts__[0]=68.ARDy4B4i1p1fxqWkeSviitutwHP_4c_7PU_BDN4qLuXVnepM6xzJr-uOJEnj0fJ1X1vihDoTrASzlWxj3MMGGwbdSlB9dFIfk0tkC-WFRMgBHyUD6n3kmEwNK_EJ-lHc4VEqfA6YDFI9auWCzcdxhPagl4N6eoL-ryv8pBMVcWA9gVS8CTAYotX3N2Ehgzx9s-HV7_Q7vBjjAS0dbDSnljfkUSm8-O_CuoG1mqicMo59v4KDZDPrOiREJ1Zphjm3xLhglPYz6ZAJ8CpdhbPoVEgnq5KTX1e3Jq1xDa5EVfeiKV_xZDrxcwmz1AxrN6LuhJWOcpm_mVAmv-Cep4ws19paC70J1LgsLGb9QA

  • Zu Domingo empfehle ich diesen Kommentar von Martin Zeyn auf Capriccio.

    In der Tat ein sehr lohnender Kommentar, der sehr treffend darlegt, wie einige Kommentare auch in diesem Thread zu verstehen und zu bewerten sind.

  • Fassungslos macht mich immer wieder, daß es inzwischen schon zur Normalität gehört, daß in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen immer wieder eine neu Sau gefunden wird, die durch das Dorf getrieben wird. Jedesmal erhebt sich die bange Frage: Und wer mag nun der Nächste sein?


    Nemorino

    Und mich machen solche ahnungslosen Kommententare fassungslos - ich empfehle den weiter oben verlinkten Beitrag auf Capriccio von Martin Zeyn.


    Ich arbeite seit 20 Jahre in der Filmbranche, die in den letzten Jahren ja auch von einige Skandalen heimgesucht wurde (bspw. Dieter Wedel). Die Argumente gegen die Berichterstattung finden sich 1:1 hier im Forum wieder: Warum melden diese Frauen sich erst jetzt? Sie wollen doch nur Kapital draus schlagen usw. Worauf ich hinaus will ist aber, dass sich meine Branche das zum Glück nicht lange angesehen und kurzerhand eine Vertrauensstelle gegründet hat. Vor allem die Sender haben hier ihre Verantwortung wahrgenommen. Diese Vertrauensstelle wurde meines Erachtens sehr solide ausgestattet und ich hätte gedacht, dass das bald wieder zurückgefahren wird. Irrtum, die haben leider sehr, sehr viel zu tun und kommen kaum hinterher. Ich habe überhaupt kein Problem damit, wenn es nun die eine oder andere Sau erwischt. Diese Zeiten sind einfach vorbei, auch wenn das einige hier noch nicht begriffen haben.


    Interessieren würde mich, ob es inzwischen solche Vertrauensstellen auch im Opernbetrieb gibt? Offenbar ja nicht.


    Nachtrag: Es gibt aber auch solche Stimmen https://www.welt.de/icon/partn…T0bgh-CUZi6TNed2V_7d8H5hY

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  • Zur Domingo-Berichterstattung empfehle ich diesen Kommentar von Martin Zeyn auf Capriccio

    Hallo Christian, komme ich an den Artikel auch ohne "fratzenbuch" heran? Auf Capriccio selbst (hier) habe ich nichts finden können.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Hallo Christian, komme ich an den Artikel auch ohne "fratzenbuch" heran? Auf Capriccio selbst (hier) habe ich nichts finden können.

    Du musst auf das Video klicken. Der Kommentar ist gesprochen.


    Danke, Christian, für die faire Gegenüberstellung zweier so unterschiedlicher Kommentare zur Debatte. Wer die Aussagen von Martin Zeyn und Beate Wedekind vergleicht, kann sich ja selbst eine Meinung bilden.

  • Zu Kachelmann möchte ich die Urteilsbegründung in Erinnerung rufen, die offenbar viele schon wieder vergessen haben:

    Wieder einmal haben wir diese Diskussion, lieber Christian, mit den zu erwartenden Positionen. Ich finde erst einmal, dass man es sich mit dem Fall Kachelmann nicht so einfach machen sollte. Die Rehabilitierung vor Gericht hat ihm nämlich rein gar nichts genützt was die öffentliche Person angeht. Als Privatperson wurde er rehabilitiert. Als öffentliche Person hat ihn die - falsche - Vorverurteilung erledigt. Daran hat auch das späte Gerichtsurteil nichts geändert. Und das ist genau das Problematische. Wer in Bezug auf sexuellen Missbrauch heute in den öffentlichen Medien angeklagt wird, der gilt als schuldig und der wird damit als öffentliche Person "hingerichtet". Das ist, wenn man es historisch betrachtet die Fortsetzung von dem, was einst Lynchjustiz war. Heute rottet sich die Menge nicht mehr auf der Straße zusammen, sondern im Internet. Ich rede jetzt nicht von den Frauen, die sich melden, sondern von den Unbeteilgten, die diese Meldungen zum Anlass nehmen, einen Shitstorm der Empörung zu entfachen. Das alles gehört zusammen und man kann es nicht voneinander trennen. Und genau das ist auch das Problem bei diesem Kommentar von Martin Zeyn:

    Zur Domingo-Berichterstattung empfehle ich diesen Kommentar von Martin Zeyn auf Capriccio:

    Der Mann hat Recht aber er vereinfacht auch. Erst einmal ist das Problem, dass diese Meldungen von Frauen funktionalisiert werden in einem solchen Shitstorm von den vielen Empörten, die solche Meldungen erst zum Skandal aufbauschen. Und zweitens ist gerade hier bei Domingo wieder einmal hoch problematisch, dass Zweideutigkeiten eindeutig gemacht werden. Wo Missbauch eindeutig ist wie beim Missbrauchsskandal der katholischen Kirche oder Vergewaltigung ist das alles keine Frage. Und natürlich schüchtern Täter Opfer ein, indem sie ihnen Schildgefühle machen. Ihnen hilft jetzt MeToo, dass sie sich äußern. Das ist auch gut so. Nur das ist nur die eine Seite. Es gibt eben - und das vermischt sich - die Grauzone einer "Kultur der Libertinage", wo es dann letztlich nicht mehr eindeutig ist, was als Übergriff empfunden wurde oder wird, sondern das eine Frage der "Interpretation" ist. Was wird noch als Schmeichelei empfunden und was ist schon Belästigung? Das ist sehr deutungsfähig und die Beurteilung weich und dehnbar wie Gummi. Da ist dann schon berechtigt die kritische Frage: Wird da von manchen Betroffenen im Zuge von MeToo etwas als Übergriff und Missbrauch im nachhinien interpretiert, was damals vielleicht gar nicht so empfunden wurde? Der Mann ist attraktiv und er wurde sicher ebenso von Frauen belästigt oder "verfolgt". Da gibt es dann ein Geben und Nehmen. Ich finde, dass Domingo schon begriffen hat, dass sein Verhalten zu einer Kultur der Libertinage gehörte, die heute nicht mehr von der Gesellschaft akzeptiert wird. Was nur nicht sein kann, ist, dass ein objektiv betrachtet ganz sicher hoch problematisches Verhalten - problematisch eben wegen seiner Zweideutigkeiten und fließenden Grenzen von Flirt und Belästigung, was zu dieser Kultur der Libertinage gehörte - nachträglich skandalisiert und dann das Verhalten zum "Verbrechen" stilisert wird mit dem Shitstorm der Empörung und Skandalisierung, der darauf folgt. Und es kann nicht sein, dass der Shitstorm in den Medien zur Gerichtsbarkeit wird, die eine Person verurteilt nur aufgrund von Anschuldigungen und so als öffentliche Person "killt". Das ist eine fragwürde Aushölung des Rechtsstaates. Ich bin nicht der Meinung, dass solche der Lynchjustiz ähnliche Praktiken, wie sie das Internet leider bietet, einfach so hinzunehmen sind. Der Rechtsschutz muss für Opfer und Beschuldigte gleichermaßen gelten.


    Schöne Grüße

    Holger

  • Du musst auf das Video klicken. Der Kommentar ist gesprochen.

    Ah, vielen dank. Habe fälschlicherweise den ganzen Link kopiert und landete auf der Anmeldeseite von facebook.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Ich finde erst einmal, dass man es sich mit dem Fall Kachelmann nicht so einfach machen sollte. Die Rehabilitierung vor Gericht hat ihm nämlich rein gar nichts genützt was die öffentliche Person angeht. Als Privatperson wurde er rehabilitiert. Als öffentliche Person hat ihn die - falsche - Vorverurteilung erledigt

    Immerhin hat ihm der mdr wieder das Riverboat moderieren lassen. Seitdem ist aus dieser fürchterlich langweiligen Sendung wieder ein sehenswertes Programmbestandteil geworden. Gut so, daß es den mdr gibt. Man hätte nur viel eher reagieren sollen.

    Zum Artikel von diesem Herrn Zeyn bin ich sogar mal Deiner Meinung. Moralisieren, verurteilen, in den Dreck treten ohne Beweise, das ist ekelhaft. Manche hier im Forum, die jetzt in Domingo einen Verbrecher sehen wollen kann ich nicht verstehen.

    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

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  • Peter Uehling hat einen aus meiner Sicht sehr lesenswerten Artikel zur "Causa Domingo" in der Franfurter Rundschau verfasst:


    https://www.fr.de/kultur/musik…enen-regeln-12914601.html


    In den Kommentaren unter dem Artikel findet sich übrigens auch der Link zu ein emInterview mit Domingo, das er 1982 dem Stern gegeben hat (in der Überschrift wird es mit 1980 datiert). Man muss schon sagen, dass sich bis heute einiges getan hat, denn heute würde wohl kaum ein Sänger über eine Bühnenkollegin eine derart despektierliche und bloßstellende Aussage tätigen wie Domingo in diesem Interview über Montserrat Caballé:


    Zitat


    Natürlich ist ein Unterschied, ob ich mit Montserrat Caballé auf der Bühne stehe, die zwar ein wunderschönes Gesicht hat, aber einen Körper wie eine Tonne, oder mit, sagen wir, Renata Scotto, die auch körperlich eine schöne Frau ist. Ich verhalte mich entsprechend den Möglichkeiten. Als ich einmal Montserrat Caballé dabei überraschte, wie sie haufenweise Eis mit heißer Schokolade verzehrte, sagte sie, sie sei nach der Vorstellung immer so hungrig. Das ist natürlich nicht die richtige Art, schlank zu bleiben.



    Hier der Link zum vollständigen Interview.

  • Es gibt eben - und das vermischt sich - die Grauzone einer "Kultur der Libertinage", wo es dann letztlich nicht mehr eindeutig ist, was als Übergriff empfunden wurde oder wird, sondern das eine Frage der "Interpretation" ist. Was wird noch als Schmeichelei empfunden und was ist schon Belästigung? Das ist sehr deutungsfähig und die Beurteilung weich und dehnbar wie Gummi. Da ist dann schon berechtigt die kritische Frage: Wird da von manchen Betroffenen im Zuge von MeToo etwas als Übergriff und Missbrauch im nachhinien interpretiert, was damals vielleicht gar nicht so empfunden wurde?

    Frauen unter das T-Shirt oder den Rock zu greifen, ihnen ungefragt die Zunge in den Mund zu stecken oder sie mit nächtlichen Anrufen zum Sex aufzufordern, verbunden mit Andeutungen, das dies ihrer Karriere förderlich wäre, waren auch damals eindeutige Übergriffe, das hat mit einer Kultur der Libertinage nichts, aber auch gar nichts zu tun.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Was mich an diesem Artikel stört, sind die Parallelen, und dass als gesichert hingestellt wird, als "verschwiegene Wahrheit", dass er "systematisch" Machtmissbrauch begangen habe. Genau das ist aber fragwürdiger Populismus. Sich auf schweigende Mehrheiten oder unausgesprochene Wahrheiten zu berufen ist die populistische Masche von Trump und allen anderen Rechtspopulisten Heute. Genau da bekomme ich Bauchschmerzen. Vermutungen und Unterstellungen werden zu Gewissheiten und damit die juristische Klärung solcher Fälle zur Nebensache, was die "Volkseele" sagt, ist die Wahrheit und entscheidend. Es ist etwas Anders, wenn Jemand sagt: "Nur wenn Du mit mir schläfst, bekommst Du die Rolle." Das ist eindeutig sexuelle Nötigung. Wenn aber einer Dame dem Werben nachgibt, weil sie nur meint, dass dies nachteilig sein könnte (im Konjunktiv!) für ihre Karriere, wenn sie dem nicht nachgibt, dann ist das allein ihre Entscheidung. Wenn sie standhaft ist, dann sagt sie: Da gehe ich nicht hin, egal ob das für mich eventuell hat - ich zeige diesem Menschen, dass ich dieses Spiel nicht mitmache. Diese Freiheit hat sie. In so einem Fall kann sie die Verantwortung also nicht einfach auf den Mann abschieben und sich zum armen Opfer stilisieren. Es gehört zur menschlichen Schwäche, dass sich Mann für Frauen eher einsetzt, die ihm Gefälligkeiten geboten haben. Das sollte er nicht, passiert aber überall, auch im Universitätsbereich. Da schläft dann der verheiratete Professor mit seiner Doktorandin und ist natürlich eher geneigt, ihr eine Stelle zu verschaffen, als wenn das nicht der Fall wäre. Nur wo ist da die Grenze von Schmeichelei des eigenen Ego und Befriedigung der Eitelkeit ("Ich schlafe mit meinem tollen Prof., Du aber nicht!"), zwischen gefühlter Anziehung und strategischer Berechnung? Was überwiegt, das angenehme oder das unangenehme Gefühl dabei? All das ist nicht eindeutig. Ein solches männliches Verhalten, Begünstigungen durch gewisse Gefälligkeiten zu gewähren, ist zwar moralisch nicht besonders günstig zu bewerten, aber eben ein Spiel, das die betreffenden Frauen offenbar mitgespielt und so dazu eben mit beitragen haben, dass sich solche Verhaltensweisen als Normalität etablieren konnten. Dafür sind sie dann auch mit verantwortlich. Wenn sie sich nachträglich als Opfer stilisieren, dann haben sie dabei ihre Mitverantwortung schlicht verdrängt und auch das Unterbewusste - wohlgemerkt in diesen freiwilligen Fällen. Sänger wie Domingo waren bzw. sind ein Frauenschwarm und welche Dame fühlt sich durch so ein Angebot nicht geschmeichelt? In diesem Sinne hat die junge chinesische Pianistin Yuja Wang sich sehr negativ über MeToo geäußert: "Wenn ich das nicht will, dann gehe ich da einfach nicht hin." Das ist zwar auch eine Vereinfachung, aber Unrecht hat sie damit nicht.


    Schöne Grüße

    Holger

  • Absolut d'accord, lieber Holger. Wo sind denn die Beweise für all die Behauptungen gegen Domingo? In dubio pro reo. Wieso sollte dieser Rechtsgrundsatz hier nicht gelten?

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Frauen unter das T-Shirt oder den Rock zu greifen, ihnen ungefragt die Zunge in den Mund zu stecken oder sie mit nächtlichen Anrufen zum Sex aufzufordern, verbunden mit Andeutungen, das dies ihrer Karriere förderlich wäre, waren auch damals eindeutige Übergriffe, das hat mit einer Kultur der Libertinage nichts, aber auch gar nichts zu tun.

    Jetzt vermischst Du aber Domingo mit anderen Fällen - und genau da wird es problematisch. Zwischen einem nächtlichen Anruf - da ist schon eine räumliche Distanz - und dem Zunge in den Mund stecken ist einfach ein gewaltiger Unterschied. Balzende Werbung kann aufdringlich werden, aber ist damit noch keine sexuelle Nötigung. Da geht es dann mit dem Interpretationsproblem schon los. Hier sollte man sich wirklich vor einer Skandalisierung hüten und nicht so unbedarft und undifferenziert die Dinge betrachten. Und nicht zuletzt müssen solche Anschuldigungen erst einmal bewiesen werden, ob sie berechtigt oder unberechtigt sind. Das hat sehr wohl viel mit einer Kultur der Libertinage zu tun, dass sie nämlich keine klaren Grenzen setzt, sondern die Übergänge vom gerade noch Erlaubten zum Unerlaubten fließend sind. Weswegen es dann nicht unproblatisch ist, sie nachher zu setzen. Es mag ja auch sein, dass Frauen in ihrer Verabreitung der Ereignisse später erst bemerken, dass sie das nachhaltig belastet, was sie in der ursprünglichen Situation so noch nicht bemerkt haben. Genau deshalb bin ich auch für klare Grenzen. Aber eben einfach im nachhinein etwas hineinzuprojizieren in gewisse Ereignisse, das geht nicht. So einfach kann man es sich nicht machen.


    Schöne Grüße

    Holger

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  • Sänger wie Domingo waren bzw. sind ein Frauenschwarm und welche Dame fühlt sich durch so ein Angebot nicht geschmeichelt?

    Lieber Holger,

    ich muss ehrlich sagen, dass ich diesen Satz nicht nachvollziehen kann. Ich halte ihn sogar für gefährlich, da er suggeriert, dass attraktive Männer keine sexuelle Gewalt ausüben können, was nachweislich falsch ist. Für ein Missbrauchsopfer ist die fehlende Einvernehmlichkeit bei einem Missbrauch das was Traumata und Wunden hervorruft (und daraus resultierend das Gefühl der eigenen Ohnmacht), nicht eine etwaige Attraktivität oder Unattraktivität des Missbrauchers. Für eine Frau, die von einem Mann sexuell missbraucht oder belästigt wird, hat es keine Relevanz, wie viele andere Frauen es gibt, die mit der entsprechenden Person gerne freiwillig ins Bett gehen würden.

  • Absolut d'accord, lieber Holger. Wo sind denn die Beweise für all die Behauptungen gegen Domingo? In dubio pro reo. Wieso sollte dieser Rechtsgrundsatz hier nicht gelten?

    Dieser Rechtsgrundsatz gilt in einem Strafverfahren und nicht bei der Bewertung eines Zeitungsartikels. (Dass es zu einem Strafverfahren kommt halte ich für unwahrscheinlich, da die Fälle auch nach US-Amerikanischen Recht verjährt sein dürften.) Herr Domingo hat das Recht, sollte er sich durch die Berichterstattung in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt fühlen, gegen den Verfasser des Artikels rechtliche Schritte einzuleiten. Ich gehe davon aus, dass ein Verfasser, der in einer derart renommierten Zeitung publiziert, von dieser Möglichkeit weiß und in einem solchen Artikel nur derartige Vorwürfe aufführt, die er auch (beispielsweise durch ihm vorliegende Zeugenaussagen) beweisen kann. Ansonsten würde ihn das sehr teuer zu stehen kommen.

  • Jetzt vermischst Du aber Domingo mit anderen Fällen - und genau da wird es problematisch. Zwischen einem nächtlichen Anruf - da ist schon eine räumliche Distanz - und dem Zunge in den Mund stecken ist einfach ein gewaltiger Unterschied. Balzende Werbung kann aufdringlich werden, aber ist damit noch keine sexuelle Nötigung.

    Ich vermische nicht, denn genau das sind die Vorwürfe, die gegen Domingo erhoben werden:


    One accuser said Domingo stuck his hand down her skirt and three others said he forced wet kisses on their lips — in a dressing room, a hotel room and at a lunch meeting.


    During a rehearsal of “Tales of Hoffmann,” she was selected to kiss Domingo in an orgy scene. She said she remembers wiping his saliva off her face from a sloppy, wet kiss after which he whispered in her ear, “I wish we weren’t on stage.”


    During one of his frequent uninvited visits to her dressing room, he admired her costume, leaning forward to kiss her cheeks and placing one hand on the side of her breast, she said.


    "I gave him my cheek and instead he turned my face and kissed my lips,' the soprano said. “Suddenly there are wet lips on mine. It was a wet, slimy kiss.” As he pulled back, she said, he asked: ‘Do you understand?’” “Yes,” the soprano answered. “Do you really understand?” she said Domingo asked again, caressing her cheek. ″‘Yes, I absolutely understand.’” she said she answered.


    Und "balzende Werbung" wird dann zur Nötigung, wenn sie mit dem Versprechen verbunden wird, dass ein Nachgeben karriereförderlich ist bzw. der Andeutung, dass eine Verweigerung der Karriere schadet.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • In dubio pro reo. Wieso sollte dieser Rechtsgrundsatz hier nicht gelten?


    Wie es läuft, wenn man meint, die über das Urteil eines Gerichts hinwegsetzen zu können oder anderer Meinung bezüglich der Gültigkeit der Unschuldsvermutung zu haben, kann man in Benjamin Brittens Oper "Peter Grimes" nacherleben.


    Und es gibt auch noch recht aktuell einen realen Fall, der betroffen macht:


    https://de.wikipedia.org/wiki/Benny_Fredriksson

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • ich muss ehrlich sagen, dass ich diesen Satz nicht nachvollziehen kann. Ich halte ihn sogar für gefährlich, da er suggeriert, dass attraktive Männer keine sexuelle Gewalt ausüben können, was nachweislich falsch ist. Für ein Missbrauchsopfer ist die fehlende Einvernehmlichkeit bei einem Missbrauch das was Traumata und Wunden hervorruft (und daraus resultierend das Gefühl der eigenen Ohnmacht), nicht eine etwaige Attraktivität oder Unattraktivität des Missbrauchers. Für eine Frau, die von einem Mann sexuell missbraucht oder belästigt wird, hat es keine Relevanz, wie viele andere Frauen es gibt, die mit der entsprechenden Person gerne freiwillig ins Bett gehen würden.

    Das verstehe ich nun nicht. Es ist doch bis heute so - im Pop-Bereich ja noch viel schlimmer - dass sich die männlichen Schönlinge vor Verehrerinnen mit eindeutigen Angeboten kaum retten können. Das färbt erst einmal auf die männliche Psyche ab, die dann glaubt, dass sie unwiderstehlich und jedes Angebot von ihnen eine Gunst ist, die gerne angenommen wird. Der Fehler ist für mich, die eindeutigen Fälle von sexuellem Missbrauch und Machtmissbrauch, die, wo es sie gibt, auch aufgearbeitet werden müssen, mit den eben nicht so eindeutigen zu vermischen. Dann entsteht eine Kultur des Verdachts und der Verdächtigung, dass jeder Promi, der sich auf ein Abenteuer eingelassen hat oder auch intensiv dafür geworben hat, als Täter verdächtigt wird. Hier muss man finde ich an die Systeme rangehen und nicht alles nur bezogen auf das Individuum betrachten. Die Frage ist, was haben die Institutionen dagegen getan oder nicht getan, dass solche Übergriffe verhindert werden? Offenbar so gut wie nichts! Ich habe das Beispiel der Universität gebracht. In Deutschland kann ein Prof. mit seiner Doktorandin schlafen, in den USA sind solche Beziehungen untersagt. Da entstehen solche Verwicklungen erst gar nicht, weil die Rahmenbedingungen andere sind. Und nicht zuletzt: Wir sollen doch wirklich nicht zu tun, als ob es Freud und die Psychoanalyse nicht gegeben hätte. Die gilt auch für Frauen, die sich zum Opfer stilisieren nachträglich, im Unterbewusstsein dem Werben aber gerne nachgegeben haben. Es gibt eben diese uneindeutigen Fälle neben den eindeutigen Fällen von Missbrauch und Nötigung auch. Wenn man die nicht auseinanderhält, landen wir in einer Hysterie allseitiger Verdächtigung.


    Schöne Grüße

    Holger

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  • Das sind sehr deftige Behauptungen der betreffenden Damen. Was aber beweist uns, dass sie auch wirklich zutreffen und, wenn nicht erfunden, zumindest stark aufgebauscht sind?

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Es gibt eben diese uneindeutigen Fälle neben den eindeutigen Fällen von Missbrauch und Nötigung auch. Wenn man die nicht auseinanderhält, landen wir in einer Hysterie allseitiger Verdächtigung.



    Die "uneindeutigen Fälle" wurden in Deutschland 2016 versucht , gesetzlich zu regeln. ( Reform des Sexualstrafrechts , Stichwort "Nein heißt Nein").


    Leider, wirklich leider, haben diese neuen gesetzlichen Bestimmungen bei vielen Menschen zu noch mehr Verwirrung und Unsicherheit geführt.


    https://www.neues-deutschland.…as-nein-schon-heisst.html


    https://www.deutschlandfunk.de…ml?dram:article_id=400280


    Eine Grauzone wird es in diesem Bereich immer geben, da helfen auch die bestgemeinten Gesetze nichts.

    >>So it is written, and so it shall be done.<<

  • Es wurde in diesem Thread davon berichtet, daß zumindest eine Frau PLACIDO DOMINGO penetrant nachgereist ist, um sich ihm sexuell anzubieten, was ihr dann offenbar auch gelungen ist. Da muß ich mich dann aber auch einmal fragen, was sind dies bloß für "Damen", die einem berühmten großen Künstler - und noch dazu einem in sehr fortgeschrittenen Alter - nachreisen, nicht aus reiner Bewunderung seiner Kunst oder auch Verehrung seiner Persönlichkeit, sondern aus niedrigen Instinkten gleich welcher Art, und kalkulierten Absichten! Und solche Frauen scheint es heutzutage wohl etliche zu geben. Ein solches Verhalten schätze ich verwerflicher ein als wenn ein Mensch solcher Aufdringlichkeit nachgibt oder diese am Ende auch gerne annimmt. Es ist meiner Meinung nach deshalb an dieser Stelle durchaus angebracht, sich einmal über die heutige Moral einiger Damen - um nicht zu sagen unserer Damenwelt - Gedanken zu machen.


    wok

  • Es wurde in diesem Thread davon berichtet, daß zumindest eine Frau PLACIDO DOMINGO penetrant nachgereist ist, um sich ihm sexuell anzubieten, was ihr dann offenbar auch gelungen ist. Da muß ich mich dann aber auch einmal fragen, was sind dies bloß für "Damen", die einem berühmten großen Künstler - und noch dazu einem in sehr fortgeschrittenen Alter - nachreisen, nicht aus reiner Bewunderung seiner Kunst oder auch Verehrung seiner Persönlichkeit, sondern aus niedrigen Instinkten gleich welcher Art, und kalkulierten Absichten! Und solche Frauen scheint es heutzutage wohl etliche zu geben. Ein solches Verhalten schätze ich verwerflicher ein als wenn ein Mensch solcher Aufdringlichkeit nachgibt oder diese am Ende auch gerne annimmt. Es ist meiner Meinung nach deshalb an dieser Stelle durchaus angebracht, sich einmal über die heutige Moral einiger Damen - um nicht zu sagen unserer Damenwelt - Gedanken zu machen.

    Genau! Was die ganze von Männern geführte Diskussion in diesem Thread zutage gefördert hat, ist vor allem die verwerfliche Moral der Damenwelt! (Traurig, dass es selbst in einem so genannten Kulturforum Leute gibt, die einen solchen Schmarrn ernsthaft glauben, was aber wiederum sehr deutlich erklärt, warum es kaum Frauen gibt, die Lust haben, hier mitzuschreiben.)

  • Ich freue mich auf morgen abend. Da lege ich mir die DVD von der Luise Miller aus der Met in den Player, mit Domingo und Scotto, am Pult Levine. Ich werde es genießen, denn es ist eine meiner Lieblings-DVD. Ich werde mir überhaupt keine Gedanken darüber machen, ob mein DVD-Player mir etwas Unmoralisches vorspielt. Es gibt wunderbare Stimmen, ein herrliches Orchester und eine sehenswerte Inszenierung.

    Gerne würde ich es schon heute ansehen, aber da hat der Sieg der Bayern gegen Hertha Vorrang!


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

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