Ich frage mich, was der Geschichte neue Aktualität gegeben hat. Alles, was hier ausgebreitet wurde über den Wiener FIDELIO, ist doch seit Jahrzehnten gekannt. Das hat sogar die Feuilletons der Berliner Presse nach einem Interview von Gundula Janowitz schon in den 70er Jahren beschäftigt. Vor allem in der Tageszeitung DER ABEND wurde es als "Wiener Opern-Skandal" genüsslich ausgeschlachtet.
Lieber Caruso, damit hast Du indirekt einen nicht unwichtigen Sachverhalt angesprochen. Was Dir bekannt vorkommt, muss es anderen nicht. Deshalb müssen wohl viele Dinge immer wieder mal neu erzählt bzw. wiederholt werden. Gewiss auch versehen mit dem Wissen, das sich seither angesammelt hat. Wer wird sich wohl noch daran erinnern, was mal im ABEND gestanden hat? Diese Zeitung gibt es seit vierzig Jahren (!) nicht mehr. Mir ist die Altersstruktur im Forum nicht genau bekannt. Es gab mal einen Thread dazu. Es ist aber wohl davon auszugehen, dass nicht alle Forumsmitglieder schon vor fünf Jahrzehnten in Sachen Oper unterwegs waren. Hinzu kommt, dass einige aus der DDR kommen wie ich. Dort ist mir - wenn ich mich nicht täusche - die Janowitz erstmals mit ihrer "Ariadne" unter Kempe begegnet, die in Dresden aufgenommen wurde. Damals fand ich ihre Stimme gewöhnungsbedürftig und klirrend. Böse Zungen behauptet gar, man müsse den Gläserschrank abschließen, damit nichts herausfalle und zu Bruch gehe. Die Eterna-LP-Box zierte allerdings ein großes farbiges Bild der Geszty als Zerbinetta - als ob sie die Titelfigur sei. Als die in den Westen ging, wurde eine neue Ausgabe veröffentlicht - ohne Foto und nur noch mit Schrift. So war das. Es dauerte, bis ich die Janowitz für mich entdeckte. Dies geschah durch ihren deutsch gesungenen "Judas Maccabäus", den wir hier schon mal erwähnten. Und dann durch die reife Arabella (Film) und die Agathe. Der Wiener "Fidelio" kam durch das Fernsehen auch in den Osten. Wenige Male ist sie auch in der DDR aufgetreten. Insofern kann es aus meiner Sicht nicht schaden, wenn die alten Geschichten nochmal aufleben. Ich lasse sie mir sehr gern erzählen.