Lieber Alfred,
ein heißes Eisen, dieses Thema. Und eines, das man nicht mit einer Antwort abhandeln kann. Von daher kommen vielleicht noch ein paar Ergänzungen von mir.
ZitatOriginal von Alfred_Schmidt
Hallo Thorsten,
Sicher hat Naxos gut Mittelklasse zu bieten.
Da ist mittlerweile auch viel Spitzenklasse dabei. Aufnahmen, nach denen sich die Majors die Finger lecken, von Künstlern, die sie gerne unter Vertrag hätten.
Zitatwerden die Künstler teilweise lediglich an den Einnahmen beteiligt, eine angemessene fixe Gage bekommen sie nicht. Somit trägt das unternehmerische Risiko zum Großteil der Künstler
Ob das noch bei allen so ist? Oder wissen wir, ob die Majors den Künstlern noch eine Gage zahlen, wenn sie nicht exklusiv für das jeweilige Label aufnehmen? Ob ein Wolf Harden (Pianist des Trio Fontenay) seine Aufnahmen für Naxos so günstig für diese Firma gemacht hat weiß ich nicht. Zweifelhaft finde ich es aber, wenn für eine Aufnahme des Royal Scottish National Orchestra von Chandos 20 Euro, von Naxos nur 6 Euro gefordert werden. Der Händleranteil ist prozentual der gleiche, die reinen Aufnahmekosten (exklusive Künstlergagen) auch und ich glaube nicht, dass die Plattenfirma weniger als 10 Euro von der Differenz einsackt. Die Künstler bekommen also auch da noch sehr wenig.
ZitatDazu kommt daß Spitzenkünstler, wie beispielsweise J.Levine aus den Katalogen verschwinden, weil sie zu teuer sind.
Wenn ich es mir leicht mache, verweise ich auf Angebot und Nachfrage. Soll Levine doch billiger werden, dann wird er auch wieder aufnehmen. Vielleicht ist er aber nich das richtige Beispiel. Seine relativ billig zu erwerbenden Aufnahmen auf Oehms Classics sind nicht sonderlich berühmt. Von daher ist eher der Vollpreis zu hinterfragen, der von DG etc. für manch durschnittliche Scheibe gefordert wird.
ZitatWeniger positiv beurteile ich da schon Brill*nt. Eigentlich werden da hauptsächlich Aufnahmne angeboten, wo der eigentliche Produzent Schiffbruch damit erlitten hat.
Stimmt nicht. Die paar Lizenzausgaben von Denon oder Nimbus sind nur ein geringer Anteil. Mittleweile gibt es eine ganze Menge Exklusivkünstler bei Brilliant, diverse zeitlich begrenzte Lizenzen (von Ensayo etwa) oder aber nach marktwirtschaftlichen Prinzipien geschlossene Verträge (Brilliant hat für den Schostakowitsch-Zyklus von Barschai einfach mehr geboten als andere Interessenten).
ZitatAlles in allem ist es eine Abkehr von Elite-Einspielungen, aber gerade die sind es die überleben: Das Elitäre halt ich (ich weiß da gibt es viel Widerspruch) für einen unverzichtbaren Motor
Elitär für mich nur im Sinne von exzellenter musikalischer Qualität. Das gelbe Eckchen macht eine Mistaufnahme nicht einen Deut besser, warum soll ich also mehr dafür bezahlen? Auch würde Barschais Schostakowitsch nicht besser, wenn er auf EMI veröffentlicht würde. Wenn der in ein oder zwei Jahren auf einmal zum Vollpreis verkauft würde, hätte das nicht mit Elitismus sondern nur noch mit Kundenverarsche zu tun.
ZitatAm Beispiel der Salzburger Festspiele und der Wiener Staatsoper, Bayreuth etc. ist das gut zu sehen: Während andere, teilweise sogar subventionierte Opernhäuser, Orchester etc. ums überleben kämpfen
Das ist relativ zu sehen. Da sind viele "ich will gesehen werden", "die muss man einmal gesehen haben"-Zuhörer dabei. Leute, die mit der Musik nichts am Hut haben, aber dazugehören wollen. Obwohl die Klassik ja nur einen kleinen Anteil des Tonträgermarktes ausmacht, sind diese Veranstaltungen gesellschaftlich hoch angesiedelt. Und sie überleben auch wegen ihrer elitären Qualität - da wird halt oft (nicht immer) große Kunst geboten. Übrigens sind die Salzburger Festspiele massiv subventioniert - von internationalen Konzernen, von Einzelnpersonen, deren Büste dann im Foyer aufgestellt wird. So wird in den Staaten seit Jahren verfahren und ich halte das, begrenzt, nicht für die schlechteste Praxis.
ZitatEine Nivellierung des Tonträgermarktes, so glaube ich wird auf lange Sicht gesehen, jene Kunden vergraulen, die die eigentliche Stütze des Klassikmarktes sind.
Also mir ist es egal, was auf der CD draufsteht, solange elitäre Qualität drin ist. Und ich glaube damit gehöre ich zur Mehrheit der Klassik-Stammkunden. Und genau deshalb liegt es an den Majors, ihre Strategie zu überdenken. Sonst einer der beiden letzten freien Majors (Warner oder EMI) irgendwann von Naxos geschluckt - das Geld dazu haben die schon lange.
ZitatNaxos-gut und schön (ich besitzte über 200 von diesem Label). Aber fragt mal Brendel , ob er für Naxos spielen würde ?
Brendel ist wie schon von angemerkt einer der wenigen Sonderfälle. Ein Exklusivkünstler, der nur für eine Firma aufnimmt, dessen Aufnahmen weggehen wie warme Semmeln - wie auch die von Argerich oder früher Karajan, Bernstein, Solti etc. Ob Brendel jedoch in fünf Jahren (wenn er noch spielt) auch noch die Möglichkeit hat, für Phillips aufzunehmen, bleibt abzuwarten.