Hallo,
es kam die Frage auf, wie die Aufnahmen von Brilliant Classics (Kuchar) einzuordnen sind. Ich hab sie mir zugelegt (Mitbestellung beim Gesamtmozart :D). Mir gefallen die Aufnahmen. Habe gestern die 4. gehört. Tolle, energiereiche Musik.
Hab beim Klassik-M;agazin gestöbert. Folgendes habe ich gefunden:
Der Edel-Audiophile mag noch immer die Nase rümpfen ob der Preispolitik des Labels und sich mangels besseren Wissens den oftmals schrecklich überbewerteten Hochpreisprodukten anderer Firmen zuwenden, nur weil dort ein großer Name Vielversprechendes verheißt. Ein solches Versprechen lösen mittlerweile immer mehr die noch weniger bekannten Namen ein. Der 1960 geborene Theodore Kuchar zählt zu ihnen. Als überaus verlässlicher Dirigent hat der frühere Chef des Nationalsymphonieorchesters der Ukraine bereits Aufnahmen für ‚Naxos’ und auch ‚Brilliant Classics’ geleitet. Für die Aufnahmen der sechs Symphonien von Carl Nielsen stand ihm das Janacek Philharmonische Orchester zur Verfügung, ein ebenfalls solides, verlässliches Orchester, das gerne für Schallplattenaufnahmen unter Vertrag genommen wird. Was hier jedoch herauskam, ist nicht bloß eine gewohnt sauber und klanglich zufriedenstellend produzierte weitere Tiefpreis-Box, sondern in der Tat eine kleine Sensation auf dem Plattenmarkt. Im Wettbewerb um die besten Einspielungen der Symphonien Nielsens hat Kuchar mit leichter Hand tatsächlich den verdienten Nielsen-Pionier Ole Schmidt aus dem Rennen geworfen, mit den Aufnahmen von Eugene Ormandy und Leonard Bernstein mindestens gleichgezogen und macht sich jetzt anheischig, Schönwandts Referenzeinspielungen mit dem Dänischen National-Radiosinfonieorchester Konkurrenz zu machen, ihnen Paroli zu bieten und eine echte Alternative zu sein. Doch was sind denn nun die Vorzüge von Kuchars Gesamteinspielung?
Zum einen hat er die Partituren äußerst sorgfältig studiert und das Innovative Nielsens im Blick auf formale Prozesse und harmonische Fortschreitungen erkannt. Dies setzt er musikalisch auch um. Anders als Ole Schmidt mit dem London Symphony Orchestra, dem mehr an einer einzig bindenden Phrase zu liegen scheint als am Konturenschaffen und Kontrastebilden, arbeitet Kuchar stets mit größtmöglicher Transparenz, zeichnet die Musik in feinen Linien statt mit dem breiten großorchestralen Pinsel nach und erreicht so, dass Nielsens Musik eine unnachahmliche Konturenschärfe bekommt, wie sie eigentlich auf kaum einer anderen dem Rezensenten bekannten Einspielung, ausgenommen der Schönwandts, zu hören ist. Dies betrifft nicht zuletzt auch den ungemein motorisierten rhythmischen Impuls dieser Einspielung. Was in den Noten steht, setzt Kuchar mit dem Janacek Philharmonischen Orchester wunderbar plastisch um, dynamisch volumenreich ausbalanciert und dem Hang zum Überborden nur dann nachgebend, wenn vom Komponisten gefordert. Das Orchester hat ausreichend Energie für alle sechs Symphonien getankt, spielt spannungsgeladen, in allen Gruppen mit tiefer Klangpracht. Kuchar schlägt ab und an recht profilierte, energetische Tempi an, denen das Orchester jedoch mit stringenter Binnenspannung begegnet. Hier und da gibt es ein paar Ungenauigkeiten in der Präzision und in den Holzbläsern ab und an intonatorische Problemstellungen, aber es sind dies Marginalien. Hin und wieder hat die Tontechnik die Subtilität unterschiedlicher dynamischer Schichten nicht in Betracht gezogen und das Klangbild dynamisch egalisiert, doch auch dies in marginaler und seltener Ausprägung.
Elanvolle, blutvolle Aufnahmen der Symphonien von Carl Nielsen. Der Preis ist ein Witz, die Einspielungen fast unschlagbar gut. Dringend empfehlenswert.
Gruß
Kalll (Klaus)