Beiträge von lohengrins

    Noch ein Nachtrag, gerade gefunden: Wagner schrieb Mathilde Wesendonck über den "Tristan" unter anderem: "Der treue Vasall hatte für den König diejenige gefreit, die selbst zu lieben er sich nicht gestehen wollte." Und Isolde habe "dem Freier selbst machtlos folgen musste".

    wir haben doch weiter oben schon festgestellt, dass Isolde sich bei Wagner erst auf dem Schiff in Tristan verliebt

    Naja. Das habt ihr. Aber das macht es noch nicht zur unumstößlichen Wahrheit, oder?


    So ein paar Restzweifel hast du offenbar ja selbst (s. u.)

    Wenngleich das Blick-Motiv bereits eine Rolle spielt.

    Aber ich weiß auch nicht, ob man sich in dieser Frage nicht verkämpft.

    Egal, wenn da nicht mehr als Mitleid gewesen wäre, bräuchte es ja wirklich einen Liebestrank, einen Zauber, um sie einander lieben zu machen. Ich glaube aber nicht, dass Wagner eine Geschichte erzählen wollte, bei der Liebe per Zaubertrank hergestellt wird. Die Vorstellung, Gift geschluckt zu haben, führt ja nur dazu, dass man keine Rücksichten mehr nehmen muss, und sich die Liebe gestehen kann. Die Liebe war da. Ob sie auf der gemeinsamen Schiffsreise entstand oder schon bei der Heilung Tantris/Tristans - ist das am Ende so entscheidend? Mal sehen, vielleicht ja doch.


    Ich mache mich jedenfalls bald auf den Weg in den Sommerurlaub und werde diesen auch dazu nutzen, mir den Tristan etwas genauer zu Gemüte zu führen. Und ich bin um diesen Thread wirklich sehr froh, da er mich darin bestärkt, mich nochmals intensiver mit dem Tristan zu befassen. Ein herzlicher Dank insbesondere an Werner für seine steten Hinweis auf den Text. Mit dem werde ich mich nun intensiver befassen. Denn das habe ich in der Vergangenheit wohl zu wenig getan. Ich freue mich jedenfalls auf weitere Entdeckungen.

    Komisch, dass hier niemand etwas zum diesjährigen Tristan schreiben mag. Dann will ich es auch kurz halten, aber doch anmerken: Ich war nicht begeistert.


    Vielleicht war diesmal schon der Einführungsvortrag der Fehler. Sven Friedrich fiel krankheitsbedingt aus, dafür nahm Frank Piontek, offenbar ein Wagner-Kenner aus Bayreuth, das Mikro. Seine Kernthese, bezogen auf die Aufführung, war: Tristan ist depressiv, deshalb sucht er den Tod. Das nahm ich so hin, ohne mir zu dem Zeitpunkt viel zu denken. Ich war einfach gespannt, was dann auf der Bühne passieren würde. Um es vorwegzunehmen: nicht viel.


    Das Bühnenbild gefiel mir durchaus. 1. Aufzug, schwere Taue hängen bis zum Boden, das Zitat eines Schiffes, das reicht mir, alles gut. Auch der gefüllte Schiffsbauch im zweiten Aufzug mit all den Reliquien der Tagwelt, die Tristan und Isolde hinter sich lassen - von mir aus, auch wenn es auf eine merkwürdige Weise beengend wirkte. Dann die Bühne im 3. Aufzug als Sammelsurium der Requisiten, mehr oder minder zufällig angehäuft, verdichtet. Namentlich im 2., schlimmer noch im 3. Aufzug gewann das Szenenbild dann die Oberhand gegenüber dem Geschehen auf der Bühne, da eben einfach nichts geschah. Tristan und Isolde wurden quasi verschluckt, da sie ohnehin nicht viel lebendiger agierten als die Requisiten.


    Wenn ich an den Liebestod denke, dann erinnere ich einen Tristan, der inmitten der Requisiten liegt und von ihnen nicht mehr zu unterscheiden ist. Und ich erinnere eine Isolde, die den Liebestod abgewendet und entfernt vom Tristan singt. Überhaupt: entfernt. Im zweiten Aufzug gibt es zwar zum Höhepunkt eine (lange) Umarmung der Liebenden, ansonsten sind sie aber so weit auseinander, dass ich mich frage, was sie überhaupt miteinander zu tun haben. So erlebte ich ein vereinzeltes Paar, dessen überweltliche Liebe mir szenisch nicht klar wurde.


    Piontek wies auf das außerordentliche Spiel der beiden Hauptpersonen hin, auf ihre große darstellerische Leistung - aber das man ein Opernglas dabeihaben sollte, wenn man nicht weit vorne sitzt. Das mag richtig gewesen sein. Ich finde aber (vielleicht völlig zu Unrecht), dass ich auch aus der 14. Reihe sehen können sollte, was die Darsteller ausdrücken wollen - eingerechnet, dass mir feine Mimik verborgen bleiben muss. Hier aber: Eine Personenregie fand nicht statt.


    Um die darstellerischen Details wahrnehmen zu können, habe ich ein wenig der Aufzeichnung in der Mediathek gesehen, was es mir aber nicht besser machte, da ich schon das Augenrollen von Camilla Nylund im 1. Aufzug drüber fand. Letztlich fehlte mir das Verkörpern der Rollen, aber wie gesagt: mir. Das kann bei anderen ganz anders gewesen sein.


    Überlagerte die musikalische Seite die Defizite? Für mich nicht. Semyon Bychkovs Dirigat war gewiss nicht schlecht, aber hier schlug für mich das von Piontek eingeführte Depressions-Thema wieder durch: Mir waren die Tempi häufig zu breit, fiebrig oder gar ekstatisch wurde es dagegen weniger. Von Camilla Nylund hatte ich nicht allzu viel erwartet (wir sahen sie zuletzt als Elsa, wo sie mich in keiner Hinsicht überzeugte), doch von ihr war ich vor allem stimmlich positiv überrascht. Sie brüllt mich nicht taub, wie eine Lise Davidsen das fertigbringen kann, aber sie konnte differenziert vortragen, das gefiel mir. Allerdings war der Liebestod dann keine dauernde Steigerung, sondern immer wieder ein Innehalten, fast wie ein Abbremsen, das brachte mich etwas raus. Und leider passte Andreas Schager nicht zu ihr. Denn laut konnte er. Leise konnte er nicht so gut (und ein paar hohe Töne blieb er uns auch schuldig). Einerseits war es gut, einen Wagner-Tenor zu hören, der die Töne weniger über den Kopf bildet (wie Klaus Florian Voigt, den ich dennoch sehr schätze), andererseits harmonierte er einfach nicht mit Camilla Nylund. Christa Mayers Brangäne war wirklich gut, stimmlich wirkte sie fast potenter als Camilla Nylund, allerdings weniger aussdrucksstark. Guter Kurwenal (Olafur Sigurdarson), Günther Groissböck als Marke berührte mich allerdings kaum.


    Alles in allem nicht mein "Tristan". Aber es gab Stoff zum Nachdenken, und Bayreuth ist eben Bayreuth - insofern wieder ein durchaus lohnender Ausflug in den Süden.

    dass der Liebestrank ein Zaubertrank ist, d.h. ein Wunder vollbringt

    Ich habe den Mann'schen Ausspruch immer so verstanden, dass es des Wunders nicht bedurfte, weil das "Wunder" (die Liebe zwischen T und I) ja schon vorher eintrat (als sie ihn pflegte) und das Aufflammen durch das Wiedertreffen erfolgte. Insofern bedurfte es keines magischen Getränks - es hätte eben auch Wasser gereicht.

    Deswegen gilt es zu zeigen, dass das vermeintliche Wunder kein bloßes Wunder ist, also nicht gänzlich unwahrscheinlich, sondern wahrscheinlich, d.h. darin ein verständliches Handlungsmitiv wirksam ist.

    Tut mir leid, verstehe ich nicht (doppelte Verneinungen bringen sowieso immer verlässlich raus). Ist die Liebe dieses Handlungsmotiv?

    Ich denke, dass unser Problem mit dem Tristan ist, dass wir ihn nicht richtig kategorisieren können. Das mag daran liegen, dass sich die Zeit und vielleicht auch der Blick auf die Liebe gewandelt haben, es mag daran liegen, dass Wagner einfach eine etwas verquere Sicht auf die Liebe hatte.

    Wir können es für mein Empfinden nicht richtig einordnen, weil es für uns doch vor allem zwei Wege gibt: Drama/Tragödie oder Happy-End. "Love Story" oder "Pretty Woman". Aber was tun, wenn wir eine große Liebesgeschichte haben, und am Ende beide tot sind. Ok, dann haben wir klassischerweise "Romeo und Julia" - oder eben auch "Tristan und Isolde".

    Doch während Shakespeares Protagonisten keinen anderen Ausweg sehen und Verzweiflung ihr Motiv zum Sterben ist, scheinen Wagners Liebende den Tod - noch in Ergänzung zu den feindlichen Umständen (Marke zB) - nahezu herbeizusehnen. Und noch verrückter: Sie sehen diesen Tod offenbar als logische Konsequenz, wenn nicht als einzige Form ihrer absoluten Liebe.

    Hm.

    So ein wenig erinnert mich das an einen Satz von Max Frisch, demzufolge (sinngemäß) die Liebe stirbt, wenn das Liebespaar zusammenzieht und Alltag teilt. Das fand ich ich auch schon immer etwas schräg, scheint mir aber in eine immerhin ähnliche Richtung zu gehen.

    Ich habe mir den Tristan holzschnittartig immer so vorgestellt, dass Wagner (s. Mathilde Wesendonck) der Liebe ein Denkmal setzen wollte. Einer Liebe, die so groß ist, dass sie im Leben nicht existieren kann, die so groß ist, dass man lieber den Tod wählt, als ohne sie zu sein. Und so ist der Tristan für mich eine überlebensgroße Liebesgeschichte, die mich in ihrer Absolutheit jedes Mal erschüttert. Ich hatte immer großes Verständnis für Christian Thielemann, der ja sinngemäß sagt, dass er Angst vor dem Tristan habe, und ihn deshalb nur alle paar Jahre dirigiere.

    Die Bewunderung für Herrn Beltracchi hat mich über all die Jahre erstaunt.


    Er war ein Betrüger, ein Krimineller. Nicht mehr. Der Unterschied zu jemandem, der einem älteren Herrn das Geld per Enkeltrick abnimmt, war lediglich, dass er statt des Telefons mit Pinsel und Farbe hantierte. Mir ist ein komplettes Rätsel, wie man dafür freundliche Gefühle aufbringen kann.


    Für mich ist das der Fall von imaginiertem Robin-Hoodismus, bei dem der "Mann von der Straße" sich die Fäuste reibt, und denkt: Der Beltracchi hat ja bloß reichen Leuten ihr Geld abgeluchst, die sich mit Kunst schmücken, aber davon keine Ahnung haben - ist also nicht so schlimm. Dieser Mix aus Kleinbürgerlichkeit plus Neid plus Schadenfreude stößt mich ab.


    Zudem praktizierte er in seinen Fälschungen ein reines Nachahmen, ein Nachäffen ohne jede künstlerische Leistung. Seine Fälschungen mögen handwerklich gut gelungen sein, aber abgesehen vom kriminellen Zweck sind sie seelenlos und leer. Und damit zur Threadfrage: Wo ist das Kunstwerk? Überall, bloß nicht dort.


    Insofern ist klar, dass ich die Leistung eines Kopisten handwerklich vielleicht gut gelungen finden kann, aber sie darüber hinaus keinen inneren Wert hat. Und wenn Alfred schreibt:

    Mir ist eine perfekte Kopie eines Wirklichen Kunstwerkes leiber als ein ähh "zeitgenössisches Original

    ist das Ausdruck seines Weltekels oder vielleicht auch Eskapismus, aber meiner Auffassung diametral entgegengesetzt.

    Mit dieser Spannung muss sich dann der Rezipient produktiv herumschlagen, indem er versucht, eine geschlossene ästhetische Erfahrung auch in dieser Unabgeschlossenheit herzustellen.

    Das Prinzip verstehe ich (vielleicht). Für mich sehe ich es so, dass ein Künstler immer etwas herausgreift, einen Ausschnitt abbildet. Wie im Abstrakten Expressionismus das Prinzip des "All over" gilt: Das Bild, das ich sehe, ist nur ein Ausschnitt. Damit ist für mich Mehrdeutigkeit verknüpft - was auf mich bezogen bedeutet: je mehrdeutiger, desto besser.


    Wenn ich deinen Beitrag lese, stellen sich mir automatisch weitere Fragen: Wie stelle ich eine geschlossene ästhetische Erfahrung her? Und was ist das überhaupt? Eine weitere Frage kam mir in den Sinn: Ist ein abgeschlossenes Sinngebilde für dich dann auch eindeutig?

    Dass man Affen (und auch Irren) Kreativität und künstlerische Begabung zugesteht ist schon eine Kabarettnummer für sich und zugleich entlarvend

    Erstaunliche Sichtweise. Robert Walser, August Walla, Georg Trakl oder auch Vincent van Gogh? (Und die Liste ließe sich ja beliebig fortsetzen.)

    Auf Instagram folge ich einem Maler mit Down-Syndrom, Charlie French. Ich würde mir gern eins seiner Bilder kaufen, ich finde sie großartig. Aber ich weiß auch nicht so ganz genau, was du unter "Irren" verstehst. Vielleicht meinst du ja einen ganz anderen Personenkreis.

    Wenn Du Dich mit einem Juristen unterhältst und seine juristische Begründung nicht verstehst, dann musst Du auch damit leben, dass er Dir sagt, dass Dir dafür die Fachkompetenz fehlt, den komplizierten juristischen Sachverhalt zu verstehen, den Du nicht einsehen kannst. Dann gibt er Dir vielleicht den Hinweis, wo Du Dich weiterbilden kannst, um das einigermaßen zu verstehen. Genauso ist es hier. Bescheidenheit und Respekt sind eine anzuratende diskursive Tugend, einfach mal einzuräumen, dass man nicht in der Lage ist, etwas nicht zu verstehen, statt dem Gesprächspartner zu unterstellen, dass er Unsinn redet.

    Darauf muss ich dann doch mal reagieren. Denn das ist tatsächlich im Wortsinn - Unsinn.

    Zunächst: Der Sachverhalt ist nicht juristisch. Ich bewerte ihn juristisch. Der Sachverhalt ist ein tatsächlicher Vorgang, den ich als Jurist in seinen für eine Entscheidungsfindung tragenden Punkten begreife, zusammenfasse und dann auch darstelle.

    ALs Jurist verfasse ich beispielsweise ein Urteil oder auch ein Gutachten. Dieses wendet sich an eine (von mir aus bloß imaginierte) Öffentlichkeit. Ergo muss ich mich darin auch verständlich machen. Ich kann mich nicht in ein Kauderwelsch flüchten, hinter dem ich meine Unfähigkeit zum Ausdruck verberge.

    Für mich ist das ein Wesensmerkmal von Wissenschaft: Das man Wissen teilt. Das mag namentlich in Fachkreisen nicht ohne Fachvokabular gehen, sobald ich diese Kreise verlasse, und mich an die Öffentlichkeit wende - und sei es die eines Laien-Forums - sollte ich mich so ausdrücken, dass mich diese Öffentlichkeit auch verstehen kann. Sonst habe ich in der Wissensvermittlung schlicht versagt.

    Ich bin weiter auf meiner Reise durch die Veröffentlichungen des Labels bastille musique. Diesmal:



    Hier geht es um das Schaffen von Christophe Bertrand. Einem früh verstorbenen französischen Musiker, dessen Karriere sehr erfolgreich verlief. Biographisch ist entsprechend nicht so viel zusammenzutragen, Bertrand war aber offenbar depressiv und nahm sich selbst das Leben.

    Der frühe Tod (wenn auch unter ganz anderen Umständen) ließ mich an Claude Vivier denken, von dem bastille musique dankenswerterweise ja auch zwei Alben veröffentlichte.

    Hier aber Bertrand, genauer seine Instrumentalwerke. Modern, deshalb muss auch niemand auf Melodien warten (hoffen), es gibt Klangräume, es gibt abgestufte, dynamische Verläufe. Insgesamt mit viel Bewegung und auch Unruhe, wie es mir erscheint, dabei aber nicht nervtötend, sondern spannend. Gefällt mir also.

    Wer sich ebenfalls für Veröffentlichungen von bastille musique interessiert, sei auf unseren Werbepartner jpc verwiesen, dort sind einige Alben teils deutlich heruntergesetzt. Ich habe die Gelegenheit jedenfalls genutzt, meine Sammlung zu vervollständigen.

    Das mag ein Beispiel "unter Niveau" sein, aber ich wage es trotzdem mal: Steigen wir mal in die Niederungen der Pop-Musik hinab. Nehmen wir "Yesterday". Da gibt es das Original der Beatles/von Paul McCartney. Dazu gibt es hunderte Cover-Versionen. Jede klingt anders als das Original, was nicht nur daran liegt, dass eine andere Stimme singt. Jeder Interpret wird etwas - und sei es nur graduell - verändern, weil es eben seine Interpretation ist. Niemanden stört das. Man würde sich im Gegenteil vielmehr wundern, warum jemand versucht, den Song möglichst Buchstaben-/Noten-exakt wiederzugeben, ihn also bloß zu kopieren.

    Woher rührt der Unterschied? Daher, dass ein noch so berühmter Pop-Song weniger "wert" ist als ein sogenannt klassisches und zumeist auch komplexeres Werk? Der Automatismus dahinter sollte doch der selbe sein. Kunstwerk + Interpretation = neues Kunstwerk. Mehr noch: ein notwendig neues Kunstwerk, andernfalls müsste man ja immer nur den immergleichen Tonträger abspielen.

    Wie es einem beim Streamen so ergehen kann: Angefangen habe ich mit Brahms mit Nezet-Seguin, offenbar eine neue Box:



    Dann hab ich mich gefragt, wie Dausgaard das mit dem 4. Satz der 1. Brahms gemacht hat.



    Und da ich das dann doch schon einige Male hörte, hab ich mich dann gefragt, was die dänischen Nachbarn so treiben. Und bin beim Danish National Symphony Orchestra gelandet. Dann einen mir unbekannte Namen gewählt: Per Nørgård.



    Großartig. Jetzt gerade:



    So habe ich mir Nørgård entdeckt. Was für ein Gewinn!

    Hier immerhin Wagner es. Und es "parsifalt" derzeit ganz ordentlich. Nach der Einspielung unter Philippe Jordan aus Wien (Hoffman, Stemme, Zeppenfeld) nun eine Aufnahme aus dem vergangenen Jahr in Bayreuth unter Pablo Heras-Casado (Schager, Garanca, Zeppenfeld):



    Gerade erst begonnen, aber: Der Klang der Aufnahme gefällt mir, sehr räumlich, sehr klar.

    Und so komme ich dazu, nun auch die Musik zu hören. In Bayreuth hatte ich die AR-Brille auf der Nase, was aufgrund der Wärmeentwicklung der Brille angesichts der brüllenden Innenraum-Temperaturen an sich schon ein zweifelhaftes Vergnügen war - leider aber inhaltlich auch wenig beizufügen wusste und mich letztlich von der Musik eher ablenkte. Also besteht Nachholbedarf.

    Vielen Dank für die Schubert-Inspiration! Ich dachte, ich hätte es noch nie gehört, als ich es dann hörte, kam es mir dann irgendwie doch bekannt vor. Ich mochte es.

    Danke vor allem auch astewes für seinen Hinweis auf diese Aufnahme

    Denn der Widmann gefiel mir noch besser.

    Wenn Lohengrins dessen nicht gewahr war, ist er offensichtlich kein Fußballfan.

    Und ich hatte vergessen, von wem der Beitrag stammte. Mein Fehler. Und: Die Episode Faeser-Infantino kannte ich tatsächlich nicht. Nun ja.


    Man könnte im Übrigen auch darüber diskutieren, ob das Schwarz-Weiß der deutschen Trikots nicht auch schon "Zeichensetzeritis" war/ist. Aber was soll's, die neuen pink-blauen Auswärtstrikots sind jetzt schon die beliebtesten Trikots, insofern regeln sich solche Befindlichkeiten wohl erfreulicherweise von selbst.

    Chandler gilt ja als Meister des amerikanischen Krimis, sehr zu Unrecht.

    Weiß nicht. Sein Marlowe ist eben schon ein stilbildender Charakter. Dass die Handlungen teilweise wirr scheinen, liegt mE schlicht daran, dass er sie aus seinen Erzählungen zusammenzimmerte. Dennoch finden ich ihn in punkto Sprachwitz und Humanismus zumindest in diesem Zusammenhang unerreicht. Passagen wie die zu den Blondinen in "Der lange Abschied" (hier im Original) oder zum Gefängnis (hier neben anderen ebenfalls im Original) haben mir stets außerordentliches Vergnügen bereitet oder eben auch zum Nachdenken gebracht. Hammett zB hat die elaborierteren Geschichten, Chandler ist dafür in meinen Augen viel lebendiger.


    Ansonsten lese ich deutlich weniger Krimis als früher. Ich denke, dass mit Mankell etwas Einzug hielt, das mir nicht mehr so gefiel. Und ich meine nicht, dass der Ermittler/Held schwermütig bis zur Depression ist oder Opern hört, sondern die seltsam-sorgsam zelebrierte Brutalität. Wenn Sjöwall/Wahlöö über Verbrechen die Gesellschaft abbilden, wurden die Taten in der Folgezeit so monströs, gleichzeitig so kunstvoll, dass sie alles andere überlagern. Und da bin ich raus. Also lese ich Maigrets, Kayankayas, Selbs, Bäckströms und eben Marlowes. Vermutlich bin ich schon so alt.

    Wenn gestern noch nachwirkt:



    Eigentlich geht es um Beat Furrer, aber dieses Album ist mir in guter Erinnerung, und warum nicht auch noch Kabel und Widmann zu Ferrer dazu hören?

    Furrer deshalb, weil wir gestern in seiner Oper "Violetter Schnee" in der Staatsoper Unter den Linden waren. Uns hat es sehr gefallen. Leider war es schon die letzte Aufführung in dieser Spielzeit, wir wären gern noch mal hingegangen, um den Eindruck zu vertiefen.

    Wir waren auch da.

    Mit Regietheater habe ich keine Probleme, mit Bieito auch nicht. Es hat mich gleichwohl nicht überzeugt.

    Zum einen muss ich wohl einräumen, dass mir der "Lohengrin" die am wenigsten liebe Wagner-Oper ist. Ich hatte den "Lohengrin" lange nicht mehr live gesehen, aber der Eindruck hat sich - nicht mal bei der Inszenierung - geändert. Zunächst also das Problem mit dem Werk an sich. Und ich fand, dass Soddy gerade im ersten Aufzug viel Tschingderassabumm geliefert hat. Ich fragte mich, wo er denn noch hinsteigern will, wenn er so früh schon alles gibt/geben lässt. Überhaupt war mir das Orchester eher zu laut, vielleicht saß ich aber im ersten Rang links auch falsch, weil zu direkt über dem Orchester.

    Wir waren am 21. April in der Aufführung. Vogt konnten wir auch hören. Den mag ich ohnehin, ich finde auch, dass seine Stimme etwas nachgedunkelt ist und wärmer wird, was eine gute Sache ist. Dazu seine absolute Sicherheit in den Tönen, seine Textverständlichkeit - sehr, sehr gut. Darstellerisch berührte er mich hier eher nicht, aber das mag an Rolle und Inszenierung liegen. Camilla Nylund, die wir als Elsa hörten, hatte in etwa die Ausstrahlung einer Rauhfasertapete, ist aber auch vom Typ her schwerlich noch die Unschuld von Brabant. Sie konnte allerhöchstens auf der Bühne herumirren, wenn sie uns nicht frontal ansang. Letzteres gelang ihr namentlich in den leiseren Passagen gut, in der Spitze ist sie eben keine Lise Davidsen. Groissböck machte es gut, schien mir aber ein wenig mit der Regie zu fremdeln, seine Krankheit (Alkoholismus?) wirkte seltsam aufgesetzt. Koch war im ersten Aufzug gut, dann hatte ich das Gefühl, dass er abbaute. Prudenskaya war immerhin sehr lebendig, darstellerisch für mich am überzeugendsten, stimmlich in Ordnung. Kutnys Heerrufer ist tatsächlich eine wichtige Rolle zugekommen. Stimmlich überzeugte er mich weniger, darstellerisch schon, er sprühte Funken. Das Aufschminken des Clownsgesichts fand ich einerseits gelungen, andererseits assoziierte ich den "Joker" damit - solche Querverweise können gelingen, hier blieb ich außen vor.

    Ja, die Inszenierung. Die Personenführung empfand ich als hölzern. Das Bühnenbild ging mir als dauernde Probebühne (oder was auch immer) auf die Nerven, weil es mich nicht ins Spiel zog (aber auch nichts als V-Effekt durchging). Effekte wie ins Publikum gerichtete Scheinwerfer sind nun auch nicht neu. Kinderlosigkeit als Kern des Dramas zu sehen, finde ich interessant. Mir wird das aber nicht dadurch nähergebracht, dass man eine Babypuppe von links nach rechts wirft (Ortrud). Die Videos fand ich als Ergänzung zum Bühnengeschehen auch in diesem Zusammenhang noch am gelungensten. Der Käfig, stimmt, den fand ich zunächst durchaus stimmig, auch für Elsa in der Ehe. Warum dann Heinrich später ebenfalls dort rein musste ... nein, das weiß ich auch nicht.

    Insgesamt ein wenig erfreulicher Opernabend. Aber das mag zum Gutteil an mir liegen. Bis zum nächsten "Lohengrin" lasse ich besser wieder einiges an Zeit ins Land gehen.

    In Vorbereitung auf heute Abend (Staatsoper):



    Heute Abend dann Klaus Florian Vogt als Lohengrin, Camilla Nylund als Elsa, Günther Groissböck als König Heinrich, Marina Prudenskaya als Ortrud, Wolfgang Koch als Telramund. Am Pult Alexander Soddy.

    Zudem ist es - glaube ich - meine erste Calixto-Bieito-Inszenierung. Bin gespannt und vorfreudig!