Beiträge von GiselherHH

    Hallo,


    das Problem, das ich mit den meisten Aufnahmen von Domingo habe, ist der fast immer quasi-veristische Zugang zu seinen Rollen, die er so, m.E. zu Unrecht, über einen vokalen Leisten schlägt. Gerade im französischen Fach, wo es auf kristallklare Aussprache, Stil und gerade Linie ankommt, ist seine Herangehensweise unpassend, zumal bei der gewöhnungsbedürftigen Aussprache (man vergleiche nur einmal in dieser Hinsicht seinen Hoffmann mit dem Geddas). Und auch in seinen Wagner-Partien hört es sich, bei aller Schönheit des Klanges, immer wieder so an, als ob er vom Blatt ablesen würde, ohne den wirklichen Sinn der Worte zu verstehen. Und darauf kommt es gerade bei Wagner an.


    Die dunkel-glühenden Stimmklang Domingos selbst finde ich, zumindest bis in die 80er Jahre hinein, auerordentlich schön und faszinierend. Für mich aber eher ein Tenor für Verdi, Puccini und die Veristen, weniger für den klassischen Belcanto oder gar für das französische oder deutsche Fach.


    Grüße


    GiselherHH

    Hallo,


    meine Empfehlungen sind folgende:


    - EMI-Recital (wichtige Wagner-Einzelaufnahmen Ende der 20er, Anfang der 30er), ansonsten sollte man sich auch um Aufnahmen zusammen mit anderen Sängern bemühen, so z.B. das Liebesduett aus "Tristan" mit Frida Leider und das "Schusterstubenquintett" aus den "Meistersingern". Sie finden sich meistens in größeren Wagner-Anthologien (z.B. "Wagner on Record", EMI)


    - Walküre 1. Akt / 2. Akt (Studioaufnahmen 1935/38 mit Bruno Walter, Lotte Lehmann, Emanuel List)


    - Lauritz-Melchior-Edition Nr. 5 der Firma Danacord (3 CDs); sie enthält "Siegfried"-Studioaufnahmen von 1921 bis 1931, in denen L.M. in stimmlicher Bestform ist, dazu noch den Mitschnitt einer Walküre-Festaufführung zu Ehren Melchiors (1. Akt) mit dem 70-jährigen (!) Melchior in immer noch passabler Form (und dazu noch in Stereo!)


    - Walküre (MET, März 1940, Dezember 1941)


    - Siegfried (MET 1937)


    - Götterdämmerung ( MET 1936)


    - Tannhäuser (MET 1942 unter George Szell)


    - Lohengrin (MET 1947 unter Fritz Busch)


    - Tristan und Isolde (Covent Garden 1937 unter Fritz Reiner, MET 1940 unter Leinsdorf)


    Grüße


    GiselherHH

    Hallo,


    auch wenn ich Marriners Dirigate oft zu routiniert, brav und bieder finde, gibt es doch einige Einspielungen, die ich von ihm sehr schätze:


    - Händel, Concerti Grossi op. 3 und op. 6 (Decca)
    - Mozart, Die Zauberflöte (Philips)
    - Dvorak, Streicher- und Bläserserenade (Philips)
    - Rossini, Ouvertüren (Gesamtaufnahme, Philips)
    - Rossini, Der Barbier von Sevilla (Philips)



    Grüße


    GiselherHH

    Hallo ThomasBernhard,


    macht doch nix. Wir alle haben unsere Vorlieben und Abneigungen (mich kann man mit ca. 95 % aller Bellini- und Donizetti-Opern aus jedem Zuschauerraum fernhalten).


    Den Lesehinweis auf Thomas Bernhard kann ich nur unterstützen. Einer der größten komischen Schriftsteller deutscher Zunge. Bei "Wittgensteins Neffe" habe ich Tränen gelacht (vor allem bei der Beschreibung seiner Versuche, eine "NZZ" zu erwerben).


    Grüße


    GiselherHH

    Hallo,


    ein reines Marketing-Produkt war Cheryl Studer gewiß nicht. Jürgen Kesting hat sie in ihrer stupenden Vielseitigkeit (u.a. Lucia di Lammermoor, Semiramide, Aida, Salome, Eisabeth, Eva, Donna Anna) einmal eine veritable Nachfolgerin der legendären Lilli Lehmann genannt, gleichzeitig aber eine gewisse Gleichförmigkeit des Vortrages kritisiert (darin dem karrieremäßig viel langlebigeren Placido Domingo nicht unähnlich).


    Ihre Vielseitigkeit ist ihr aber m.E. auch zum Verhängnis geworden. Sie war eben die "Allzweckwaffe" der Deutschen Grammophon und Anfang der 90er Jahre wurden fast alle 2 bis 3 Monate neue Gesamtaufnahmen mit ihr auf den Markt geworfen. Trotz ihrer meist recht guten Leistungen waren es eben insgesamt oft künstlerisch überflüssige Einspielungen, die vor dem Hintergrund eines quantitativ wie qualitativ gut gefüllten Back-Kataloges verblaßten.


    Dazu kamen dann noch die Stimmprobleme und der Ärger in München Mitte der 90er. Die DG löste den Vertrag und nachdem C.S. in einigen Aufführungen ihre früheren Leistungen nicht mehr wiederholen konnte, wurde sie an den großen Bühnen kaum noch engagiert. An den Postings, die der berühmt-berüchtigte Studer-Fan, der schon so manches Forum mit seinem Fanatismus terrorisierte und noch terrorisiert, in englischsprachigen Newsgroups hinterläßt, sieht man, daß sie heute eher in der Provinz "tingelt". Vielleicht gibt es ja nochmal ein kleines Comeback.


    Grüße


    GiselherHH


    P.S.:


    m.E. lohnende Aufnahmen mit ihr: Tannhäuser (Sinopoli), Salome (Sinopoli), Lustige Witwe (Gardiner) und mit Einschränkungen Meistersinger (Sawallisch).

    Hallo Antracis,


    Franz Crass war sicherlich nach dem zweiten Weltkrieg der rein stimmlich klangschönste Holländer und in diesem Sinne ein würdiger Nachfolger von solchen Interpreten wie Friedrich Schorr, Hans Hermann Nissen und Hans Hotter. Interpretatorisch interessanter und klanglich dem Bild des fahlen Ahasver am ehesten entsprechend ist sicherlich Hermann Uhde in diversen Bayreuther Mitschnitten. Theo Adams Stimme mag ich persönlich nicht, sie ist mir zu grau, körnig und raspelig, irgendwo im Niemandsland zwischen Bariton und hohem Baß. Er ist gewiß ein intelligenter Sänger, aber mit Wagners Heldenbaritonpartien einfach überfordert.


    Grüße


    GiselherHH

    Hallo,


    die Levine-Meistersinger-DVD habe ich bereits vor gut einem Monat gehört und gesehen. Hier meine Kritik, die ich in einem anderen Forum geschrieben habe:


    Die Meistersinger von Nürnberg


    Heppner, Mattila, Grove, Polenzani, Allen, Morris, Pape


    Metropolitan Opera Orchestra and Chorus


    Dir.: J. Levine


    Inszenierung: O. Schenk


    Deutsche Grammophon


    2 DVDs



    Ein saures Amt - und heut zumal? Nicht ganz, denn trotz der erwarteten Unzulänglichkeiten (dazu später) bietet diese "Meistersinger"-Aufzeichnung aus dem Dezember 2001 einiges an Positivem.


    Da wäre zunächst das MET-Orchester unter dem Dirigat Levines: im Gegensatz zur Schlepp-Orgie beim "Ring" bietet Levine dem Zuhörer eine sehr transparente, filigrane, fein ausgehörte und gar nicht bombastische Auslegung der Partitur (der exzellente Ton sei hier besonders gelobt, verglichen mit der oftmals verzerrten Akustik der MET Broadcasts). Sicher, er nimmt sich für die Schönheiten der Partitur manchmal etwas viel Zeit und glättet auch hier und da, aber das mindert die orchestrale Leistung nicht.


    Auch gesanglich können sich diese "Meistersinger" hören lassen. Karita Mattilas klangschöner, in der Höhe besonders leuchtender Sopran bekommt genügend Gelegenheit zu glänzen (bei sehr guter deutscher Diktion). Ben Heppner wiederholt seine überzeugendes, schon aus den Einspielungen mit Sawallisch und Solti bekanntes Rollenportrait als der derzeit gesanglich wohl beste Stolzing. René Pape verströmt als Pogner seinen warmen, kernigen Baß, während Thomas Allen mit immer noch intaktem Bariton der Versuchung widersteht, seinem Beckmesser-Affen Zucker zu geben und der Rolle dabei doch ein scharfes Profil verleiht. Matthew Polenzanis sehr gut geführter, biegsamer, dabei mit genügend Metall versehener Tenor fügt sich in die Rolle des David wunderbar ein (eine etwas bessere Diktion wäre wünschenswert). Jill Grove als Magdalene singt gut, wenn auch nicht sehr idiomatisch. Schließlich James Morris als Sachs. Sein Baß-Bariton ist körniger geworden, "grauer" und spricht nicht mehr so gut an wie zu Zeiten des Levine-Ringes. Rein gesanglich "packt" Morris die Partie, bleibt ihr aber so gut wie jede tiefere Nuance oder Schattierung schuldig. Das klingt alles irgendwie gleich (meist mezzoforte gesungen), Inflexionen wie bei Schorr, Hotter, Frantz oder Schöffler sind hier nicht anzutreffen.


    Das läßt sich auch auf die optische Ebene übertragen. Hier zeigt sich, daß Otto Schenk entweder unfähig oder unwillig ist, eine sinnvolle Personenregie zu leisten (auch wenn es keine Premiere, sondern "nur" eine Wiederaufnahme war). Fast alles wird den Sängern überlassen und deren mehr oder minder großer schauspielerischer Begabung. Im Falle Mattilas, die auch darstellerisch einen Totaleinsatz hinlegt, und Allens, der wie ein nach Nürnberg verirrter Ebenezer Scrooge aus Dickens "A Christmas Carol" wirkt, geht das gut. Doch bei den anderen eben weniger bis gar nicht. Polenzani hat durchaus Potential, muß aber doch geführt werden, damit sich nicht zuviel Routine einschleicht. Ben Heppner hat sich für seine Darstellung offensichtlich Oliver Hardy als Vorbild erkoren. Figürlich damals dem großen Komiker ebenbürtig, reißt er groß die Augen auf, schlägt mit der Faust in die Hand, schüttelt heftig den Kopf und spielt mit Polenzani im 1. Akt einen alten Laurel/Hardy-Sketch durch. Merkwürd´ger Fall! Pape bleibt als Pogner merkwürdig unbeteiligt. Und Morris ist ein darstellerischer Totalausfall. Ausgestattet mit einem stoischen Mienenspiel scheinen die Gemütsbewegungen des Sachs an ihm völlig vorbeizugehen. Ein oder zwei Arme in die Höhe gereckt oder die Arme in die Seiten gestemmt - das war´s fast schon. Besonders schmerzlich wird einem dies in den Szenen mit Mattila bewußt, wo der Kontrast kaum größer sein könnte. Dabei soll er doch bei Hotter in die Lehre gegangen sein...


    Ansonsten: da Personenregie ausfällt, entsteht zwischen den Sängern kaum Spannung, so daß sich die Meisterversammlung im 1. Akt hinzieht (kein Vergleich mit Götz Friedrichs Berliner Inszenierung!) und auch die Chöre stehen meistens in den bustouristentauglichen "Good Old Nuremberg"-Kulissen von Schneider-Siemssen herum wie bestellt und nicht abgeholt (in der Prügelfuge wird natürlich der bequeme "Ausweg" mit Bewegungschor und Singchor gewählt). Vereinzelt tauchen kleine Schlampereien auf wie z.B. der Trommler auf der "historisch originalen" Festwiese, der ein viereckiges Brillengestell trägt oder die Tatsache, daß bei Pape nicht genügend Maske gemacht wurde, damit er als Mattilas Vater durchgehen kann.


    Fazit: da es wohl keine reine CD-Ausgabe geben wird, lohnt sich die Anschaffung, aber nur in musikalischer Hinsicht! Die ebenfalls auf DVD erhältliche Berliner Götz-Friedrich-Inszenierung hat von dieser Aufzeichnung keine Konkurrenz zu fürchten!


    Grüße


    GiselherHH

    Hallo Alfred,


    im Grundsätzlichen gebe ich Dir zwar Recht. Im Falle Domingos jedoch handelt es sich nicht um eine "kleinere, momentane Schwäche". Domingo hatte selbst zu seinen Glanzzeiten das "hohe C" nie wirklich im Repertoire (im Gegensatz etwa zu Pavarotti). Verdi hat die nicht in der Partitur notierten Spitzentöne (etwa in "Di quella pira") nur unter der Bedingung toleriert, daß der Tenor sie auch tatsächlich singen kann.


    Isoliert gesungene und dann "angeklebte" Töne bewegen sich für mich noch knapp im Rahmen der Studioästhetik, nicht aber Geschwindigkeitsmanipulationen, um eine (vom Publikum fetischisierte) bestimmte Tonhöhe zu erreichen.


    Grüße


    GiselherHH

    Hallo,


    in meiner Sammlung befinden sich fünf "Freischütz"-Aufnahmen, die ich nicht missen möchte. Wirklich vollkommen zufrieden bin ich allerdings mit keiner Einspielung.


    - Furtwängler 1954: Wie zu erwarten, ein Dirigat in extremis. Mal die Dramatik in voller Wucht herausfahren lassend, dann wieder im Stillstand innigen Verweilens den Moment auskostend. Wenn man es pathetisch formulieren wollte: Ein Hochamt des "Deutschen", der Innigkeit, der Naturliebe, aber auch der nachtschwarzen Abgründe der Seele. Großartige Besetzung, auch wenn Hopf ein wenig zu alt und zu sehr nach Heldentenor klingt, dafür aber mit dem m.E. idealen Paar Grümmer/Streich und dem guten, wenn auch manchmal etwas über den Daumen singenden Kurt Böhme besetzt. Mono-Livemitschnitt von den Salzburger Festspielen.


    - Kleiber 1955: die mir insgesamt liebste Aufnahme, auch wenn das Kölner RSO kein wirklich erstklassiges Ensemble ist, die Ännchen-Erzählung "Einst träume meiner sel´gen Base" fehlt und der Ton mono ist. Kleiber père gelingt es, einerseits den zu betulich-biedermeierlichen Ton, der vielen das Stück verleidet hat, zu meiden, ohne aber in das andere Extrem überhetzter Tempi zu verfallen. Die Tempi scheinen von Kleiber ganz natürlich und richtig gewählt zu werden, als Beispiel sei nur der "Bauernwalzer" im 1. Aufzug erwähnt, wo man eine angemessene Erdenschwere wahrnimmt, die aber nicht ins Plumpe abgleitet. 3 Sänger der Furtwängler-Aufführung (Hopf, Grümmer, Streich) hat Kleiber übernommen, dazu kommt der m.E. hervorragend dämonische Max Proebstl und andere, ebenfalls sehr gute Sänger.


    -Keilberth 1958: gegenüber Kleiber und Furtwängler wirkt Keilberth ein wenig sehr brav und betulich, eine solide, kapellmeisterliche Auführung. Nicht weniger - aber auch nicht mehr. Die vokale Seite überzeugt mehr. Die Besetzung des Max mit Rudolf Schock als jugendlich-dramatischem Tenor ist im Prinzip richtig, auch wenn er ein wenig eng in der Höhe klingt. Wieder die (fast unersetzlich scheinende) Elisabeth Grümmer, dazu die hervorragende Lisa Otto als Ännchen und Karl Christian Kohn als solider Kaspar. Luxusbesetzungen in den Nebenrollen: Prey als Ottokar und Frick als leicht schwäbelnder Eremit.


    - Kleiber 1973: die vielgerühmte Aufnahme von Kleiber fils verschärft den Ansatz des Vaters zugunster zugespitzter Tempi bei gleichzeitiger Entdeckung vieler neuer Details in der Partitur. Bei den Stimmen dominieren die Damen. Janowitz stimmschön wie immer (bei kleiner Verhärtung in der Höhe) und Edith Mathis als das vorwitzige Ännchen. Bei den Männern sieht es weniger gut aus: die Besetzung des Max mit der weißlichen und unsinnlichen Stimme Peter Schreiers ist grenzwertig, diese Grenze unterschreitet allerdings Theo Adam, der mit seinem ausgedörrten, körnig-raspligen Organ nur überfordert klingt.


    - Harnoncourt 1995: eine sehr interessante Alternative. Auch wenn man den Tempoentscheidungen Harnoncourts (und seiner Auffassung über Max) nicht immer folgen mag, leuchten immer wieder insbesondere in den Klangfarben neue, ungehörte Details auf (man höre nur die "Dorfmusik" im 1. Aufzug, insbesondere die Bläser!). Stimmlich mit Orgonosava, Schäfer, Wottrich und Salminen hervorragend bis angemessen besetzt. Eine sehr gute Zweit- oder Drittaufnahme, die zum Nachdenken anregt.


    Grüße


    GiselherHH

    Hallo MStauch,


    der "Mahler"-Film lief vor ein paar Wochen oder Monaten auf 3sat. Wenn man Ken-Russell-Filme kennt, weiß man, was einen erwartet. Sehr schöne und intensive Bilder, allerdings auch viel Verstörendes und Irritierendes (insbesondere die Rückblenden in die Kindheit, Freud läßt grüßen). Insgesamt nicht unbedingt ein schmeichelhaftes Bild des Komponisten, aber nicht so "over the top" wie z.B. der Tschaikowsky-Film "Music Lovers".


    Alfred schrieb:


    Zitat

    "Odyssee 2000" (ich glaub das war 1969, ich war bei der Wiener Premiere)
    Hier war es "Also sprach Zahrathustra" welches mich begeisterte, um der Wahrheit die Ehre zu geben, eigentlich nur der Anfang, der "Durchbruch" erfolgte erst heuer (!) als ich für einen Thread neues Material kaufte und überrascht war, was hier ansonst noch zu entdecken war. (Ein Zahrathustra -Thread folgt noch diese Woche !!)


    Hallo Alfred,


    kein Wunder, daß Dir der Anfang von "2001-Odyssee im Weltraum" gefallen hat. Die Zarathustra-Fanfare, die in dem Film verwendet wurde, wurde nämlich von Karl Böhm dirigiert! :yes:


    Grüße


    GiselherHH

    Jürgen Kesting berichtet in dem Kapitel über Placido Domingo in seinen "Großen Sängern" von einer handfesten Manipulation in Carlos Kleibers "Traviata"-Aufnahme:


    Zitat

    Geradezu kurios das C in "Il mio rimorso", der Cabaletta nach Alfredos "De miei bollenti spiriti". Der Verfasser verwettet alle Domingo-Aufnahmen für seine Annahme, daß es isoliert aufgenommen und dann - allzu direkt und dicht - angeschnitten worden ist; ich halte es nicht einmal für ausgeschlossen, daß der Ton durch eine Manipulation mit der Geschwindigkeit um eine Spur angehoben worden ist - er klingt zu hell für Domingos Stimme.


    Wenn man sich die betreffende Stelle über Kopfhörer anhört, kann man Kestings Verdacht nur bestätigen.


    Grüße


    GiselherHH

    Unter den "Referenzaufnahmen" darf diese nicht fehlen, auch wenn sie eher eine Referenz für das Oratorienverständnis weit vor dem Beginn der HIP-Bewegung darstellt. Für fanatische Anhänger eher "lyrischer" Stimmen, kleiner Orchesterbesetzungen und vibratolosen Spieles dürfte diese Einspielung so etwas wie der in Rillen gepreßte leibhaftige Antichrist sein.



    Beechams Dirigat des "Messias" in der Fassung von Sir Eugene Goosens klingt wie einer der Soundtracks zu den epischen Bibel-Schinken in Cinemascope, die Hollywood in den 50er Jahren produzierte. Die Tempi sind für heutige Ohren zumeist sehr langsam, das Orchester hat wagnersche Dimensionen und die Sänger pflegen opulentesten Opernstil. In manchen Momenten, wenn etwa Triangel und Becken ihren frenetischen Eínsatz bekommen, ist man schon peinlich berührt, und dennoch... Die Aufnahme hat "Grandeur", sie überwältigt. Wie sagt man im Englischen so schön: "A guilty pleasure".


    Grüße


    GiselherHH

    Hallo,


    zwar wurden viele meiner Favoriten schon genannt, aber es bleiben noch genügend maßstabsetzende Aufnahmen:



    Herausragendes Recital mit dem warmen und dennoch strahlenden Klang des großen Pianisten Dinu Lipatti.



    Karajans erster Figaro: schnell und "gefährlich", dabei (noch) nicht in Schönheit ersterbend. Dazu noch das "Wiener Ensemble". Leider ohne Secco-Rezitative.



    Vielleicht die schönsten, wehmütigsten Aufnahmen der Mahler-Liedzyklen.



    Grüße


    GiselherHH

    Hallo,


    ich halte den Konwitschny-Tristan noch für den besten auf dem aktuellen DVD-Markt.


    Wenn Dir der nicht gefallen hat, solltest Du warten, bis z.B. die zwar recht traditionelle, aber sehr schöne Bayreuther Ponnelle-Inszenierung mit Kollo und Meier unter Barenboim auf DVD veröffentlicht wird.


    Abzuraten ist zum einen vom 1993er Tristan aus Berlin (mit den ziemlich abgesungenen Protagonisten Kollo und Jones, dazu noch schlechte Bildqualität) und von dem MET-Tristan mit Heppner und Eaglen unter Levine. "Jimmy" veranstaltet wieder sein schon traditionelles Wagner-Schlepp-Fest, dazu singen die Herren Heppner und Pape zwar sehr gut (weniger gut Frau Eaglen), aber wer will schon über längere Zeit zwei fast unbeweglichen Sängern mit Sumo-Statur im gnädigen Halbdunkel beim Verweilen zusehen. Wenn die Inszenierung also mangels Interesse ausfällt, sollte man lieber gleich zur CD greifen - da gibt es eine quantitativ und qualitativ weitaus größere Auswahl.


    Grüße


    GiselherHH

    Hallo sagitt,


    im Gegensatz zu Dir halte ich den Interpretationsansatz Toscaninis im Prinzip für richtig, nämlich Puccini vom Ruf des "Schmonzettenkomponisten" zu befreien, den er in Deutschland teilweise heute noch "genießt" (man denke an den fatalen Ausspruch: "Puccini ist der Verdi des kleines Mannes").


    Toscanini läßt den sonst oft zu hörenden unbestimmten Gefühlsbrei hinter sich und liefert eine gradlinige, federnde, relativ trockene (das liegt auch an der berühmt-berüchtigten Akustik des Studios 8H der NBC), harte, schnelle, teilweise hysterische Interpretation ab. Manchmal wird er auch mir zu mechanisch und läßt den Sängern zu wenig Luft zum Atmen (vielleicht daher auch der Eindruck des Gehetzten). Gemindert wird der Wert dieser Aufnahme allerdings durch die unzureichenden Sängerleistungen.


    Vom ganz anderen Ende der Interpretationsskala kommt Herbert von Karajans Interpretation von 1973. Er schwelgt genießerisch in der Partitur und läßt die Berliner phänomenal aufspielen, leider aber oft auf Kosten der dramatischen Stringenz der Oper. Zuviel wird überspielt und übertüncht. Dafür hat er aber in Freni und Pavarotti herausragende Solisten und auch das sonstige Ensemble ist hervorragend besetzt.


    Ähnlich "schön" klingt es auch in Sir Thomas Beechams Aufnahme von 1956, die die Karajan-Aufnahme in der Qualität der Solisten noch übertrifft: Björling, de los Angeles, Merrill und Tozzi leisten wirklich Außergewöhnliches.


    Wenn man weder dem einen, noch dem anderen Extrem der Puccini-Ausdeutung folgen mag, empfiehlt sich sozusagen als Kompromiß die Einspielung des leider viel zu früh verstorbenen amerikanischen Dirigenten Thomas Schippers. Weniger hart als Toscanini, dabei aber ohne alle "Süßlichkeit" findet er m.E. so etwas wie die "goldene Mitte". Mirella Freni ist hier aufgrund der weniger breiten Tempi noch besser als unter Karajan und Nicolai Gedda gibt so etwas wie "A Thinking Man´s Rodolfo": er produziert nicht bloß schöne Töne, sondern liefert auch ein intelligent gestaltetes Rollenporträt ab.


    Als Ergänzung noch:


    Carlos Kleiber in einem Live-Mitschnitt aus der Mailänder Scala von 1978 mit Cotrubas, Pavarotti, Nesterenko und Popp (bei Golden Melodram)
    (sehr rhythmisch akzentuiertes, "realistisches" Dirigat Kleibers mit einem guten Ensemble und einem disziplinierten Pavarotti in Hochform).


    Grüße


    GiselherHH

    Hallo Alfred,


    diese, sagen wir einmal, "Geschmeidigkeit" Taminos, die Du sehr schön geschildert hast, ist es, die mir die Figur trotz der herrlichen Musik, die Mozart ihr gegeben hat, herzlich unsympathisch macht. Eingebildet, leicht beeinflußbar und erregbar, arrogant und auf seinen Vorteil bedacht - ein Musterbild von einem Prinzen aus "fürstlichem Geblüte". Aus dem ist bestimmt ein hervorragender Funktionär und Apparatschik in Sarastros Sonnen-Sekte geworden. Arme Pamina...!


    Da lob ich mir den Papageno - ein bißchen schlicht gestrickt, aber er hat das Herz am rechten Fleck! Der weiß das Leben zu genießen (Essen, Trinken, Schlafen, V.....) und ist immun gegen das ideologische Gift vermeintlicher Menschheitsbeglücker.


    Grüße


    GiselherHH

    Hallo Alfred,


    ehrlich gesagt kann ich nichts wirklich Schlechtes an der derzeitigen Entwicklung des klassischen Tonträgermarktes finden. Wie viele künstlerisch überflüssige Aufnahmen wurden noch in den 80er und frühen 90er Jahren von den "Majors" herausgehauen. Da veröffentliche Herr Domingo jedes Jahr mindestens 2 neue Aufnahmen (oft zusammen mit Herrn Levine auf dem Gelbetikett) von Opern, die er 10, 15 Jahre vorher (mit besserer Stimme) schon einmal aufgenommen hatte. Das mag seine Hardcore-Fans entzückt haben, aber wirkliche Meilensteine waren das oftmals nicht. Oder man denke an den Hype um Cheryl Studer, die Anfang der 90er auf fast jeder neuen Operngesamtaufnahme vertreten zu sein schien. Auch hat mich die Dominanz des ewiggleichen Kernrepertoires bei den großen Firmen schon immer gestört. Immer wieder wurde auf die gleichen angeblichen "Zugpferde" gesetzt und der "Starrummel" durch teure Werbekampagnen angeheizt.


    Doch spätestens mit dem Tod Soltis ist die Zeit der Pultcharismatiker vorbei und das Starmarketing kommt beim Verbraucher nicht mehr an. Die Aufnahmen von Abbado, Barenboim, Mehta, Muti usw. spielen kaum mehr ihre Kosten ein, weil sie oft wie Blei in den Regalen liegen bleiben. An der Spitze der heutigen Musikunternehmen stehen popsozialisierte Betriebswirtschaftler und nicht mehr musikbegeisterte Klassikliebhaber. Da wird dann eben mit spitzem Bleistift gerechnet und umsatzschwache Künstler müssen gehen. Doch der Markt schafft sich auch hier eine Lösung. Entweder machen sich Orchester und Künstler mit eigenen Labels selbständig oder unterschreiben bei kleineren Firmen zu wesentlich weniger lukrativen Konditionen. Auch das finde ich nicht schlimm. Wer sagt denn, daß große Künstler unbedingt Multimillionäre sein müssen (Karajan mit ca. 250 Millionen Euro Vermögen bei seinem Tode war wohl eine große historische Ausnahme). Vielleicht wird auch Herr Brendel irgendwann keine Wahl mehr haben...


    "Eliteaufnahmen" sind für mich nicht notwendigerweise diejenigen, welche bei vermeintlich "auratischen" Labels wie DG, EMI oder Decca erscheinen, sondern solche, die künstlerisch sorgfältig produziert und erstklassig interpretiert werden. Der Jacobs-Figaro ist für mich eine solche Aufnahme, auch, wenn er "nur" bei harmonia mundi erschienen ist. Solange es solche Spitzenaufnahmen gibt, ist mir um den Klassikmarkt insgesamt nicht bang. Es ist gut, daß die Macht des "Majors" gebrochen wurde.


    Grüße


    GiselherHH

    Hallo,


    mittlerweile kaufe ich fast nur noch im Internet.


    Bevorzugte Quellen meinerseits sind:


    - amazon.de (insbesondere die Händlershops bieten CDs oftmals billiger an bzw. können vergriffene CDs liefern)


    - zweitausendeins.de (in Hamburg gibt es zwar 2 Läden, aber die haben nicht immer alles auf Lager und dann teilweise auch nur Restexemplare (verkratzte Hüllen!), wegen der Versandkosten ordere ich meist größere Mengen, damit es sich lohnt)


    - albert-classic.de (dieser Hamburger Versender hat oftmals Restposten zu interessanten Preisen (bis zu 50 % reduziert))


    - jpc.de (preiswertester Naxos-Anbieter; die Versandkosten kann man durch Mitbestellung eines Buches umgehen, ich nehme immer einen Band aus der SZ-Bibliothek für 4,90 Euro)


    - subito-cantabile.de (sehr große Auswahl an Opern- und Gesangs-CDs)


    Ich fände es zwar auch schöner, im kompetenten (!) Facheinzelhandel einzukaufen, aber leider gibt es da in Hamburg keine große Auswahl mehr. Nachdem jpc vor ein paar Jahren seinen Laden dichtgemacht hat und Hanse-Viertel-Schallplatten sich mittlerweile vor allem auf das gängige Sortiment für die schicke Laufkundschaft konzentriert, ist die Hansestadt in dieser Hinsicht so etwas wie eine Wüste geworden. Saturn hat zwar eine größere Auswahl, ist mir aber, ehrlich gesagt, von der Anmutung her ziemlich unerträglich (Geiz finde ich eben nicht "geil").


    Was gäbe ich für einen Laden wie "Harold Moore´s" in London... Oder wenigstens HMV in der Oxford Street. Wobei ich auf ein "elitäres Einkaufserlebnis" und "Oberschicht" als Kundschaft gut und gerne verzichten kann. Ich würde auch einen Laden im schäbigsten Arbeiterviertel aufsuchen, wenn er ein breites Angebot und fachkundiges Personal aufzuweisen hätte.


    Grüße


    GiselherHH


    P.S.: Hallo Uwe, Dein Beitrag erschien, während ich meinen geschrieben habe. Aber schön, daß wir ähnlich empfinden. Grüße GiselherHH

    Hallo Alfred,


    auch wenn Wagner zu meinen Lieblingskomponisten gehört, ist "Lohengrin" doch eine der Opern des "Meisters", die mir nicht so nahe stehen. Das liegt wohl vor allem daran, daß sie mir zuviel "Staatsmusik" enthält, d.h. Aufmärsche, Chöre, Fanfarengeschmetter usw., die auf den ersten Blick zwar ganz aufregend sind, aber den Zuhörer aber auf die Dauer ermüden können (allerdings ist der "Rienzi" dahingehend noch schlimmer...).


    Sei´s drum - die Oper enthält auch viel Schönes (Lohengrin-Arien, Elsa-Arien, Brautgemach-Szene) und Spannendes (Szene Telramund-Ortrud, "Entweih´te Götter!"), daher meine Empfehlungen:


    Grundstock jeder Sammlung sicherlich diese Aufnahme:



    Kempe dirigiert die großartigen Wiener Phil. angemessen bewegt, ohne das Ganze zu sehr anzuheizen. Thomas schlägt sich wacker (trotz merklichem Akzent), Grümmer ist eine ideale Elsa (auch wenn die Aufnahme für sie ein wenig spät kam), Ludwig eine furchterregende Ortrud und bei Fi-Di´s Telramund kann man, im Gegensatz zu vielen anderen seiner Opernrollen, wirklich nicht meckern.

    Dazu als Ergänzung:



    Keilberth erweist sich auch in dieser Aufnahme wieder einmal als höchst kompetenter Kapellmeister, der es nicht nötig hat, sich in den Vordergrund zu spielen, allerdings dirigiert er im 3. Akt m.E. viel zu langsam. Windgassen am Anfang seiner Bayreuther Karriere gut, aber etwas blaß, Steber ist erstklassig, doch das eigentliche Ereignis sind Varnay und Uhde als "böses Paar": ihre Szene im 2. Akt läßt einem fast das Blut in den Adern gefrieren; insbesondere Uhde macht deutlich, wie sehr Telramund, zwischen Ekel und Faszination hin- und hergerissen, seiner Gattin hörig ist.


    Unbedingt hören sollte man auch den vielleicht größten Wagner-Tenor, der jemals gelebt hat: Lauritz Melchior. Diese Aufnahme unter Fritz Busch ist sehr empfehlenswert ist, man hört kaum, daß Melchior bereits 56 Jahre alt ist...

    Bei einigen Spezialversendern gibt es vielleicht noch den Mitschnitt der Bayreuther Aufführung von 1958 (unter Cluytens) mit dem vielleicht besten Lohengrin der Nachkriegszeit, Sandor Konya. Der Ungar geht die Rolle sehr italienisch an mit der berühmten "Träne im Knopfloch" (und manchem sentimentalen Drücker), aber insgesant eine gesanglich höchst beeindruckende Leistung in einem ebenfalls großartigen Umfeld (de los Angeles, Gorr, Blanc).


    Abraten möchte ich eher von dem Reichsrundfunkmitschnitt von 1942 (unter Heger). Völker, einer der größten Lohengrin-Sänger, ist nicht in guter stimmlicher Verfassung, Maria Müller ist definitiv zu alt für die Elsa und Prohaska schreit sich durch den Telramund. Einzig Margarethe Kloses Ortrud macht die Aufnahme interessant...


    Eine weitere Warnung vor der Solti-Aufnahme. Ein typisches Produkt der "fetten" 80er, als man vornehmlich auf "Star-Power" setzte. Um Einwänden vorzubeugen: Ja, Domingo singt wunderschön, doch wäre es noch schöner, wenn er wüßte, was er singt. Normans schwerer Sopran erdrückt ihre Rolle förmlich, während Randova zu wenig aus der Ortrud macht. Fi Di´s Auftritt als Heerrufer bedeckt man am besten mit dem Mantel des Schweigens. Allerdings macht Solti seine Sache recht gut (er hat ja auch die Wiener!).


    Grüße


    GiselherHH

    Hallo sagitt,


    die Furtwängler-Aufnahmen aus dem Krieg sind, nicht zuletzt bedingt durch die Zeitumstände und wohl auch Furtwänglers damaligen Seelenzustand, äußerst gespannt und zugespitzt.


    Dafür finden sich unter den Mitschnitten viele Beispiele. Beethovens Violinkonzert von 1944 mit dem Konzertmeister der Berliner Ph., Erich Röhn, klingt mehr nach Götterdämmerung. Den Übergang in den Finalsatz von Beethovens Fünfter (1943) vom düsteren Brüten der tiefen Streicher zum triumphalen, von den Hammerschlägen der Pauke begleiteten, Strahlen der Bläser muß man gehört haben, um ihn zu glauben. Oder auch die Freischütz-Ouvertüre von ähnlicher Vehemenz mit einer Generalpause von acht (!) Sekunden.


    Besonders aufgewühlt klingt der Mitschnitt des letzen Satzes (die anderen existieren nicht) von Brahms 1. Sinfonie vom 23.01.1945. Es war Furtwänglers letztes Konzert mit den Berlinern für mehr als zwei Jahre. Furtwängler war bereits zur Flucht in die Schweiz entschlossen, konnte seinen Musikern das aber natürlich nicht sagen, um sie nicht auch noch zu gefährden. Er wußte damals nicht, ob er sie jemals wiedersehen würde und entsprechend emotional überbordend ist dieser Konzertausschnitt.


    Ein solcher Gefühlsüberschwang ist manchmal aber auch zuviel des Guten. Im Mitschnitt von Beethovens Neunter vom März 1942 wird das Stück interpretatorisch so sehr strapaziert, daß es in Fetzen gerissen wird und fast nicht mehr wiederzuerkennen ist vor lauter gewalttätigen und verzweifelten Ausbrüchen und Tempomodifikationen von unerhörter Bandbreite (der Schluß des Finalsatzes klingt wie das Wüten eines Wahnsinnigen). Sicher eine Aufnahme, die man haben sollte, aber eher als Besonderheit denn als "Referenz".


    Grüße


    GiselherHH

    Hallo,


    Strauss/Kempe, Beethoven/Klemperer, Beethoven-Streichquartette/Alban-Berg-Quartett habe ich auch und kann sie nur empfehlen. Daneben ist auch folgende Box unbedingt empfehlenswert:



    Debussys und Ravels Orchesterwerke interpretiert von einem heute m.E. zu Unrecht unterschätzten und halbvergessenen Dirigenten, dazu wird vielleicht zum letzten Mal der typisch französische Orchesterklang eingefangen...


    Grüße


    GiselherHH

    Hallo,


    auch wenn ich kein großer "Aida"-Fan bin, habe ich doch ein paar Aufnahmen in meiner Sammlung:



    In akzeptablem Mono der frühen 50er, kompetent von Perlea dirirgiert, dazu eine Spitzenbesetzung (allen voran Björlings Radames und Milanovs Aida).



    Auch hier wieder ein Spitzenpaar, wenngleich mit einigen Einschränkungen: Frau Tebaldis Stimme hatte 1959 ihren Zenit überschritten, so daß die Spitzentöne etwas erkämpft klingen. Was Bergonzi allerdings an rein stimmlicher Opulenz fehlt, macht er durch perfekte Stilistik und Tonschönheit mehr als wett. Das Orchester steht, wie so oft bei Karajanschen Opernaufnahmen, akustisch im Mittelpunkt.



    Solti heizt am Pult mächtig ein. Price und Gorr singen sich an die Spitze der Diskographie der Gesamtaufnahmen, das Timbre von Jon Vickers muß man mögen (ich mag es!)...


    Als Ergänzung hierzu sollte man sich noch die 1963er MET-Aufnahme bei MYTO besorgen. Solti dirigiert deutlich entspannter, Price ist live vielleicht noch besser als im Studio und hat dazu mit Bergonzi einen exquisit singenden Radames, dem es hier als einzigem (zumindest in Gesamtaufnahmen) gelingt, "Celeste Aida" so zu beenden, wie Verdi es sich eigentlich gedacht hat: mit einem (fast perfekten) Diminuendo auf dem hohen b.


    Grüße


    GiselherHH

    Hallo,


    meine Lieblingsopern sind folgende (in chronologischer Reihenfolge):


    Purcell - Dido und Aeneas


    Mozart - Figaro, Zauberflöte


    Beethoven - Fidelio


    Berlioz - Les Troyens


    Offenbach - Les Contes d´Hoffman (in allen Fassungen)


    Verdi - Don Carlos (5 Akte, französisch), Otello, Falstaff


    Wagner - Meistersinger, Ring


    Mussorgsky - Boris Godunow


    Berg - Wozzeck


    Busoni - Doktor Faust


    Strawinsky - The Rake´s Progress


    Grüße


    GiselherHH

    Hallo Alfred,


    ich habe das Werk in folgender Aufnahme kennengelernt, die für mich immer noch einen Spitzenplatz einnimmt (auch bei dem anderen auf der CD vertretenen Konzert):



    Noch dramatischer, aber auch eigensinniger die spätere Einspielung derselben Interpretin (klanglich der ersten etwas unterlegen, da live eingespielt):



    Für den historisch Interessierten empfiehlt sich diese äußerst hitzige, beim Pianisten schon ans Hysterische grenzende Aufnahme (live,1943):



    Mit dem Klavierkonzert von Tschaikowsky halte ich wie mit den meisten (über-)populären Werken: ich höre sie nicht allzu oft, damit sie sich nicht vorzeitig abnutzen und ihre Wirkung einbüßen.


    Grüße


    GiselherHH

    Zitat

    Original von jubal
    Nochmals Klavierliteratur: Alfred Brendel sagte einmal, am schwierigsten sei immer noch Mozart zu spielen. Bei anderer Gelegenheit äußerte er, die Klavieretüden von Ligeti trieben jedem Interpreten den kalten Schweiß auf die Stirn. Wer wird das bezweifeln? Vielleicht sind sie in technischer Hinsicht wirklich das Nonplusultra...Da von Messiaen die Rede war: Welcher Pianist (außer Randerscheinungen wie Ugorsky, Hill und natürlich der Gattin des Meisters, Yvonne Loriot) stellt sich schon der Aufgabe, die "Vingt regards" oder den "Catalogue d'oiseaux" vollständig zu spielen?


    Pierre-Laurent Aimard z.B. stellt sich dieser Aufgabe. Vor ein paar Jahren habe ich ihn live mit den "Vingts regards" in Hamburg erleben dürfen. Und beim "Ligeti-Festival" 1998 in der Musikhalle spielte er dessen Klavieretüden mit derartiger Virtuosität, daß er den Saal zum Tosen brachte.

    Hallo peet,


    der Weg Wagners vom Feuerbach-Idealismus zur Schopenhauer-Resignation liegt wohl auch an seiner zwischen beiden Phasen liegenden Biographie. Wer als Exilant, finanziell immer klamm und abhängig von Gönnern, künstlerisch mäßig erfolgreich und ohne Hoffnung auf Rückkehr in die Heimat lebt, wird sich wohl nur schwer den Idealismus der Jugendjahre bewahren können und das färbt dann irgendwann auch aufs Werk ab... Die Lektüre Schopenhauers war wohl so etwas wie der Nachvollzug der eigenen Erlebnisse.


    Grüße


    GiselherHH

    Hallo peet,


    sicher wäre es falsch, bei Wagner von einem geschlossenen ideologischen Weltbild zu reden. Da er ja keine abgeschlossene formelle Ausbildung genossen hatte, beruhten seine Ansichten vor allem auf dem, was er sich angelesen hatte. Und da er nicht wirklich systematisch las, sondern "quer durch den Garten", waren seine Ansichten entsprechend schillernd und widersprüchlich...


    Sicher war er 1848 trotz seiner Bekanntschaft mit Bakunin kein wirklicher Revolutionär auf den Barrikaden (sein tatsächlicher Beitrag zur Revolution in Dresden ist ja umstritten) und es kam ihm wohl eher auf die von ihm initiierte Opernreform an. Aber dennoch durchzieht so etwas wie eine Sympathie für frühsozialistische Theoretiker wie Rousseau und Proudhon sein Leben und die Überwindung der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft war das Ziel seiner Kunst-Revolution. Sein "Frieden" mit den restaurativen Kräften nach 1848 war, wie vieles in seinem Leben, taktischer Natur, in seinem Innern lehnte er die ihn umgebenden gesellschaftlichen Verhältnisse ab.


    Grüße


    GiselherHH

    Hallo Alfred,


    auch wenn ich in meinem Profil Richard Wagner als Lieblingskomponisten angegeben habe (man durfte ja nur einen nennen, sonst hätte ich auch noch Purcell, Haydn, Verdi, Bruckner, Strawinsky, Ravel und Poulenc genannt), so würde ich mich doch dagegen wehren, als "Wagnerianer" bezeichnet zu werden. Den von diesen Fanatikern angestrengten Geniekult um den begabten kleinen Sachsen habe ich ebenfalls noch nie leiden können und "Pilgerfahrten" zu Opernhäusern auf den Knien des Geistes sind mir grundfremd.


    Allerdings sind Wagner und seine Werke für mich ein Faszinosum. Sicher gibt es bedeutendere Komponisten, die auch musikalisch begabter waren - Mozart etwa. Doch dessen gleichsam transzendentale Begabung war eben einseitig - ein interessantes und ernsthaftes Gespräch über Kunst oder Politik mit ihm kann ich mir nicht vorstellen. Wagners Begabung war breiter gestreut und dafür weniger in die Tiefe gehend. Das bedeutet Chance und Gefährdung zugleich, wie sich in seinen theoretischen Schriften zeigt. Wagner wollte immer mehr sein als bloß Musiker und Komponist, er wollte das verwirklichen, was Karl Marx in seinem berühmten Ausspruch forderte: "Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt darauf an
    sie zu verändern."


    Seine Opern- und Festspielpläne waren daher auch immer Pläne zur Veränderung der Welt mittels Kunst. Das ihm vorschwebende "Drama", die sinnfällige Verschmelzung von Text und Musik in einer Oper zu einem untrennbaren Ganzen jenseits der Kulinarik (in Abgrenzung zu Meyerbeer, dessen "Grand Opéra"-Stil noch Vorbild für den "Rienzi" war, dessen Werke er zu Unrecht aber später als "Wirkung ohne Ursache" abkanzelte), sollte den Platz in einer zukünftigen Gesellschaft einnehmen, den das antike Theater in der attischen Polis hatte: ein Ort der Selbstvergewisserung und Gemeinschaftsstiftung.


    Diesem Anspruch folgend, glaubte er, sich zu allen möglichen Themen äußern zu müssen: Vegetarismus, Vivisektion, Philosophie, Geschichte, Politik, Openreform, Dirigieren, Gesang etc. pp. Dabei behielt er kaum je einen Standpunkt wirklich bis zum Ende seines Lebens bei, sondern änderte ihn im Laufe seines Lebens teilweise mehrmals. Das machte es dem ideologischen Kreis um Cosima eben so leicht, sich das herauszugreifen, was sie für ihre Zwecke benutzen konnten - ganz zu schweigen von dem späteren Bayreuther Hausfreund mit Schnauzbart und Hundepeitsche, dessen Wagnerbegeisterung so etwas wie ein Totalmißverständnis war. Denn Wagner stand politisch gesehen immer eher auf der "Linken". Zwar paßte sich der Revolutionär von 1848 später äußerlich an und schloß seinen Frieden mit den Kräften, die er damals bekämpfte. Doch tat er dies nur, um seine Festspielidee zu sichern, so wie er alles andere dieser einen Idee unterordnete.


    Persönlich blieb er gegenüber dem "aus Blut und Eisen geschmiedeten" Deutschen Reich von 1871 immer auf Distanz und verachtete Bismarck aus tiefstem Herzen - seine ideale Nürnberger Kunst-Republik in den "Meistersingern" ist sozusagen sein Gegenentwurf zur damaligen Reichsidee.


    Ein Werk von so hohem Anspruch lädt natürlich zu Parodien ein: von Johann Nestroy ("Tannhäuser oder die große Keilerei auf der Wartburg") bis zu Bugs Bunny ("What´s Opera, Doc?"). Die Nestroysche Parodie hat Wagner in Wien gesehen, als er dort eine Inszenierung seines "Tannhäuser" sah. Er soll sehr gelacht haben...


    Grüße


    GiselherHH

    Zitat

    Original von BigBerlinBear
    Alfred schrieb:



    Also das kann ich von mir SO nicht sagen, ich halte die "Carmina Burana" für ein Werk, das sich, nach anfänglicher Begeisterung, sehr schnell abgenutzt hat. "Schuld" daran sind zum einen die vielen minderwertigen Aufführungen des Stückes einerseits und eine gnadenlose Verwurschtung durch die Werbung und unsinspirierte Filmmusik zum anderen, die mich, sobald ich nur das Orffsche "O Fortuna" höre, mein Heil in dre Flucht ergreifen lassen. Interessanter wäre sicher ein Thread über den Komponisten Orff JENSEITS von Carmina Burana, denn da gäbe es wirklich noch einiges zu entdecken !


    Hallo,


    trotz vielen Gebrauches (und Mißbrauches) für Werbung und Kino haben sich die "Carmina Burana" für mich doch noch nicht vollständig abgenutzt (es hilft, größere Hörpausen einzulegen, damit das Stück wieder eine Chance bekommen kann).


    Sicher hat das auch auch damit zu tun, daß eine "CB"-Aufnahme meine erste selbst gekaufte Klassik-"Platte" (bzw. MC) war. Diese Kegel-Einspielung von 1958 (seine erste, damals noch bei der DG veröffentlicht) nimmt in meiner Sammlung immer noch einen besonderen Platz ein und das nicht nur aus sentimentalen Gründen. Ich kenne keine rhythmisch mitreißendere, gespanntere, teilweise bis ins Apokalyptische (Schlußchor) gesteigerte Aufnahme. Die Chöre sind besonders gut! Da nimmt man den etwas verrauschten frühen Stereoklang, einige Unsauberkeiten im Orchester und die leise im Hintergrund zwitschernden Vögel (die eigentlich ganz gut zum Stück passen) gern in Kauf.


    Jochums zu recht hier gelobte Aufnahme ist da klanglich ausgeglichener und "schöner" (für mich deswegen aber auch weniger aufregend), besitzt aber in Gundula Janowitz die ideale Interpretin für den "Cours d´amour". Der sonst oft zu kühl und instrumental wirkende Sopran ist hier das ideale Instrument, um die richtige Mitte zwischen unerreichbarem Liebesideal und erotischer Verführung zu treffen. "In trutina" singt sie wirklich über die Maßen schön. Stolze ist als "Schwan" in seinem Element, während Fischer-Dieskau zwar interpretatorisch (wie fast immer) gut ist, aber doch zuwenig "Metall" in der Stimme hat, um etwa die "Wafna"-Rufe wirklich singen zu können.


    Kein Problem damit hat Thomas Allen in der Previn-Aufnahme von 1975. Ein toll klingender Bariton mit super Höhe und Durchschlagskraft, dabei aber ebenso zu subtilen Nuancen fähig. Die anderen Solisten halten das Niveau nicht ganz, dafür gefallen wiederum Chor und Orchester, insbesondere der richtig mitgehende Kinderchor.


    Ebenfalls empfehlenswert ist die Eichhorn-Aufnhame, vor allem als DVD in der Inszenierung von Jean-Pierre Ponelle, der sich der Bilder Breughels und der mittelalterlichen Ikonographie als Inspiration bedient hat.


    Darüber hinaus gibt es bei Orff noch vieles zu entdecken. Am besten fängt man da wohl bei den "Schwesterstücken" Catulli Carmina (müßte in den USA eigentlich den Aufkleber "parental advisory" tragen) und "Trionfo d´Aphrodite" an. Dann vieleicht die Märchenopern "Die Kluge" und "Der Mond", dann die "Bernauerin" und schließlich die Opern "Antigonae", "Oedipus" und "Prometheus".


    Grüße


    GiselherHH