Beiträge von adriano

    @ rolo betman

    Hallo Rolo und Danke für Deine Anfrage :-)

    Ich befasse mich mit dem Werk Tschaikowskys seit über 40 Jahren und habe auch (seit 1994) in meinen vielen Moskau-Aufenthalten in Bibliotheken und Archiven recherchiert. War sogar ein ganzer Tag lang in Klin, ausserhalb Moskaus, im Sommerhaus, wo Tschaikowsky gewohnt hat, wo alles noch so aussieht, als würde der Komponist gleich zurückkehren (ehrlich gesagt, es kamen mir die Tränen, als ich vor dem kleinen Arbeitstischchen im Schlafzimmer stand, wo die "Pathétique" komponiert wurde).

    Sehr bemerkenswert ist auch Michael Pontis Gesamteinspielung von Tschaikowskys Solo-Klavierwerk!

    Natürlich besitze ich auch einige seltenen Partituren und, natürlich, viele Tschaikowsky-CDs (alleine 25 verschiedene Gesamt-Einspielung seiner Symphonien usw.). Auch seine Opern, Lieder und Kammermusik liebe ich und kenne ich gut!

    Seit 2014 habe ich mich entschlossen, aus politischen Gründen nicht mehr nach Moskau zu reisen - das Moscow Symphony Orchestra vermisst mich sehr - und vermisse viele russische Freunde - und diese faszinierende Stadt, die vermutlich diejenige ausländische ist, die ich in meinem Leben am meisten besuchen durfte.

    @ rolo betman

    Zu Tschaikowskys 3. Klavierkonzert /alias 7. Symphonie:

    Tschaikowskys 3. Klavierkonzert entstand aus dem Material einer neuen ("Sechsten") Symphonie, womit er nicht zufrieden war. Diese hätte den Titel getragen "Eine Lebens-Symphonie". Angeblich war es der geliebte Neffe Bob Dawydov, der dem Komponisten die Idee gab, daraus ein Konzert zu machen. Daher also die "symphonische" Struktur dieses 15-minütigen Satzes. Die ursprüngliche Symphonie hätte ein Finale bekommen, worin es um das Thema Tod und Abschied nehmen von der Welt ging und so endet dann auch die "Pathétique".

    Die Idee, diesem Konzertsatz Tschaikowskys "Andante und Finale" Op. 79 (eine posthume Nummerierung) hinzuzufügen ist nicht einmal so schlecht: Somit haben wir ein schönes dreisätziges Konzert. Und angeblich stammt diese Musik (Skizzen, bearbeitet von Sergey Tanejew) ebenfalls aus der verworfenen Symphonie.

    Eine wundervolle Einspielung des "3. Klavierkonzerts" (mit Andante und Finale) ist diejenige mit Werner Haas und Eliahu Inbal (Philips, 1970/72). Aber auch diejenige mit Michael Ponti und Louis de Froment (Vox, 1980er Jahren?) ist bemerkenswert! Die Aufnahme (Koch,-Schwann, 1998) mit Andrej Hoteev und Vladimir Fedoseyev finde ich etwas langweilig - wobei sie sich in einer 3-CD-Box befindet mit einigen hochinteressanten Tschaikowsky-Klavier-und-Orchester-Raritäten!

    Und die Idee, diese drei "Konzert"-Sätze wieder in eine Symphonie ("Nr. 7") zurück-zu wandeln, die dem Komponisten Semon Bogatyriev zu verdanken ist (der noch ein Scherzoso-Klavierstück dazu orchestrierte, um ein viersätziges Werk zu bekommen) ist auch sehr gelungen.

    Wenn ich mich nicht täusche, wurde diese "7. Symphonie" erstmals 1962 von Eugene Ormandy auf CBS-LPs-eingespielt. Ein CD-Remastering war sehr kurzlebig. Dann aber erschien 1993 die Chandos-Aufnahme mit Neeme Järvi, worauf auch der erste Satz des "Klavierkonzerts No. 3" zu hören ist.

    Es gibt auch noch eine russische CD-Aufnahme (Labels: Talent und Musical Concepts), wo die Symphonie von Sergey Skripka dirigiert wird. Dort wird die Symphonie "Symphony of Life" betitelt, was in dem Fall (also ohne das geplante todesschwängere Finale) völlig daneben liegt.

    Track 1 von CD 1 hört sich für mich sehr brav gespielt an, bleibt hoffentlich nicht so. Also weiter.

    SCOTT JOPLIN: Complete Piano Works (Decca): Stimmt, Johannes und es geht leider weiter so... Da ist die 1975 auf RCA erschienene 5LP-Box mit Dick Hyman viel "authentischer". For me the best! Schade, dass diese Box bisher nicht auf CD remastered wurde! Aber auch die Einspielung von Richard Dowling (Label: Rivermont) und Richard Zimmermann (Label: Bescol) sind empfehlenswert. Die Naxos-Aufnahmen kenne ich nicht; davon sind ja erst 2 "Volumes" erschienen. Jedoch meinte man damals auch, dass diese Musik nicht schmissig, sondern eher gemächlich wie ein Blues oder eine Habanera auf der Tastatur interpretiert werden soll. Scott Joplin, der seine Ragtimes als "Classic Ragtimes" bezeichnete, vermerkte oft in seinen Noten: Do not perform this piece fast. It is never right to perform ragtime fast." Doch bereits frühere "jazzige" Ragtimes in Dancing Halls wurden natürlich auf Banjos und durch Ensembles schneller gespielt. Rags wurden auch in Warteräumen von Bordellen gespielt; Scott Joplin hatte eine Zeitlang als Bordellpianist sein Geld verdienen müssen...

    Und nicht vergessen: Auch Debussy hat Ragtimes komponiert!

    Apollon

    Matti Kastu: Der (2015 verstorbene) Heldentenor der Dorati-Aufnahme von "Die Ägyptische Helena" aus 1979 ist ziemlich grauenvoll... Der "Gramophone" meinte damals, seine Stimme klinge "wie eine rostige Laubsäge". Aber auch Dame Gwyneth ist dort nicht mehr sehr gut drauf... Leider war dies damals die erste und einzige (vollständige) Gesamtaufnahme; Strauss-Liebhaber mussten sie halt haben... Die Kritik meinte, man müsse wohl oder übel mit dieser Einspielung leben, bis was besseres herauskommen würde; die geschah dann erst 2003 mit der Einspielung von Leon Botstein.

    Amdir

    Damals druckte Brilliant übrigens noch zusätzliche (und dick beschichtete) Dekorativ-Graphik auf die Etikett-Seite, was auch eine sehr riskante Angelegenheit ist und auf der Audioseite Fehler verursachen kann.

    Hoffe, Du kriegst einen sauberen Ersatz; diese wundervolle Box hat Brilliant 2012 veröffentlicht; Amazon führt sie praktisch nicht mehr. Nun hoffe ich, dass sie Dir Medimops ersetzen wird, denn sie ist allgemein nicht mehr leicht zu finden.

    @Alfred

    Na ja, Alfred: Toccata veröffentlich inzwischen derart viel, dass Martin Anderson scheinbar den Überblick verliert :-)

    Was das Design betrifft, liegen immerhin 5 Jahre dazwischen. Damals rechnete Toccata vermutlich noch nicht damit, dass man eines Tages derart produktiv weiterproduzieren würde.


    Was die falschen Texte betrifft, dies ist halt schon etwas amateurhaft. Sind nicht die Einzigen :-)


    Hab grad letzte Woche eine LP in der Hand gehabt, wo der Komponist auf dem Cover "Manuel Da Falla" heisst. Und die Tschaikowsky-Box mit Fedoseyev (manchmal mit einem, manchmal mit zwei "s" geschrieben) vom Label RELIEF besteht aus einem sonderbaren und Sprach-Mix, mit Blüten wie "Romeo and Julia"... Die Tonart der "Pathétique" wird im inneren Cover "in H Minor" angegeben, im Booklet und auf dem Schuber immerhin korrekt...

    EMI und Naxos haben ihre Logos, Präsentationen und Designs auch schon gewechselt. Gut, z.B., dass Naxos auf ihre früheren biederen kleinen zentrierten Bildchen auf weissem Hintergrund verzichtet hat und nun full-cover-Fotos umgestiegen sind :-)


    Ich teile Deine Meinung über die Notwendigkeit solcher Arrangements...

    Nimmt mich nur wunder, was die Verkaufszahlen dieser CDs sind... Sicher Produktionen, die von den Musikern gesponsert wurden. Auch bei Toccata geht's nicht anders...

    Amdir Ich besitze sämtliche (bisher 17) Aufnahmen von Busonis Konzert.

    Die erste ist eine Live-Aufzeichnung von 1948 mit dem damals 26-jährigen, genialen Pianisten Noel Mewton-Wood, der 1953 Selbstmord beging. Dirigent ist Sir Thomas Beecham, dem Noel sogar auf Fehler in der Partitur hingewiesen hatte, die der Maestro nicht kannte.

    Zum Thema "Opfer der St. Petersburger Mafia" (oder "Netzwerk" für eventuelle Zensoren etwas milder ausgedrückt) - ohne die der kleine KGB-Angent Putin nicht geworden wäre was er heute (leider) ist, könnte vermutlich auch der Fall (in beiden Bedeutungen des Wortes) des Sängerin Galina Gorchakova gehören. Peter Schünemanns wertvolles Tamino-Posting vom 1. März 2021 erwähnt dies - wenn auch indirekt...

    Es führt alles auf Putin und sein "Netzwerk" zurück, auch bis ins kleinste kulturell-administrative Detail. Danke übrigens, Alfred, für Dein Posting zum Fall Lubtchenko - der brannte mir schon lange in den Tasten.

    Wer dies alles nicht als "mafiös" (pardon: "netzwerkerisch") erkennt, soll weiterträumen und seine Stiefel leckendeund profitierende Idole bedingungslos anhimmeln - und Musik von Politik getrennt geniessen. Gerghiev, wenn er schon Putins Busenfreund ist, ist es sicher nicht aus rein gefühlsmässigen, musikalischen oder philantropischen Gründen geworden; der muss zum Netwerk gehören und mitmachen- und natürlich mitkassieren, sonst wäre er längst schon abgeschrieben.

    In Moskau habe ich von 1994 bis 2014 dirigiert und dies jeweils 1-3 Mal pro Jahr. Pro Mal waren es 5-10 Tage. Wenn es Dich interessiert, sende ich Dir einen Artikel über meine Moskauer Erlebnisse, aber dies tue ich nicht mehr durch einen offiziellen Download, denn damit hatte ich nämlich mal Schwierigkeiten gekriegt.

    Sorry, Rheingold, aber den Ausdruck "Russsicher Musikmafiaboss" habe ich nicht erfunden, sondern schon mehrmals in Zusammenhang mit Gerghiev gehört, als ich in Moskau dirigierte, allerdings, damals, in Zusammenhang mit seinem Wirken in St. Petersburg. Also darf ich auch nicht die Worte "luxuriös" und "korrupt" in diesem Zusammenhang brauchen? Klingt bereits nach Zensur...

    Orchestra Sinfonica di Roma

    Das Orchester wurde 2014 aus finanziellen Gründen aufgelöst.


    Aus diesem Grunde konnte La Vecchias Einspielung von Respighis Orchesterwerken nicht vollendet werden. In anderen Worten entspricht das "Complete Orchestral Works", was Brilliant auf dem Cover der Box angibt, nicht der Wirklichkeit: Es fehlt mindestens ein Dutzend Kompositionen.

    Gerghiev hat 2000 im Opernhaus Zürich "Salome" dirigiert. Regie führte Martin Kusej. Am Tag einer der letzten Bühnen-Orchester-Proben (oder war es die Hauptprobe?) warteten Sänger, Orchester und Technik auf seine Ankunft. Der Maestro erschien mit einer völlig unakzeptablen Verspätung (20 Minuten oder so) und meinte "Sorry, I had an interview". Wäre es jemand von Pereiras Personal gewesen, wäre er rausgeschmissen worden.

    Gerghiev begann dann völlig abwesend zu dirigieren, ohne überhaupt wahrzunehmen, dass sich Sänger auf der Bühne befanden, wir mussten aus der Seitenbühne Einsätze geben. Plötzlich unterbrach er und meinte "I think, this theatre is too small for Salome" - und dirigierte im gleichen Stil weiter. Wir meinten, so könne nur jemand auftreten, der unter Drogen steht.

    Die Wiener Zeitung meinte damals "Am Pult des fantastischen Orchesters der Oper Zürich steht Valery Gergiev, der einen atemberaubend intensiven, spannenden und in jedem Moment völlig durchhörbaren Strauss dirigiert. Dieses Musizieren muss wohl auch den anspruchsvollsten Strauss-Liebhaber absolut zufrieden stellen". Praktisch alle anderen Rezensionen waren voller Gerghiev-Begeisterung.

    Wir direkt Beteiligten fanden diese musikalische Darbietung uneben und ziemlich konzeptionslos. Kusej wurde an der Premiere übrigens mit einem gewaltigen Buh-Orkan begrüsst.

    Ich erinnere mich nicht mehr genau, es kann sogar sein, dass der Maesto dann spätere Vorstellungen abgesagt hat.

    Joseph II. :

    Frühere Aufnahmen Gerghievs: Da war er auch schon was er heute ist.


    hasiewicz:

    Glaubst Du wirklich, dass Gerghiev dies im Ernst meint? Und gleichzeitig lässt er sich in einem Land zelebrieren, das am Laufmeter gegen Menschenrechte verstösst? Auch Putin verkündet seinen Wahnsinn "frei" aus der Leber und behauptet, Russland sei eine demokratische Republik und dass seine Invasion kein Krieg sei - dass nämlich die Ukraine "befreit" werden soll. "Freies Denken" von mir aus, doch bitte nur im Stillen: In dieser momentan ziemlich extremen (Welt-)Lage finde ich "freie Rede" zu Gunsten der Aggressoren und deren Verbündeten opportunistisch, naiv, egoistisch oder unfair.

    Bei uns in der (ebenfalls opportunistischen) Schweiz hat heute die Regierung entschlossen, den Propaganda-Sender "Russia Today" nicht ab dem Netz zu nehmen; man sei schliesslich ein neutrales Land. Dass ich nicht lache! Und, was die Massnahmen gegen Oligarchen-Geldern betrifft, reagieren unsere Banken sehr zögerlich: Die Regierung hat es noch nicht einmal fertig gebracht, Answeisungen und Strategien an die kantonalen Behörden weiterzuleiten um diese Gelder zu stoppen; dies gibt den "armen" Betroffenen die Gelegenheit, ihre Schweizer Millionen sofort auf diese oder jene Schurken-Insel weiter zu transferieren. Gehört auch so was zur "Freiheit"?

    So! Jetzt wisst Ihr meinen Standpunkt und ich werde Euch damit nicht mehr belästigen und auf derart scheinheilige Argumente nicht mehr antworten.

    Joseph II.

    Joseph, bitte etwas mehr Taktgefühl, wenn Du hier drin gerade eine CD, dirigiert von Putins grossem Freund Gerghiev, zitierst und lobpreist. Hast anscheinend keine Ahnung was zurzeit abgeht und dass Gerghiev von München rausgeworfen wurde und seine Konzerte und Gastspiele überall abgesagt wurden? Er ist nicht nur ein intimer Freund Putins, sondern auch der Musik-Mafia-Boss Russlands - mit Verknüpfungen überall in Europa.

    Dies war bereits in 2014:

    https://www.pizzicato.lu/prote…-munchner-philharmoniker/

    https://taz.de/Kuenftiger-Phil…f-stuetzt-Putin/!5045568/

    https://ansage.org/mobbing-geg…r-stardirigenten-gergiev/

    https://www.ndr.de/kultur/musi…pielt,brueggemann134.html


    https://www.faz.net/aktuell/fe…mter-nieder-17858679.html

    https://nachtkritik.de/index.p…19&layout=*&Itemid=100190


    Kunst-Thema einmal politisiert: Auch in einem Hochniveau-Forum wie dieses sollte man ausnahmsweise zensieren oder protestieren dürfen. Ist mir wurscht ob ich deswegen von Tamino rausgeworfen werde! Ich bin zwischen 1994 und 2014 zahlreiche Male (und nicht nur 1mal jährlich) in Moskau gewesen und habe seit Putins Machtergreifung einiges mitbekommen, dass ich mich dann entschloss, Russland nicht mehr zu besuchen. In einem damaligen ausführlichen Artikel habe ich dies alles erklärt und durfte von zahlreichen Seiten Zustimmung bekommen.

    hasiewicz


    Zum Komponisten Lyathoshynsky und der (Kriegs-) Aktualität seiner 3. Symphonie habe ich hier übrigens bereits am 3. März gespostet. Freue mich, dass man diesen Komponisten immer wieder schätzt. Aber eben: Seine Dritte ist das ukrainische Pendant von Schostakowitschs "Leningrad-Symphonie"; diese Dritte sollte zurzeit im Konzertsaal und an Rundfunkstationen erklingen!

    Die Kritiker, lieber Rodolfo werden auch nicht sanft darüber beurteilen. Und ich bin ja auch nicht der erste, der dies tut. Nach ihrer clichéhaftigen Fidelio-Inszenierung hier in Zürich, schrieb man in der Presse:

    "Die Personenführung, die als ihre eigentliche Stärke gilt, wurde sträflich vernachlässigt, es ist ihr zu diesem Stoff einfach nichts wirklich Neues eingefallen - außer vielleicht die entblößte Brust, mit der sich Leonore auf dem Höhepunkt der dramatischen Entwicklung selber als Opfer anbietet".

    oder

    Thalbach beschränkt sich in Ezio Toffoluttis naturalistischem Bühnenbild darauf, die Geschichte nachzuerzählen, und überlässt die Reflexion der Musik. Das klappt im singspielhaften Anfang noch ziemlich gut, die Figuren sind detailliert und stimmig gezeichnet. Im statischeren zweiten Teil läuft fast gar nichts mehr, die Chöre werden unbeholfen über die Bühne geschoben. Pizarro wird am Schluss erschossen – wie in der alten Flimm-Inszenierung, die noch Ende Juni im Repertoire war. Nur von deren kritischem Impetus ist jetzt nichts mehr zu erkennen.