Popmusik der 60er hab’s schon in den 60ern? ChatGPT hätte das nicht gewusst
Beiträge von kurzstueckmeister
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Bei Monteverdi tue ich mich auch bei Madrigalen am leichtesten. Bei mir ist‘s das 8. Buch mit den Taverner Consort and Players unter Parrott.
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Na OK, ich deute jetzt John Does Radikalforderung als Hip-Mode. Nur ist das so eine Grundsatzdiskussion, die ich mir zwar nicht gewünscht habe, gegen die ich jetzt aber auch nicht groß protestieren mag.
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Manchmal hat man ja das Glück, ein wunderbares Werk kennenzulernen, das man aus unerklärlichen Gründen bislang übersehen hat - so erging es mir mit Sibelius‘ "Pelléas et Mélisande", einfach zum Dahinschmelzen und absolut zauberhaft - Karajan macht das besser als Edward Gardner und Paavo Järvi, finde ich. Leider gibt es von Barbirolli keine Gesamtaufnahme von Pélleas, soweit ich sehe.das war meine erste CD, damals war ich ca. 14
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jedenfalls hat die frage doch eher nichts mit HIP-moden zu tun, bach auf dem cembalo ist eher eine HIP-konstante, würde ich annehmen
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aha, interessant. ich bin mit der cantorey zufrieden, wollte nur wissen, ob du die aufnahme kennst.
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Auf jeden Fall ist die Quelle eine, die gegen ein non-vibrato spricht. Auch sonst hast Du natürlich Recht. Ich frage mich, ob es überhaupt eine Quelle für wenig Vibrato gibt? Sollte doch wissenschaftliche Texte dazu geben, oder publiziert das HIP-Umfeld nicht?
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Hast Du dafür eine Quelle? Bekannt ist, dass Joseph Joachim mit wenig Vibrato spielte (und dafür mit extrem vielen Portamenti, die von praktisch keinem heutigen Geiger übernommen werden, auch wenn er sich angeblich ganz dem historischen Vorbild verpflichtet fühlt).
Korrekt, das war nicht Brahms sondern Joachim:
>>Hubay told us that Joachim, while teaching in Berlin, and hearing someone play with too much vibrato, had protested: "Kaffeehaus, Kaffeehaus!"<<
NHQ; the New Hungarian Quarterly, Ausgaben 111-112
Lapkiadó Publishing House, 1988
Seite 203 -
Es gab also sogar innerhalb eines Ensembles ganz verschiedene Klang- und Vibratostile. Ich möchte mir lieber nicht vorstellen, wie das geklungen hat, und hoffe inständig, dass kein historisch informiertes Ensemble auf die Idee kommt, das rekonstruieren zu wollen
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Och, ich fände das durchaus sehr interessant.
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Ich besuche regelmäßig die tolle Reihe "Alte Musik bei Kerzenschein" in der Essener Philharmonie. Dort sind die Ensembles durchweg mittelgroß bis groß (natürlich nicht wie Sinfonieorchester).
Genau das ist ja der Fehler: Selbstverständlich gab es im Barock Orchester der Größe von Richard-Strauss-Sinfonieorchestern!
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Ich kenne zwar keine Netflix-Produktionen aber
>>atmosphärisch gefesselt wie von einem Netflix-Kostümfilm<<
muss ja überhaupt nicht falsch sein, und ist zudem tatsächlich eine positive Anmerkung.
Man könnte daraus geradezu folgern, dass solche Inszenierungen auch heute wieder gemacht werden könnten und als aktuell empfunden werden.
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Als ganzes liest sich das eigentlich als durchaus positive Kritik.
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Alle grübeln angestrengt.
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Na, ich bin neugierig. Kennst Du auch Fachliteratur dazu? Ich habe momentan keinen Zugriff auf entsprechende Uni-Bibliotheken, bleibe also weitgehend ahnungslos.
Ich hoffe, dass der Thread nicht mit Grundsatz-Debatten zugemüllt wird - eventuell schläft er vor sich hin, was auch nicht so übel wäre. Ab und zu kann man ja etwas einkippen.
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Kennst Du auch die Weckmann-Aufnahme der Himlischen Cantorey von 2002? Da gibt es bezüglich der Stücke einige Überschneidungen. Pierlot ist also zehn Jahre später quasi in Wettbewerb zu der älteren cpo-Scheibe getreten.
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Deshalb schrieb ich Verbesserung ja unter Anführungszeichen. In dem Moment, als sie vorgenommen wurden, wurden sie natürlich für solche gehalten, und später auch oft, sodass diese Sichtweise sicher mit eine Erklärung für den sehr langsamen Siegeszug der Originalklangbewegung sein dürfte.
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Naja, sonst lese ich nur, dass "die Stimmen gut zusammenpassen", was soll denn das mit HIP oder nicht-HIP zu tun haben?
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Ich habe den Eindruck, dass es zu dem Thema Diskussionsbedarf gibt ...
HIP="historisch informierte Praxis", soll heißen, man beschäftigt sich mit Quellen zu historischer Aufführungspraxis (etwa wie im 17. Jahrhundert Geige gespielt wurde an Hand von Lehrbüchern aus der Zeit) und wendet die gewonnenen Erkenntnisse beim eigenen Musizieren an - in der Regel geschieht das auch auf historischen Instrumenten bzw. Nachbauten. HIP ist also eine moderne Aufführungspraxis (erfunden im 20. Jahrhundert, erste Vereinigungen zum Musizieren auf historischen Instrumenten gab es ca. ab 1900), die zumindest teilweise dazu tendiert, historische Aufführungspraxis zu rekonstruieren, dabei ist aber eine HIP-Aufführung nie eine exakte Rekonstruktion einer historischen Aufführung, was gar nicht möglich ist.
Schlanker Klang
Im 19. Jahrhundert wurden die meisten Instrumente umgebaut, um ihnen mehr Klangfülle zu verleihen. Das Verwenden historischer Instrumente führt zu einem Ergebnis, das mit „schlankem Klang“ assoziiert wird.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war (insb. bei Streichern) ein sehr intensives, mitunter permanent durchgehaltenes Vibrato üblich, das einen eher „fetten“ Klang ergibt. Quellen ergeben, dass im Barock das Vibrato keine Maßnahme durchgehender Klanggestaltung war sondern eher so etwas wie eine Verzierung. Brahms wiederum sagte mal etwas von „Vibrato ins Kaffeehaus verbannen“. HIP-Aufführungen und Aufnahmen tendieren zu wesentlich weniger Vibratogebrauch als Aufnahmen aus der Zeit, als die Originalklangbewegung eine kleine, mitunter belächelte Nische war. Ergebnis abermals: HIP wird mit schlankem Klang assoziiert.
Prä-HIP-Aufnahmen von Barockmusik verwenden mitunter Orchesterbesetzungen, wie sie im späten 19. Jahrhundert üblich waren: Streicher chorisch in größeren Mengen, Bläser solistisch. Im Barock waren aber weniger verschiedene Blasinstrumente im Orchester vereinigt als etwa bei Richard Strauss, somit ergibt diese Vorgangsweise eine Streicherlastigkeit, die es gemäß Quellen im Barock so nicht gegeben haben dürfte. Entweder man verwendete wenige Streicher und wenige Bläser, oder man verwendete viele Streicher, dann aber auch chorisch besetzte Bläsereinheiten. Hier gibt es in der aktuellen HIP-Praxis eine Schieflage: Weil alle (insbesondere auch Kritiker) „gelernt“ haben, dass HIP „schlanker Klang“ bedeutet, und weil es billiger ist, gibt es fast immer klein besetzte Ensembles. Eine rühmliche Ausnahme von dieser HIP-Mode, die letztlich zu einem Missverständnis historischer Aufführungspraxis und Ästhetik führt – denn selbstverständlich war im Barock, wenn möglich, Klangfülle erwünscht! – ist diese großbesetzte Aufnahme der Corelli-Konzerte auf historischen Instrumenten mit dem Ensemble 415.
Ein verwandtes Thema wäre bspw. „rauher Klang“ ...
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Nur weil etwas gut ist, ist es nicht HIP ...
Ich habe leider bei einem Blindtest lernen müssen, dass ich das auch nicht immer korrekt zuordnen kann.
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Wenn man sich zwar über die historische Aufführungspraxis informiert, beim Spielen aber nichts davon rekonstruiert, so ist das, was dabei herauskommt, sicher nicht "HIP" zu nennen.
Wieweit die historische Aufführungspraxis rekonstruiert werden kann, und wieviel man davon in Angriff nimmt, ist natürlich eine andere Frage. Manche versuchen, möglichst weit zu kommen, suchen Originalschauplätze auf, wählen lokale historische Instrumententypen, versuchen alles an Information zu einer konkreten Aufführung klingend auszuwerten, andere interessieren sich mehr für ihre eigene Persönlichkeit und rekonstruieren sozusagen möglichst wenig. Ganz ohne Rekonstruktion aber kein "HIP".
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HIP ist eine sehr moderne Idee für zeitgemäße (und damit auch zeitgebundene) Interpretationen, keine Rekonstruktion oder Bewahrung des Alten.
Sehr modern seit 120 Jahren („Société de concerts des instruments anciens“ 1901).
Und auf der Bühne gibt's das auch schon seit 100 Jahren (Drottningsholmer Schlosstheater 1920).
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Nein, schon Edwin Baumgartner hat vor Jahren festgestellt, dass sich die Opernhäuser darum drücken, viel Zeitgenössisches zu bringen, und dass die Masche "wir machen ohnehin modernes Musiktheater: Regisseur XY macht jetzt Mozart" eine willkommene Ausrede ist. Seitdem war er plötzlich gegen RT ...
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HIP albern zu finden, halte ich für kein Zeichen von geistiger Flexibilität.
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Leider, wenn man die RT-Diskussion ernst nehmen würde, nicht, denn die Regisseure machen ja "Werke" des "Musiktheaters".
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sind auch in viel jüngeren Jahren eingefahren in ihren Routinen und festgefügten Weltanschauungen und wünschen sich ein museales Theater, in dem sich nichts ändert.
Das ist halt auch einfach nur eine Frechheit. Man könnte entgegnen: Die Banausen halten ihre Ahnungslosigkeit und Kritiklosigkeit für Flexibilität.
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Man könnte das Thema ja auch via Regietheater kapern: Der Regisseur macht aufregend neues Musiktheater und verwendet dabei Mozart etc.
Gemeint sind offenbar Kompositionen für die Bühne ab 2000, bitte.
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Auf diesen banalen Gemeinplatz können wir uns ja einigen und dann diesen Durchgang RT-Catchen endlich beenden.
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Hab ich wohl ganz klein bisschen übertrieben ...