Hallo,
Ravel erschafft eine Musik, die es davor und danach so nicht gibt.
Daher stelle ich mir immer wieder die Frage, was für ein Mensch dieser Ravel war. Sicher kein Normalbürger.
Nach den Schilderungen seiner Zeitgenossen, die ihn näher kennenlernen durften, ein unverwechselbares Individuum, dessen Macken und Kanten nicht aufgesetzt sind, sondern unverfälscht und direkt aus dem Innersten kommen.
Ravel verstellt sich nicht, Ravel ist Ravel. Diplomatie und Taktieren im Umgang mit anderen sind ihm fremd.
Fast wie ein Kind sagt er direkt, was er denkt und fühlt. Das ist natürlich nicht jedermanns Sache.
Er wirkt dadurch bei Fremden arrogant und blasiert, zynisch und kühl.
Andererseits hat er ein sehr sehr enges Verhältnis zu den Eltern und dem einzigen Bruder.
Erst nach dem Tod der Eltern und der Heirat des Bruders lebt er allein, in seinem kleinen Haus mit Garten etwas außerhalb Paris ist er aber gerne Gastgeber. Seine Interessen sind vielfältig, mancher der Besucher muss dabei enttäuscht feststellen, daß die Gespräche manchmal so rein gar nichts mit Musik zu tun haben.
Zu seinen wenigen Freunden und guten Bekannten zählen Männer wie Frauen, eine Beziehung ist er jedoch nie eingegangen.
War er dahingehend zu schüchtern, zu reserviert oder hat er sich dabei nur dumm angestellt, sicher ist, daß er zwar Interesse am weiblichen Geschlecht hatte, aber die einzige Frau in seinem Leben dürfte die Mutter gewesen sein.
Ein enttäuschter Suchender wie Beethoven war er aber nicht, auch kein Einzelgänger.
Ravel ist in ständiger Gesellschaft, er gehört zur Pariser Avantgarde, ein Pariser Intellektueller seiner Zeit.
Aus diesen manigfaltigen Erfahrungen und kulturellen Strömungen in der Großstadt, die er aufnimmt und in seiner ganz eigenen Art und Weise verarbeitet, entsteht die neue Musik.
Neben der Vielfalt im Stil ist es das Wissen um die Instrumente selbst, deren klangliche Möglichkeiten er untersucht und bis zum Außersten treibt.
Und dann sitzt er da, spielt wenige Töne und überlegt, was er daraus machen kann. Und so kommt - oft über Jahre - erst eins zum anderen.
So erklärt er es einmal auf die Frage, wie er denn komponiere.
Es grüßt
Karl