Beiträge von Karl

    Ich schrieb:

    Dieses "ich" steht nicht für meine Person, es steht allgemein für jemanden, der nicht über den Begriff "Werktreue" in eine Diskussion hineingeraten möchte, die sich auf eine für ihn unakzeptable Inszenierung bezieht.


    Und nochmals: Über Geschmack lässt sich nicht streiten!

    Über Geschmack lässt sich nicht streiten.


    Bei dem Stichwort "Regietheater" sollte man deshalb nicht über den Begriff "Werktreue" diskutieren, das geht an der Sache inhaltlich vorbei.


    Richtigerweise sage ich deshalb, diese Inszenierung ist für mich ggf. komplett geschmacklos, sie wirkt auf mich nicht nur billig und provokativ, nein, sie stört mich sogar massiv beim Hören der Musik und des Gesanges.


    Was sich da der Regisseur gedacht hat, ist für mich geistiger Müll und erinnert stark an die Geschichte "Des Kaiser neue Kleider".

    Werner Hintze schreibt:


    Zitat

    Die Gemeinsamkeit liegt darin, dass eine gewisse Gruppe von Menschen gewisse Inszenierungen ablehnen und aus dieser ihrer Ablehnung das Hauptkriterium für die Kategorisierung dieser Inszenierungen machen.

    Diese hat also nichts mit dem Inhalt oder der Gestalt dieser Inszenierungen zu tun.

    Wie sinnlos das ist, muss ich wohl nicht betonen

    Warum hat das deiner Meinung nach nichts mit dem Inhalt dieser Inszenierung zu tun?

    ChKöhn:

    Zitat

    Ich versuche schon lange und vergeblich zu ergründen, was man unter "Werkgerechtigkeit" eigentlich versteht,...

    Wir versuchen für "Sachverhalte/Begrifflichkeiten/Ideen" Worte in unserer Sprache zu finden.


    Was der Einzelne dann darunter versteht, kann für den anderen irreführend sein und führt zwangsläufig zu Mißverständnissen im Dialog.


    Kein Wunder, daß der große Universalgelehrte Leibnitz deshalb die Auffassung vertrat, die Sprache müsse durch das Binärsystem ersetzt werden.


    Für Otto Klemperer war Werktreue/Werkgerechtigkeit nicht die penible Einhaltung der Partitur, es gilt ein tieferes Verständnis für die Komposition zu erreichen und das dann umzusetzen.


    Er erklärte das am Beispiel von Beethoven, der bei den Bläsern nur die damaligen Holzinstrumente kannte, was bei den modernen Blasinstrumenten tonal zu Unverträglichkeiten führen würde.


    Werktreue schließt deshalb Anpassung an die Gegebenheiten nicht aus, allerdings war Klemperer z.B. gegen alles, was diesbezüglich mit überzogener Zurschaustellung und Pomp einhergeht.


    Die von Besuchern empfundene Störung vieler Regietheater-Inszenierungen auf das Gesamtwerk sollte daher nicht über den Begriff der Werktreue/-gerechtigkeit diskutiert werden, die Problematik liegt woanders.



    t

    Zitat

    Wie also soll man ästhetisch und dramaturgisch Ernst zu nehmende Aufführungen von 200 Jahre alten Stücken hinbekommen, wenn dafür die Bedingungen einer lebendigen, zeitgemäßen Aufführung schlicht nicht mehr existieren nach Wagners Maßstäben?




    wielandbniyj.jpg

    Vom Wagnersänger wird neben der gesanglichen Leistung auch schauspielerisches Können gefordert, wie es Holger anspricht.


    Was gerne übersehen wird: für klangliche Höchstleistung sollte der Sänger von der Regie nicht über die Bühne gejagt werden oder Leitern hochklettern müssen. Dieser Unfug kostet nur Luft und Kraft.


    Was das Bühnenbild betrifft, war das Motto bei der bekannten Entrümpelung durch Preetorius und später Wieland Wagner Vereinfachung durch Reduktion der Formen und Requisiten und der gezielte Einsatz von Lichtquellen.


    Geschaffen wurde dadurch eine beeindruckende visuelle Begleitung und Unterstützung der Handlung ohne jeglichen Lärm und Aufdringlichkeit. Das findet man heutzutage kaum noch.

    Zitat

    Hilf' mir bitte auf die Sprünge. Wie kann man bei einer Opernproduktion mangelnde "Werktreue" bemängeln und sich dann zugleich daran erfreuen, wenn bei einem Stück, das von seinem/-n Autor/en (Komponist, Librettist) als "Musiktheater" konzipiert worden ist, das "Theater" einfach weggelassen wird?

    Zitat

    Deswegen bitte nochmal: Wie kann eine konzertante Opernaufführung (also Musiktheater ohne Theater) "werktreu" sein?

    Eine kleine Denksportaufgabe für Dich: Warum kam/kommt es bei Büchern, z.B. der Bibel, zu Übersetzungsfehlern?

    Symbol fragt:

    Zitat

    Hilf' mir bitte auf die Sprünge. Wie kann man bei einer Opernproduktion mangelnde "Werktreue" bemängeln und sich dann zugleich daran erfreuen, wenn bei einem Stück, das von seinem/-n Autor/en (Komponist, Librettist) als "Musiktheater" konzipiert worden ist, das "Theater" einfach weggelassen wird?


    Etwas Emphatie braucht es schon, um diesen Unterschied zu verstehen. Sonst helfen dann aber auch keine Erklärungsversuche.


    Symbol schreibt:

    Zitat

    Das Problem ist wohl nicht so sehr das mangelnde Verständnis für subjektive Befindlichkeiten, sondern der Versuch, diese Befindlichkeiten zu objektivieren. Es steht Dir selbstverständlich frei, ein szenisches Geschehen als "Störfaktor" zu empfinden, nur ist es dann ein ziemlich gewagter Schritt, diese Empfindung zum objektiv belegbaren Mangel der Inszenierung erklären zu wollen.


    Da stimme ich gerne zu, nur wurde das nicht behauptet, sondern ein Beispiel zum Verständnis aufgezeigt.

    Zitat

    Ich versuche ehrlich, das zu verstehen, aber es fällt mir schwer: Es dürfte doch wohl Einigkeit darüber bestehen, dass das Geschehen auf der Bühne wesentlicher Bestandteil eines Musiktheater-Kunstwerks ist

    Es gehört vom Grundsatz natürlich dazu, aber ...


    Wenn einem durch die Inszenierung das Musiktheater-Kunstwerk schon öfters komplett vermiest worden ist, weil diese nur billige Effekthascherei darstellt und wie ein Störfaktor empfunden wird, kann man durchaus Verständnis dafür entwickeln, daß mancher darauf notgedrungen gerne verzichtet. Kommt dann noch der angesprochene Effekt dazu, daß durch fehlende visuelle Reize Text und Gesang besser aufgenommen werden, weil aus dem Zuschauer/Zuhörer ein reiner Zuhörer geworden ist, sollte man das ruhig mal ausprobieren.

    Zitat

    ...aber mehr "Entstellung" als Theater, bei dem das Theater weggelassen wird, dürfte schon rein theoretisch schwer vorstellbar sein

    Aber nicht doch.


    Wenn man etwas weglässt, ist es einfach nicht da.


    Entstellung ist reale Verzerrung, wie sie so mancher beim Regietheater häufiger vorfindet.

    Orsini schreibt:


    Zitat

    Was ich immer wahnsinnig störend empfinde, wenn uralter Wein in neuen Inszenierungen als das Ei des Kolumbus hochgeschrieben wird, dass es so in dieser Neuartigkeit und Besonderheit noch nicht gegeben hat. Schaut man sich diese Inszenierungen dann im Detail an, gibt es einige rote Fäden, die sich immer und immer wieder finden (entweder in Jahreswellen oder als Personalstil)

    • sei es das Klinik-Sujet (oder Institut o.ä),
    • gerne das Gefängnis-Kolorit (um es plakativer zu machen tragen Bösewichter gerne Uniformen aus Deutschland dunkelster Zeit),
    • oder besonders originell auf leerer Bühne nur mit ein paar Gerüsten vor schwarzen Prospekten
    • oder als Gegenentwurf müllt man die Bühne zu und kreiert visuellen Overkill mit zusätzlichen Kameraleuten auf der Bühne oder im Off (mich interessiert weder das Zäpfchen der Sänger noch ob sie Nasenhaare haben), damit niemand bemerkt, dass vorn nur Rampensingen stattfindet.


    Solange sich dafür genug zahlende Besucher finden, wird sich diese Aufführungspraxis halten.


    Konnte man das zu Beginn als eine Art Weckruf verstehen, ist es mMn mit der Zeit zur billigen Provokation verkommen.


    Karl

    Die letzte CD wurde im Dezember 2006 live an der Miry Conservatorium Hall in Gent aufgezeichnet.


    Das "De Rode Pomp" CD Label gibt es leider nicht mehr, welches für die außergewöhnliche Qualität der Tontechnik verantwortlich ist.


    Hinter dem Begriff "De Rode Pomp" steckt der Belgier André Posman, Bruder des Komponisten Lucien Posman.

    Es lohnt sich, über google translator diese Seite


    de-rode-pomp


    zu übersetzen, um die Sichtweise André Posmans in bezug auf die Situation im derzeitigen Kulturleben des Westens näher kennenzulernen.


    Aber nun zurück zu Liszt.


    Die hier vorliegende Aufnahme erlaubt einen Blick wie es gewesen sein könnte, wenn der großer Meister die Zuhörerschaft in seinen Bann gezogen hat.


    Unser Gehörsinn kann ja feinste tonale Zeitunterschiede wahrnehmen und diese mit gespeicherten Erfahrungswerten abgleichen.


    Daraus lässt sich auch gut erklären, warum viele das Konzerterlebnis der Musikwiedergabe zuhause vorziehen, über die Stereoanlage klingt es leider oft wie aus der Konserve.


    Die Musik wirkt nicht richtig echt, nicht lebendig.


    Verantwortlich dafür ist die verwendete Aufnahmetechnik und das spätere Abspielequipment oder beides.

    Mit welcher Qualität eine Liveaufnahme vorliegen kann, zeigt uns die vorliegende CD.


    Wer es nicht abschätzen kann, nehme zum Vergleich eine der vielen Liveaufnahmen von ABMs Einspielungen. Was wurde da an Hörgenuss verschenkt, weil der Pianist es den Aufnahmeleitern mit der Mikrofonierung so schwer gemacht hat.


    Hier haben wir das Glück, dass Aufnahmetechnik und virtuoser Klangrausch - erzeugt mit einem Bösendorfer Imperial - für einen Abend zusammengekommen sind.


    sergeyenia5fdt8.jpg


    Der weissrussische Pianist Timur Sergeyenia, siehe


    Sergeyenia


    lebt und arbeitet seit 2005 in Belgien, seine Konzerttätigkeit führt in aber durch viele Länder.


    Neben der vor Kraft und Energie strotzenden Darbietung gefallen mir gerade auch die ruhigen und stillen Phasen des Stückes, wo der Klang nicht pudrig oder smooth wird. Der angeschlagene Ton bleibt ausgewogen, eher von leichter Natur als aufgedickt, weder zu kurz noch in die Länge gezogen.


    Das kennen wir ja zu Genüge, wie hier der pianistische Nachwuchs seine Fehler macht.


    Ja, diese Aufnahme gehört für mich abschließend zu dem Quartett der best of, jede für sich hat ihren besonderen Reiz und Charme, je nach Tageskonstitution ist es mal diese oder die andere.


    Es grüßt

    Die letzten beiden CDs sind von virtuoser Prägung.

    Was ich darunter verstehe, kann ein Schwarz-Weiß-Vergleich am besten verdeutlichen.


    Nehmen wir zuerst "Nojima plays Liszt", eine recht bekannte Highend CD Aufnahme der Sonate aus dem Jahre 1986.


    nojimagqd6f.jpg


    Ein Genuß für Klavierklangkenner, der Pianist geht in den ruhigen Stellen wie mit Samthandschuhen über die Tasten, die stillen Momente werden gedehnt und zelebriert, da wird schon so mancher ins Dahinschwelgen und -träumen kommen.


    Das ist Salonästhetik vom Allerfeinsten.


    Das Klangerlebnis steht über allem, die Aufnahmetechnik zeigt sich von ihrer besten Seite.


    Aber bitte, das darf man nicht mit virtuosem Spiel verwechseln!



    Virtuos wird es bei Martha. Die ist bei der Aufnahme im Jahre 1971 gerade mal 30 Jahre alt.


    argerich1sinv.jpg


    Und doch, sie dringt in den innersten Kern des Stückes vor und präsentiert uns eine Lebensgeschichte aus Noten in ihrer ureigensten Emotionalität.


    Das Klavier dient ihr dabei als Vermittler, es wird zum Werkzeug einer Klangmischung aus Kraft, Wildheit und Poesie.


    Es ist so ganz anders als bei Nojima und doch, es sind dieselben Noten, was für eine Bandbreite an Interpretationen gibt diese Sonate her.


    Martha Argerich ist bei diesem Stück in ihrem Element, es ist ihr wie auf den Leib geschrieben.


    Man merkt, daß hier kein angestrengtes Hineindenken notwendig war, die Musik erklärt sich für sie von selber. Wo mancher der sonstigen großen Pianisten sehr überlegt zu Werke geht, ist es ihr Instinkt und das Jetzt und Hier, wie sie es spielt.


    Von einer Lebendigkeit und gefühlten Freiheit des Spiels getragen, ist es für mich ein Glanzpunkt in ihrer Pianistenlaufbahn.


    Danke Martha.


    Karl


    PS: Eine CD kommt noch.

    Hallo astewes,


    ein sehr gutes Beispiel, warum viele YouTube Klassikaufnahmen für unsere Zwecke ungeeignet sind.


    Hier eine alte LP, abgespielt auf einem üblichen Plattenspieler, dieses schon recht ärmliche Analogsignal dann digitalisiert in einem reduzierden Format und übrig bleibt nichts mehr von dem, was im Original an Klavierklang vorhanden ist.


    Die CD Wiedergabe auf einer höherwertigen Hifianlage ist dagegen wie von einer anderen Welt.


    Schade für deine Mühe beim Heraussuchen, aber damit ist selbst ein vorsichtiger Vergleich nicht möglich.


    Es grüßt


    Karl

    Hallo,


    was für eine Gefühlswelt in dieser Sonate:


    Sich gegen alle Schwierigkeiten und Zweifel zu behaupten, nicht aufzugeben, durchzuhalten bis man das lange ersehnte Ziel erreicht und danach Ruhe und Frieden mit sich und der Welt zu finden, den Moment des Glückes von allem befreit genießen zu können.


    Das von Liszt in Musik umgesetzt mit Anleihen von Beethoven und Schumann als Zeichen des Respektes und der Anerkennung, so kann man dieses Werk gelegentlich hören.


    Wenn es denn pianistisch zum Leben erweckt werden konnte, weil der Interpret dieses Auf und Ab aus eigener Erfahrung selbst sehr gut kennt und auf seine persönliche Art uns präsentiert.


    Unterschiedlich ist dabei natürlich die Intensität der zum Ausdruck gebrachten Gefühlslage, ob immer noch kontrolliert und beherrscht bis zu einer schonungslosen Offenheit im Rausch der Emotionen.


    Die vorliegende Aufnahme von Mirka Pokorna ist für mich das Bindeglied zwischen diesen beiden Welten.


    Sonata-For-Piano-In-B-Minor


    Schon die ersten Takte lassen aufhorchen. Überraschend schroff geht sie zu Werke, abwehrend, schwermütig und sehr düster. Erstaunlich wie sie dennoch - trotz des aufgebauten starken Kontrastes - den gelungenen Übergang in ruhigere Gefilde findet.


    Das ist bei einer solchen extremen Darstellung für mich die große Kunst, das vom Hörer als selbstverständlich empfundene Hinübergleiten in eine anderen Gefühlslage.


    Pokorna schafft es und bleibt sich trotzdem treu. Auch in den ruhigen und nachdenklichen Momenten bleibt es bei einer gewissen Anspannung, die sich erst im weiteren Verlauf in einer Art von Freudentaumel und Euphorie entladen kann, bis es zur Mitte der Sonate den zweiten Anlauf gibt.


    Des Eingangsmotiv wird wiederholt, wer hier genau hinhört, erkennt die nun eingetretene gelockerte Gefühlslage sehr gut.


    Der anfänglichen Abwehrhaltung ist ein Hineinhorchen und -betrachten gewichen. Aus der pessemistischen Grundhaltung ist eine vorsichtige Erwartungshaltung geworden.


    Das Werk erhält hier seinen wegweisenden Schub in Richtung Lebensbejahung und zupackender Aktivität.


    Mit dieser Grundtendenz, die Pokorna glaub- und lebhaft frisch uns aufzeigt geht es schnörkellos bis zum Ende des Stückes, das einen etwas unerwarteten romantischen Abschluss mit hingehauchten Einzeltönen findet.


    Es grüßt


    Karl

    Hallo Holger,


    als Klassikkenner und -liebhaber schätze ich deine Beiträge sehr, leider muss ich lesen:


    Zitat

    Eine Musikrichtung war allerdings gar nicht vertreten in meinem Elternhaus: Popmusik. Bis heute wird sie von mir komplett ignoriert.

    Eric Clapton wäre eine Entdeckungsreise durchaus wert, seine Wurzeln kommen vom Blues, sein Gitarrenspiel ist und bleibt wegweisend.


    Es grüßt


    Karl

    Hallo,


    bevor ich die nächste CD vorstelle einige Anmerkungen über die Sonate und ihren Schöpfer.

    Es wundert sicherlich kaum jemanden, dass der schroffe Beginn so manchen Neuling verschreckt und dieser die Schallplatten- oder CD Wiedergabe stoppt.


    So etwas Trockenes und Sprödes braucht man nicht, eigentlich sucht man doch mehr Musik zum Entspannen und Wohlfühlen.

    Irgendwie klingt es nach Abgrund, eine depressive Stimmung kommt durch.


    Warum macht Liszt so etwas Schwermütiges gleich zum Anfang?

    Zufall kann es nicht sein, schließlich arbeitet er fast 4 Jahre an dieser seinen einzigen Sonate.


    Manch einer erkennt hier das Faust Thema, davon hat Liszt allerdings nie gesprochen.


    Deshalb lesen wir, was ein bekannter Pianist dazu sagt:

    Leslie Howard: Es ist unmöglich, dieses Werk in jungen Jahren gut zu spielen. Es ist eine sehr lange Geschichte, die an einem Stück erzählt wird. Und diese Geschichte umfasst alle Leidenschaften eines menschlichen Wesens, in einer Art, wie man es ansonsten nirgends in einem Satz finden kann. Liszt schaffte es, all das zu sagen, was er mit 52 Jahren an Erfahrung hatte.


    Schauen wir deshalb nun auf Liszt selbst.


    Er ist ein Wunderkind, der vom Vater gefördert und später mit ihm auf Konzertreisen durch Europa geht. Liszt ist 16 Jahre alt. als der dominante Vater stirbt.

    Nun muss sich der Jugendliche plötzlich um alles selbst kümmern und für den Lebensunterhalt und die Mutter sorgen.

    Es kommt zu einem Rückzug ins Private, eine unglückliche Liebschaft verstärkt in dieser Pariser Zeit seine auftretenden Depressionen.

    So dauert es 3-4 Jahre bis Liszt mit neuer Kraft und Entschlossenheit in das Konzertleben zurückkehrt.


    Im Jahr 1831 erlebt Liszt einen Auftritt Niccolò Paganinis, der ihn zutiefst beeindruckt.

    Es scheint ihm, daß dieser beim Spiel die Welt um sich vergisst und sein eigenes Leben, wie es von Leiden gezeichnet, von Freude erfüllt ist, in Tönen wiedergibt. Er ruft dabei Gefühle und Empfindungen bei seinen Zuhörern hervor, die von kreischenden Damen bis zu schluchzenden Männern reicht.

    Liszt will die gleiche Magie am Klavier erzielen, wie Paganini das auf der Violine kann.

    Es gelingt, man spricht bald von "Lisztomanie", er wird zum Superstar seiner Zeit.


    Die damit verbundene Faszination der Zuhörer(innen) und sein sehr gutes Aussehen bleiben dabei nicht ohne Konsequenzen, die Herzen der Damen fliegen ihm nur so zu.

    Und er ist dem nicht abgeneigt.


    Aus seiner Beziehung mit der sechs Jahre älteren Gräfin Marie d’Agoult kommen 3 Kinder (1835, 37 und 39) zur Welt, um die es sich zu kümmern gilt.

    Die folgenden Jahre, in denen Liszt Geld für den Unterhalt seiner „Familie“ verdienen mußte, sind gekennzeichnet von Erfolgen und Misserfolgen als Künstler sowie von Höhen und Tiefen als Mensch. Es ist kaum möglich, alle seine Aufenthalte, seine Erfolge und Misserfolge und auch seine Affären aufzuzählen. So kommt es schließlich 1843 zur Trennung von Marie.


    Im April 1848 zieht er mit Carolyne zu Sayn-Wittgenstein zusammen. Zwölf Jahre lang leben sie bei Weimar relativ zurückgezogen. Es sind die schöpferisch produktivsten Jahre Liszts, wobei Carolyne einen großen Anteil hat, denn sie versteht es, dem einst rastlosen „klavierspielenden Lebemann“ eine neue, ernsthaftere Richtung zu geben und ihn zum Komponieren zu inspirieren.


    Und vor diesem persönlichen Hintergrund entsteht nun hier die h-Moll Sonate.


    Es grüßt


    Karl