Werter Don Gaiferos!
Nein, das hatte nichts mit Würde o.ä. zu tun, dass ich dir nicht geantwortet habe. Ich hole das aber gern nach.
Mir gefällt der Vergleich mit Duchamp. Und ich denke, ich würde mich mit seiner Mona Lisa ebenso beschäftigen wie mit der von da Vinci. Für mich sind es unterschiedliche "Orignale". Und genau so sehe ich auch Operninzenierungen. Ich lasse erstmal meinen Bauch entscheiden. Später (eher nach einer Vorstellung) versuche ich dann das Gesehene und Gehörte einzuordnen.
Für mich ist Handwerk wichtig. Kann ein Regisseur mit den Sängern umgehen? Kann er sie führen? Sehe ich eine Handschrift? Gibt es ein Konzept? Wie weit ist das Konzept aufgegangen? Wie steht der Regisseur zu der Oper? Immer ist für mich wichtig, dass er die Oper ernst nimmt.
Wann und wo eine Operninzenierung spielt ist für mich nicht so wichtig; das gebe ich zu. Da unterscheiden wir uns sicherlich.
Ich möchte noch einen Schritt weitergehen. Wenn ich eine Operneinspielung konzentriert zu Hause höre, lese ich das Libretto mit. Für mich heisst das, dass ich dann ein Bild von der Szene miterlebe, wie es sich der Komponist erdacht hat.
Aber möchte ich das dann im Opernhaus so erleben?
Für mich ist es sehr wichtig, dass mir der Regisseur noch eine andere Perspektive anbietet, die mich zum Nachdenken anregt und mir Dinge so zeigt, die ich bisher so nicht gesehen habe. Ich habe es oft erlebt, dass genau diese Bilder dann bleiben.
Als Gegenbeispiel möchte ich den Ring vom Ehepaar Dorst erwähnen. Sie hatten die Idee, dass der Ring sich auch bei uns abspielt, aber so nicht wahrgenommen wird. Deshalb traten immer wieder Passanten auf, die das "eigentliche Spiel" nicht beachteten. Dieses Konzept kann sehr interessant sein. Aber es ging nicht auf, weil das Ehepaar Dorst das Handwerk nicht beherrschten. Ich erwähnte ja schon, dass die Sänger sich so bewegten, wie sie es aus anderen Inzenierungen kannten. Klar, man konnte die teilweise imposanten Bühnenbilder betrachten. Aber danach konnte man die Augen schließen, weil sich auf der Bühne nichts tat. Noch nicht mal polarisiert hat die Inzenierung, weil sie selbst dazu zu schwach war. So habe ich auch den Tannhäuser von Baumgarten erlebt.