Beiträge von Heiwes

    hallo,
    Interpretation bedeutet immer auch, das wieder zu geben, was ich verstanden habe oder zumindest, wie ich die Musik verstehe.
    Es ist also einmal ein Verstehensprozess und gleichzeitig auch eine Wiedergabe des Verstandenen.
    Dies bedeutet einmal eine intensive Beschäftigung mit dem Werk, sozusagen das Ausloten dessen. was sich jenseits der Oberflächenstruktur darstellt, um damit die Tiefenstruktur deutlich zu machen und sie so " interpretierend "zu verdeutlichen.
    Es geht damit auch um Form und Inhalt, die ineinander verzahnt sind und die Ausdeutung dieser Verzahnung ist dann meine Mitteilung des Werkes, meine Interpretation.

    Hallo,
    meistens ist es eher ein intuitives Suchen, das bedeutet, dass ich die Regale der CDs überblickend, eintauche und dann macht es Klick und ich nehme, was mir passend scheint. Allerdings ist die Suche nicht immer so, dass ich mit dem, was ich aussuche zufrieden bin, sondern manchmal wechsle ich dann auf, was ich für diesen Moment für mich passend finde.
    Vergleichshören fällt bei mir aufgrund der Tatsache, dass ich selten zwei oder mehrere Einspielungen des gleichen opus habe, eher spärlich aus.


    Grüsse


    Heiwes

    hallo,
    auch ich habe noch viel zu entdecken. Haupttriebfeder ist die Neugierde, Kriterium für das Gehörte ist, ob diese Neugierde geweckt wurde, und eine weiteres Kriterium ist, ob die Neugierde dann auch belohnt wird, und dies alles umschlägt in die Aufnahme in mein Gedächnis, dort gespreichert als abrufbare postive Erinnerung.
    Gruss


    Heiwes

    hallo,
    beim Vergleich und bei einer vergleichenden Interpratation muss ich unterscheiden zwischen einzelnen Interpretationen, d.h. ich vergleiche verschiedene Auffassungen des gleichen Werkes. Und sie bringen mir ihre jeweilige Sichtweise hörend bei. Und zum anderen vergleiche ich Interpretationen mit meiner subjektiven Folie, mit meiner bisherigen Hörerfahrung, denn auf dieser Folie gleiche ich nun das Gehörte ab und beurteile. Diese Selektion, die in meinem Gehirn stattfindet, baut auf einer Vorerfahrungen auf, die ich schon habe. Ich habe schon ein Engramm, es ist schon eine Codierung da, von der ich ausgehe.
    Und somit vergleiche ich dann die Interpretation und entscheide, ob diese meiner Vorstellung ( oder zumindest ist es meine erste Vorstellung, die gespreichert wurde ) entspricht oder nicht. Diese Entscheidung ist anfangs eher unsicher und tastend, nach etlichen neuen Versuchen wird eine erweiterte Hörerfahrung dann zusammengesetzt in einen Gesamtrahmen, meinem Ideal. Dies ist aber auch immer auch in einen kuturellen Zeitrahmen eingebettet.


    Grüsse


    heiwes

    Re:: die Ebenen des " Katholischen "
    Ich weiss nicht, ob es so etwas wie die Ebenen eines Katholischen gibt, denn dann gäbe es verschiedene Schichtungen, ein Höher oder ein Tiefer. Und das scheint mir schwierig zu verstehen. Denn ein wie immer gearteter Glaube, - in Bruckners Beispiel- katholisch- ist doch eher eine Antwort, die in einem Vertrauen ausgesprochen wird und dies in einem personalen Akt.
    Mir scheint es unabweisbar zu sein, dass die wie immer geartete Prägung eines Menschen auch ihren Ausdruck in seiner Musik findet. Er kann gar nicht anders, als sich in seiner Sprache, in seiner Kultur auszudrücken.
    Nur die Schwierigkeit besteht darin festzumachen, was denn in der gehörten Musik Ausdruck des Spezifischen- hier des Katholischen-, ist.
    Ich glaube, dass jeder hier eine andere Vorstellung hat und dies ist schlecht auszudrücken und in Worte zu fassen.

    auch ich meine: subjektive Kriterien und damit Aussagen über eine Musik müssen als subjektive Äusserungen deutlich gemacht werden, aber sie müssen sich auch messen lassen an formalen Kriterien, die für die Musik stilbildend sind. So muss die jeweils geäusserte Subjektivität immer auch begründbar sein und damit einen kommunikativen Aspekt genügen, um verstanden zu werden.
    Da es aber in der Musik in diesem Sinne wahrscheinlich nie um objektive richtige Aussagen geht und es sie auch nicht gibt, oder zumindest glauben die meisten, dass dem so ist, wird man nicht umhin können, vorab begriffliche Differenzierungen zu bemühen.

    Ich habe die ein weing provokative und dargestellte Parenthese schon verstanden, wollte allerdings, da ich auch mit den Schubert- Sonaten nicht so klar komme: in der Tat sehr analytisch und damit auch distanziert, nicht gerade langweilig, aber auch nicht unspiriert, mich dementsprechend äussern.
    Ich fühlte mich schon verstanden, aber iregndwie herausgefordert.
    bis bald
    heiwes

    also " emotional " bedeutet auch, dass Gefühle in und durch bestimmte Hirnregionen repräsemtiert werden, d.h. diese werden aktiviert durch das Hören bestimmter Musik. Es sind damit auch keine vorbewussten oder bewusste Assoziationen nötig, denn dies Verschaltungen laufen ab ohne unser Zutun, bedingt durch eigene frühe Lernerfahrungen.
    Da die Choräle oder andere geistlichen Gesänge wie z.B. die Gregorianik zu unserem kulturellem Erbe gehören, versteht es sich, dass wir sie hörend auch entsprechend einordnen.

    Ich weiss nicht, ob es Sinn macht, weltanschauliche Perspektiven als ein kategoriales Kriterium in einer Komposition einzubringen.
    Und dies aus mehreren Gründen:
    einmal ist die Kategorie " katholisch " in sich unscharf, weil sie primär eine Lebensform und damit eine " Wie " aussagt und weniger ein " Was ".
    zum anderen ist die Musik eben ein Medium, das sich nicht sprachlich äussert und wo sie sich sprachlich ausdrückt z.B. in Messen oder Oratorien oder im Gesang ist die Sprache und die sprachliche Äusserung schon vorgegeben.
    Die Kategorie " katholisch " bei Bruckner kann also allenfalls affirmativ weiterhelfen, wenn ich mich denn vorab verständige, was diese Kategorie besagen soll und kann.
    Wenn ich sage, dass mir Bruckner nicht gefällt, weil er zu katholisch ist, ist dies ein Vorurteil, das weder der Kategorie Bruckner noch der Kategorie katholisch gerecht wird, denn es ist ein viel zu unscharfes Kriterium.
    Ich also halte weltanschauliche Fragen und Details, die zu einer Klärung, ob ein Werk einem gefällt für nicht zielführend.

    Mit dem Gegensatz: intellektueller Grübler oder Langweiler kann ich nur bedingt was anfangen. Dass ein Grübler kein Langweiler sein muss ist klar. Ob ein intellektueller Grübler zu einem schlüssigen Ergebnis kommt ist die eigentliche Frage, und wenn er zu keinem überzeugendem Ergebnis kommt, langweilt er den, der ein Ergebnis einfordert.
    Ein Langweiler ist dagegen keiner, der sich selbst unbedingt langweilen musst, sondern der Ausdruck- Langweiler - ist ein Etikett, eine Wertung über einen anderen, vielleicht auch weil mich sein Grübeln langweilt.
    Insofern kann ich dann die Einschätzung über M. Endres verstehen. Wenngleich die von Endres vorgestellten Schubert-Sonaten aus obigen Grund auch dann nachdenklicher machen, weil sie ein Grübeln vermitteln.
    Ich finde es reizvoll zu spüren, dass jemand ein " Suchender " ist, dass er nicht fertig ist. Das hat etwas.

    Zeit zu haben ist aber auch ein Privileg. In der mir zu Verfügung stehende Zeit kann ich mich als Gestalter dieser Zeit erleben und etwas Gestaltbares tun. Hierbei erlebe ich dann oft ein Sich-Dehnen der Zeit, hier kann die Zeit, die subjektiv erlebte Zeit auch stehenbleiben, hier vergesse ich die " objektive " Zeit, die Minuten oder auch Stunden. Zeit zu haben hat also etwas damit zu tun, in wieweit ich bei mir bin und mich als ein " Zeit - Gestalter " erlebe.
    Insofern kann Musik-Hören die subjektiv zur Verfügung gestellte Zeit ausfüllen und die Zeit wird hier mit etwas Immateriellem gefüllt und erfüllt, das tut gut. Und etwas das einem gut tut, hat positive Effekte auf mein Innenleben, sie lässt mich auch vergessen, dass Zeit auf der anderen Ebene eine endliche ist. Im Gegensatz zur verlorenen Zeit steht somit die erfüllte Zeit. Irgendwo spricht man dann auch von einer Fülle der Zeit.. Sie macht einen reicher und ich würde glauben auch gleichzeitig in sich ruhender. Denn die erfahrene Ruhe in der gedehnten Zeit hat auch etwas Kontemplatives an sich.

    Hallo,
    ich glaube, dass die Erfahrung von Leid, sei es eine schwere Krankheit oder ein Schicksalsschlag, sei es eine schwere pschische Erkrankung wie z.B. eine Depression, eine Erweiterung des eigenen Erlebens und damit auch der Kreativität auslösen können. Das gleiche Phänomen sieht man oft bei " geheilten " Krebskranken, die in der Rückschau diese Phase als wichtig und auch lebensfördernd ansehen. Sie erleben die täglichen Dinge intensiver, sie sind näher am Leben oder besser gesagt sie leben bewusster.
    Das Gleiche gilt wahrscheinlich besonders für Komponisten, die dann wohl ihre Trauer, ihren Schmerz oder auch ihre Freude tiefer mitteilen und auszudrücken imstande sind. Sie haben eine andere Erfahrung mit sich selbst gemacht, die fruchtbar wird.

    Für mich ist Naxos unverzichtbar: um in Neues hineinzuhören. Wenn es ein Fehlgriff ist, macht es wegen des Preises nichts. Gefällt die CD, muss man aber auch feststellen, dass etliche Einspielungen ( Kliegel , Scherbakow; Biret etc ) sich nicht zu verstecken brauchen, sondern durchaus einen Standard liefern, der sehr oft Geschmack auf mehr macht.
    Cum grano salis liegt man mit Naxos selten falsch.

    hallo Holger,
    bin gespannt auf Deine Meinung zum Konzert in der Kölner Philharmonie, das parallel im WDR 3 übertragen wurde. ich selbst war da.
    Mein Eindruck:
    das Schumann- Cellokonzert gespielt von N. Gutmann war stark unterkühlt vorgetragen, ohne Verve, ohne Temperament, allenfalls der 2. Satz kam diesem Spiel entgegen. Hier war mehr die romantische Kompenente zu spüren.
    Der Bruckner war nicht zu messen an früheren Aufführung von Wand, der ja das Kölner Musikleben mit diesem Komponisten zu einem hohen Standard geführt hat.
    Nun der Bruckner war nicht schlecht gespielt: eher kam alles sehr kompakt rüber.
    Trotzdem fand ich dabei die Auffassung von Saraste schlüssig, aber insgesamt eher Mittelmass.

    Da gibt es einen Zweig der Psychotherapie eben die Musiktherapie. Sie bedient sich über das Musizieren einen tieferen Zugang zu verschütteten Inhalten der Psyche zu bekommen. Dies ist elementar bei gehemmten Patienten, die alles kontrolliert haben wollen. Dies hat etwas mit der neurobiolofgie zu tun, und insofern treffen sich die beiden Zweige:
    Psychotherapie und Musik in einem neuen neurobiologischen Verständnis, diess beiden Zweige sind absolut kompatibel.

    ich sammele CDs weil ich das gleiche Werk eben auch aus unterschiedlichen Perspektiven kennen lernen möchte. Die jeweilige Perspektive des Künstlers vermittelt mir seine Auffassung, seine Sicht oder besser gesagt sein Hören der Musik.
    Dabei ist dann die Frage, ob ich mich diesem Hören angleichen kann, ob es passt. Das ist sicher ein sehr subjektiver Eindruck. Aber die Frage ist die, ob das Gehörte schlüssig ist, stimmig, nachvollziehbar. Ich weiss, dass diese Kriterien nicht weit tragen. Aber wenn sie mich tragen, mich verführen zu anderen oder neuen Hörweisen, dann bin ich doch ein Getragener und das macht dann das Werk tauglich zum Nochmalshören, es wird zu einem Ohrwurm, womit ich meine, dass es dann als abrufbare Information gespeichert ist, die das Leben mit Musik ausmacht.

    R.Stuhr meint, " zwei Hörer können dasselbe Wort benutzen, aber was unterschiedliches meinen ".
    Dies ist genau der Punkt, dass eine Musikkritik so schwer vermittelbar ist, dass diese denn auch verstanden werden kann.
    Verstanden in dem Sinne, dass beide Parteien unter dem gleichen Wort. z.B. eine Interpretation kommt schwerfällig daher nicht leicht usw. das Gleiche verstehen. Damit ist das jeweilig gebrauchte Wort aber immer auch jeweils anders konnotiert, es hat eine andere sprachliche Struktur bei mir als bei meinem Gegenüber. So löst der Begriff "schwer " bei manachem eben eine depressive Komponenete mit ein, eine Form der Traurigkeit, der Erdenschwere, bei andere etwas Erdiges, Bodenständiges usw.
    Verstehen einer Interpretation ist eben eher ein gefühlsmässiges Moment, hat neben der rein intellektuellen eben eine Gefühlskomponente.
    Insofern ist Musikhören etwas anderes als eine Sprache, ein Wort zu verstehen. Es ist umfassender und geht mit einer affektiven Komponente einher. So ist eben die Kritikermeinung, die in Sprache daherkommt, immer nur ein Hilfsvehikel, um das Erlebte nachfühlbar auszudrücken.

    Zunächst ist es fast unmöglich, sich sprachlich dem gehörten Musikerlebnis zu nähern. Denn die sprachlich codierte Mitteilung eines Hörerlebnisses ist schon ein schwieriges und gewagtes Unterfangen und birgt alle Mögliche des Nichtverstanden- Werdens, weil hier nämlich versucht wird aus etwas Nicht-Sprachlichem und damit nicht sprachlich Mitgeteiltem eine sprachlich verständliche und stringente Mitteilung zu machen.
    In diesem Dilemma also werden Analoga genommen, um zu verdeutlichen, was immer gehört, empfunden, erlebt wurde. Und Jetzt werden die Analoga so gebraucht, dass sie eine allgemein verständliche, zwar nicht immer allgemein-verbindliche Mitteilung transportieren können. Beispiel: Atmen, Puls, Ruhe. Meist sind dies Begriffe, die einen taktilen Grundrhythmus beschreiben oder auf einen solchen verweisen.
    Nun ist die Konnotation, die der Enzelne diesen Begriffen des Kritikers beimisst, sie sozusagen für sich damit übersetzt, zwangsläufig unterschiedlich. Aber ein gewisse Verständigungsmöglichkeit bieten sie eben doch.
    Man muss zwangsläufig zwischen den Zeilen lesen können und auch das Prosaische des Kritikers einordnen.

    Mich fasziniert an diesem " Superstar", dass er es fertigbringt:
    Heiterkeit mit Traurigkeit zu mischen, dass er diesen Kontrast nicht verwischt, sondern er Tragik und Komik, eben all das, was Leben ausmacht, sich in ihm spiegelt und dies spiegelnd uns mitteilt.
    Mir kommt der Gedanke der Neurobiologie in den Sinn, die hat die sog. Spiegelneurone entdeckt und dies erklärt, warum wir " fühlen, was Du fühlst ", um ein Buch zu zitieren. Und dieses " Fühlen " ist eine elemtarer Lernvorgang, der uns das Leben erst verschönt. Wenn nicht immer das Denken führend ist, sondern das " Fühlen ".