Beiträge von fuchsbuhl

    Hallo allerseits,


    ich kann Alfred nur beipflichten, dass erst die Existenz vieler Interpretationen, aus einem Werk einen Kosmos werden lassen. Je mehr schlüssige Interpretationen möglich sind, um so interessanter finde ich ein Werk. Deshalb liebe ich z.B. die Sendungen im Radio, wo Aufnahmen verglichen werden. Joachim Kaiser hat sich da mal den Beethoven-Klaviersonaten angenommen und was da alles herauskam ist atemberaubend. So unterschiedliche Versionen gibt es da und doch versucht irgendwie jeder, der Musik gerecht zu werden. Nur eben durch die unterschiedliche Schulung, Bildung, Beherrschung der Technik, kommt eben etwas andere heraus. Spannend war auch der Opernvergleich "Entführung aus dem Serail" neulich in B4 Klassik. Dem entgegen steht die Aussage von Sergiu Celibidache, der einmal sagte, "es gibt nur eine "richtige" (=wahre) Interpretation". Wie hat er das wohl gemeint?

    Ich hab heute nach längerer Abwesenheit mal wieder ins Forum reingeschaut. Zu Toscanini war einer der letzten Beiträge. Ich bin - um das vorwegzunehmen - kein wirklicher Fan von Toscanini! Aber sagen wir mal, ich begegne ihm mit höchstem Respekt, kenne vor allem die Aufnahmen mit Horowitz/Tschaikowski Klavierkonzert usw. Ich habe die Biografie von Harvey Sachs "Toscanini" (Piper) quergelesen. Das hat mich damals tief beeindruckt, was der Mann schon in jungen Jahren auf die Beine gestellt hat. Mit einem eigenen Orchester eine Südamerikatournee... Alles auswendig dirigiert. Ich glaube, er war ein kleines Genie... Daraufhin hab ich mir gleich noch die Biografie von Howard Taubmann (Scherz Bern 1951) zugelegt. Da gibt es einige erhellende Fotos, zusammen mit seinem Konzertmeister Enrico Polo aus Genua 1896 z.B. oder der stolze Vater mit seiner 3-jährigen Tochter Wanda auf dem Schoß - der späteren Frau Horowitz. Sie schaute aber auch damals schon recht ernst drein. Das letzte Bild zeigt ihn mit seiner Enkelin Sonya Horowitz, der es nicht so gut erging, trotz materiellem Überfluss. Was ich zum Ausdruck bringen wollte, Toscanini hatte ein impulsives Privatleben. Er war aber auch irgendwie ein kleiner Snob, so schätze ich das ein - immer bedacht auf Kleidung vom Schneidermeister...

    Ich habe mal über das Thema nachgedacht und mir ist das Requiem von Brahms eingefallen. Er hat es meines Wissens nach dem Tod seiner Mutter geschrieben. Vielleicht war diese Tatsache auch für ihn - wie für jeden Menschen - ein herber Schicksalsschlag und Verlust, der ihn zu so herausragender Leistung anspornte. Alles scheint in dieser Partitur so natürlich zu sein und schlägt einen Zirkel. Auch Mozart setzte sich in sein Kämmerlein und schrieb die einzige Moll-Violinsonate, als seine Mutter in Paris starb. Anne Sohpie Mutter spielte sie an jenem Tag, als ihr erster Mann starb. Sie hatte das Programm an diesem Tag plötzlich abgeändert. So gibt es viele Kompositionen, die einen Schicksalsschlag voraus haben. Auch das Berg-Violinkonzert zählt dazu. Im April bis August 1935 unterbrach Berg seine Arbeit an der Oper Lulu, tief erschüttert über den Tod der erst 18 -jährigen Manon Gropius, mit welcher er eine kindlich-freundschaftliche Beziehung unterhielt. Der Genius und das reine Mädchen, ein Topos der Kunst aus dem wiederum höchste Kunst entstand. Schließlich wurde die Musik zu seinem eigenen Requiem und "schöpft die Späre letzter Gedanken aus", wie "F.S. (Wer ist das ?) im Vorwort der Philharmonia Taschenpartitur schreibt. Wie merkwürdig...Auch Smetana passt in diesen Thread. Er schrieb sein wahnsinniges Klaviertrio g-Moll, nachdem seine Tochter gestorben war.

    Hillary Hahn
    Julia Fischer
    Arabella Steinbacher
    Benjamin Schmid
    Julian Rachlin
    Baiba Skridde
    Rachel Podger
    Vadim Repin
    Midori
    Joshua Bell
    Sarah Chang
    Gil Shaham

    Ich kenne auch das von Gerrit angesprochene Sofia-Recital und bin musikalisch äußerst zufrieden damit. Allerdings verspielt sich Richter recht häufig dabei. Ein Indiz dafür, dass technische Perfektion nicht immer zwingend sein muss für ein großes musikalisches Ereignis, das hier zweifelsohne eingefangen wurde. Mit bescheidensten technischen Mitteln dazu. Ich hörte vor einer weile Anatol Ugorski mit den Bildern live. Die Aufnahme

     
    Erscheinungsdatum: 31. März 1992
    Label: Deutsche G (Universal)
    Komponist: Modest Mussorgsky, Igor Stravinsky
    Künstler: Anatol Ugorski


    ist gegenwärtig bei amazon vergriffen, wie ich gerade nachgeschaut habe, müsste aber sicher zum Besten gehören, was es gibt. Wer weiß etwas darüber oder hat sie sogar und kann davon berichten ???

    @ Frank Georg Bechyna


    ASM ist immer noch eine gute bis sehr gute Geigerin. Allerdings gebe ich Frank Georg recht, dass sie ihren Zenit überschritten hat. Auch aus meiner Sicht sollte das mal ausführlicher diskutiert werden... Sie ist Jahrgang 1963 (= wird am 29. Juni 42Jahre alt) Ihr Mann A.P. hilft ihr "nicht wirklich" dabei, das Niveau zu halten. Er soll sich in München beim Klaviertrio-Abend nur so gerade über Wasser gehalten haben. Nun hatte ASM immer eine Affinität zu schwächeren Pianisten (Lambert Orkis war auch kein Star), allerdings ist A.P. wohl zu alt und packt es nicht mehr richtig, im wahrsten Sinne des Wortes! Andererseits hat ASM den Trubel überhaupt nicht nötig und kann ihre Auftritte frei gestalten...Sie macht nur, was ihr gefällt. Ein Vorzug einer Weltgeigerin eben, die sie trotz allem noch ist!

    Hallo Herr Bechyna, Grüße nach Düsseldorf!


    Letzte Woche habe ich Ugorski live hier im Theater erlebt mit Rach 4. Und er war gar nicht so ganz passabel drauf. Die schwierigen Akkorde waren mehr gestottert als richtig gekonnt. Immer wieder Fehlgriffe. Es ist ein sauschweres Stück, habe ich mir da mal wieder gedacht. Man hört dieses Konzert auch nicht so häufig live. Oder? Wie ist Ihre Einschätzung? Er spielte auch von Noten. Im Programm stand, dass er eigentlich die Rach Konzerte nicht so sehr schätzt... Sein Mussorgsky (Bilder e. A.) aus denen er das Tor von Kiew spielte war dagegen umwerfend. Da war er noch ganz der Alte! Dafür war der junge Sebastian Tewinkel mit der Westfälischen Philharmonie (Gelsenkirchen) in Bestform. Beethoven 4. war wirklich gelungen.

    Ich finde, diese Rubrik sollte erweitert werden auf: Was habt ihr heute Musiziert? Da kann ich sagen: Z.B. Die Karelia-Suite von Jean Sibelius (ein wunderbares Stück (Kennt jemand Referenz-Aufnahmen davon?), die Overtüre zum Fliegenden Holländer (ein Stück, dass es für Violoncello - aber auch die anderen Streicher in sich hat!) und die Carmen-Suite v. George Bizet....

    Glenn Gould, wenn er auch nicht alte Fingersätze gespielt hat (was nachzuprüfen wäre), hat sich der Problematik durchaus gestellt: In seinem Buch "Von Bach bis Boulez" -Schriften zur Musik 1 heißt es:


    Zitat

    Bachs Kompositionsmethode zeichnete sich allerdings durch seine Abneigung aus, an irgendeinem speziellen Tasteninstrument zu komponieren. Und es ist in der Tat mehr als zweifelhaft, daß sich sein Sinn fürs Zeitgenössische merklich verändert hätte, wäre sein Bestand an Hausinstrumenten durch eines von Mr. Steinways allerneuesten Klavieren mit'verbesserter Repetitionsmechanik' erweitert worden. Gleichzeitig spricht es sehr für das moderne Tasteninstrument, daß sein Klangpotential - dieses Satte, Seidige, dieses Vermögen zum Spinnen von Legatos - sowohl eingeengt als auch erweitert, sowohl gebraucht als auch mißbraucht werden kann. Und es gibt, abgesehen von archivarischer Konsequenz, wirklich nichts, was das moderne Klavier hindert, getreulich die architektonischen Implikationen des barockenStils im allgemeinen und des Bachschen Stils im besonderen wiederzugeben. Eine derartige Annäherung verlangt eine kritische Einstellung gegenüber jenen Fragen der Artikulation und Registrierung, die unlösbar mit Bachs Kompositionsmethode verbunden sind. Sie verlangt zumindest die Einsicht, daß ein übermäßiger Gebrauch des Haltepedals beinah unvermeidlich das gute Schiff 'Kontrapunktische Ambition' auf den rhetorischen Klippen des romantischen Legatos zum Kentern bringen wird. Sie erfordert überdies, denke ich, eine gewisse Anstrengung, die Registrierkonvention des Cembalos nachzuahmen, und sei es nur, weil die Technik, die alle Einstellungen Bachs zu Thema und Phrasenentwurf bestimmt, auf einem Verständnis des dynamischen Dialogs beruht. Könnte man es in Begriffen der Filmkunst ausdrücken, so war Bach ein Regisseur, der eher in Schnitten als in Überblendungen dachte.
    Es gibt allerdings Fälle, in denen die lineare Kontinuität seiner Werke von solcher Hartnäckigkeit ist, dass klar artikulierte Kadenzpunkte einfach nicht zu finden sind, was folglich keine überzeugende Gelegenheit für jeden Wechsel der Tastwirkung bietet, der die Antwort des Klaviers auf das Handhaben des Lautenzugs oder der Manualkoppel beim Cembalo darstellt. Solche Situationen ergeben sich sehr häufig in der "Kunst der Fuge" kaum je in den Toccatenfugen und in den "48" je nach den harmonischen Prämissen, die von einem Werk zum nächsten Anwendung finden


    Soweit Glenn Gould. Die Antwort, wie Malcolm am Cembalo die Dynamik veränderte, ist damit zwar immer noch nicht gegeben, es wird aber weiter danach gefahndet.


    Zum Monopolismus: Ich kenn auch aufnahmen mit historischen Instrumenten, alte Bechsteins, Broadwoods, Pleyels usw werden da hervorgekramt. Ehrlich gesagt, höre ich dann lieber Bach auf dem Steinway, da der Klang irgendwie mich doch mehr anspricht und ein wunderbares Volumen hat. Hör dir mal Staiers letzte Schubert-Produktion an, sie ist auf einem 1996er Christopher Clarke, Donzy-le-National- d'apres Conrad Graf Vienne 1827 - Pianoforte eingespielt! Dieses hohle Geklingel (Entschuldigung) des Flügels ist nicht mein Geschmack. Es klingt wie ein altes Schimmel-Klavier, ungestimmt. Andás Schiff spielt (Decca 440308-2) seinen Schubert auf dem Bösendorfer im Brahms-Saal des Musikvereins Wien (1992). Klanglich hervorragend. Zwei konträre Beispiele für Nicht-Monopolisten.

    Es gab einmal den weisen Spruch eines ARD-Programmdirektoren, zur Einteilung der Radio-Sendezeit, der besagte (denn da geht der Kampf genauso los!) Bei 99% Hörern die James Last hören möchten und 1% die Schönberg hören möchten, steht eine Musik-Stunde für James Last zur Verfügung und die andere für Schönberg! Leider gilt das heute nicht mehr. Von 5 Radio-Programmen des Bayerischen Rundfunks ist ein Klassikprogramm (B4Klassik) und das biedert sich gerade furchtbar an, populistisch zu werden, wegen der Quote! Das ist nämlich genau das gleiche, wie in der Oper, die Sender passen sich immer mehr den vermeintlichen "Hörgewohnheiten" ihrer Klientel an. So kommt bei einer Umfrage heraus, dass z.B. nur noch 15 Min. pro Tag Radio gehört wird, de facto wird also eine Bruckner Symphonie niemals mehr am Stück gehört (von den 99%). Schließlich sendet man einen Ausschnitt aus einer Brucknersymphonie :(, als Begründung dient, wir wollen die Leute erreichen, sie hören aber nur noch eine viertel Stunde am Tag Radio...abstrus! Dann sind wir nämlich bei Klassikradio (von dem restlichen inhaltlosen Dudelfunk reden wir jetzt mal erst gar nicht) und seinen Sendegeflogenheiten. Wer das auch im Opernbetrieb (-> weiterer Subventionsabbau) will, schaue genau auf dieses Muster: Heiter, flockig, drall muss es dann sein, ein bisschen sexy, dazu nett angesagt und niemals zu lang, 90 Minuten wären dann für eine Oper wahrscheinlich das Limit bei einer 45 Minütigen Pause bei Sekt, Häppchen und Immobilienverkauf und gleichzeitiger Modenschau im Opernhaus! Alles läuft dann auf die Fledermaus hinaus. Armes Deutschland!

    Zitat

    Nehme ich einmal Maazels Beethoven-, Bruckner-, Mahler-Zyklen aus München als Maßstab - allesamt im Radio mitgeschnitten - komme ich zu dem - genauso gewagten - Urteil, dass der Herr, was immer er konnte, mittlerweile verlernt hat. Da war Durchschnitt zu hören, mit ein paar Höhepunkten und ein paar Reinfällen.


    Heute war der 2002er Mitschnitt aus dem Gasteig 5. Mahler mit dem berühmten "Adagietto" noch einmal im Bayerischen Fernsehen, Ich habe genau hingehört und gesehen. Letzte Woche hörte ich den BR zwei mal in Luzern unter Mariss Jansons. Ein Unterschied wie Tag und Nacht zu Gunsten Jansons. Dvoraks Requiem war eine Wucht und Bruckners III. auch. Jansons holt viel mehr Farben aus dem Orchester hervor und erreicht ein wirkliches, phänomenales Pianissimo, was ich bei Maazel kaum vernommen habe. Sogar Spieler aus dem Orchester bestätigten dies. Maazel hätte einen harten, metallischen Schlag, der dem Klang nicht dienlich gewesen sei.

    Ich wollte mal noch was einfügen:
    So wirbt Fürst Fugger für seine Konzertreihe hier in Kirchheim/Schwaben unweit von Augsburg um Sponsoren... sehr authentisch!



    Wirtschaft braucht Kultur

    Die Verknüpfung Ihres Unternehmens mit dem noblen Hause Fugger auf Schloss Kirchheim sowie den internationalen Künstlern von Rang öffnet Ihrem Unternehmen völlig neue Perspektiven.


    Sie fragen sich zurecht warum?
    [Aha: Also doch nicht uneigennützig!]
    Es gibt mindestens drei gute Gründe.
    1. Ihre Kunden erleben einen einmaligen, weltberühmten Raum, den Zedernsaal, in dem der wirtschaftliche Erfolg der Familie Fugger eng mit dem Erfolg Ihres Unternehmens zu dokumentieren ist.

    Die Marke Fugger steht für:
    - Fürst der Kaufleute
    - Nobilität
    - Faszination
    - Mut
    - Erfolg
    - und Neue Ideen
    Wenn Ihr Unternehmen ähnliche oder gleiche Werte dokumentiert und vermitteln möchte, dann sind Sie der richtige Sponsorpartner.


    2. Die besondere Kombination zwischen musikalischer Spitzen-leistung und erstklassiger Renaissancekunst in einem einzig-artigen Konzept schafft anhaltend positive, emotional verstärkte Stimmungen.

    3. Langfristige positive Medienpräsenz ist durch exzellente Kooperationspartner gewährleistet.


    Fugger Classics

    Ihre fürstlichen Sponsoring-Vorteile:


    Ihr Unternehmen ist Katalysator individueller und gesellschaftlicher Entwicklung

    Ihr Unternehmen mobilisiert und gestaltet die kreativen Potentiale der Kultur-Gesellschaft in Deutschland

    Ihr Unternehmen kommuniziert auf einer noblen Ebene in einer noblen Partnerschaft

    Ihr Unternehmen erleichtert sich die Kommunikation nach innen und außen


    Musik-Kultursponsoring Fugger Classics

    Die besondere Konzertreihe im Zedernsaal auf Schloss Kirchheim


    Was ist das Besondere?
    Die Familie Fugger und speziell die einzigartige Erfolgsstory des Machtaufstieges ist in allen Köpfen aller Menschen national und international ein Begriff. Diese einzigartige Geschichte wird auch einzigartig bleiben und ist hautnah nachvollziehbar, erlebbar und hörbar. An einem Ort: Kirchheim/ Schwaben. Das Schloss der Familie Fugger verfügt über eines der wichtigsten Baudenkmäler der Ren-aissance in Deutschland: den Zedernsaal. Die originale Renais-sancedecke gilt kunstgeschichtlich als bedeutendste nördlich der Alpen.


    Die Einzigartigkeit des Raumes (Fassungsvermögen ca. 400 Per-sonen) wird veredelt durch eine exzellente Akustik, die den Raum als Konzertsaal prädestiniert. Jeder Sitzplatz hat garantiert von der Akustik her die gleiche hervorragende Qualität. [wer's glaubt wird seelig, widerspricht auch der Physik]


    Nach dem zweiten Weltkrieg wurde durch S.D. Fürst Joseph Ernst Fugger v.Glött (1895 - 1981) der Saal der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Fürst Fugger begründete bereits in den 60er Jahren die Reihe der bekannten Kirchheimer Schlosskonzerte. Harmonia mundi war der Kooperationspartner für bekannte Plattenaufnahmen berühmter Künstler.


    Die Fugger Classics knüpfen an die alte Tradition des Zedernsaales als Fest und Konzertraum an. Das ermöglicht Ihrem Unter-nehmen einzigartige Kultur-Events, die es bisher in dieser noblen Form noch nicht gab.


    Die Fugger Classics sind eine besondere Konzertreihe auf internationalem Niveau in einem Rahmen, der jedem Vergleich mit renommierten Konzertlandschaften standhält.


    Die Verbindung von erlesener klassischer Musik, von freundlichen Begegnungen auf dem Lande durch eine reizvolle Landpartien, vom Kennenlernen bauhistorischer Juwelen prägen die Konzertreihe.

    Zitat

    Kulur ist ja kein Selbstzweck. Kultur lebt nun einmal durch Menschen.
    Muß ich also Kultur fördern für eine Minderheit?
    Meiner Meinung nach nicht wenn die Relation zwischen den Kosten und dem
    Interesse nicht mehr gegeben ist. Ist es sinnvoll eine Oper zu förden mit
    hunderttausenden Euronen für 2000 potentielle Besucher


    1. Kultur ist Selbstzweck!
    2. Auch wenn niemand hingeht, bleibt ein Kunstwerk (Eine Oper) ein Kunstwerk
    3. Es ist sinnvoll eine Oper zu fördern, auch wenn nur wenige sie sehen wollen.


    Zugegeben klingt meine Meinung vielleicht anachronistisch, aber ich war früher auch der Meinung, eigentlich ist das doch in Amiland oder der Schweiz ganz toll, da gibts keine oder so gut wie keine öffentliche Förderung, da läuft alles von alleine.


    Die drei entscheidenden Nachteile des öffentlichen Subventionsentzugs wüden in D sein:


    1. Die Theaterdichte würde sich fatal ausdünnen, nämlich nur noch Ballungszentren/Hauptstädte würden sich so etwas leisten können...


    2. Die Preise würden - wie in der Schweiz - enorm steigen. In Zürich kostet eine Premiere heute ab 100 Franken (66 Euro) auf dem billigsten Platz (Sichteingeschränkt)= Kultur nur noch für Reiche!!!


    3. Das Programm würde sich fast ausschließlich an der Populärität orientieren, was wiederum den Sponsoren gefiele.



    Fazit, ich will das nicht. Mir gefällt es, wenn ich für 10 Euro ins Theater/Konzert gehen kann und relativ hohe Qualität geboten bekomme. Das Saarländische Staatstheater wird gerade zurechtgestutzt. Subventionsabbau von 25 auf 18 Mio Euro/ Jahr. Ein Skandal. Der Indendant in Bremen verlässt genervt die Szene. Wegen ewiger Geldprobleme mit der Politik...Merkt denn keiner, was eigentlich los ist? Der Status quo kann in D ja nicht einmal gehalten werden!


    Wir sollten uns zu mindestens in diesem Forum doch einig sein, dass Kultur (in seiner Hochform Oper & symphonisches Konzert) kaum ohne öffentliche Subvention abgehalten werden kann. Auch bei Musikschulen halte ich das für ein Gerücht. Das geht nur mit Dumping-Löhnen der Lehrkräfte und vielen Billigangeboten wie Flöten-Gruppenunterricht à 3 oder Früherziehungskurse à 20, das klappt noch, aber hochwertiger Klavier- bzw Violineinzelunterricht für 20 Euro die Stunde/60 Min :D Ein Unding, oder die Qualität der Lehrkraft ist zweifelhaft. Wenn Steuern und Abschreibungen abgerechnet sind, verbleiben keine 5 Euro=Tagelöhner. Exkurs beendet! Musikschulen gehörten zwingend in staatliche Trägerschaft mit einem serösen Lehrplan und Jahresexamina! Dann wären auch mal wieder Deutsche Preisträger bei den internationalen Wettbewerben!


    Was irgendwie ausgeblendet wurde von den Vorrednern ist, dass es auch einen kollektiven Nutzen bei der subventionierten Kultur gibt, den ich bei Fussballspielen überhaupt nicht erkennen kann. Wenn so ein Spiel einmal vorbei ist, ist es aus. Da Geld reinzubuttern ist Nonsens (-> Allianz arena (München) , Kampa-Halle in Minden, usw) Die Oper arbeitet aber weiter im Kopf, im kollektiven Gedächtnis... Von daher wäre ich eigentlich dafür, dass gerade auf die Dinge, die die Massen bewegen, wie Fussball, Autorennen, Boxen, etc eine geringfügige (z.B. 1 Euro pro Person) Steuer erhoben wird, die die defizitären Opernproduktionen trägt, damit der status quo erhalten bleiben kann!


    Fast alle bekommen ständig mehr, nur die Kultur muss ständig mit weniger auskommen. So kann es doch nicht weitergehen!

    Hier mein zugegeben etwas längerer Bericht von Lucerne Festival Ostern


    Das farbige Glasmosaik mit den fünf Erdteilen und der Weltzeituhr der Luzerner Uhrenfabrik Gübelin am Eingang der Pasarelle des Bahnhofs Luzern versinnbildlicht symbolhaft die Weltverbundenheit der 60 000 Einwohner zählenden zentralschweizer Kantonshauptstadt, die in diesen Tagen rund 10 000 Konzertbesucher an die Ufer des Vierwaldstättersees gelockt hat. Denn so viele Tickets haben die Veranstalter für die zehn Konzerte abgesetzt, was bei einer Auslastung von 80 Prozent eine Steigerung um 7 v.H. im Vergleich zum Vorjahr ausmacht. Wer spricht da noch von Kulturpessimismus? Der Konzertbetrieb unserer Schweizer Nachbarn brummt also. Hotellerie, Handel und Gastronomiegewerbe verdienen kräftig mit an diesem Boom. Doch die nackten Zahlen verraten nur wenig über das unwiderstehliche künstlerische Flair von Lucerne Festival Ostern (so der offizielle Name), dem Frühjahrs-Ableger des Sommerfestivals. Konsequent wurde in Luzern in die Kultur investiert: Neben dem seit Toscaninis „Festival Toscanini à Tribschen“ 1938 durchgeführten Sommerfestival fand ab 1988, ab 1992 jährlich, das Osterfestival statt, dem sich 1998 das „Piano“ genannte Klavier-Festival (jährlich im November) hinzugesellte. Und wenn Festspielzeit ist, schmückt sich das Städtchen mit noblen Bannern und das Rahmenprogramm wird aufgepeppt. Das Konzept geht auf. Nicht verschweigen darf man allerdings, dass mit Großversicherern und Banken mächtige Finanziers Gewehr bei Fuß stehen und sich auch werbewirksam die Kulturförderung auf die Fahnen geschrieben haben. Davon können wir in Deutschland noch lernen.


    Wenn es dieser Tage heftig im Schweizer Blätterwald rauschte, weil die Lufthansa sich die Swiss einverleibte und der Nationalstolz der Eidgenossen angekratzt wurde, so ist es mehr als eine noble Geste, wenn mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dem drittgrößten Symphonieorchester der ARD, ein deutsches Ensemble als „Orchestra in Residence“ bei Lucerne Ostern auftritt. Die beiden Vorstellungen des Orchesters mit dem Requiem B-Moll von Antonín DvoYák, am nächsten Abend mit Bruckners 3. Symphonie kombiniert mit Mahlers „Lieder eines fahrenden Gesellen“, jeweils unter der Leitung des einzigartigen Chefdirigenten Mariss Jansons an der Spitze, gehörten zum Nonplusultra dieser Festspiele. Famos wie Jansons aus der Totenmesse des Tschechen ein packendes Seelendrama zimmerte. Besonders eindrucksvoll zu erleben, wie die 68 Mitglieder des Chors des Bayerischen Rundfunks die Pianissimi zum Schluss des Graduale hauchten und zuvor das „Kyrie eleison“ a cappella zu einem gesungenen Gebet werden ließen. Im Vergleich zu seinem Vorgänger Lorin Maazel gelang dem 1943 in der lettischen Hauptstadt Riga geborenen Jansons ein wohlabgetöntes Klangbild weichster Konturierung, was emotional beflügelte. Ohne Makel agierte das ihm zu Gebote stehende Solistenquartett mit Krassimira Stoyanova (Sopran), Elina Garan
    a (Alt), Stuart Skelton (Tenor) und Robert Holl (Bass). Stoyanova beeindruckte mit kräftiger, wundervoll intensiv vibrierender Stimme, die ein überraschendes Mezzavoce bereithielt; berührend war der Alt der ebenfalls in Lettland geborenen Garanca. Raumfüllend und dennoch butterweich erklang Skeltons Tenor. Holls Bass sucht wohl an Wuchtigkeit (Mors stupebit) seinesgleichen.


    Das zweite Konzert des Symphonieorchesters des BR stand im Zeichen des Luzerner Debüts des amerikanischen Bariton Thomas Hampson (voraussichtlicher Sendetermin im Bayerischen Fernsehen: 1. Mai, 11.45 Uhr) , der bisher vor allem mit Verdi-Produktionen hervorstach. Diesmal flog der in Wien lebende Startenor aus London ein, wo er im April als Renato in Verdis „Un ballo in maschera“ debütiert. Genüsslich sezierte Hampson das Innenleben der „Lieder eines fahrenden Gesellen“, übrigens Gustav Mahlers erstes Meisterwerk, das seine idiomatische Kompositionszüge trägt. Noch in Kassel 1885 widmet der Komponist die zunächst sechs Lieder seiner unglücklichen Liebe Johanne Richter, schreibt sie später um und reduziert die Anzahl der Gesänge von sechs auf vier. Hampson gelang eine bemerkenswert authentische, nuancenreiche, tief psychologisch angereicherte Umsetzung von Mahlers Partitur. Akzentfrei in der Aussprache beeindruckte der Amerikaner mit lyrischem Pathos und sinnlichem Stimmmelos. Glücklich gewählt die Tempi, die Jansons mit dem plastisch wirkenden BR-Orchester anschlug, das allerdings erst bei Bruckners III. zu seiner künstlerischen Hochform auflief. Die Anfangszeit des Konzerts um 17 Uhr widerstrebte wohl dem Biorhythmus einiger Ausführender. Je später der Abend, desto mehr lockte Jansons seine Musiker aus der Reserve, ja über sich hinaus. Nahtlos hingen sie bereits im „Mehr langsam.Misterioso“ am Taktstock des Maestro, die Violinen lieferten ein glänzendes Sul G, unbekümmert peilte der Lette das Satzfinale mit seiner Stretta an. Im zweiten Satz glühten die Violen auf, angeführt von Solobratscher Hermann Menninghaus, bei ihrem Solo im „Adagio bewegt, quasi Andante“, zeigten ihr dichtestes Legato. Auf pulsierendem Orgelpunkt federten die Kontrabässe, Hörner vollzogen schluchzend ihre dramatisch absteigenden Linien. Das Pianissimo allein gen Ende des Satzes lohnte die Reise zum Kultur und Kongresszentrum Luzern. Überhaupt bietet die Akustik des KKL-Konzertsaals, erbaut 1995-2000 vom französischen Architekten Jean Nouvel, eine enorme Abbildungskraft und Präsenz, die weltweit Maßstäbe setzt.


    Sehr forsch erlebte der Zuschauer András Schiff sowohl am Pult des Chamber Orchestra of Europe als auch als Solist in Haydns Klavierkonzert D-Dur, Hob. XVIII/II. Dieses Orchester lieferte damit einen erfrischenden konzertanten Kontrapunkt im vorwiegend von sakralen Werken der Passionszeit geprägten Programmen. Schiff hatte allerdings diesbezüglich auch etwas Feines mitgebracht: „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“ in der Erstfassung für Orchester. Die nahezu einstündige Auftragskomposition, angetragen von einem Domherrn aus Cadiz, wo dem Bischof beliebte, alljährlich zur Fastenzeit in der Hauptkirche ein Oratorium aufzuführen und über die letzten Worte Jesu zu Predigen, besteht aus acht langsamen Sätzen und einem Presto, welches das Jerusalemer Erdbeben nach Jesu Tod musikalisch darstellt. Brillant strahlender Klang schmetterte den Hörern schon in Haydns Sinfonie C-Dur Hob. I/82 entgegen, wobei András Schiff - auswendig dirigierend - punktgenaue Anweisungen streute. Erste und zweite Violinen korrespondierten vorbildlich. Ein guter Wechsel von Spannung und Entspannung im "Vivace assai" - aufgehängt an den harmonischen Gegebenheiten - führte zu packender Interpretation, die Schiff im Klavierkonzert mit Exaktheit der Phrasierung, Souveränität in der Beherrschung der technischen Mittel und überzeugenden musikalischen Linien bestätigte.


    Nicht zu verstecken hinter den internationalen Stars brauchen sich die Luzerner Lokal-Matadoren, mit dessen Einbeziehung der Festivalleitung der Zirkelschlag „orbi et urbi“ gelingt. Mit dem Collegium Musicum und dem Akademiechor Luzern unter der Leitung des Rektors der Musikhochschule Luzern, Alois Koch, verfügt die Festivalstadt über ausgezeichnete Kräfte. Insbesondere der mit jungen Talenten angereicherte Chor gab Anlass zu heller Freude, als Haydns sogenannte „Nelsonmesse“ in der Jesuitenkirche am Reusskai mit unglaublichem Drive aufgeführt wurde. Das ausschließlich mit Schweizer Sängerinnen und Sängern besetzte Solistenquartett ergänzte Monika Henking (Orgel), die vorab Bachs Präludium und Fuge H-Moll BWV 544 maßvoll gestaltete.


    Was Jordi Savall mit seinem „Consort des Nation“ nur bedingt gelungen war, nämlich Tiefgang, meisterte der alte Hase Nicolaus Harnoncourt im Handstreich. Der Spanier Savall zielte mit seinem Programm „Die Französische Suite im Europa des Barock“ vornehmlich auf Popularität und munterte das Publikum in seinen zahlreichen Zugaben von Händel bis Rameau – wie neujahrs in Wien – gar zum Mitklatschen auf, nachdem er anhand von Suiten von Jean-Babtiste Lully (Orchestersuite zu Alceste), Marin Marais (Alcione-Suite des Airs a jouer), Bach (Ouverture „Suite“ Nr. 4) und Händel (Feuerwerksmusik) einen Crashkurs in Sachen europäischer Barocksuite erteilt hatte. Harnoncourt spürte dagegen den authentischen liturgischen Bedingungen von Mozarts „Vesperae solennes de Confessore“ KV 339 nach. Der 75-Jährige hatte zusätzlich zu seinem brillant aufgelegten Concentus Musicus Wien, der den Arnold Schönberg Chor Wien begleitete, das Spezialensemble für Gregorianischen Choral „Schola Romana Lucernensis“ geladen, welches unter der Leitung des 86-jährigen Benediktiner-Mönchs Pater Roman Bannwart OSB die Original-Antiphonen zu Mozarts 1780er Sturm und Drang-Meisterwerk intonierte. Harnoncourt ballte ungeheure musikalische Kräfte. Dies vollzieht er durch seine distinkten Gesten, ganz ohne Taktstock aber mit glühenden Augen. Das Ergebnis ist einzigartig, vom klanglich knalligen, lichtdurchfluteten „Dixit Dominus“ bis zum opulenten, würdigen Magnifikat. Auch die Missa Cellensis, „Mariazellermesse“, von Joseph Haydn erblühte in diesem strahlenden Originalklang, bei dem der Concentus Musicus noch immer zu den führenden Gruppierungen zählt.


    Mit „Les Jeunes Solistes“ trat unter der Leitung von Rachid Safir ein französisches Vokalensemble der Spitzenklasse ,gegründet 1988, an, das den Blick fest auf die Probleme dieser Zeit richtete. In seinem Konzert in der Franziskanerkirche führten zwei Sopranistinnen, ein Kontratenor, zwei Tenöre und ein Bariton in Begleitung einer Bassklarinette und einer Theorbe Klaus Hubers (*1924) „Lamentationes Sacrae et Profanae ad Responsoria Iesualdi“ auf. Darin klagen die Texter Ernesto Cardenal, Mahmud Doulatabadi, Klaus Huber in drastischen Worten (auf Französisch) die gesellschaftlichen Unzulänglichkeiten der Gegenwart an (Zitat: „Die Selbstsucht deiner Geschäftsleute, Politiker, breitet sich aus wie ein Virus.“, oder „Die Reklame deiner multinationalen Konzerne hat die Bedürfnisse der Menschheit verdorben...Babylon, Babylon, wende dich ab vom Goldenen Kalb!“). Die zeitkritischen, emotional durchaus ins Mark treffenden, in eindrucksvolle musikalische Form gegossenen „Lectiones I-III“ waren mit aufwühlenden Madrigalen Gesualdos vernetzt; eine wirkliche Innovation des Passionsgedankens. Ebenso vorösterlich flackerte der Zeitgeist des 20. Jahrhunderts in Pierre-Laurant Aimards sensationeller Darstellung der „Vingt Regards sur l’Entfant-Jésus“ (1944) für Klavier von Olivier Messiaen auf. Als der auf die Musik des 20. Jahrhunderts eingeschärfte Schüler der Widmungsträgerin (Yvonne Loriod ) dieses exorbitanten zweistündigen Zyklus, zog der französische Pianist alle Register seines fabulösen Könnens. Packte energischst zu und vernebelte den Klang anderer Nummern geschickt, so dass ihm eine großartige Performance gelang.


    http://www.lucernefestival.ch

    Und hier meine letzte Kritik:


    András Schiff und das Chamber Orchestra of Europe im KKL (Luzern)


    Ungehemmt und allürenfrei



    András Schiff ist ein Pianist von Weltrang. Als Dirigent zeigt er sich dem
    Zuschauer nur selten. Im ersten Sinfoniekonzert der diesjährigen Luzerner Osterfestspiele, das das Chamber Orchestra of Europe (ChOoEU) ausschließlich mit Werken Joseph Haydns bestritt, gab es gestern (16.3.05) beides zu erleben. Zur großen Freude des Publikums.


    Sinfonie C-Dur "Pariser"
    Gleich zu Beginn wartete das ChOoEU mit einem brillant strahlenden Klang in Haydns Sinfonie C-Dur Hob. I/82 auf. Bei dieser so genannten "Pariser Symphonie" erlebte der Rezipient einen auswendig dirigierenden, punktgenaue Anweisungen streuenden András Schiff, dem man gern beim Dirigieren zusah. Erste und zweite Violinen, sich einander gegenübersitzend, korrespondierten ausgezeichnet. Ein guter Wechsel von Spannung und Entspannung im "Vivace assai" - aufgehängt an den harmonischen Gegebenheiten - führten zu packender Interpretation. Schön flächig erklangen die Flöte, solistisch ragte die Oboe heraus, tragend markierten die Fagotte den Holzbläser-Unterbau. Präzision war allerorten bis ins Detail auszumachen. Distinkt trugen die Violinen ihren Gedanken im zweiten Satz "Allegretto" vor. Das Tutti antwortete, was eine spannende Zwiesprache ergab, die mehr und mehr kontrapunktisch durchsetzt wurde. Alles lag beim ChOoU in großer Klarheit offen, brauchte von Schiff nur abgerufen zu werden, der das mit Elan tat. Ein bodenständiges, wirklich natürliches Miteinander entspann sich in diesem Satz. Kunstvoll von den Musikern ausgeführt fügte sich das "Menuett-Trio" in den Vierklang der Symphonie-Form. Schiff warf seinen ganzen ungarischen
    Charme in die Wagschale. Seine Dirigier-Fähigkeiten beeindruckten immer aufs neue. Schiff formte meisterlich selbst kleinste Gedanken musikalischer Prägung aus, ohne Partitur, ohne Taktstock, völlig ungehemmt und allürenfrei. An Spritzigkeit kaum zu überbieten folgte das "Finale.Vivace", ein triumphaler Scherz des 52-jährigen Komponisten Haydn, der mit dieser Symphonie (und noch fünf weiteren) seinen ersten Auslandsauftrag ergatterte. Die Werke wurden 1784 von einem Pariser Auftraggeber bei ihm bestellt. 1787 fand dort die Uraufführung statt. Die Presse jubelte damals und so möchte man es heute wieder tun. An Aktualität und Biss hat diese Musik nichts eingebüsst, im Gegenteil, sie ist zeitlos, besonders wenn dieses Orchester sie spielt.


    Klavierkonzert D-Dur


    Hell und licht hob die Einleitung zu Haydns Klavierkonzert D-Dur Hob.
    XVIII/II an, nun mit András Schiff als Solist am Klavier. Und auch hier
    legte der ungar eine Exaktheit der Phrasierung, eine Souveränität in der
    Beherrschung der technischen Mittel und eine so überzeugende musikalische Linie vor, dass hier von einem glücklichen Ereignis gesprochen werden kann. Ganz nebenbei lotete der Pianist die dynamischen Möglichkeiten des Steinways - zumindest die der unteren Skala - voll aus und entzückte mit herrlichen Momenten. Niemals lässt er sich zu hartem Anschlag verführen, immer strotzt sein Haydn-Spiel von geistiger Frische und edler Anmut. Orchester und Klavier gingen hier eine phantastische Symbiose ein. Seidig nimmt der Meister das "Un poco Adagio", das in seinem Moll-Abschnitt nahezu die Empfindungstiefe Mozartscher Prägung erreicht. Schiff nmmt es genauso ernst. Sein Parlando ist frappierend. Geschmackvoll sein Pedalgebrauch.
    Rotierende Bässe in der leider allzu kurzen Kadenz liefern den Grund für die herrlich singende rechte Hand. Wie die Pariser Symphonie beendete Haydn auch das Konzert mit einem schalkhaften Finale: diesmal ein "Rondo all´Ungherese.Allegro assai." Schiff begreift es humorvoll, stellte mit nie abreißendem Augenkontakt zur Konzertmeisterin das Zusammenspiel sicher. Das Orchester reagierte zum Glück eismografisch, nahm jede Regung des Solisten wahr. Eine Glanzleistung.


    Im zweiten Teil des Abends stand Schiff wieder am Pult. Diesmal dirigierte er die Erstfassung für Orchester des Zyklus "Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze". Haydn war stolz auf diese Aneinanderreihung von acht langsamen Sätzen und der Schilderung des Jerusalemer "Erdbebens" nach Jesu Tod, übrigens sein zweiter Auslandsauftrag, diesmal aus Spanien. Mit diesem fast einstündigen Werk huldigte Lucerne Festival dem Passionsgedanken, der thematisch unweigerlich im Vordergrund von Osterfestspielen steht. Es ist ein spezielles Opus, nicht für jedermanns Geschmack, da es doch zwischendurch beträchtliche Längen gibt. Vor allem sind manche Jesus-Worte nicht klar in der jeweiligen Musik identifizierbar, was das ganze beim Verfolgen nicht einfacher werden lässt. Nichts desto
    trotz zeigte das ChOoEU hier erneut seine hohen klanglichen Qualitäten, die selbstredend bei langsamen Sätzen gefragt sind. Intensiv gespielte Linien und rhythmische Präzision aller Musiker sprangen hier ins Ohr und versüßten die Musik.

    Liebe Taminoianer! Der Internationale Kammerchor-Wettbewerb Marktoberdorf lockt alle zwei Jahre die weltbesten Chöre ins Allgäu. Dieses Jahr sind es 13 Chöre aus 9 Ländern und 4 verschiedenen Kontinenten. Wahrlich eine spannende Mischung, die über das Pfingstwochenende vor eine ausgesuchte internationale Jury tritt. Neben dem Wettbewerb zeigen die Chöre in rund 20 Konzerten im ganzen Allgäu die Chortradtionen ihrer Länder.Nutzt doch die fünf Tage und macht euch ein Bild von der heutigen Chorszene!


    - freundschaftliche Atmosphäre in Marktoberdorf/Bayern
    - Gäste aus aller Welt.
    -leider werde ich selbst nicht dabeisein können, das macht aber nichts! Es ist eine Top-Chance, viele gute Chöre auf einmal zu hören...


    Adresse:
    Internationaler Kammerchor-Wettbewerb
    Kurfürstenstr. 19
    D-87616 Marktoberdorf
    Telefon +49 (0) 83 42/96 18-26
    Telefax +49 (0) 83 42/4 03 70


    Homepage: http://www.modmusik.de

    Eigentlich international bekannt ist doch Salvatore Accardo! Lebt er eigentlich noch in Italien? Sehr gefeiert sind auch die Herren von Il giardino harmonico, allesamt Professoren ihres Faches in Milano, Napoli und Palermo (oder so ähnlich ?)

    Zitat

    Ich glaube, dass beschreibt ganz gut das Dilemma mit dem Böhm noch heute zu kämpfen hat. Vielleicht reduzieren ihn zu viele einfach auf einen Mozart-Dirigenten und halten diese - vermeintliche - Spezialierung gleichzeitig abträglich für eine größere Anerkennung.


    Ich habe jetzt aus Neugier mal den ganzen Böhm thread gelesen. Ich gehöre einer Generation an, die Karl Böhm - wenn überhaupt - nur noch flüchtig mit Bewußtsein erlebt hat. Als Karl Böhm am 14. August 1981 in Salzburg starb, war ich noch nicht 12 Jahre alt. Meine erste Erinnerung an Ihn war eine live vom Fernsehen übertragene Mozart Oper (Zauberflöte, Don Giovanni? Ich erinnere mich nicht mehr genau). Allerdings zeichnete mein Vater die Sendung auf Video auf. Leider verlorengegangen. Es war auch auf einem antiquieten Video-System. Heute wertlos. Meine Eltern schätzten diese Übertragung sehr. Es war ein riesen Rummel. Böhm im Fernsehen usw. Er war damals ein Star. Er dirigierte im Sitzen, was ich noch in Erinnerung habe, was mich schon damals stutzig machte, aber er herrschte vom Pult aus mit großer Autorität.


    Später -nach seinem Tod - geriet Böhm für mich immer mehr in Vergessenheit, lediglich durch seinen Sohn Karl-Heinz Böhm blieb sein Name präsent. Allerdings - Alfreds Begeisterung jetzt mal beiseite gelassen - tauchten in den 80er Namen wie Harnoncourt später dann Gardiner oder Christofer Hogwood auf, die einfach "en voge" waren und suggerierten, ein Böhm, später dann, nach dessen Tod im Juli 1989, ein Karajan (seine 14 Jahre, die er jünger war als Böhm helfen ihm noch heute enorm!!) , seien nicht mehr notwendig... Das hat sich als Falsch herausgestellt. Zwar ist Harnoncourt nach wie vor oben, allerdings nicht mehr mit Bach & Mozart sodern als Operndirigent in Zürich oder als Gastdirigent beim Neujahrskonzert der Wiener Phillis. Um Gardiner ist es stiller und Hogwood ganz still geworden. Um so mehr tauchen Karajan und Böhm, vielleicht auch wieder Toscanini (siehe thread und die Diskussion darüber, warum man ihn so selten hört und kaum noch kennt), Barbirolli, Becham usw wieder aus der Versenkung auf.


    Zu Böhm hatte ich mir also das Image gemerk, der dirigiert Mozart. Er war ein ansehener Dirigent. Vielleicht Experte. Heute ist er es nicht mehr. Neues gab es nicht mehr von ihm. Er war "weg vom Fenster" wie man so schön auf Norddeutsch sagt. Dann passierte folgendes. Ich schaltete das Radio ein und hörte eine 1. Brahms Symphonie. Wow habe ich gedacht, wer ist das??? Eine ältere Aufnahme sicher,..vielleicht ein unbekannter Russe? und dann kam die Absage: Karl Böhm dirigierte... Ich war erschlagen. Das hatte ich nicht erwartet. Und so kam ich ins Grübeln. Den Mann hast Du verkannt...Jetzt bemüh' dich mal. Seinen Holländer kenne ich nicht, auch den Tristan nicht. Eine Schande! Muss ich gestehen.


    Ein weiteres Böhm-Problem ist seine Nicht-Präsenz auf dem Büchermarkt. Es gibt Böhms Autobiografie "Ich erinnere mich ganz genau". Dann noch den Briefwechsel mit Richard Strauss (Lieber Alfred, schreib nicht immer Strauß, wenn Du Richard meinst, dann stellen sich meine Nackenhaare hoch) und ein Portrait aus den 1950ern bei der DG. Natürlich noch den schönen Bildband von Franz Endler bei hoffmann & Campe mit dem Vorwort von Leonard Bernstein(!) Das war's leider. Über Karajan gibts mindestens 20 Bücher!!!
    Zitat Bernstein aus Franz Endlers: Karl Böhm:


    Uns allen hat Karl Böhm voraus, dass er viele Komponisten noch selbst gekannt hat und ihren Rat einholen konnte. Nicht zuletzt deshalb gilt er heute als Garant für eine Werktreue, an der man alle anderen Auffassungen messen muss. ... Ganz im Gegensatz zu mir ist er ein Musiker, der "Ariadne" dirigieren kann, ohne die Partitur von neuem studieren zu müssen...In seiner Kindheit hat er etwas aufgenommen, was uns fehlt. Die Echtheit seiner Interpretation von Mozart, Wagner, Strauss, Bruckner...stammt aus einer Tradition, in der er aufgewachsen ist, aus einer Gnade und Begabung, die ihm geschenkt wurde.


    Bernstein bringt was heraus, was ich genau so sehe. Böhm steht in der alten Kapellmeistertradition und schritt darüber hinaus. Er wird wiederkommen. Wie ein verlorener Sohn wieder aufgenommen werden.


    Ich muss bald schnellstens in den Keller, wo ich meine Platten abgestellt habe, um sie wiederzuholen. Böhm zu hören!

    Richard
    Brendel/Brendel ist ziemlich mäßig nur. Hab ich jetzt durchgehört. Alfred Beaujean vom BR hat das fabelhaft in seiner SZ-Kritik ausgedrückt. Der junge Adrian kann nicht so ganz toll Cellospielen. Vater Alfred kommt nur seltenst aus der Reserve, da sind Schiff / Perenyi wirklich die bessere Empfehlung! Ich plädiere hier auch für Starker mit Sebök bei Philips!

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    eine gute Bach oder Mozart Biographie


    bei Bach empfehle ich Martin Geck: BACH; LEBEN UND WERK rororo 2001


    Bei Mozart finde ich Alfred EINSTEIN s MOZART immer noch herrlich. SCHENKs Biografie habe ich auch gelesen. Sehr ordentlich. Alfreds Empfehlung: BRAUNBEHRENS: Mozart in Wien ist sehr, sehr gut auch HILDESHEIMER! Aber es kommt letztlich darauf an, was du willst. Einen Lebensbericht, eine Biografie für Kinder (Donnerblitzbub Hingerl-Kutscher). Ein Bilderbuch? Eine spezielle Untersuchung zu Opern etc. Na du weißt schon, da muss ich genau fragen. Es gibt Meterweise Literatur. Sehr vieles davon habe ich...

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    Bravsein und klassische Musik passen nicht zusammen


    Das finde ich den bemerkenswertesten Satz dieses Threads. Es stimmt. Ich erweitere ihn auf: Die besten Interpretationen können nicht von zu braven Leuten kommen. Beispiele gefällig: Horowitz (!) (siehe auch Thread Horowitz) machte immer alles eigensinnig anders. Sein Lehrer Blumfeld war gewissermaßen empört darüber. Goulda gilt als totaler Exzentriker. Zog sich nackt aus beim Spiel. Oder Marta Argerich: In ihr kocht die Glut und ihr Klavierspiel fegt einen hinweg. Diese Leute hatten alle zuvor ihren Charakter drin. Ihr Spiel hat nicht den Charakter beeinflußt. Das sage ich jetzt einfach mal so. Wissen kann ich es natürlich nicht. Die Frage bleibt spekulativ. Warum liebte Göring Mozart? haben wir das schon erörtert? Macht klassische Musik auch rasend? oder sind rasende Leute (s.o.) besonders geeignet als Interpreten für klassische Musik? Gibt es also eine Beeinflussung in beide Richtungen?

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    Ich glaube, daß etliche Leute erst im mittleren Jahren zur Oper finden, teils wegen der Kartenpreise, teil wegen anderer Interessen, in der Disko ist man ab Mitte 30 IMO schon eine komische Figur.


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    Die Tatsache, dass das Abonnementpublikum der Opernhäuser 'hoffnungslos' überaltert ist, resultiert ja gerade aus der verhängnisvollen Entwicklung des deutschen Regietheaters der letzten Jahrzehnte. Viele Kunden laufen davon und es kommen keine dauerhaften jungen Besucher nach. Das junge Publikum, das Opernhäuser füllen könnte, gibt es zur Zeit nicht.


    Ich finde, diesen Aspekt sollten wir uns noch einmal genauer vornehmen. Warum geht eigentlich das junge Publikum nicht mehr in die Oper, noch spezifischer die modern inszenierte Oper? Wie ich oben schon einmal geschrieben habe, hatte ich frühr auch damit Probleme. Ich bin dann aber trotzdem immer weiter in die Oper gegangen. Mit hoher Regelmäßigkeit. Teils weil meine Eltern mich mitgenommen haben, teils weil ich damals schon Zeitungsartikel geschrieben habe, teils aus Neugier. Es kostet aber Überwindung, in eine Oper zu gehen, die ich nicht verstehe. Vor dem flackernden Bildschirm ist es wesentlich gemütlicher... Heute kann doch kaum noch ein junger Mensch eine Stunde lang die selbe Tätigkeit verrichten. Das will gelernt sein. Da zu sitzen und 3 Stunden etwas in einer fremden Sprache anzuhören... Ja bitteschön. Untertitel gibt es in manchen Provinztheatern noch heute nicht! Da saß ich manchmal mit der Taschenlampe und habe den Inhalt dieser Wagneropern gelesen, und nochmals, und nochmals. Was hab ich damals gedacht, was für ein Quatsch... Manche Leute geben sich diese Mühe einfach nicht. Ich finde, die Lehrer in der Schule haben daran ein bisschen Schuld. Heute muss allles fix gehen Abi in 12 Jahren hier in Bayern, wegen der Rente (will Stoiber so, hat er durchgepeitscht) Ja bitte, da fehlt den Jungen dann doch ein Jahr an Reife, ein Jahr an Theater/Opernbesuch usw. Leider wird heute mit der Schul-Klasse fast gar nicht mehr in die Oper gefahren. Das war bei uns noch sehr üblich. Es sollte im Zeitalter von miserablen Pisa-Ergebnissen längst wieder eingeführt werden. - Zu dem hochspeziellen Regietheater von einer handvoll Spezialisten - (wie ihr hier im Forum) klafft da eine erbärmliche Lücke. 99% schnallen gar nichts mehr. Ich will jetzt um himmelswillen nicht Leute wie Rieu oder Justus Frantz befördern, die die "klassische Musik" populärer machten. Es müsste jemand kommen, der den jungen Leuten sagt, dass es sich lohnt, sich für die Oper (weil sie das Leben ist) einzusetzen, sich mit ihr intensiv zu beschäftigen, sich an einer Sache aufzureiben, vielleicht ein Instrument zu erlernen, im Chor zu singen (die Chöre in D haben viel Nachwuchsprobleme). Konflikte der Oper zu erleben...Erst gnadenlos besaufen, und dann Sex nach der Disko: das kann es doch nicht sein für die heute 14-21 jährigen. Leider ist das aber der Trend. Handyklingeltöne sind i n, da hört man dann noch einmal Bach oder Mozart, für Wagner reicht es schon nicht mehr. Aber, sie wissen nicht, wer diese Musik komponierte.


    Was ich sagen will: Es braucht eine Revolution unter den Pädagogen, aber die sind selbst viel zu frustriert und haben keine Lobby. Die Folge ist. Die Politiker sehen die Zahlen der Theater (Zuschauer) und drehen einfach den Geldhahn ab... Punkt, aus, Ende. Die Macht des Faktischen heißt das, sie löst "die Macht des Schicksals" ab. Wir werden es in Berlin noch erleben. Ich prophezeie eine Opern-Abwicklung in diesem Jahrzehnt. Wien bleibt Wien, die haben Touristen ohne Ende. Die füllen schon noch die Säle. Berlin - da ist (zu) viel Pöbel. Viele gehen nie in die Oper. Leider sind gerade in Ostdeutschland viele kleine Theater liquidiert worden. Dort keimt auch der Rechtsradikalismus. Ein Zusammenhang? Dummes Geschwätze jetzt über Sachsens Gloria. Der Bundespräsident ist besorgt... Andererseits Zunkunftslosigkeit für die Theater (Das Saarland kürzt die Subventionen von 24 auf 18 Millonen Euro fürs Saarbrücker Staatstheater, eine Intervention meinerseits beim zuständigen Minister wurde müde abgeschmettert) Kein Geld mehr da. Eine Spielstätte schließt! Nächstes Beispiel: Schließung von Symphonieorchestern. Weniger Kohle, weniger Bedarf,...Und die Falle schnappt zu. BR-Rundfunkorchester München, Berliner Symphoniker,usw. Die modernen Inszenierungen, Ballettensembles und Chöre werden als erstes die finanzielle Unterstützung verlieren, weil sie die kleinste Lobby haben. Eine Trauerballade. Da kann man dann wieder eine grelle opern-Inszenierung verstehen, die korrupte Politiker, die die Taschen nicht voll genug sich stopfen können, richtig durch den Kakao zieht!

    @ giselherrHH


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    Inszenierungen sind vergänglicher Ausdruck ihrer jeweiligen Zeit, sind genauso, wie musikalische Aufführungen, Interpretationen, die immer nur einen Teil des Werkes beleuchten können. Nur deshalb werden sie wieder und wieder und immer anders inszeniert, eben weil es keine endgültigen Antworten auf unsere Fragen gibt


    Das finde ich einen sehr guten Aspekt. Ich glaube wir müssen eine moderne Inszenierung auch von dem Lebensalter des Regisseurs aus sehen. Früher, sagen wir mal vor 15 Jahren mochte ich keine modernen opern-Inszenierungen, auch hörte ich wenig moderne Musik, sagen wir mal Schostakowitsch usw. Ich hasste sie sogar manchmal. Heute sehe ich das anders. Ich weiß mehr, ich habe einen größeren Horizont. Vieles erschließt sich mir heute besser. Z.B. Habe ich 2002 Klaus Guths Tannhäuser in Basel gesehen. Das war auch sehr modern. Bühne als Hotel, mit Fahrstuhl usw. doch irgendwie hat es mich beeindruckt. "Mein Weg heisst mich nur vorwärts eilen, und nimmer darf ich rückwärts sehn" (I.Aufzug, 4.Szene) steht als Motto und Zitat Tannhäusers über dem Programmheft. Das sagt doch viel aus.Mit den modernen Inszenierungen ist es oft gleichermaßen. Wir Rezipienten haben leider manchmal ein beschränktes Dasein, das uns die Absichten eines Regisseurs nicht erschließt. Ein paar Jahre später, denkt man manchmal anders darüber.


    Ebenso beeindruckt hat mich ein Don Carlos (Verdi) in HH. Es gab da mächtig Furore/Skandal. Die Reihen waren geleert. Ich saß für ein paar Euro auf dem besten Platz im Parkett, da die Abonnenten schaarenweise ferngeblieben waren. Dieser Don Carlos hat mich wachgerüttelt. Diese Medienshow in der Pause. Dieser "geile", lichtdurchflutete Empfang durch die Reporter. Das war schon ein Spiegel der Zeit in der Medienstadt Hamburg.


    Drittes Beispiel Zürich: Harnoncourt/ Il Ritorno d'Ulisse in Patria. Klaus Michael Grüber hat dort sehr behutsam modern inszeniert. Leuchtende Farben, moderne Kostüme. Einfach unsere Zeit hergestellt. Das fand ich großartig. mal sehen was übernächste Woche passiert, wenn die Poppea kommt.


    Allerdings gebe ich Vorrednern Recht, Pornographie als bloße Selbstdarstellung der Regisseure ist Quatsch. (Müller-Brandes) Jede Oper zwanghaft ins 3. Reich zu verlegen - Was soll das? Ich erinnere mich auch an eine sehr deutsch/bierselige Carmen in Ulm. Da fehlte einfach das Gefühl. Moderne Inszenierungen können auch super danebengehen... Keine Frage, ich will sie aber nicht per se verurteilen.