Ich hab hier zu Hause ein paar hübsche Stiche aus dem 19. Jh. die Verdis „Aida“ zeigen, farbige Stiche.
Beispiel Triumphszene. (Ein Entwurf von M. Levaster von 1880) oder die Entwürfe von Chaperon.
Das sind Bühnenbilder von erstaunlicher Tiefe, wohlproportionierter Perspektiven und Atmosphäre.
Das ist wirklich Ägypten auf der Bühne ! Natürlich ist es auch ein wenig kitschig, 19. Jh. eben, aber die Meisterschaft, die hinter diesen Entwürfen steht, kann man nicht leugnen.
Zefirellis inkompetenter Mist, hat da nicht das geringste mit zu tun.
Platt, überladen, ohne Tiefe, ohne Sinn für die grundlegenden Regeln jeder Gestaltung.
Da wird von minutiöser Umsetzung des Librettos gesprochen.
Ja wo denn bitte ?
Wenn ich mir die Bühnenentwürfe gerade für Aida ansehe und die direkt mit Zefirelli vergleiche, dann wird doch sofort klar worum es hier geht.
Zefirelli ist weder originell, noch gut in dem was er macht.
Bei den originalen Bühnenentwürfen aus dem 19. Jh. wird sofort klar: hier war jemand am Werk, der sich intensiv mit der ägyptischen Kultur auseinandergesetzt hat, hier wurde behutsam interpretiert um Szenen / Bilder zu schaffen – natürlich romantisiert und idealisiert.
Bei Zefirelli fehlt grundlegend alles, Geschmack, Wissen, Gefühl für Proportionen, Verständnis dafür wann etwas genug ist – einfach alles.
Da ist kein Ägypten auf der Bühne, im besten Falle vielleicht Las Vegas – aber das wäre schon zu kreativ....
Es ist grässlich schon allein vom ästhetischen Standpunkt her.
Zefirelli hat hier rein gar nichts mit „Werktreue“ zu tun, er war ja nicht mal in der Lage die Originale wenigstens abzukupfern.
Und er bedient sich keinesfalls der Ästhetik der Grand Oper des 19. Jh. sondern der faschistischen Ästhetik wie man sie vom Film „Triumph des Willens“ her kennt, pumpt das bis ins lächerliche auf (das allein ist allerdings schon eine Kunst) und überzieht das ganze mit Gold – mehr ist das nicht.
Schade um die Mittel, schade um die Musik.
Ein Fiasko auf der ganzen Linie – so dermaßen komplett zu versagen, auf allen Ebenen, müsste man fast auch wieder als Kunst ansehen... oder zumindest bewundern.
Aber ich versuche noch mal, um einigen Missverständnissen vorzubeugen, (der wie viele Versuch ist das nun ? ) meine Position klar zustellen.
Ich bin weder ein Verfechter des „Regietheaters“ noch der „konservativen Aufführungen“
Was ich persönlich bevorzuge sind HIP Inszenierungen.
d.h. das Orchester spielt auf Alten Instrumenten, am besten auch in Kostümen
Die Bühne ist nach Vorbildern des 17. und 18. Jh. gestalten, Zentralperspektive, mit entsprechender Gestaltung.
Kostüme und Technik ebenfalls an den erhaltenen Kupferstichen orientiert.
An so was hab ich Spaß – und zwar nicht zu knapp. 
Aber soetwas ist so dermaßen selten, dass es wohl noch Jahre braucht, bis soetwas mal öfter zu sehen sein wird.
Aber ich habe auch meinen Spaß an konservativen Inszenierungen und auch am Regietheater, warum auch nicht - ich habe keine Scheuklappen.
Das was ich aber ablehne sind schlicht und ergreifend, schlechtgemachte Werke.
Und Zefirelli nimmt da eine absolute Spitzenposition ein.
Es gibt ein paar Opern DVD’s die ich sehr schätze, ich kaufe da nur sehr gezielt, weil wenn mit Bild, dann auch solches was ich absolut besitzenswert finde.
Un d natürlich sind diese Opern ganz klar meinem Geschmack entsprechend:
I.
Cavalli: La Calisto
Regie Herbert Wernicke
Für mich die großartigste Inszenierung die ich bisher überhaupt gesehen hab, witzig, prägnant, zeitlos und ohne viel Aufwand.
Es gibt nur ein Bühnenbild, ein feuerroten Bretterboden mit diversen Falltüren, diese dienen als Auftritts- oder Fluchtmöglichkeit der Protagonisten.
Der Raum selbst erinnert an eine Spielzeugkiste, überall sind die Sternbilder in ihrer mythologischen Gestalt aufgemalt, und später zum Finale wenn es dunkel wird, dann gehen die Lichter an und zeigen die Sternbilder so wie sie sich am Himmelszelt zeigen.
Die Kostüme sind an der Comedia dell’Arte orientiert und passen hervorragend zur Musik um 1650.
Die Personenregie ist absolut überzeugend, witzig und glaubwürdig.
Das ganze lässt noch viel Raum für Phantasie – das ist wirklich beeindruckend und das bleibt es auch bei jedem weiteren ansehen.
Gegen Wernicke ist Zefirelli ein Niemand, Wernicke war ein Künstler dessen Kreativität Hand in Hand mit seinem Verständnis und der Liebe zur Musik ging.
Zefirelli kennt nur sich selbst. Im Grunde hätte er sich den ganzen Mumpitz sparen können, besser wäre es gewesen sich selbst 20 Meter hoch aus purem Gold gießen zu lassen und die Opern als Huldigungswerke für seine Göttlichkeit zu benutzen.
II.
Lully: Cadmus et Hermione / Le Bourgeois Gentilhomme
Regie : Benjamin Lazar
Die ersten Versuche Barockoper in historischer Manier zu zeigen, vor allem was die Gestik anbelangt.
Kulissen sind natürlich gemalt – Beleuchtung erfolgt durch mehrere Hundert Kerzen.
Es ist gewöhnungsbedürftig, aber sehr faszinierend, noch lange nicht perfekt, weil z.B. der historische Tanz hier seltsamerweise noch keinen Raum bekommt.
Dennoch mit viel Liebe, Hingabe und Phantasie gemacht und das spürt man bei jeder Szene.
III.
Lully: Atys
Regier: Vellegier
Die ganze Szenerie ist in grau, schwarz, wenig weiß und silber gehalten, düster, bedrückend.
Kostüme 100 % nach authentischen Vorbildern der Barockmode – keine Bühnenkostüme sondern Hofkleidung.
Der Raum erinnert an einen der Marmorsäle in Versailles.
Die Inszenierung ist nicht wirklich ganz gelungen, vor allem ist der Tod der Sangaride sehr schwach in Szene gesetzt – aber das ganze ist so tief beeindruckend durch die perfekten Kostüme und vor allem durch den historischen Tanz, der noch von Francine Lancelot choreographiert wurde.
IV. Rameau: Les Indes Galantes
Regie : Andrej Serban
Ein knallbuntes Spektakel mit gelegentlichen Anlehnungen an die Bühnenkunst des 18. Jh.
Aber vor allem irrsinnig witzig, mit beeindruckenden Bildern, viel Farbe und viel Phantasie gemacht.
Neben la Calisto vielleicht das beste was ich bisher gesehen habe.
V: Mozart: Mitridate
Regie:
Wahrscheinlich klassisches Regietheater.
Alles spielt sich vor einer seltsamen Wand mit beweglichen Segmenten ab.
Die Kostüme, teils stilisierte Barockkostüme, teils normale Anzüge bis hin zur Tropenkluft.
Der Raum ist seltsam irreal durch den Deckenspiegel und es entstehen ganz fabelhafte Bilder.
Das Kostüm des Mitridate beim ersten Auftritt erinnert noch stark an die typischen Barockkostüme für Opernhelden, Brustpanzer und Schleppe.
Aber das alles verliert sich im Lauf der Zeit.
Alles ganz faszinierende Inszenierungen, und alle vollkommen unterschiedlich.
Aber sie haben eines gemeinsam – sie sind gut gemacht, verdammt gut gemacht.
Und auch wenn man vielleicht hier und da sieht, dass das Budget begrenzt war, sie haben aus dem was sie zur Verfügung hatten, wirklich großartiges Geschaffen.
Zefirelli hingegen greife ich nicht an, weil er angeblich konservatives Theater macht.
Nein er macht ganz einfach schlechtes Theater, das schlechteste was ich je in meinem Leben gesehen hab.
Mir geht es hier nicht darum, dass ich kein konservatives Theater zulasse, ganz im Gegenteil.
Und das was ich ihm vorwerfe zusammengefasst:
1. keine Ahnung von den Grundregeln der Gestaltung
Goldener Schnitt scheint ein Fremdwort zu sein.
Gestaltungsfehler wie bei Schülern der 4. Klasse
Aber vielleicht gibt es ja auch in Italien Volkshochschulkurse wo man so grundlegende Dinge, wie, dass man eine Horizontlinie nicht genau in die Bildmitte setzt, noch erlernen kann.
2. er benutzt eine Ästhetik die augenscheinlich „Historie“ vorgaukelt, mit der eigentlichen Ästhetik der Grand Opera aber rein gar nichts zu tun hat. Das hat vielmehr etwas mit der Architektur von Albert Speer zu tun.
Und wer mit dieser Ästhetik arbeitet, muss damit rechnen angegriffen zu werden.
3. die Kostüme sind ein Witz.
Von historischer Korrektheit hier zu sprechen ist unter aller Kanone.
Das ist Faschingsniveau.
4. Es passiert nichts. Bombastische Bilder, mehr aber auch nicht.
Keine Personenführung, alles bleibt in sich stecken, kein Wunder auf der Bühne ist vor lauter Kram und Statisten ja auch kein Platz mehr
5. Es ist eine durch die Bank oberflächliche und klischeehafte Behandlung des Opernstoffes.
Disneyland - obwohl in den Walt Disney Produktionen weitaus mehr Herz zu finden ist.
Kurz gesagt, schlechter und primitiver kann man eine Oper kaum inszenieren.
Bevor man so einen Müll auf die Bühne bringt, dann lieber konzertant – das ist billiger.
Was ich allerdings nicht verstehe ist, warum man gleich persönlich werden muss wenn man Diskutiert.
Wenn einem die Argumente ausgehen, dann sollte man sich nicht diese Blöße geben sondern lieber schweigen. Denn letztlich trifft man sich nur selbst damit.
Zum Schluss: mir ist egal wenn jemand an Zefireli seinen Spaß hat, wahrscheinlich hätte ich denn nach ner halben Flasche Cognac auch – aber da ist selbst der Windows Media Player faszinierend.
Ich habe auch nichts dagegen wenn 80 % der Deutschen den Musikantenstadel lieben.
Womit ich aber ein Problem habe, wenn man ohne fundierte Ahnung, ohne Verständnis, ohne Wissen und ausschließlich durch Vorurteile über eine Sache zu Gericht zieht.
Daher denke ich, dass diese Vehemenz mit der hier teils kräftig unter der Gürtellinie gegen Kunst paroliert wird, auch mal eine entsprechende Antwort vertragen muss.
Guckt Euch die Opern erstmal an, bevor Ihr drüber herzieht - schlechtes Zeugs gibt es in jeder Sparte.
Aber moderne Inszenierung per se als Scheißdreck zu bezeichnen finde ich unter der Würde dieses Forums.