Hallo!
Ja, Dupré hat eigentlich einen Thread verdient, wurde auch Zeit.
Münti hat ja das eine oder ander angesprochen. In der Tat ist Duprés Orgelwerk sehr "durchwachsen", was aber auch schlicht daran liegt, dass sich sein Stil in seinem Leben etwas gewandelt hat und er seine Orgelwerke zu ganz unterschiedlichen Zwecken schrieb. Ganz grob kann man drei grundsätzliche Zwecke unterscheiden:
1) Literatur zum den Konzertgebrauch, hochvirtuos richtet es sich an den Konzertorganisten.
2) Literatur zum Liturgischen Gebrach, im Gottesdienst. Hier sind alle Schwierigkeitsstufen vertreten, das virtuose tritt meist etwas zurück, was nicht heisst, dass manche Stücke verflixt schwer sind.
3) Pädagogische Werke. Orgelwerke die für den Unterricht bzw. das Studium geschrieben wurden, z.B. Sammlungen mit steigenden Schwierigkeitsgrad.
Selbstverständlich gibt es hier auch Überschneidungen und Kombinationen. So ist beispielsweise "Tombeau de Titelouze" eine Sammlung von Choralbearbeitungen die im Gottesdienst Verwendung finden können, zum anderen aber auch pädagogische Absichten haben (vgl. den progressiver Schwierigkeitsgrad).
Am bekanntesten sind die von Münti schon erwähnten virtuosen "Jugendwerke". Mit diesen Werken begründete Dupré seinen weltweiten Ruf als Orgelvirtuose und Orgelkomponist. Hier "protzt" er auch ein wenig mit seiner Virtuosität, wohingegen er in dem Spätwerk zu einem eher verinnerlichten, "kopflastigen" und spröderen Stil findet, bei der Virtuosität durchaus vorhanden ist, aber eben nicht immer so vordergründig.
Die Cochereau-CD hat Münti schon sehr treffend charakkterisiert. Sie lebt sehr viel, also vor allem von Cochereaus Interpretation, die in einigen Punkten massiv von Duprés Spielangaben abweicht. Allerdings hat sich Cochereau von Dupré für diesen Interpretationsansatz ein "Placet" geholt.
Die Naxos-Reihe ist sicher ein schöner Start zum kennenlernen einzelner Werke. Leider ist die Reihe keine "Gesamtaufnahme", da einige wenige Einzelwerke fehlen. Offensichtlich war man da etwas schlampig bei der Organisation und Aufnahme der Werke.
Die Gesamtaufnahmen von Jeremy Filsell (Guild) ist komplett (eben auch "an einem Stück" entstanden und Ben van Oosten, der schon mit fantastischen Gesamtaufnahmen bei Guilmant, Widor und Vierne geglänzt hat, ist mitten in seiner Gesamtaufnahme (MDG). Beide Aufnahmereihen sind allerdings nur zum Vollpreis zu bekommen.
Einen sehr gut gespielten "großen" Querschnitt mit den "Best off" bietet John Scott, ehemaliger Organist an St.Paul's Cathedral in London mit zwei Dupré-CDs (eingespielt eben dort). Beide CDs sind als Doppel-CD sehr günstig wieder aufgelegt worden:

Marcel Dupre (1886-1971)
Orgelwerke
2 CDs
- Präludien & Fugen op. 7 Nr. 1-3
- Esquisses Nr. 1 & 2
- Placare Christe servulis
- Choral & Fuge op. 57
- Te lucis ante terminum
- Varations sur un vieux Noel op. 20
- Symphonie-Passion op. 23
- Cortege et Litanie op. 19 Nr. 2
- Allegro deciso aus Evocation op. 37
John Scott
Orgel Paul´s Cathedral London
Hyperion , DDD, 1986/1998
Die Aufnahme ist sowohl interpretatorisch aals auch aufnahmetechnisch eine Wucht.
Einen etwas bunteren Schnitt durch Dupres Orfgelwerke bietet Daniel Roth, Nach-Nachfolger von Marcel Dupre an der legendären Orgel von St.Sulpice, Paris. Allein schon wegen der Kombination Interpret-Literatur-Instrument ein absolutes "must have".

Marcel Dupre (1886-1971)
Orgelwerke
- Preludes & Fugues op. 7 Nr. 1-3; op. 36, 2;
- In dulci jubilo
- Variationen op. 20;
- Berceuse aus Suite Bretonne op. 21, 1;
- Inventionen op. 50, 2
- Virgo Mater aus Offrande a la Vierge op. 40, 1
- Le Monde dans l'attente du Sauveur
Daniel Roth / Cavaille-Coll-Orgel St. Sulpice Paris
Motette , DDD, 99
Wem die Kombination St.Sulpice - Dupre gefällt, kann hier gleich weiter machen: Klangtechnisch wie interpretatorisch überzeugt diese CD ebenso:

Marcel Dupre (1886-1971)
OrgelwerkeCD
- Resurrection aus "Symphonie Passion";
- 6 Versets pour le Magnificat op. 08;
- Lamento op. 24
- Pastorale aus op. 27
- Toccata aus Orgelsymphonie Nr. 2
- 3 Choräle aus "Tombeau de Titelouze"
- Cortege et Litanie
- Präludium & Fuge op. 7, 2
- Final aus "l'Evocation"
- Te Deum-Paraphrase
Suzanne Chaisemartin / Cavaille-Coll-Orgel Saint-Sulpice Paris
Aeolus , DDD, 00
Ein weiteres bekanntes Orgelwerk Duprés ist der "Kreuzweg" (Chemin de la Croix". Dupré improvisierte hier bei einer Lesung des gleichnamigen Gedichtzyklus von Paul Claudel zu den Kreuzwegstationen Orgelmusik, die er später ausarbeitet und veröffentlichte.
Yves Castagnet, Organist an der Chorogel der Cathedrale Noztre-Dame-de-Paris spielte an der Hauptorgel der Kathedrale eine spannende Aufnahme des Zyklus ein, die einem teilweise einen Schauer über den Rücken jagt:

Yves Castagnet joue Marcel Dupré aux Grandes Orgues de Notre Dame de Paris
- Le Chemin de la Croix , op.29
- 2ème Symphonie
Intrada , DDD
Das soll erst mal reichen. Es gibt noch einige andere sehr schöne Dupré-Platten und natürlich auch Aufnahmen mit Dupré höchstselbst 
Gruß
Karsten