Seit 'Erfindung' der Musik ist es ein Anliegen der Musikfreunde, ihre Geliebte jederzeit in gleicher Qualität abrufbar zu machen, ohne dabei eine größere Anzahl Musiker zu engagieren. Auf diese Weise entstanden viele heute unter dem Sammelbegriff der Musikautomaten zusammengefasste zum Teil äußerst komplexe Geräte, welche der mechanischen Musikwiedergabe dienlich waren. Für derlei 'Instrumente' komponierten u.a. Mozart (bekanntermaßen seine Werke für 'eine Walze in eine kleine Orgel'), aber auch Joseph Haydn, Ludwig van Beethoven und Georg Friedrich Händel. Die originalen Walzen sind leider heute weitestgehend nicht mehr erhalten, eine besondere Ausnahme ist die sogenannte Haydn-Thruhe, welche Napoleon I. (1769–1821) in Auftrag gegeben und an eine Herzogin von Bordeaux verschenkt haben soll. Auf der Stiftwalze, welche die kleine Orgel steuert, befinden sich acht Melodien von Haydn. Der Komponist hatte diese Melodien speziell für ein 'mechanisches Spielwerk' seines Dienstherrn Graf Esterhazy komponiert. Die Melodien sind deshalb - zumindest nach dem originalen Notentext - nicht von Hand spielbar. Das gute Stück befindet sich in der Schatzkammer des Musikautomatenmuseums im Schloß Bruchsal. Dieses Museum ist immer wieder einen Besuch wert, hat es doch über lange Zeit eine ansehnliche Sammlung von solchen Musikautomaten verschiedenster Größen und Techniken aus den Jahrhunderten zusammengetragen.
Diese mechanischen Orgelwerke sind in ihrer Funktionsweise ganz ähnlich den heute erhältlichen Spieluhren billiger Natur: Eine mit Stiften bestückte Walze wird durch ein Uhrwerk mit Feder gedreht. Die Stifte lösen bei der Drehung weitere Mechanik aus und bringen die Orgelpfeifen zum Klingen (bei den billigen Spieluhren werden von den Stiften direkt klingende Metallplättchen angerissen).
Einige dieser Spieluhren sind noch erhalten und u.a. im Bruchsaler Museum ausgestellt. Es gibt auch Aufnahmen dieser tönenden Spieluhren, die allerdings nach meinem Dafürhalten eher zur Befriedigung historischen Interesses dienen als dem wahren Genuß dieser Musik, denn diese Geräte spielen heute durch den Lauf der Zeit zernagt oftmals ungleichmäßig, viel zu schnell oder zu langsam und unkontrollierbar. Eine Solche CD brachte z.B. unter dem Titel Wiener Flötenuhren um 1800 der Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften heraus; sie enthält 43 meist extrem kurze Stücke, überwiegend von Joseph Haydn, aber auch Mozart, Rossini und anderen Komponisten. Es handelt sich dabei aber eher selten um Originalkompositionen denn um Adaptionen (i.w.S. Bearbeitungen für die mechanische Wiedergabe, so beispielsweise berühmte Opernmeldodien aus der 'Zauberflöte').
Eine andere interessante Sache ist die virtuelle Rekonstruktion von Mozarts Allegro und Andante für eine Orgelwalze KV 608 für das Laudonsche Mausoleum. Auch hier ist eine CD des Verlags der Österreichischen Akademie der Wissenschaften erhältlich. Der Autor Helmut Kowar erklärt im umfangreichen Textmaterial seine Thesen und Synthesen zum Werk, mit denen ich nicht konform gehe (aber das ist an dieser Stelle zu werkspezifisch). Dem Autor geht es neben der klanglichen Rekonstruktion (überliefert sind vier Notensysteme, aber keinerlei Instrumentenangaben) auch gleichwertig um die genaue Tempowiedergabe. Kowar versucht also verschiedene Instrumentalkombinationen, welche eine solche Flötenorgel aufgewiesen haben könnte und lässt das Werk jeweils in den verschieden 'instrumentierten' Versionen exakt 7 Minuten 55 Sekunden andauern (dabei stützt er sich auf die Überlieferung, das Werk habe 8 Minuten gedauert, das bezieht sich aber IMO auf KV 594). Der Klang (midi) ist allerdings nicht besonders toll gelungen.
Eine weitere Möglichkeit, diese Werke, die heute zumeist auf der (Kirchen-) Orgel, oder Klavier vierhändig, seltener auf dem Cembalo dargeboten werden, wäre die Wiedergabe mit echten (Harmonie-) Instrumenten:
Für Bläserquintett eingerichtet ist hier KV 594 enthalten, gespielt von ProFive - süddeutsche Bläsersolisten.
Diese 'Orgel'-Werke werden ja meistens auf CDs mit dem Titel Werke für Tasteninstrumente, Klavier zu vier Händen, zwei Klaviere, Orgel (oder ähnlich) vermarktet, was ja doch ziemlich falsch ist - der Sound ist der einer Orgel, aber ohne Tasten, namentlich für eine Walze in eine(r) kleine(n) Orgel resp. Ein Stück für ein Orgelwerk in einer Uhr (KV 594) oder Ein Orgelstück für eine Uhr (KV 608). Als Bläserquintett klingt das Werk wirklich toll!
Das Afflatus-Quintett hat offenbar alle drei in Frage kommenden Werke (594, 608, 616) eingespielt:
Die Wiedergabe auf einem Pedalflügel wie Mozart ihn vermutlich hatte, wäre auch eine Möglichkeit: nur, um dem Willen Genüge zu tun, daß eine einzige Person diese Stücke spielt und um diesem offenbar von Mozart benutzten Instrument einmal eine CD mit Mozartwerken zu widmen. Ich habe mir die Partituren flüchtig angeschaut: es sollte eigentlich möglich sein (auf der Orgel geht's ja auch...).
Wiederum kurios verfährt Jürgen Braun, der Werke von Haydn, Mozart, Händel, Carl Philip Emanuel Bach und Beethoven auf der Drehorgel (!) präsentiert. Das mag zunächst eher abschreckend anmuten, klingt aber für mein empfinden dann doch sicher am ehesten so, wie es damals geklungen haben muß, zumal für die Wiedergabe eine Drehorgel mit 56 Pfeifen von Jäger & Brommer (Waldkirch), wohl nach dem Vorbild Ignaz Blasius Bruders, mit Holzgedackten verwendet wurde. Das klingt für mich am authentischsten: Empfehlung! (Leider kann ich den Link zur CD aktuell nicht finden).