Beiträge von vitelozzo-tamare

    Mark Reizen


    Diesen Auftritt als Fürst Gremin im Alter von 90 Jahren kann mann bei youtube bewundern. Natürlich war nur noch eine Reststimme vorhanden, aber die Präsenz dieses kerzengraden riesigen Greises auf der Bühne ist allein schon phänomenal.


    Gruß
    Dieter

    Ferdinand Frantz hatte zweifellos eine eindrucksvolle Stimme, als Interpret blieb er IMO aber och weit hinter Schorr, Hotter, Adam zurück. Die Nagelprobe für den Wotan sind für mich die langen Monologe im 2. Akt Walküre. Frantz bewältigt sie sicher und solide, aber interpretieren taten sie Adam, Schorr und v.a. Hotter.
    Als Sachs gefällt mir Frantz besser.


    Karl Kronenberg hatte eine kraftvolle, aber ebenso grobschlächtige Stimme. Das war kin Gott, sondern ein sich zum Wotan aufspielender, stimmlich hochgerutschter Fasolt. Noch schlimmer war Kronenbergs heisereres Gebell als Telramund in der sonst sehr schönen GA unter Richard Kraus mit dem fabelhaften Peter Anders (der leider zum Ende hin etwas abbaut).


    Gruß
    Dieter

    Schorr sollte man darstellerisch nicht unterschätzen, man muss sich da nur die elektrische Studioaufnahme von Wotans Abschied anhören. Selbst ich als erklärter Hotter-Fan halte sie für die ultimative Aufnahme des Stücks.


    Adam fand ich schrecklich, bis ich ihn 1987 das erste Mal live auf der Bühne erlebt habe, seitdem nehme ich seine Stimme auch aus der Konserve ganz anders wahr. Sein Wotan ist für mich unter den Nachkriegsinterprete nach Hotter der überwältigenste.


    Gruß
    Dieter

    Lyrica vs Preiser


    Ich kenne die Lyrica-Version des Golovanov-Boris, der übrigens mit Mark Reizen in der Titelpartie ist, im Gegensatz zu Preiser, wo Pirogov singt. Es handelt sich um ein ähnliches 1 1/2-Verfahren wie London-Petrov 15 Jahre später.
    Die Lyrica-Version klingt annehmbar, wer Reizen möchte, sollte abeer nach der altren Arlecchino-Version suchen, die diesen IMO größten aller russischen Bässe im Anhang in allen anderen Bass-Szenen der Oper bietet.
    Ich persönlich bevorzuge Reizen gegenüber Pirogov, aber das ist Geschmacksache. Edwin ist, glaube ich, eher von Pirogov überzeugt. Mit diesem gibt es übrigens auch die legendäre Verfilmung, die eine der beeindruckensten und eigenwilligsten Opernfilme ist, die ich kenne.


    Gruß aus FFM
    Dieter

    Ich war damals im Tristan in Hamburg, allerdings in einer Vorstellung unter Peter Schneider, da ich mir Simone Young auch nur antue, wenn es triftige Gründe gibt, es trotzdem zu tun. Connell war dick und schrill, die Inszenierung schon deutlich angestaubt, die einst überwältigende Personenführung war lediglich noch in Rudimenten zu erkennen (einzig Harald Stamm zählte noch zur ursprünglichen Besetzung).


    1988 war ich in der letzten Aufführung der ersten Spielreihe dieser damals heiß umstrittenen Inszenierung, die nach wie vor zum eindrucksvollsten zählt, was ich im Musiktheater bis dato gsehen habe.


    Den Wiesbadener Tristan schaue ich mir am Sonntag an, bin schon gespannt. Vor kurzem war ich in Mannheim, ein mühvoll krächzender Wolfgang Neumann als adipöser Tristan in eine m.E. sehr gelungnen Inszenierung, wo ich auch den 2. Akt gut gelöst fand. Im 3. fiel es dann aber deutlich bis katastrophal ab und am Ende ging der Inszenierung fast die Luft aus, als mehrere Personen unmotiviert auf die Bühne gingen und offensichtlich weil sie tot sein sollten hinfielen. Da bietet die Musik wesentlich mehr.


    Dass es heute keine Tristane mer gibt, stimmt m.E. nicht. Es gibt so viele oder wenige wie zu allen Zeiten, die Rolle ist nun einmal nicht für einen menschlichen Sänger angelegt und entweder jemand brüllt sich mit vollem Risiko hindurch und macht das vielleicht fünf oder sechs Jahre, oder (was meistens der Fall ist) der Sänger muss irgendwie haushalten, so dass man in Akt 1 und 2 wenig von ihm hört. Man muss auch bedenken, dass in früheren Jahren Akt 2 und 3 fast immer mit erheblichen Strichen gespielt wurden, die überwiegend die Rolle des Tristan betrafen.


    Ein Lauritz Melchior oder Jon Vickers waren Ausnahmeerscheinungen auch in ihrer Zeit.


    Gruß
    Dieter

    Interessant ist, dass es auch Gerhard Stolze, wie viele Charaktertenöre, zum heldischen Fach zog. Er hat diesen Schritt letztlich nicht gemacht, war aber 1962 als Partner von Anja Silja in Bayreuth als Tristan vorgesehen. Aneblich sei es der Mauerbau gewesen, der ihn aus der Ostberliner Staatsoper in den Westen übersiedeln ließ, was den Fachwechsel verhindert hat. Nun war er als Charaktertenor zweifellos bveeindruckend, dennoch wär's interessant gewesen, wie ein Tristan oder Tannhäuser von ihm geklungen hätte. Die Stimme soll ja ziemlich durchdringend gewesen sein. Mich erinnert sie übrigens am stärksten an Max Lorenz, der im Grunde ja auch ein "dramatischer Charaktertenor" war. Leider waren es auch gewisse Freiheiten mit dem Notentext,. die die beiden Sänger verband.


    Gruß
    Dieter

    Ich denke, dass der Thread sich jetzt wirklich einer Diskussion über ein Phänomen wie Wilelm Rode nähert. Dass er sich in der Zeit des Nationalsozialismus "kulturpolitisch" sehr hervorgetan hat und vor den propgandistischen Karren gespannt hat, ist ja eigentlich hinlänglich bekannt.


    Es ist verschiedene Male darauf hingewiesen worden, dass die Aufnahmen (so wenige sind's dann doch nicht) die seinerzeit auch musikalisch begründete Berühmtheit dieses Sängers nicht nachvollziehbar machen. Es gibt ein Rezital bei Preiser (auf LP waren es zwei Platten), daneben mehr oder weniger vollständig die Partie des Walküre-Wotans und des Sachs.


    Auf der Rezital-Platte ist neben sehr viel Wagner auch Verdi, Boito, Bizet und Meyerbeer zu hören. Rode hatte eine offensichtlich kraftvolle, relativ hell timbrierte und nicht besonders "individuielle" Stimme. Sein Singen lässt jegliche Raffinesse vermissen und bietet jenen deklamotorischen Gesangsstil, den man von vielen deutschen Sängern des Beginns des 20. Jahrhunderts hört. Ein Legato oder dynamische Differenzierung bietet er nicht. Nun war er offensichtlich wirklich einer der renommiertesten Sänger seines Faches zu seiner Zeit, und das schon vor 1933. Man bedenke: damals gab es einen Friedrich Schorr oder einen Rudolf Bockelmann (einen thread über ihn könnte man sicher auch politisch brandmarken). Rode war rückblickend ein absolut provinizieller Sänger mit lauter Stimme. Eine Stimme, wie man sie auch heute an nahezu jeder größeren Bühne findet. Was ich daraus ersehe, ist, dass auch die golden verklärte Zeit des Gesangs in den 20er und 30er Jahren in der breite keinen Deut besser war als die heutige Zeit der Gesangskrise.


    Politisch kann ich über Rode nur ganz zynisch denken, dass er die Zeichen seiner Zeit erkannt hat und vermutlich den Beginn des Nachlassens seiner sängerischen Leistung für den Wechsel in die Theaterleitung und die Kulturpolitik genutzt hat. Es würde mich nicht wundern, wenn er sich noch Anfang der 30er Jahre für seine Leistungen für die Uraufführungen neuer Musik (ist ja schwer zu singen) zeils jüdischer Komponisten gebrüstet hätte. Seine Biografie kennen wir nicht, nur die Eckdaten. Ich vermute, er war - wie die meisten seiner "arischen" Zeitgenossen, nur ein kleiner widerlicher Opportunist, der die Zeit nutzte, um sein Schäfchen ins trockene zu bringen und es toll fand, mit den Mächtigen seiner Zeit spielen zu dürfen und kein "Überzeugungstäter".


    Gruß
    Dieter

    Ich habe Ridderbusch nie live erlebt. Die Stimme hat mich immer fasziniert, damit konnte er puren Wohlklang verströmen. Doch je mehr ich von ihm kennenlernte, umso enttäuschter wurde ich, da seinen Interpretation wirklich einige Dimensionen fehlen. So gefällt mir Ridderbusch heute vor allem in Partien, in denen es auf allzu differenzierten Ausdruck nicht ankommt oder die an sich eher einfältig sind, z.B. König Heinrich, Pogner, auch König Marke (da überwiegt der positive Wohlklang), vielleicht noch Kezal, wobei die Fernsehaufzeichnung nur noch Reste einer Prachtstimme zeigt. Differenziertere Charaktere wie Gurnemanz oder gar Sachs werden wirklich zu recht groben Gesellen.
    Dabei glaube ich kaum, dass Ridderbusch wirklich dumm war (ich glaube, er war vor seiner Sängerlaufbahn Ingenieur). Charakterlich eher etwas einfältig. Ich erinnere mich da an ein Fernsehinterview mit August Everding, das einen unerträglich eitlen polternden älteren Herren zeigte (und damit meine ich nicht Everding).


    Gruß
    Dieter

    1. Friedrich Schorr (für mich der perfekte Sachs)


    2. Theo Adam (wenn man die Stimme mag)


    3. Hans Hotter (für kurze Zeit)


    Ich habe auf der Bühne Roger Roloff, DonaldMcIntyre, Manfred Volz, Bernd Weikl und Ralf Lukas gesehen. Roloff war stimmlich ziemlich blass, McIntyre höchst eindrucksvoll als Bühnenerscheinung, aber hatte leider nicht (mehr) die Kondition, Volz war ein exellenter Sachs in der Provinz, von Lukas hat man wenig gehört, Weikl war live erstklassig. Ihn würde ich überhauot auf einen der nächsten Range setzen.


    Wolfgang Koch würde ich gern mal als Sachs erleben.


    Gruß
    Dieter

    Und nicht zu vergessen sollen einige hervorragende Lied-Platten sein, die leider noch nicht auf CD erschienen sind. Maßstäbe setzte ein Pfitzner-Recital mit Eichendorff-Liedern, daneben eine Loewe-Platte mit eher unbekannten humoristischen Balladen, eine Platte mit Reger-Liedern und eine mit Balladen verschiedener Komponisten. Erschienen sind sie seinerzeit bei EMI und Acanta. Sie sollten unbedingt auf CD wiederveröffentlicht werden.

    Tristan und Parsifal habe ich mir vor einiger Zeit als LP besorgt und jeweils einmal angehört. Auch ich kann mich den Eindrücken von Edwin und Alviano nur anschließen: bleierne Schwere, kein Fluss. Die Besetzung beider Aufnahme fand ich extrem unausgewogen: beim Parsifal gibts eine großartige Kundry, einen grundsoliden Gurnemanz, sonst eher zweitklassiges, der Tristan bietet allenfalls solide Sänger, die Isolde empfand ich als extrem unangenehm, zumal sie sich mit den Zeitlupentempi besonders schwer tat.


    Den Ring habe ich bislang nur sporadisch gehört, da erinnere ich mich aber gerade in Rheingold und Siegfried an sehr schöne Passagen, die vielleicht aber auch daher rühren, dass die englische Übersetzung etwas gefälliger und "normaler" wirkt als das deutsche Original.


    Der politische Background Goodalls war mir neu. Auch wenn mir derartige Haltungen bei Künstlern eher zweitrangig erscheinen, sofern sie gut sind, so interssieren sie mich immer. Es erklärt in der Tat, warum Goodall trotz seiner langen Karriere und seines ja fast legendären Rufes als Wagnerdirigent nie eine wirklich große Karriere machen konnte.


    Gruß aus Frankfurt
    Dieter

    Wie ich eben bei Wikipedia gelesen habe, ist der Bassbariton Hermann Becht im Alter von 69 Jahren verstorben. Vielen ist er als Alberich im Chereau-Ring im Gedächtnis. Nach Gustav Neidlinger und Zoltan Kelemen war er in den 80er Jahren einer der führenden Interpreten dieser Rolle. Ich selbst habe ihn als Alberich in Hannover und als Kurwenal in der Ruth-Berghaus Inszenierung des Tristan in Hamburg als einen ausgezeichneten Darsteller mit einer eindrucksvollen Stimme in Erinnerung.

    Lieber Herbert,
    vielleicht habe ich es nicht deutlich gemacht - Greindl zählt zu meinen Lieblingssängern. Ich kenne zahlreiche Wagneraufnahme mit ihm und in den meisten Partien zählt er zu meinen bevorzugten Interpreten. Nur gerade als Hagen ziehe ich Gottlob Frick vor, dessen spezielles Timbre mir sonst gar nicht so sehr liegt.
    Gruß
    Dieter

    Mit Greindl ist wie mit Hotter: man mag die Stimme oder man mag sie nicht. Als Interpret, auch als Musiker, sind beide untadelig. Beiden kann man ein starkes wobble vorhalten, welches einigen Hörern unerträglich erscheinen mag. Betrachtet man Singen als Musizieren mit einem höchst individuellen Instrument, das nicht unbedingt einem Schönheitsideal folgen muss, sondern dem Sänger gehorchen muss und für eine differenzierte Wiedergabe der Musik, d.h. der möglichst genauen Notenwerte, des Textes und des Ausdruckes zur Verfügung stehen muss, dann kann man die beiden genannten nur zu den ganz großen zählen. Die Länge ihrer Karriere (beide standen ja in fortgeschrittenem Alter noch auf der Bühne) bei durchaus umsichtiger Repertoiregestaltung spricht auch dafür, das sie ihr Handwerk verstanden und eine ihren individuellen Voraussetzunen angepasst gute Technik hatten.


    Greindls Stimme, die uns in frühen Aufnahmen als schwarzer Bass begegnet, wurde im Laufe seiner Karriere immer heller und näselnder. Entsprechend passte er sein Repertoire auch an, aber umgekehrt zu Hotter: so wurde Greindl vom Pogner zum Sachs, vom Daland zum Holländer, vom Fafner zum Wanderer. Gerade als Sachs rechne ich ihn zu den überzeugendsten Interpreten. Er bietet keinen eleganten belcantistischen Schusterpoeten, dafür eignete sich die Stimme nicht, sondern einen ironischen, sehr differenzierten und nachdenklichen Handwerker, der Eva eher väterlich genenübertritt und auch für einen fränkischen Ritter eine Autorität darstellen kann. Wer Gelegenheit hat, an eine der Aufnahmen (Bayreuth 60 unter Knappertsbusch oder 64 unter Böhm, beide bei Golden Melodram) zu kommen, sollte sich unbedingt überzeugen.


    Herbert hat auch auf die Liedaufnahmen hingewiesen. Die Winterreise kenne ich nicht, bin aber auf der Suche. Die Loewe-Platte (bei Preiser) zählt zu meinen persönlichen Favoriten: stärker noch als Moll zeigt Greindl, dass man auch mit einer schweren, sehr großen und "breiten" Stimme ausgesprochen differenziert und "farbig" singen kann. Nuancierungen des Ausdrucks wie Zärtlichkeit oder ein leichter ironischer Unterton kommen m.E. bei einer so wuchtigen Stimme besonders schön zum Ausdruck.


    Gruß,
    Dieter

    Was mir an der insgesamt sehr verdienstvollen Wiederveröffentlichung der HamburgerAufnahme unter Wilhelm Schüchter völlig unverständlich ist, ist der Strich der Ouvertüre. In einer älteren LP-Produktion von Melodram ist sie dabei und es handelt sich um eine der schönsten Aufnahmen des Stücks, die ich kenne (dafür fehlen auf der LP die Dialoge). Eine vollständige Wiederveröffentlichung steht leider noch aus.


    Gruß
    Dieter

    Ich sehe zwei Probleme mit der Mascagni-Rezeption: zum einen gilt er allgemein als ein Hauptvertreter des Verismo, hat aber strenggenommen nur ein einziges veristisches Werk komponiert: Cavalleria rusticana, bekanntlich seinen Erstling. Danach hat er sich anderen Sujets zugewandt, ohne dass man einen wirklich klaren Stil heraushören kann (wie etwa bei Puccini). Zum anderen war er - um es vorsichtig zu formulieren - dem fascismo gegenüber nicht gerade ablehnend.


    Auf ein Werk möchte ich hinweisen: Parisina nach einem Libretto von d'Annunzio, uraufgeführt mit großen Vorschusslorbeeren 1913 an der Mailänder Scala und ziemlich rasch in Vergessenheit geraten. Mascagni selbst hielt dieses über dreistündige Musikdrama für sein Hauptwerk und es ist auch seine umfangreichste Oper. Das Urteil, es handele sich um einen italienischen Tristan, war zur Zeit der Uraufführung (also nach Cavalleria und ziur Zeit der großen Erfolge Puccinis) durchaus als Vorwurf gemeint.


    Es ist nicht leicht, sich mit diesem faszinierrenden Werk bekannt zu machen. Es gibt aktuell nur einen (vermutlich zur Zeit vergriffene) Mitschnitt aus Montpellier unter der Leitung von Enrique Diemecke mit einer sehr guten Protagonistin (Denia Mazzola), leider einem ungenügenden Tenor. Zudem wurde in dieser Aufführung der 4. Akt komplett gestrichen, was für die Handlung vielleicht keinen zu großen Verlust bedeutet, wodurch jedoch eine Menge schöner Musik verlorengeht und für eine "Wiederentdeckung" eigentlich inakzeptabel ist.


    Eine vollständige Schalplattenaufnahme entstand 1977 beim RAI in Mailand. Mit Emma Renzi und Michele Molese sind die Hauptpartien ausgezeichnet besetzt, Dirigent war Pierluigi Urbini. Leider ist diese wichtige Aufnahme eines zentralen Werkes der italienischen Oper bislang noch nicht auf CD überspielt worden.


    Gruß
    Dieter

    Auch wenn es dem Körperumfang vieler ihrer Darstellerinnen kaum anzusehen ist:


    vieles spricht dafür, dass Elektra an den Folgen einer Anorexia nervosa gestorben ist. Ihr höchst pathologisches Verhältnis zur Mutter, die sie in ihrer Weiblichkeit ablehnt, die Zurückweisung der Frauenrolle auch ihrer Schwester in Verbindung mit der idelaisierten Identifikation mit dem Vater; trotz des sehr reduzierten Allgemeinzustandes eine hyperaktive teils ins extatische gesteigerte Psychomotorik, die schließlich zum Tod führt, der am wahrscheinlichsten durch Herzversagen im Rahmen einer Elektrolytverschiebung mit Hypolkaliämie infolge Mangelernährung mit oder ohne bulimische Attacken eintritt. Eindeutige Hinweise auf das Vorliegen einer Bulimie ergibt die Anamneseerhebung bei Hofmannsthal, Sophokles oder Euripides jedoch nicht.


    Gruß
    Dieter

    Heinz Kruse habe ich Ende der 80er Jahre mehrfach an der Hamburger Staatsoper erlebt und in bester Erinnerung. Es war die Zeit, als er den Sprung vom Charaktertenor zum Heldentenor wagte. Beeindruckend sein David in den Meistersingern, wo er den Stolzing von René Kollo geradezu an die Wand sang. Dann kam der Erik in der alten Wieland-Wagner-Inszenierung und kurze Zeit später der sensationelle Siegfried, den er aus Not, da der ursprünglicgh vorgesehene Sänger kurzfristig absagte, innerhalb von sechs Wochen einstudierte. So hatte er nach Jahren als Ensemblesänger noch einige Zeit einer Weltkarriere, die dann ja krankheitsbedingt ein jähes Ende fand. Der kleine Mann hatte eine wunderbare Stimme, war ein hervorragender Schauspieler und wirkte immer sehr sympathisch. Er wird der Musikwelt des Norden (und nicht nur der) fehlen, wir hätten gern mehr von ihm gehabt.


    Gruß
    Dieter

    Was ist an Max Lorenz denn bitte mehr Heldentenor als etwa an Wolfgang Schmidt, außer, dass er sich traute, wild drauf los zu schreien und einfach nicht heiser wurde !? Der Sänger, der Max Lorenz unter den Nachgeborenen am ähnlichsten war, war m.E. Gerhard Stolze, der allerdings beim Mime blieb und dessen Tristan-Projekt nicht zustande kam. Max Lorenz hatte eine "brüchige" Mittellage, keine Tiefe und eigentlich nur laute hohe Töne. Mezzavoce oder ähnliche Finessen sucht man bei ihm vergeblich. Ich bezweifle, dass er heute seine Karriere wiederholen könnte.

    Zumal Max Lorenz in seiner zeitlichen Eingebundenheit ins 1000 jährige Reich ja auch ein Sonderfall war: mit einer Jüdin verheiratet und homosexuell hätte er eigentlich eine Persona non grata sein müssen, konnte aber aufgrund von Protektion von höchster Stelle bleiben und vermutlich genau den Wagnergesang bieten, den das damalige NS-Publikum hören wollte. Ich persönlich bin in meiner Beurteilung von Max Lorenz eher gespalten: die Stimme empfinde ich als hässlich, den Vortrag oft weit jenseits des guten Geschmacks (und der Noten), bisweilen unfreiwillig komisch. Dennoch haben viele seiner Aufnahmen irgendewtas: es ist überrumpelnd, im maßlos übertriebenen schon teilweise faszinierend. Übrigens hielt er sich in seinen ganz frühen Aufnahmen stärker an den Notentext. Da kamen dann vokale Schwächen deutlich hervor.Vielleicht wollte er diese durch sein grenzenloses Outrieren auch nur kaschieren.


    Gruß
    Dieter

    Stimmt, diesen Querschnitt habe ich ja auch (hab's fast vergessen!). Wirklich ein Jammer, dieser Verfall einer so wunderbaren Tenorstimme, zumal ich mich (vermutlich als einer wenigen in diesem Forum) für Josef Greindl in Bufforollen (nicht nur dort!) richtig begeistern kann. Er droht nie in die Karikatur abzugleiten und war sicher ein großartiger Kecal!


    Gruß aus Frankfurt
    Dieter