Zitat
Neumann-Spallart im O-Ton: "Lesen Sie um Gottes Willen keine Regieanweisungen. Entwickeln Sie Regie und Bühnenbild aus dem Text. Lassen Sie sich ausschließlich vom Text führen. Regieanweisungen stehen der szenischen Wirkung nur im Weg."
Edwin, hat Neumann-Spallart denn auch eine Begründung seiner Forderung geliefert? Oder hat er das mal eben aus seiner Erfahrung als alter Bühnenpraktiker gesagt, weils seiner Meinung nach einfach so ist?
Ein anderer alter Bühnenpraktiker, der nicht nur komponiert und sein eigenes Libretto geschrieben, sondern auch Wagner-Opern inszeniert hat, Hans Pfitzner nämlich, meint dagegen: "Es gibt keine einzige Wagnersche Bildvorschrift, die nicht, getreulich ausgeführt, ein eigenartiges, entzückendes Bühnenbild darstellte, außerdem aber alle Vorgänge, die zur Handlung nötig sind, auf das Natürlichste ermöglichte. Setzt man sich über die kleinste Vorschrift hinweg, mit der überheblichen Begründung, das könne man heute "so" nicht mehr sehen, oder aus irgendwelchen sonstigen Malergründen, so entsteht notwendig sofort zum mindesten Unverständlichkeit des Vorgangs (der immer im Drama die Hauptsache ist), wenn nicht Unsinn und Unfug; in jedem Falle aber das Ausbleiben der gewollten und einizig richtigen Wirkung."
Und weiter heißt es bei Pfitzner: "Wie in aller Welt kommt eigentlich ein Mensch auf den Gedanken, eine szenische Vorschrift für nichts zu achten, als ob sie nicht zum Werk gehöre?"
Diese Frage hat mir leider noch niemand - auch du und Herr Neumann Spallart nicht - mit schlüssigen Argumenten beantworten können.
Und noch weiter heißt es: " Die übel erfundene Ausrede für sinnlose Gewaltsamkeiten an Szenenbildern >das kann man heute nicht mehr "so" sehen< wird gedankenlos und verantwortungslos von allen nachgeplappert, vom Publikum schließlich auch. Ich aber möchte den geistesgesunden Menschen sehen, der nicht mehr auf der Bühne einen Wald sehen kann und stattdessen einen Kubus oder einen Vorhang verlangte."
So Pfitzner im Jahre 1929. Und auch heute noch habe ich seinen Zeilen eigentlich nichts hinzuzufügen.
Bestimmt kommen gleich einige und meinen, das sei ja eine absolut steinzeitliche Sichtweise. Jeder denke, was er mag - ich finde Pfitzners Gedanken (leider!) beklemmend aktuell.
Viele Grüße
Bernd
(Faerber muß noch etwas warten)