Beiträge von Myschkin

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    Die Sinfonien Schostakowitschs höre ich momentan verstärkt häufig und intensiv, um zu lernen, warum die Sinfonien dieses Komponisten eine solch immense Popularität genießen, während die Streichquartette nur ein mickriges Randdasein führen. Was ist bei den Sinfonien besser?
    Ich selber schätze die Quartette bisher erheblich mehr.


    Ist gigantische Sinfonik mit rumfuchtelnden Dirigenten und riesigen Orchestern voller Blech, Holz und Streicherarmeen nicht ganz allgemein populärer als die etwas intimere Kammermusik? ;)
    Insofern ist an den Sinfonien wohl bloß "besser", dass sie Sinfonien sind?
    Mir sind die Streichquartette ein klein wenig wichtiger und von den Sinfonien mag ich neben der Fünften und Achten die beiden "kammermusikalischsten" (14 u. 15) am liebsten (auf der anderen Seite ist eine gute Aufführung der Siebten Sinfonie, bei der das Orchester ums Leben zu spielen scheint, ein so atemberaubendes Erlebnis, dass man währenddessen fast geneigt ist, alle Kammermusik dieser Welt zu vergessen...)

    Ich las das Buch "Keine Angst vor klassischer Musik" von Michael Walsh und ließ mich durch die Begeisterung des Autors dazu hinreißen, ein paar Mark für Naxos-CDs auszugeben. Bis dato hatte ich mit E-Musik nichts am Hut.
    Vaughan Williams "London Symphony" weckte dann ungeahnte und ungekannte Faszination in mir (was die "Eroica" und einige andere große Werke, die ich heute sehr mag, vorher nicht vermocht hatten). Ich hörte es immer wieder mit Kopfhörer!
    Das nächste Stück, dass mich ähnlich begeisterte, war dann der Sacre von Strawinski mit seinen wilden Rhythmen!
    Diese beiden Werke erschlossen mir damals die E-Musik und haben somit mein Leben verbessert! :)

    Die drei Lieblingswerke der "klassischen Moderne" sind für mich:


    1. Berg - Violinkonzert
    Das ist einfach wunderschön!


    2. Schönberg - Zweites Streichquartett
    Gleichfalls wunderschön, ein Streichquartett mit Gesang!
    Ich mag besonders die Aufnahme des Arditti-Quartetts mit Dawn Upshaw.


    Ich fühle luft von anderem planeten. (...) Ich löse mich in tönen, kreisend, webend, Ungründigen danks und unbenamten lobes


    3. Strawinski - Le sacre du printemps


    Die drei Lieblingswerke der Moderne sind für mich:


    1. Schnittke - Klavierquintett
    Enthält einen sehr garstigen und schmerzlichen Walzer (und ist auch sonst nicht sehr "fröhlich"), ist sehr zugänglich und man geht einem nicht mehr aus dem Kopf. Gibt viel Großartiges von Schnittke!


    2. Nono - Como una olo de fuerzsa y luz
    Das muss man einfach gehört haben. Entzieht sich jeder Beschreibung... Schön, dass es sogar zwei Interpretationen (Abbado und Kegel) gibt! Kegel ist etwas "brutaler"!


    3. Boulez - Sur Incises
    Ich hätte auch mein geliebtes "Pli selon pli" nennen können, aber "Sur Incises" gefällt mir eigentlich einen kleinen Tick "besser" (zumindest momentan)

    Zitat


    Vielleicht bin ich ja sentimental, hoffnungslos altmodisch, habe was an den Ohren oder keine Ahnung von Musik. Eins steht jedenfalls fest: So schön habe ich noch nie in meinem Leben jemanden Geige spielen gehört.


    Ich bin das dann alles auch. Ich habe vier oder fünf verschiedene Versionen von Alban Bergs Violinkonzert gehört und alle waren auf ihre Art und Weise gut, aber nie habe ich es so "schön" gehört wie von Anne-Sophie Mutter. Und mittlerweile höre ich das Violinkonzert von Berg am liebsten so extrem "schön"! Dazu stehe ich! :baeh01:

    Wagner - Meistersinger (12)
    Berg - Wozzeck (11)
    Schostakowitsch - Lady MacBeth aus Misensk (10)
    Bartok - Blaubarts Burg (9)
    Debussy - Pelleas und Melisande (8 )
    Puccini - Madame Butterfly (7)
    Wagner - Lohengrin (6)
    Wagner - Der fliegende Holländer (5)
    Wagner - Die Walküre (4)
    Britten - Peter Grimes (3)
    Bizet - Carmen (2)
    Henze - Das verratene Meer (1)

    Für eine einsame Insel bin ich nicht geschaffen, weil ich nach wenigen Monaten die Einsamkeit als zu erdrückend empfinden würde! :motz:


    Aber meine liebste CD kann ich benennen:



    Gustav Mahler - Neunte Symphonie - Live-Mitschnitt 1999, Berliner Philharmoniker, Claudio Abbado


    An Mahlers Neunter kann ich mich nicht satt hören. Sie ist Musik für Geist und Gefühl gleichermaßen. Die Verflechtung von kleinsten Splittermotiven zum großen, stimmigen Ganzen kann ich immer wieder erstaunt mitverfolgen und doch nie bis zum allerletzten durchschauen. Darüberhinaus kann ich einfach die Musik auf mich wirken lassen und darin soviel Schönheit (aber auch Häßlichkeit), Wehmut (aber auch Lebensfreude) und Erdverbundenheit (aber auch Entrücktheit) finden, dass es mir das Herz schier zu zerreißen scheint bei all diesen Eindrücken! Die Musik deckt ein dermaßen breites Spektrum ab, dass sie wirklich "eine ganze Welt" ist und trotzdem ist sie in sich geschlossen und logisch!


    Es gibt viele gute Interpretationen dieser Symphonie, aber genannte hat erstens den Vorteil, ein Live-Mitschnitt zu sein (ein unmittelbares Musizieren voller Energie) und ist zweitens interpretatorisch im (für mich) richtigen Spannungsfeld zwischen Spätromantik und Moderne. Die scharfen Töne sind nicht glattgebügelt, das Finale erstickt nicht im Emotionalen (wie bei Bernstein), ist aber auch nicht unterkühlt (wie bei Boulez, den ich ansonsten bei Mahler sehr schätze). Das klingt langweilig, ist es aber nicht, denn gerade dieses Ausbalancieren zwischen Geist und Gefühl sorgt für eine unglaublich intensive Interpretation, die einen sprachlos und erstarrt zurücklässt! Deswegen setzt der Applaus auch erst nach einiger Zeit ein...


    Ich hoffe, ich konnte das einigermaßen kommunizieren, ich tu mir eher schwer mit dem Beschreiben von Hörerlebnissen!


    Wenn ich Schostakowitschs Fünfte hören möchte (was nicht selten vorkommt), greife ich sehr oft zu einer CD, die ich einst in Frankreich kaufte.
    Dimitri Mitropoulos dirigiert das New York Philharmonic (1953). Mitropoulos scheut die derben und "unschönen" Klänge nicht und hat das richtige Gespür für die Ironie der Symphonie. Das Allegretto klingt so lustig und keck wie ein Clown mit Liebeskummer (und bringt einen gerade deswegen zum Lachen), das Adagio vermag einen in ernsthaften Depressionen zu stürzen und der Finalsatz klingt so freudlos wie der Marsch einer Strafkompanie, die Minenfelder räumenund dabei das "Lob der Partei" singen muss (und ist damit der große Gegensatz zum Jubel, den das Orchester ein paar Jahre später unter Lenny fabriziert)!
    Klanglich ist Die Aufnahme für das Alter durchaus in Ordnung!