Na ja Figarooo...
"Verdi in München: sängerisch exzellent
Otellos 'Otello'
Nach der Premiere 'Otellos' an der Bayerischen Staatsoper
(1999) wurde das Dirigat Zubin Mehtas bejubelt. Francesca Zambellos
Regie nahm sich unspektakulär aus. Das technizistisch stilisierte
Bühnenbild neigt dem Kunstgewerblichen zu. Teils ist es dysfunktional:
Beim Besteigen der Rampen verlassen die Sänger seitlich das Blickfeld.
Eine überzeugende Lösung für Massenszenen hat Zambello nicht gefunden.
Der (musikalisch tadellose) Chor bewegt sich, nicht nur im Trinklied, an
der Albernheitsgrenze. Das Blitzlicht-Gewitter der Sturmszene ist vor
zarter Lächerlichkeit nicht gefeit.
Nichts spricht dafür, Otello mediterranen Tenören vorzubehalten. Mehr
als einer ist an der Partie gescheitert. Bekanntester Fall: Pavarotti.
Darüber hinaus ist Otello, der "Mohr", im venezianisch-zypriotischen
Umfeld ein Fremder – wie Peter Seiffert, der Musterfall eines deutschen
und Wagner-Tenors. Seiffert verfügt, noch im fortgeschrittenen Alter,
über beachtlichen Höhenglanz, zugleich über zarte Töne, sichere
Stimmführung und Tongebung auf dem Atem. Dass er in jungen Jahren als
Boxer gewirkt hat, verleiht ihm körperliche Autorität, wie sie dem
Haudegen Otello nicht schlecht zu Gesicht steht.
Seiffert war der Star des Abend. Das 'Esultate' stemmte er
unangestrengt in die Höhe. Breite Mittellage, bruchlos verblendete
Register, klare italienische Aussprache und dynamische Weite –
solcherart waren seine stimmlichen Vorzüge. Darstellerisch erbrachte er
eine konventionelle, aber hinreichend engagierte Leistung.
In Person Claudio Sguras war Seiffert ein veritabler Heldenbariton
zur Seite gestellt worden. Dies war dem Gleichgewicht der Partien
zuträglich. Ein Jago dieses Zuschnitts verlegt sich nicht aufs Säuseln,
Schmeicheln und listige Grinsen. Sgura gab einen verhaltenen, vornehmen
Schurken. Im 'Credo' bot er grimmige Ausbrüche. Die große, knorrige
Stimme war technisch sauber gebildet, wenngleich monochrom, nicht reich
im mezza voce und an Nuancen. Pavol Breslik erfreute mit sauberem,
leichtem Tenor: Cassios Arglosigkeit wurde nicht gegen diesen verwandt –
ein Tor, aber kein Dummkopf.
Krassimira Stoyanova zeigte Desdemona nicht übermäßig mädchenhaft und
naiv. Ihr voluminöser, dunkler Sopran wirkt aller Verniedlichung
entgegen. Expansives Legato, tragendes Piano und sichere Spitzentöne
ergaben eine stimmlich ansprechende Leistung. An darstellerischer
Intensität, jenseits opernüblicher Bewegungsschablonen, übertrifft
Stoyanova die meisten Desdemonas dieser Tage.
Asher Fish und das Bayerische Staatsorchester boten solide
Repertoire-Konfektion. Die Tempi nahmen sich (allzu) unaufgeregt aus.
Der Seesturm stürmte nicht. Immerhin wusste Fish das Orchester zu
dämpfen. Sänger brauchten nicht zu forcieren. Das Tutti erfreute mit
unverbrüchlicher, undramatischer klanglicher Milde. Bisweilen schwangen
sich einzelne Stimmen zu theatraler Beredsamkeit auf. Meist herrschte
gediegene Gleichförmigkeit. Übertriebene Artikulationsfreude war nicht
festzustellen. Phrasierungen mangelte Reliefenergie und Plastizität. Das
technische Niveau war nichtsdestoweniger hoch. Das Blech schmetterte
saubere, strahlende Fanfaren. Die Holzbläser gefielen mit Schönheit des
Tons. Nicht alle Einsätze gelangen präzise. Das orchestrale Niveau
dieses 'Otello' war insgesamt durchschnittlich, das sängerische
vorzüglich. Peter Seiffert ragte heraus: Dieser 'Otello' gehörte Otello."
Das zu Deiner Kritik über einen gewissen Herrn Seiffert.
LG, Bernward