Beiträge von Christian B.

    Schon der Trailer des Films ist hart, zumindest für mich. Ich kenne den Film (noch) nicht, frage mich aber, ob ein Film das richtige Medium ist für solche Geschichten? Denn was für einen Sinn macht es, das Grauen 1:1 darzustellen? Ich habe darauf keine Antwort. Was kann ein filmisches Kunstwerk damit erreichen? Die genaue Darstellung von Vernichtung? Die Antwort kann doch nur sein, dass darüberhinaus eine Reflexionsebene aufgemacht wird.

    Die Besprechungen bei IMDB deuten immerhin darauf hin, dass dies hier gelungen ist. Man erfährt dort auch einiges über die Dreharbeiten.
    https://www.imdb.com/title/tt0091251/?ref_=ext_shr_lnk

    Ich habe jetzt seit langem mal wieder in die von Alfred als zu extrem und wenig wienerisch eingestufte Artemis-Aufnahme reingehört. Zunächst fällt auf, dass sie für den ersten Satz 15 Minuten brauchen, andere Quartette hingegen zumeist um die 11 Minuten. Allerdings spielen sie die vorgeschriebene WH der Exposition (die Guarneris lassen sie bspw. weg). Der Klang ist ungemein gut abgebildet, besser kann man das nicht aufnehmen, finde ich. Das Spiel betont gleich zu Beginn die Dissonanzen, ist aber durchaus klangschön, sonor und kraftvoll - und von einer schier unglaublichen Dynamik! Ich bewundere auch sehr die präzise Gestaltung der Themen, da ist alles ausgeleuchtet. Ein Stück, das den Tod im Titel hat, muss abgründig sein, das ist ihm eingeschrieben. Auch beim Amadeus Q. ist alles da, aber ich finde die Themen von ihrem Charakter nicht so prägnant erfasst. Und klanglich sind es doch Welten.

    Ich habe über das Amadeus Quartet die Haydn-Quartette kennengelernt und das hat mich dann lange davon abgehalten, mich weiter damit zu beschäftigen. Spröde ist vielleicht nicht das treffende Wort, aber ihnen geht meines Erachtens eine Klangsinnlichkeit ab, die für mich bei einem Quartet wichtig ist. Übrigens gibt es auch von den Alban Bergs eine irre expressive Live-Aufnahme von D. 810. Die haben ja einen starken Bezug zu Wien gehabt, vielleicht erleichtert Dir das den Zugang? Jedenfalls spielt nicht erst das Artemis Quartet so extrem.


    Ich finde übrigens auch, dass ein Gleichgewicht bei diesen Werken unabdingbar ist, deshalb gefallen mir hier die genannten amerikanischen Ensembles so gut. Sie sind sinnlicher und schöner im Klang, aber natürlich auch anaylatisch voll auf der Höhe.


    Viele Grüße nach Wien!


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    Ich war eigentlich erschrocken über die Radikalität der Interpretation. Hier wird Ausdruck über Musik gestellt, höchste Dynamik und Intensität.

    ...

    Ich hab mir im Gegenzug dazu auszugsweise die Aufnahme mit dem Amadeus-Quartett angehört. Sie ist ebenfalls recht forsch (auf jedenfall forscher als ich sie in Erinnerung hatte) was natürlich auch ein Vorgabe de Werkes qan sich ist. Allerdings - man bemerkt es erst nach mehreren Minuten des Hörens, ist hier auch dem Schönen Klang Tribut gezollt worden. Der Spagat ist IMO gelungen

    Wenn die Interpreten des Artemis Quartetts schreiben, sie hätte eine unbeschreibliche Modernität entdeckt, dann würde ich das bedingt bejahen.

    Sie haben einen Aspekt des Werkes entdeckt und betonen ihn. Und das hört man. Ich sage das wertfrei, denn es wird sicher einem Menge Leute zum Jubeln bringen. Wie immer man zur Aufnahme steht: Beeindruckend ist sie in jedem Fall.


    Die interessante Frage ist doch, ob moderne Quartette wie das ARTEMIS Quartet da etwas spielen, was nicht in den Noten steht, oder ob sie es unverhältnismäßig gewichten. Dein Bezug ist das Amadeus-Quartet. Ich konnte mit deren spröden und wenig beweglichen Klang nie etwas anfangen. Dabei bin auch eher über ältere Formationen sozialisiert worden, aber bei mir waren es das Juilliard- oder das spielfreudige Guarneri-Quartet, die beiden im Ton viel geschmeidiger und - vor allem die Juilliards - auch leuchtender sind.


    Und wenn man diese Aufnahmen nun vergleicht, dann wird man meines Erachtens feststellen, dass das Artemis-Quartet so radikal gar nicht ist, wie von Dir dargestellt. Eine gute Gelegenheiten zu vergleichen sind die wunderbaren Aufnahmen der Guarneris, die gerade wiederveröffntlicht worden sind. Den Schubert müsste ich mir daraufhin einmal anhören. Aber ich habe die Juilliards und Guarneris deutlich klangschöner in Erinnerung als das Amadeus-Quartet! Übrigens ist schon die Aufnahme des hier bereits erwähnten Busch-Quartets maximal ausdrucksstark, das kann man also den modernen Formationen kaum vorhalten.


    Nach Europa und auch nach Deutschland ist diese woke Welle leider längst übergeschwappt.

    Es gibt auch Weiterentwicklungen aus den vorhandenen feministischen Studien. Ich halte diese Strömungen für sinnvoll und wichtig, aber nachhaltig befruchten konnten sie die Wissenschaft (wie es etwa die Dekonstruktivisten weit über die eigene Blase hinaus), auch aus den von Dir genannten Gründen, bislang wohl noch nicht.

    Das Du ein gravierendes Vorurteil gegenüber Philosophie, gegenüber den Geisteswissenschaften und gegenüber der Ästhetik hast, ist mir schon klar.

    Tatsächlich habe ich vor allem gegen apodiktisch formulierte Thesen, so wie hier oft vorgeführt, eine Abneigung. Das ist das Gegenteil von dem, was diese Disziplinen eigentlich lehren.
    Und ja, ich bin der Meinung, dass diese Disziplinen sich wenig weiterentwickelt und zur Lage der Gesellschaft heute nur wenig beizutragen haben, aber das steht auf einem anderen Blatt.

    Ästhetische Urteile bekommen nämlich ihre Verbindlichkeit durch den Bezug auf eine ästhetische Idee, die man freilich erkennen können muss.

    Ich denke, hier liegt der Hund begraben, warum es immer wieder die gleichen, letzlich furchtlosen Diskussionen gibt.


    Das ist ein Postulat, das meines Erachtens nicht so selbstverständlich ist, wie Du es immer vorraussetzt.


    Ich glaube jedenfalls nicht, dass man immer von einer ästhetischen Idee, oder einem vorgegebenen Konzept ausgehen kann. Gewiss gibt es Künstler, die versuchen eine bestimmte Vorstellung von einem Werk zu realisieren. Aber da jeder große Interpret bereits einen unverkennbaren Personalstil hat, kann er eine solche Werkkonzeption immer nur im Rahmen seines eigenen Personalstils verwirklichen, nicht aber als eine davon unabhängige Idee. Wenige Gegenbeispiele mögen die Regel bestätigen.


    Es gibt ein faszinierendes Interview mit Bruce Liu, in dem er blind sehr viele Pianisten allein an ihrem Personalstil erkennt.

    https://www.rondomagazin.de/artikel.php?artikel_id=4345


    Ein kompetentes, auf professionellem Niveau praktizierendes Forenmitglied, das nicht mehr hier ist, hat in diesem Zusammenhang bereits darauf hingeweisen, dass in der Praxis bei der Erarbietung eines Werkes andere Umsetzungs-Fragen eine größere Rolle spielen. Das fand ich überzeugender als solch ein ästhetisches Postulat. Das bleibt für mich eine Behauptung.

    Ich habe meine Kritik ... begründet und das finde ich sehr gut. Alle Anderen haben nur eine völlig unbegründete subjektive Meinung dagegen gesetzt.


    Ich habe Dir auf sachlicher Ebene nicht widersprochen, sondern ausdrücklich auf subjektiver Ebene und das auch kenntlich gemacht.

    Andere subjektive Meinung muss man aushalten können. Man könnte sie auch einfach stehen lassen und dagegen eine andere subjektive Meinung setzen. Vielleicht wäre das sogar interessanter.

    An einem Ort wie diesen haben subjektive Meinungen absolut ihre Berechtigung. Ich finde sie oft sogar am Interessantesten, siehe heute bspw. den Beitrag von Tristan, weil sie immer auch etwas über den Hörer erzählen. Ein Peter Cossé konnte das einst sehr gut, es war immer eine Freude, seine Kritiken zu lesen. natürlich hatte er auch Sachverstand, aber ich habe ihn vor allem gelesen, weil er so wunderbar subjektiv war.

    ästhetische Bildung. Die hat man, oder die hat man nicht.

    Das erscheint mir doch sehr arrogant und dabei stimmt es nicht einmal.

    "Berechtigt" ist an der Ciccolioni-Interpretation ganz einfach nichts, das sagen die Fakten.

    Macht es denn überhaupt Sinn, die poetischen Freiheiten eines damals beinahe 90jährigen Interpreten auf ihre 'Berechtigung' zu befragen, zumal auf Basis eines vermutlich unauthorisierten Mitschnitts? Für mich ist das kein lohnendes Thema für eine Auseinandersetzung.


    Erstaunt nehme ich aber zur Kentniss, dass ein Musikliebhaber wie Tristan2511 der zauberhaften Ravel Sonatine gar nichts abgewinnen kann. Das finde ich viel interessanter - und es zeigt doch einmal mehr, wie subjektiv Musik auf uns wirkt.

    Hast Du gesehen, dass es von der Cascavelle Box (mit Carnaval de Vienne op. 26 - also dem Faschingsschwank! In der neuen Erato Box steht jedoch Carnaval op.9) eine Neuauflage gibt zusätzlich mit Scarlatti, Schubert, Debussy Preludes 1 und Liszt? Ich habe noch die alten Version mit 6CDs.

    Seine Cascavelle-Schumann-Aufnahme hat zu Recht einige Preise gewonnen, er spielt auch die selten zu hörende 3. Sonate.

    Wohl nur als Download erhältlich, aber das muss kein Nachteil sein.


    https://www.qobuz.com/gb-en/al…o-ciccolini/v1vdvzhlmzymc


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    Das ist ein ähnliches Elend wie bei Samson Francois: die neue Box ist immer umfangreicher als die Vorangehende, und bei Ciccolini erspähe ich auch direkt Aufnahmen, die ziemlich sicher in der alten Box nicht enthalten sind (Salieris zwei KKs, Kegelstadt von Mozart, KK 3 und 4 von Beethoven). Ich werde da wohl wieder zuschlagen müssen.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Und die Sonatine von Ravel?
    Anscheind nicht dabei.
    Dafür der Carnaval von Schumann, der ist glaube ich neu.
    Sehr stark finde ich ja seinen Debussy, damit habe ich ihn in den 90ern live gehört.

    Da Du die Noten hast, ich jedoch nicht, hast Du bestimmt Recht.


    Aber ich denke, dass es neben Ravels eigener Auffassung des Stücks auch andere Sichtweisen geben kann, die ihre Berechtigung haben. Es gibt in der Kunst nie nur eine Sichtweise, es gibt eine wunderbare Pluralität von Meinungen und Ansätzen, und wenn eine Herangehensweise der Auffassung des Komponisten oder Schöpfers völlig entgegengesetzt ist, dann mag diese dennoch ihre Berechtigung haben, wenn sie in sich stimmig, konsequent und wahrhaftig ist.



    Über die Leistungen alter Pianisten wurde hier ja bereits sehr unterschiedlich geurteilt. Da warst Du auch schon mal nachsichtiger.

    Mir gefällt dieses langsame Tempo im ersten Satz, Zucker höre ich keinen, auf youtube finden sich aber weitere Hinweise zu bestimmt auch altersbedingten Eigenmächtigkeiten in einem der leichteren Werke Ravels.


    Anlässlich einer Neuausgabe der Sonatine hat der Henle-Herausgeber auf einen bislang unbeachteten Komponier-Wettbewerb aufmerksam gemacht, der Ravel zu diesem Werk inspiriert hat. Lesenswert!


    "Neugierde lohnt sich. Zur Entstehung von Maurice Ravels Klaviersonatine"

    https://blog.henle.de/de/2012/…e-ravels-klaviersonatine/

    Es ist so ein wunderschönes Stück! Aber gibt es irgendwas von Ravel, was nicht den allerhöchsten Ansprüche gerecht wird? Ich glaube nicht. Interessant wären ja mal ein paar Gedanken darüber, was Ravel hier aus der Sonatenform macht. Hat er sie weiterentwickelt? Mir erscheint die Sonatine sehr spielerisch, sie scheint auf klassische Merkmale einer Sonate zu verzichten.


    Die Youtube-Aufnahmen von Ciccolini (Danke, Thomas!) gefällt mir sehr, zu Beginn entwickelt er das Thema beinahe mit Zärtlichkeit, das hört man nicht so oft (M. Haas und andere sind da 'geerdeter'), schade, dass er von Ravel so wenig aufgenommen hat, vom Solo-Klavierwerk ja wohl nur ein Stück.


    Heute ist übrigens eine neue Aufnahme von Jean-Efflam Bavouzet ersschienen (im Rahmen einer weiteren Ravel-Gesamteinspielung des Klavierwerks), das zumindest als Hinweis.

    Die FRIEDENSFEIER hat mich weiter beschäftigt und ich möchte zumindest noch einmal kurz darauf zurückkommen und meine Lektüre teilen. Denn manche der rätselhafte Zeilen werden tatsächlich etwas verständlicher, wenn man sie in den Kontext anderer Gedichte Hölderlins stellt. Es bedarf dafür auch kein großes hermeneutisches Besteck (wer sich dafür interessiert, lese den oben genannten Peter Szondi).


    So bspw. in der vierten Strophe folgende seltsame Zeilen - was ist mit Stra[h]l gemeint?

    "Das Kornfeld rauschte rings, still athmete die Kühlung

    Vom Schatten des geweiheten Gebirges,

    Und die lieben Freunde, das treue Gewölk,

    Umschatteten dich auch, damit der heiligkühne

    Durch Wildniß mild dein Stral zu Menschen kam, o Jüngling!"


    Vgl. hierzu die späte Hymne "Wie wenn am Feiertage" (1800):

    "Doch uns gebührt es, unter Gottes Gewittern,

    Ihr Dichter! mit entblößtem Haupte zu stehen,

    Des Vaters Strahl, ihn selbst, mit eigner Hand

    Zu fassen und dem Volk ins Lied

    Gehüllt die himmlische Gabe zu reichen."


    Die Dichter unter den Menschen sind also dazu bestimmt, Gottes Strahl "zu fassen und dem Volk ins Lied gehüllt als Gabe zu reichen" Dieser Gedanke findet sich immer wieder bei Hölderlin (auch in anderen Varianten).


    In der siebten Strophe bin ich an folgender Wendung hängen geblieben:

    "Einmal mag aber ein Gott auch Tagewerk erwählen,

    Gleich Sterblichen und theilen alles Schiksaal."


    Vgl. hierzu die achte Strophe aus DER RHEIN, wo der Gedanke weiter ausgeführt wird:

    "Es haben aber an eigner

    Unsterblichkeit die Götter genug, und bedürfen

    Die Himmlischen eines Dings,

    So sinds Heroen und Menschen

    Und Sterbliche sonst. Denn weil

    Die Seligsten nichts fühlen von selbst,

    Muß wohl, wenn solches zu sagen

    Erlaubt ist, in der Götter Namen

    Teilnehmend fühlen ein andrer"


    Auch der Gedanke, dass Götter der Menschen bedürfen, kehrt in Hölderlins Werkt mehrmals wieder. In der Friedensfeier ist er aber in der Verkürzung nur schwer lesbar, finde ich.


    So könnte man weitermachen und nach und nach wird der Text dann etwas klarer, allein durch andere Texte Hölderlins.

    Über die Gestalt des "Friedensfürsten" gibt aber nur dieser Text Auskunft.

    Ich hab es auswendig gelernt. Das will etwas heissen, denn ich tue mich schwer Texte einzuprägen.


    Wem das Gedicht ein Buch mit sieben Siegeln ist, eine Analyse, die vielleicht hilfreich ist.

    Respekt, es ist ein sehr fordernder, komplexer Text. Philosophischer auch. Wird er einfacher, wenn man ihn laut spricht? Es gibt wunderbare Zeilen (Des Göttlichen aber empfiengen wir / Doch viel…) und Rätsel, die sich nicht auflösen lassen, so sehr man sie auch befragt und wendet.
    Anstelle des verlinkten Focus-Textes möchte ich Neugierigen noch Peter Szondis umfangreiche und brillant geschriebene Analyse empfehlen, zu finden in „Einführung in die literarische Hermeneutik“, Frankfurt 1975.

    Auf dem Schumann-Portal findet man weitere Informationen über literarische Bezüge und Schriftsteller, mit denen sich Schumann beschäftigt hat:

    https://www.schumann-portal.de/schumann-und-die-dichter.html


    Der mit ETA Hoffmann wichtigste Autor, Jean Paul, fehlt dort jedoch, wahrscheinlich, weil ihn nur wenige gelesen haben. Hans Wollschläger würde jetzt zu einem seiner legendären Rundumschläge ansetzen. Ich möchte lediglich noch einmal auf den Einfluss Jean Pauls auf die frühen Klavierwerke Schumanns hinweisen (Papillons, Carnaval, Davidsbündlertänze, Faschingsschwank).


    Zu diesem Thema gibt es auch eine Studie, die ich gerade erst entdeckt habe. Die zugrundeliegende Promotionsarbeit ist legal als Download verfügbar und behandelt neben den genannten frühen Zyklen auch die Arabeske, das Blumestück und die Humoreske.


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    "Die vorliegende Studie beginnt mit einer gründlichen Untersuchung von Jean Pauls literarischem Stil, wobei die Abschweifungen, die Intertextualität, die Selbstreflexivität und das Jenseitige, die ihn auszeichnen, hervorgehoben werden. Der ähnlich abschweifende Stil, den Schumann entwickelt hat, wird dann in seinen frühesten Werken untersucht, darunter der dauerhafte und höchst originelle Carnaval [1835], und in den Zyklen der späteren 1830er Jahre, insbesondere Davidsbündlertänze und Faschingsschwank aus Wien. Eine Analyse von drei einsätzigen Werken aus den Jahren 1838-39 zeigt schließlich Verbindungen zu Jean Pauls Auseinandersetzung mit der Idylle auf, einer alten Gattung, die im 18.Jahrhunderts wiederbelebt wurde.

    Erika Reiman promovierte in Musikwissenschaft an der Universität Toronto [1999] und lehrte an der Brock University, der Wilfrid Laurier University, der University of Guelph und der University of Toronto; sie ist auch als Pianistin und Kammermusikerin tätig."


    Die Promotion ist hier zu finden:

    https://www.collectionscanada.…pe9/PQDD_0007/NQ41291.pdf

    Es gibt noch einen Mitschnitt der 5. Symphonie mit dem Chicago Symphony Orchestra von Oktober 2000. Beide Aufnahmen sind m. E. sehr hörenswert. Gerade bei der Fünften und Achten würde ich kaum an Boulez denken, aber man wird doch immer wieder überrascht.


    Laut abruckner.com gibt es noch die 7. und 9. Symphonie mit den Wiener Philharmonikern (2005 bzw. 2001), letztere auch mit dem Los Angeles Philharmonic (2003).

    Ich habe diesen Hinweis erst jetzt gesehen. Würde ich gerne hören, Boulez' Achte ist sehr beeindruckend.

    Wo finde ich denn diese Bruckner-Aufnahmen?

    Noch nie davon gehört. Die Angaben ergeben keinen Treffer (bspw. Karna Musik CD KA 195M und Fachmann FKM-CDR 354).

    Die in dem verlinkten Text erwähnte "Tarzanmethode" erinnert mich an die eine oder andere Diskussion: "Der Interpret schwingt sich von Symbol zu Symbol, er meidet peinlich jede Bodenberührung. Oder die Tauchermethode: Der Interpret haut an einer geeigneten Stelle ein Loch in die Oberfläche des Textes und befindet sich fortan in dessen grenzenloser Tiefe." (S. 172)


    Autor Eibl hatte auch Humor, wie man sieht. Er hat unter anderem die Goethe-Gedichteausgabe in zwei Bändern im Deutschen Klassiker Verlag herausgegeben (1987) und darin extensiv falsifiziert. Er ist also nicht irgend eine Doktorand, der eine Arbeit hochgeladen hat (wobei für mich das Renomee eher nebensächlich ist).


    Wie finden wir nun zu Schumann zurück?


    moderato hast du noch weitere Werke Schumanns mit literarischen Bezügen in petto, das können unmöglich schon alle gewesen sein?


    Gibt es bei den BUNTEN BLÄTTERN literarische Bezüge? Ich schätze diese Sammlung sehr und staune immer wieder, dass sie kompositorisch wie aus einem Guss wirkt, aber doch nur eine Sammlung übrig gebliebener Stücke ist. Das ist Rätsel und Wunder zugleich.

    Und was ist den symphonischen Werken?

    Diese Betonung der Vorläufigkeit von methodischen Prämissen überhaupt in einem offenen Forschungsprozess ist viel radikaler als Popper, der sich damit begnügt, dass die fertigen Forschungsergebnisse dann hinterher falsifizierbar sind.

    Ich wüsste nicht, was daran radikal ist - zumindest wie hier vorgeführt. An diskutablen Feststellungen und in Frage gestellten Erkenntnissen wird festgehalten und Einwendungen werden mit zuweilen ins Nichts führenden Exkursen zerredet. Expertenmeinungen werden ignoriert. Nicht einmal der nötige Hinweis eines Naturwissenschaftlers auf einen offensichtlichen Fehler hat daran etwas geändert. Vorläufigkeit? Ich sehe da eher Voreingenommenheit.


    Auch muss ich leider sagen, dass meine Schelte gegen die Geisteswissenschaften sich vor allem gegen diese von Dir - da muss ich jetzt einmal persönlich werden - hier vorgeführte Praxis richtet, die eben sehr apdodiktisch ist und niemals voräufig oder gar suchend. Ich stecke in dieser Welt nicht mehr tief drin und kann über deren Zustand nicht detailliert berichten, da hast Du Recht. Meine beiden Professoren sind letztes Jahr verstorben, deren Arbeiten habe ich immer noch verfolgt. Vor allem der Romanist Rainer Warning ist ein großartiger, präziser und auch inspirierender Lehrmeister gewesen und seine Erkundungen haben in München regelmäßig den großen Saal gesprengt.

    Die Poppersche Theorie hat einfach ganz pragmatisch reichlich wenig mit dem zu tun, wie Geisteswissenschaftler praktisch arbeiten.

    Und weil die Geisteswissenschaften so arbeiten und sich nicht weiterentwickeln, weil sie lieber weiter bedeutungsvoll Schwadronieren, haben sie an Relevanz verloren. Das verlinkte Beispiel zeigt, wie es anders gehen könnte.
    Aber wie schon Thomas sagte, das ist zu weit weg vom Thema.

    Haha, ich habe gar nicht an Foucault gedacht, interessant. Es ist ein bisschen seltsam, dass Du hier immer einen wissenschaftlichen Diskurs zu führen versuchst, dabei ist das nicht der Ort dafür. Mir ging es darum, dass auch vermeintlich "zeitlos gültige Erkenntnisse" immer ihrer Zeit unterliegen. Aber ich werde dafür keine wissenschaftlichen und auch keinen zeitlos gültigen Beweis erbringen ;-) Deine „zeitlosen Erkenntnisse“ konnten mich bei diesem Thema bisher jedenfalls nicht überzeugen und ich bezweifle die Gültigkeit, die Du für sie beanspruchst.


    Lassen wir es dabei bewenden.

    Dieser Thread ist Schumann gewidment, nicht theoretischen Diskussionen. Ich möchte in aller Kürze nur auf den Fall J.K. Rowling verweisen, der - ausgelöst von einer Äußerung Rowlings -, deutlich macht, wie problematisch die vage theoretische Forderung nach einer Trennung von Werk und Autor erscheint, wenn man ihm reale Konflikte zwischen Autor, Publikum und Werk gegenüberstellt. Dazu gibt es auch Publikationen und zahlreiche Diskurse. Es gibt weitere Fälle, Handke gehört auch dazu, die die klassische Trennung von Werk und Autor im 21. Jh. in Frage stellen. Dazu gibt es Literatur, ich verzichte auf wissenschaftliches Namedropping. Aber wenn Du in diesem Kontext 'wissenschaftlich arbeitest', solltest Du sie kennen.


    "Zeitlos gültige Erkenntnisse“ gibt es in den Geisteswissenschaften wie gesagt nicht, das ist Unsinn. Es gibt immer die Möglichkeit einer Weiterentwicklung, Präzisierung oder Falsifikation. Sonst wären das ja "eingemachte" Erkenntnisse, die man beliebig abrufen könnte, ohne das Umfeld zu betrachten, in dem ein Diskurs oder eine Veröffentlichung stattfindet. Und dass sich das Umfeld ändern kann, erleben wir gerade wieder einmal. Da werden Forschungszweige eingestampft, vernichtet und radikal durch andere ersetzt. Zeitlos gültig ist nichts in einer Gesellschaft, auch die Wissenschaft nicht. "Zeitlos gültige Erkenntnisse" sind immer die Erkenntnisse der aktuellen Machtstrukturen, auch wenn man das nicht wahrhaben will. Dazu gibt es genügend Literatur. Das nicht zu berücksichtigen wäre sehr naiv. Mit dem soliden werkimmanenten Handwerkszeug aus den 60 Jahren des 20 Jahrhunderts beispielsweise - also der Adenauerzeit - kann man auf viele Fragen des 21 Jh. keine Antworten finden (siehe Rowling, Handke und andere) und gewiss keine "zeitlos gültigen Erkenntnisse" gewinnen, da die Fragen jetzt einen anderen Bezugsrahmen haben.


    Aber Du kannst Deine "zeitlos gültigen Erkenntnisse“ gerne auf einen Podest stellen und bewundern. Du kannst sie natürlich auch hier einstellen, ich lese sie gerne, wie Du weißt, und manchmal reagiere ich auch darauf. Aber ein wisschenschaftliches Umfeld ist das hier natürlich nicht. Und wenn Du deine 'Erkenntnisse' hier so einstellt, dass man nicht darauf antworten kann, was immer wieder vorkommt, erfüllen diese 'Erkenntnisse' auch die mindeste wissenschaftliche Voraussetzung nicht.

    Es ist einfach notwendig und wird von keinem Literatur- oder Musikwissenschaftler von Format bestritten, dass man die Trennung von Autor/Werk machen muss. Das ist eine zeitlos gültige Erkenntnis.

    Das magst Du so sehen, aber es gibt hier eben auch völlig andere Meinungen - nicht erst im Zeitalter der Digitalisierung und der damit grundsätzlich veränderten Autorschaft hat der Diskurs eine gegenläufige Richtung genommen.


    „Zeitlos gültige Erkenntnisse“: das gibt es in den Geisteswissenschaften grundsätzlich nicht. Deswegen wäre es eigentlich auch ratsam, in einer Werkbetrachtung oder in einer Analyse den Vortrag mit ein bisschen Demut als eine Position zu kennzeichnen, die falsifiziert oder auch präzisiert werden kann. Da sind die Physiker weiter.

    Vielen Dank für die Erinnerung an ein Grundseminar Ende der 80er Jahre. Auch die Welt der Geisteswissenschaftler hat sich weiterentwickelt und diese Trennung von Werk und Autor/Künstler wird inzwischen auch anders gesehen, wobei es natürlich wichtig war, dass diese Trennung einmal vorgenommen wird und dass es auch einen Blick auf das Werk allein gibt. Aber ich mag das hier nicht weiter diskutieren (es führt zu weit weg).