Die FRIEDENSFEIER hat mich weiter beschäftigt und ich möchte zumindest noch einmal kurz darauf zurückkommen und meine Lektüre teilen. Denn manche der rätselhafte Zeilen werden tatsächlich etwas verständlicher, wenn man sie in den Kontext anderer Gedichte Hölderlins stellt. Es bedarf dafür auch kein großes hermeneutisches Besteck (wer sich dafür interessiert, lese den oben genannten Peter Szondi).
So bspw. in der vierten Strophe folgende seltsame Zeilen - was ist mit Stra[h]l gemeint?
"Das Kornfeld rauschte rings, still athmete die Kühlung
Vom Schatten des geweiheten Gebirges,
Und die lieben Freunde, das treue Gewölk,
Umschatteten dich auch, damit der heiligkühne
Durch Wildniß mild dein Stral zu Menschen kam, o Jüngling!"
Vgl. hierzu die späte Hymne "Wie wenn am Feiertage" (1800):
"Doch uns gebührt es, unter Gottes Gewittern,
Ihr Dichter! mit entblößtem Haupte zu stehen,
Des Vaters Strahl, ihn selbst, mit eigner Hand
Zu fassen und dem Volk ins Lied
Gehüllt die himmlische Gabe zu reichen."
Die Dichter unter den Menschen sind also dazu bestimmt, Gottes Strahl "zu fassen und dem Volk ins Lied gehüllt als Gabe zu reichen" Dieser Gedanke findet sich immer wieder bei Hölderlin (auch in anderen Varianten).
In der siebten Strophe bin ich an folgender Wendung hängen geblieben:
"Einmal mag aber ein Gott auch Tagewerk erwählen,
Gleich Sterblichen und theilen alles Schiksaal."
Vgl. hierzu die achte Strophe aus DER RHEIN, wo der Gedanke weiter ausgeführt wird:
"Es haben aber an eigner
Unsterblichkeit die Götter genug, und bedürfen
Die Himmlischen eines Dings,
So sinds Heroen und Menschen
Und Sterbliche sonst. Denn weil
Die Seligsten nichts fühlen von selbst,
Muß wohl, wenn solches zu sagen
Erlaubt ist, in der Götter Namen
Teilnehmend fühlen ein andrer"
Auch der Gedanke, dass Götter der Menschen bedürfen, kehrt in Hölderlins Werkt mehrmals wieder. In der Friedensfeier ist er aber in der Verkürzung nur schwer lesbar, finde ich.
So könnte man weitermachen und nach und nach wird der Text dann etwas klarer, allein durch andere Texte Hölderlins.
Über die Gestalt des "Friedensfürsten" gibt aber nur dieser Text Auskunft.