Beiträge von Armin Diedrich

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    Also spielen wir die Sophokles-"Antigonae" nur im Zusammenhang mit einem Dionysos-Fest. Ich bin dafür. Aber es könnte welche geben, die dann "Pornographie" schreien.
    :hello:


    Dann müßte Alfred ja ein erbitterter Gegner von Jean-Pierre Ponnelle sein. Was bei dem so alles vorkam:
    - "Fliegender Holländer auf dem Dampfschiff, "Cardillac" in der Stummfilmzeit
    - Kostüme von Pet Halmen
    - Hinzufügungen von nackten Damen beispielsweise in der "Turandot"
    - diverse abgeschlagene Köpfe in der gleichen Oper
    - Darstellung Don Josés als brutaler Mörder, der den gefesselten Zuniga im zweiten Akt kurzerhand absticht...


    Und von Wieland Wagner wollen wir dann gar nicht erst anfangen!!!

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    Original von Alviano


    Schön fand ich, dass die Inszenierung vom Publikum so positiv aufgenommen wurde - zum Premierentermin in Passau war ich verhindert, deshalb bin ich nach Landshut gefahren. Das Stadtheater Landshut gehört zu den kleinsten Häusern, die ich kenne - fand aber, dass dieses Theater Charme hat und dass das Leitungsteam die Beschränkung auch als Herausforderung begreift.


    :hello:


    Der Intendant hat uns für eine Festschrift mal eine sehr witzige Szene einer Spielplanbesprechung geschrieben, wo unter anderem gesucht wird, ob es vom "Rosenkavalier" ein Arrangement für Blockflöte gibt:
    "S.: Was wird mit dem Italiener?
    F.: Mir wäre der Verismo wichtig. Das ist doch jetzt unsere Linie – Verismo.
    S.: Ja, toll, ich träume von der Kombination Violanta von Korngold mit der Florentinischen Tragödie von Zemlinsky.
    betretenes Schweigen
    MR. X.: Läuft genau 7 mal.
    S.: 7 mal?
    MR. X.: Drei Premierenmieten, Samstags-Abo, Freitags-Abo, beide Sonntags-Abos.
    S.: Freier Verkauf?
    MR. X.: (vorwurfsvoller Blick) Du meinst nicht im Ernst, dass irgendjemand Karten für Violanta und die Florentinische Tragödie freiwillig kauft… Oiso, sei mer bitte net bös!
    F.: Außerdem wollten wir doch über Verismo sprechen, nicht über moderne Opern. Also, wie ist das mit dem Rosenkavalier?
    MR. X.: Der läuft.
    S.: Zum Thema Verismo?
    L.: Der Chor ist nicht so groß im Rosenkavalier.
    F.: Und, schaut mal, wir könnten diese ganzen Wurzen-Partien ja aus dem Chor besetzen: Haushofmeister, Diener, Lakaien, Annina, Valzacchi…
    S.: Annina und Valzacchi sind Wurzenpartien?
    MR. X.: Des würd super laufen. Des gab’s hier noch nie. Bei Tannhäuser damals waren wir zu 120% Prozent ausverkauft, und zwar Monate vor der Premiere.
    S.: Und das Orchester, woher nehmen wir 120 Musiker und wie kriegen wir sie in einen Graben für 40 Leute?
    F.: Da gibt’s doch bestimmt eine kleine Fassung.
    S.: zu H. Gibt’s da eine kleine Fassung?
    [...]
    H.: Äh, ich, da muss ich, ich kann ja mal beim Verlag anrufen. Mich würd’s nicht wundern, so geldgeil, wie Strauss war und die Erben noch immer sind… Der hätte selbst Blockflötengruppenfassungen autorisiert… Aber, Moment, ihr wollt doch nicht etwa den Rosenkavalier hier machen..???
    F. schaut pikiert.
    L.: Und die Sängerin der Marschallin könnte auch die Cio-Cio-San machen…"


    Wenn das Opus genauso schlecht ist wie sein Sängerbuch: Finger weg! Ich habe es bis dato nicht gelesen und nach den schlechten Erfahrungen auch nicht das Bedürfnis...

    Ein prominenter Fall ist Richard Genées Operette "Der Seekadett", in der eine Schachpartie mit lebenden Figuren vorkommt. Von daher heißt ein bestimmtes Mattbild auch "Seekadettenmatt". Igo Hoifstetter hat eine Operette geschrieben "Schach dem Boss" ; ob da aber auch gespielt wird entzieht sich leider meiner Kenntnis.

    Wenn ich mich recht erinnere, gibt es von ihm doch so eine hübsche Geschichte, wie er bei einer "Salome" in Teheran vom zweiten Soldaten über den fünften Juden bis zum Henker gleich fünf verschiedene Rollen sang...

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    Original von Wulf
    Lieber Alfred,


    sei doch so lieb und merke bitte 10 Dosen Hustenpastillen "Concerto" vor - selbstverständlich "Vivace" und "Forte" - für mich und meine Konzertfreunde vor. Husten geht vor, ein Konzertabend ohne will und kann ich mir gar nicht mehr vorstellen. Wo kämen wir denn dahin, wenn alle Konzertbesucher ihren zwanghaften Trieb sich selbst Ausdruck zu verleihen nicht mehr ausleben oder langweilige Stellen im Werk nicht durch ein ordentliches Husten ganz im Sinne eines demokratischen Mitwirkprozesses ergänzen könnten..... :no:
    (Für eine halbe Minute war am Zweifeln, da ich den 1. April vergaß. :D )


    :hello:
    Wulf


    Empfehlenswert wäre auch die Zusendung einer Großhandelsmenge an Alfred Brendel, geeignet zur Gratisverteilung an alle seine Hörer!


    Obendrein wurde ja auch der Tenor ersetzt... es geht da grade drunter und drüber!


    Was Gründgens' Azuseinandersetzung mit seiner Biographie angeht, so habe ich gerade mein Exemplar seiner Briefausgabe herausgekramt. Da findet sich doch allerhand zu dem Thema ; er wollte übrigens auch ein Buch schreiben "Der Künstler und die Macht", das er allerdings wegen seines Todes unvollendet lassen mußte. Zum Mephisto eine Briefstelle an seinen langjährigen Lebensgefährten Erich Langhans von 1952:
    "Inzwischen schlage ich mich mit den Manen Klaus Mann's herum, die allerdings eine handfeste Gestalt in Erika angenommen haben, die nun bei Banvalet versucht, den "Mephisto" herauszubringen, nachdem selbst Bermann-Fischer es abgelehnt hat. Auch hier kämpfen die jüdischen Organisationen in vorderster Front für mich. Ich selber bin unentschlossen, aber nach einem Votum, das der Verlag sich von einem Oberstaatsanwalt hat geben lassen, würde ich jeden Prozeß, den ich führen will, mühelos gewinnen. Aber ich habe eigentlich für den Rest meines Lebens friedlichere Pläne. Kannst Du nicht einen persönlichen Referenten brauchen?"


    Hierbei sollte man allerdings eines wissen: der Staatsrat trat zwischen 1933 und 1945 exakt einmal (!) zusammen und wurde am 7. Oktober 1933 in seiner bisherigen Funktion aufgelöst. Die Ernennung Gründgens' erfolgte im Rahmen einer komplexen Aktion, bei der er kurz vor der Emigration stand und sich bereits in der Schweiz befand. Entscheidend für ihn war dabei eines: Mitglieder des Staatsrats durften nur mit Genehmigung des preußischen Ministerpräsidenten, also Görings, verhaftet werden.

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    Original von Jacques Rideamus
    Lieber Armin,


    ich hatte mich auch schon gefragt, ob man nicht, ganz unabhängig von dem Anlass für diesen Thread, einen über Gründgens aufmachen sollte, hätte dann aber eher zwischen dem Operetten- und dem Filmforum geschwankt,


    Eiine Möglichkeit wäre auch der Opernbereich gewesen: er hat seit den späten zwanziger Jahren regelmäßig Oper inszeniert und dabei unter anderem mit Callas, Karajan und Klemperer zusammengearbeitet.
    Der "Mephisto" Klaus Manns ist in der Tat ein heikler Fall, ebenso der Film. Es spielt viel enttäuschte Liebe mit, auch wußte Mann im Exil natürlich nichts von Gründgens' komplexer Situation. Auch so ist das Buch nicht unbedings Manns bestes...

    Hier nun die versprochene kurze Biographie:
    Gustav Gründgens (zum "Gustaf" wurde er erst 1925) wurde am 22.12.1899 in Düsseldorf geboren. Bereits früh war ihm klar, daß sein Ziel die Bühne war. Die Schauspielschule besuchte er bei Louise Dumont-Lindemann in Düsseldorf, erste Engagements boten ihm Haöberstadt, Kiel und ab 1922 sein Mentor Erich Ziegel an den Hamburger Kammerspielen. 1928 gelang ihm der entscheidende Sprung ans Deutsche Theater in Berlin, wo er schnell zu einem der führenden deutschen Schauspieler aufstieg. 1926 heiratete er Erika Mann, mit der er nebst ihrem Bruder Klaus das Kabarett "Pfeffermühle" gründete, allerdings kam es bereits 1929 wieder zur Scheidung. Ab 1933 war er am Preußischen Staatstheater in Berlin tätig, zu dessen Intendanten Göring ihn 1934 ernannte. Seine Rolle im Dritten Reich ist heftig umstritten und schillernd: einerseits ein Günstling Görings, Staatsrat und Aushängeschild, andererseits durch seine Homosexualität immer gefährdet, Helfer vieler Verfgolgter und unabhängiger Geist. 1936 heiratete er Marianne Hoppe, der er als Hochzeitsgeschenk eine Verflimung von "Effi Briest" schenkte. Nach dem Ausrufen des "totalen Kriegs" 1943 meldete er sich freiwillig zur Wehrmacht, um nicht für Propagandazwecke ausgenutzt zu werden (er selbst nannte dies gern seine "Flucht zur Fahne"). Nach Kriegsende war er einige monate in sowjetischer Gefangenschaft interniert, kam aber bereits 1946 wieder frei und war zunächst am Deutschen Theater in Berlin tätig. Die sich zuspitzende Auseinandersetzung zwiaschen den Siegermächten bewog ihn jedoch, die Stadt zu verlassen und ab 1947 die Intendanz der Städtischen Bühnen in Düsseldorf zu übernehmen. In dieser Zeit war er auch Vorsitzender des Deutschen Bühnenvereins. 1955 übernahm er die Leitung des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg, die er bis 1963 innehatte. Wenige Monate nach seinem Rücktritt starb er auf einer Weltreise in Manila.

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    Herr Heger war übrigens selbst auch Komponist. Seine "Odysseus"-Oper "Bettler Namenlos", die zwischen allen nachromantischen Stilen herumtaumelt und keinen eigenen findet, wurde ob ihres Publikumserfolges von Richard Strauss "Bettler Einnahmenlos" genannt. Was zweifellos zu Strauss' überliefernswertesten Taten gehört...


    :hello:


    Ein anderer Rezensent nannte das Werk "Bettler Samenlos". Trifft den Sachverhalt ebenfalls ganz gut. Eine nette Anekdote mit ihm: als er an seiner Oper "Lady Hamilton" schrieb, fragte ihn die Sopranistin Marta Fuchs, wie er denn vorankomme. Heger: "Ganz gut, wenn es um die Liebe geht, nehme ich immer die Oboe." Fuchs darauf: "Wenn es bei mir um die Liebe geht, nehme ich ganz etwas anderes!"


    Darüber hinaus ist sie als DVD erhältlich, um ein sehr interessantes Dokument ergänzt: "Siegfried"-Ausschnitte aus einer Aufführung unter Erich Kleiber in Buenos Aires - womit jetzt alle erhaltenen "Ring"-Aufnahmen dieses Dirigenten auf CD vorliegen.

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    Original von Edwin Baumgartner
    Also, bringen wir den Zusammenhang Hitler/"Rienzi" schnell hinter uns: Der Jüngling Hitler sah in Linz eine Aufführung, die er später als seine "Erweckung" bezeichnete. Aus ihr leitete er den Hitler-Gruß ab: Die Römer grüßten mit der ausgestreckten Linken (als Verlängerung des Herzens zum Gegenüber), der Dolf-Dolm sah das natürlich vom Publikum aus spiegelverkehrt - ergo war der Hitler-Gruß der römische. Nur eben mit dem rechten Arm.
    Zweifellos hat die Figur des Volkstribunen auf Hitler großen Eindruck gemacht, und er hat zweifellos versucht, diese (übrigens von Bulwer erfundene) Gestalt nachzuleben.


    Zwei Ergänzungen: Cola di Rienzo ist mitnichten von Bulwer erfunden, sondern eine historische Figur, auch wenn sie mit dem Romanhelden eher wenig zu tun hat. Und traditionell wurde der Nürnberger Parteitag mit der "Rienzi"-Ouvertüre eingeleitet. Wenn Stefan Aust das gewußt hätte, hätte er für "Spiegel-TV" wohl eine andere musikalische Kennung gewählt...

    Angeregt durch die Debatte in einem anderen Bereich, soll sich dieser Thread mit einem der wichtigsten Theatermänner des zwanzigsten Jahrhunderts befassen: Gustaf Gründgens. Da er ein großer Musikliebhaber war, regelmäßig Oper inszenierte und sich auch ab und an als Sänger versuchte, sind wir bei ihm von der Klassik ja nicht weit entfernt. Ein Lebenslauf muß aus Zeitgründen noch etwas auf sich warten lassen ; vielleicht haben wir da noch einen Berufeneren als mich selbst. Hat der eine oder andere Forumsteilnehmer ihn noch selbst auf der Bühne erlebt?

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    Original von operus
    Lieber Armin,
    da Gründgens auch Opernregisseur war ergibt sich sicherlich ein weit interessanters Spektrum der Diskussion als bei Wilhem Rode. Wie wäre es, wenn Du den Thread Gründgens starten würdest.
    Liebe Grüße
    Dein
    Operus


    *grübel* Vielleicht gibt es da doch Berufenere... Aber mal sehen!

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    Original von Joseph II.


    Sang der Jerusalem denn Ende der 90er noch?
    Ich finde ja, daß er schon in den 80ern z. T. recht angestrengt klang.


    Leider ja, er sang viel zu lange. Ein Konzert 2004 in kleinerem Rahmen ist mir in entsetzlicher Erinnerung... *heulundzähneknirsch* Jemand berichtete mir auch von einer kleinen Veranstaltung, be der er Wotans Abschied (!!!) zum Besten gab und schlimm gewesen sein muß.

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    Original von Edwin Baumgartner


    In Wien war die Inszenierung (Pountney, wenn ich nicht irre) sehr gut, gesungen wurde aber teilweise bestenfalls mittelprächtig.
    :hello:


    Oje, Jerusalem unseligen Angedenkens... *schauder*

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    [ Mit Jochum habe ich so meine Probleme :untertauch: :untertauch: , nicht weil ich ihn nicht gut finde, er liegt mir einfach nicht.


    gruß
    roman


    Da muß ich immer an Knappertsbusch denken, der zu seinem Orchester einmal sagte: "Meine Herren, wissen Sie, was ein Ochum ist? - Ein von Jott verlassener Dirigent!"


    Das ist der Ausschnitt, der schon von mir und einem anderen Teilnehmer erwähnt wurde. Der Dirigent war übrigens Karl Böhm. In der Tat arg - da gab es auch zur damaligen Zeit in Deutschland besseres, man denke nur an Nissen oder Bockelmann.

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    Original von Alviano


    Ich unterhalte mich auch über die sängerischen oder musikalischen Qualitäten von Künstlern, die in Nazi-Deutschland gewirkt haben, oder eben selbst Nazis waren. Aber für mich gehört untrennbar zum Künstler seine politische Haltung dazu. Ich will bei von Manowarda oder Strienz nicht nur über die stimmliche Qualität reden (bei beiden gäbe es zumindest im Vergleich zu Rode etwas, dass des Mitteilens Wert wäre). Das sind wir Nachgeborenen doch irgendwie auch Künstler/innen wie Herbert Janssen, Henriette Gottlieb oder Ottilie Metzger schuldig.


    Rode ist für mich eines der vielen Beispiele, daß im dritten Reich vor allem die Mediokren groß herauskamen. Wieviele wirklich große Künstler gab es denn, die besgeistert mitgemacht haben? So ziemlich alle, von denen ich weiß, sind eben emigriert oder hatten ein sehr problematisches Verhältnis zum Regime...